Chronik zur Deilinghofer Kirchengeschichte von ca. 1500 bis 1765

Auszug aus Groth/Korsch-Gerdes/Kramme: Blätter zur Deilinghofer Kirchengeschichte Heft 3
(
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Kapitel I.

Die folgende Kurzchronik der Deilinghofer Geschichte von ca. 1500 bis 1700 stellt ganz grob die Inhaltsangabe von ‘Blätter zur Deilinghofer Kirchengeschichte’, Heft 2 (im folgenden stets: BDKG 2) dar. Das Wichtigste der Deilinghofer Ereignisse wird gleichsam als ein ‘nachgeliefertes Register’ zu diesem Heft aufgelistet und durch einige (wenige) allgemeine historische Daten ergänzt. In Klammern stehen in dieser Kurzchronik jeweils die Fundorte zu den Zahlen und Fakten, wobei besonders die Hemeraner Heimatzeitschrift ‘Der Schlüssel’ (im Folgenden ‘Schl.’ abgekürzt) verwendet wurde.
 

Daß es sich bei dieser Chronik um eine ganz subjektive, z. T. zufällige Auswahl handelt, ist uns sehr bewußt. An vielen Stellen wurde im Chronik-Kapitel II (und dann auch in Kapitel III) dieser Einleitung auf signifikante Zitate zurückgegriffen, die dem ‘Schlüssel’ und anderer Literatur entstammen. Besonders, was die Hemeraner Heimatgeschichte angeht, kann der Leser sich durch den jeweiligen entsprechenden Literaturhinweis genauere Kenntnisse der zitierten Fakten meist leicht verschaffen, wobei freilich manchmal auch andere Aufsätze und Bücher noch hinzuzuziehen wären, wie sie in der "Bibliographie Hemer. Schrifttum zur Geschichte der Stadt" (Sonderausgabe Schl. 3/1987) gut zusammengestellt sind. 
  
ca. 1250: Unsere ‘Kuhschelle’ außen am Turm (vgl. BDKG 2, S.24ff.; in der Überschrift ist "1450" ein Tippfehler, im Text steht dort richtig "1250"). Alles deutet darauf hin, daß die Stephanuskirche, was besonders H. Korsch-Gerdes betont, eben um 1250 entstanden ist (und nicht, wie manchmal gesagt wird, im 14. Jahrhundert!), so daß bald die 750-Jahr-Feier des Gotteshauses anstünde. 

1510 (oder 1570?): die von Hans Sluick gegossene Deilinghofer ‘Domina’-Glocke (vgl. BDKG 2, S.24ff.; Schl. 1/1967, S.12ff.). 

1564: Das (wahrscheinlich ungenau so genannte) ‘Nonnenkloster’ der Überlieferung nach in diesem Jahr in Deilinghofen eingerichtet (Schl. 3/1966, S.12). 
Karl Lambrecht (Soest) schreibt zum ‘Kloster’ und der daraus stammenden Glocke: "Auch von einem Nonnenkloster wird berichtet, das im Jahre 1564 errichtet wurde und nach Einführung der Reformation mehr und mehr abnahm. Die letzten Insassen starben 1636 an der Pest. Nach frdl. Mitteilungen des zeitigen Ortspfarrers, Herrn Carl Gobrecht ... hängt die Glocke aus diesem Kloster im jetzigen Pfarrhaus, das in den Jahren 1905/06 von der Familie von der Becke in Sundwig errichtet wurde [das spätere sog. ‘Parteiheim’]" (zitiert nach der maschinenschriftlichen Abschrift aus dem ‘Märkischen Landboten’, Herbst 1930, vorhanden im Aktenordner Friedrich Schauff [S.14f.], den uns Frau Wilhelmine Eßbaum zur Verfügung stellte). 

1565: Heinrich Lange, 1. evangelischer Pfarrer von Deilinghofen nach der Re-formation (BDKG 2, S.30-32). Reformation in Deilinghofen eingeführt: Lange in Verbindung mit Pfarrer Hundorp, Iserlohn; ferner mit Johann Varnhagen, dem Iserlohn Pfarrer, und Joh. Melchior Varnhagen als Vicarius (BDKG 2, S.30f.). 

1567: Langes Pfarrhaus gebaut, das ihm als ‘Leibzuchthaus’ zur Verfügung stand (BDKG 2, S.31f.). Im gleichen Jahr Mönch Langenbach mit erster Papiermühle am Westiger Bach (Schl. 1 u. 2/1972, S.2). 

1575: Heinrich Lange wurde als Zeuge in einem Verfahren gegen den Drosten Lappe hinzugezogen, der wegen landsfriedensbrüchlichen Verhaltens gegen Balver Bürger angeklagt wurde, Reichskammergericht Speyer (BDKG 2, S.31). 

1584: Langes ‘Autogramm’ auf einem Sümmeraner Testament (BDKG 2, S.32). 

1585-1623: Johannes Sutorius, 2. Pfarrer in Deilinghofen (BDKG 2, S.32-37); hatte Langes Witwe zu heiraten. 

1588: Fertigstellung des linken Presbytergestühls mit dem Daniel-Bild nach Holbein d.J. (BDKG 2, S.35; Schl. 2/1958, S.1 ff.). 

1594: Johannes Sutorius war bei katholischer Wahl in Attendorn noch dabei (BDKG 2, S.36). Das ist übrigens ein Beleg für den speziellen Gang der Reformartion in Kleve-Mark bis zum Aussterben des Herrscherhauses 1609: Es gab diverse Pro- und Contra-Phasen und zwischendrin so etwas wie einen eigenen ‘dritten Weg’. 

1612: Sutorius gehörte zu den 83 Delegierten der 1. Märkischen Synode in Unna (aus Iserlohn Joh. Varnhagen, Westenius; BDKG 2, S.35). 

1614: Grafschaft Mark fiel zusammen mit Kleve und Ravensberg an das Kurfürstentum Brandenburg, wo seit 1415 die Hohenzollern regierten (Schl. 1 u. 2/1972, S.2). 

1618 - 1648: Dreißigjähriger Krieg. 

1616, 1620, 1623 u. 1626: Die Pest wütete in Hemer (Schl. 1 und 2/1972, S.2). 

1622 u. 1623: Die ersten Burgunder in Deilinghofen 1623 einquartiert; im Vorsommer mehrere Deilinghofer an der Pest gestorben (BDKG 2, S.37). 

1623 u. 1624: Spanische Truppen hausten in Hemer (Schl. 1 u. 2/1972, S.2). 

1623: Bertram Fischer für ein halbes Jahr 3. Pfarrer in Deilinghofen (BDKG 2, S.37 f.) - von "Ostern bis Michaelis" (nachdem ein Pfarrer von Gerkenthall in Deilinghofen gepredigt hatte). 

1624: ‘Normaljahr’ des 30jährigen Krieges; vgl. Zeugenaussage 1665 (BDKG 2, S.33f. sowie S.53 A.7). Es ist dabei zu vermuten, daß auch Deilinghofen wie andere Gemeinden während der spanischen Besetzung rekatholisiert war, weshalb für die Mark später 1609 als ‘Normaljahr’ galt. 

1624-1638: Johannes Störing, 4. Pfarrer in Deilinghofen (BDKG 2, S.39-41), hatte am Krieg besonders zu leiden und verlor Bücher und Habe an feindliches Kriegsvolk; während der Pestzeit predigte er auch außerhalb des Dorfes. 

1636: Die Pest raffte angeblich 40 Bewohnerinnen des ‘Nonnenklosters’ dahin (Schl. 3/1966, S.12). Vgl. oben zu 1564! 

1638: Am 18.Juli unterschrieben am gleichen Tag drei Pfarrer von Deilinghofen - Fischer, Osterport und Störing - in Iserlohn das lutherische Bekenntnis,die ‘Confessio Augustana’ (BDKG 2, S.40). 

1638-1651: Eberhard Osterport 5. Pfarrer in Deilinghofen (BDKG 2, S.39-41); 1651 aufgrund einer Eingabe aus Deilinghofen an die Regierung in Kleve "wegen Streitsucht" amtsenthoben. 

1639: Am 14.April starb in Iserlohn der frühere Deilinghofer Pfarrer Bertram Fischer.  

1640-1688: Regierungszeit von Friedrich Wilhelm I., dem Großen Kurfürsten. 1647: Der Große Kurfürst errichtete das Gericht Hemer (Nieder- und Oberhemer, Landhausen, Westig, Sundwig, Frönsberg und Becke; Schl.1 u. 2/1972, S.2). 

1648: Westfälischer Friede zu Münster und Osnabrück. 

1648: Antonius Paris goß für den Dom zu Fulda die ‘Osanna’-Glocke (BDKG 2, S.22). 

1652 - 1679: Bernhard Hülshoff 6. Pfarrer in Deilinghofen (BDKG 2, S.20 und S.41-43). 

1652: Die von Antonius Paris gegossene ‘Schulte-Riemke-Glocke’ kam in den Turm; Paris und die ‘Glöckchen von Deilinghofen’ (BDKG 2, S.18ff.). 

1652: Goswin Mollerus der Ältere in der Kirche zu Schwefe auf einem Apostelbild abgebildet (BDKG 2, S.43-45); im gleichen Jahr wurde dort Goswin Mollerus junior als Sohn des genannten Pfarrers geboren, der spätere Deilinghofer Pfarrer. 

1653: Am Karfreitag (11.April) starb in Iserlohn der frühere Deilinghofer Pastor Johannes Störing (BDKG 2, S.39). 

1655: Pfarrer Bernhard Hülshoff bezog in Deilinghofen das ‘Alte Pastorat’ (BDKG 2, S.42). 

1657: Lothar von Bönnighausen aus Apricke verstarb; im 30jährigen Krieg berühmter Reitergeneral, für den sich Pappenheim verwendet hatte (Schl. 4/1958, S.16-20; BDKG 2, S.50; Heer, S.24f; vgl dazu aus Friedrich Schillers ‘Wallen-stein’ das bekannte und spichwörtlich gewordene: ‘Ich kenne meine Pappenheimer!’) 

1665: Im August gab der Große Kurfürst das Deilinghofer "Jahrmarkts-Privileg" bekannt; statt Stephanus-Jahrmarkt am 26.Dezember (der 2. Weihnachtstag ist im Kirchenjahr Stephanustag!) jetzt zwei günstigere Termine pro Jahr (Schl. 3/1968, S.3; BDKG 2, S.42). 

1665: Die gerichtliche Befragung Hülshoffs und hochbetagter Dorfleute wegen der dörflichen Besitzverhältnisse; wichtige Zeugenaussage von Diedrich Haape, dem Schulte zu Riemke (BDKG 2, S.33 f.; vgl. auch S.37-39, 42 und 43; Schl. 3/1966, S.12-15). 

1668: Eine Feuersbrunst vernichtete ganz Niederhemer (Schl. 1 u. 2/1972, S.3). 

1672/73: Hemer litt im Krieg Frankreichs und kölnischer sowie münsterscher Verbündeter gegen Holland und Brandenburg hart unter den alliierten Truppen (Schl. 1 u. 2/1972, S.3). 

1673: Bernhard Hülshoffs Rechtsstreit (im Krieg) mit Pfarrer Garenfeld aus Iserlohn (BDKG 2, S.43). 

1676: Der Große Kurfürst befahl Landesmiliz, auch für Deilinghofen (Schl. 2/1956, S.7ff.). 

1679: Im Krieg plünderten die Franzosen das Dorf Deilinghofen, beraubten den Altar, zerrissen das Kirchenbuch und ließen sogar Hülshoffs Talar mitgehen (BDKG 2, S.43). 

1680: Die Pfarrerswitwe Osterport übernahm ersten Schulunterricht (BDKG 2, S.41). 

1680 - 1765: Ära der drei Mollerus-Pfarrer, die aus Schwefe stammten (BDKG 2, S.43ff.). 

1680 - 1720: Goswin Mollerus 7. Pfarrer in Deilinghofen (BDKG 2, S.42-46 und - Korrektur! - S.49ff.). 

1684: Ältestes Deilinghofer Kirchenbuch, von Johann Jakob zur Megede gestiftet (am 21.September 1684 übereignet; BDKG 2, S.45f. sowie - Korrektur! - S.49f.). 

1685: Geburtsjahr von Johann Sebastian Bach (lebte bis 1750). 

1687: Dümpelmanns und Marcks’ Datierung der ersten Schule in Deilinghofen nach dem Heimatgedicht (vgl. die Beilage 1 in diesem Heft BDKG 3: "Das Schulgebäude ist betrieben / Sechzehnhundertachtzigsieben"). 

1690: Streit der Kirchengemeinde mit der Witwe von Duithe vom Haus Apricke wegen des Meßhafers (BDKG 2, S.50). 

1692: Beginn des Schulunterrichts in Deilinghofen mit Diedrich Osterport (BDKG 2, S.41); vgl. aber oben zu 1687! 

1694: In Deilinghofen wurde Florens Gerhard Möller geboren und in der Kirche getauft (BDKG 2, S.47). Der Pfarrerssohn war Pastor in seinem Heimatort von 1720-1755; zuvor ab 1714 Adjunkt (Hilfsprediger) seines Vaters. 

1695: Johann Jakob zur Megede wurde in der Stephanuskirche ein zweiter Kirchensitz und ein Begräbnisplatz kostenlos überlassen. (Text der Urkunde abgedruckt in einem Artikel von August Busch in: IKZ, 25. 9.1935). 

  

Kapitel II.

Chronik der Deilinghofer Ereignisse von 1700 bis 1765 im Kontext der hiesigen Heimatgeschichte und der allgemeinen Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der kirchengeschichtlichen Einflüsse, die von Herrnhut und Zinzendorf her hier wirksam wurden.
 
(Zugleich: Übersicht über Leben und Wirken von J.G.W.Forstmann [vgl. http://www.pastoerchen.de/forstmann.htm] und J.D.Angelkorte, der beiden bedeutendsten Pfarrer, die in Hemer ihr Amt führten.) 

In diesem recht umfangreichen Teil der Zeittafel geht es also nicht um bloße Inhaltsangabe dessen, was in BDKG 2 über diesen Zeitraum zu lesen war. Zusätzlich werden hier (als hilfreiche Vorbereitung des in diesem Heft BDKG 3 im Hauptteil zu Erzählenden) zahlreiche Fakten aus der Hemeraner und Iserlohner Heimatgeschichte mit aufgelistet, so daß dem Leser ein ziemlich fascettenreiches Bild des seit 1700 hier Geschehenen vor Augen tritt. Auch die wichtigsten Ereignisse der Geschichte der Hemeraner evangelischen Kirchengemeinde und ihrer Pfarrer, die an der Vituskirche wirkten, haben wir gebührend miteingefügt. Insbesondere aber wird in dieser Chronik gezeigt, in welcher Weise die Hemeraner und Deilinghofer Kirchengeschichte bis 1765 mit dem Einfluß und Erbe des Grafen Zinzendorf (1700-1760) und seiner Herrnhuter Brüdergemeine zu tun hat. Wir zitieren zur heimischen Geschichte der Brüdergemeine an vielen Stellen auch aus Archivakten und aus Spezialliteratur. Alle wesentlichen Daten der Lebensgeschichte der beiden bedeutendsten Pfarrer, die je in Hemer gewirkt haben, der (zu Unrecht nicht so bekannten) Pastoren, Johann Gangolf Wilhelm Forstmann (1706-1759, Bauks , S.136 Nr.1746) und seines Nachfolgers Johann Diedrich Angelkorte (1710-1751, Bauks, S.8f. Nr.105) haben wir in dieser Chronik aufzulisten versucht, so daß der Leser einen Einblick erhalten kann über Forstmanns und Angelkortes Wirken im Sinne Zinzendorfs und der Brüdergemeinde, das weit über Hemer hinausreichte. 

Um eine größtmögliche Übersichtlichkeit in dieser Chronik zu gewährleisten, haben wir hinter die Jahreszahlen zwischen 1700 und 1765 Kürzel gesetzt: 

(D) = Ereignis der Deilinghofer Heimat- oder Kirchengeschichte; 
(H) = Ereignis der Hemeraner Heimat- oder Kirchengeschichte; 
(I)= Ereignis der Iserlohner Heimatgeschichte; 
(Bg)= zur Geschichte von Zinzendorfs Herrnhuter Brüdergemeine gehörend; 
(A)= ‘allgemeine" Geschichte (z.B. Geschichte Preußens, allgemeine kirchengeschichtliche Fakten usw.) 
  

1700 (Bg/A): Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf geboren (am 26.Mai 1700 in Dresden, gestorben 9.Mai 1760 in Herrnhut), mit der größte Erneuerer der evangelischen Kirche seit Luther. Oekumenisch weltweit ausgerichteter Pietist eigener Prägung und Organisationsgenie (Herrnhuter Brüdergemeine, ‘Lo-sungen’, Liederdichter - z.B. ‘Jesu, geh voran’, ‘Herz und Herz vereint zusammen’). Zinzendorf ging es um eine zentral im Kreuzesgeschehen (‘Blut-und-Wunden-Theologie’) verankerte, an Jesus Christus ausgerichtete, sehr persönliche Form des Glaubens, der in der Gemeinschaft und in der Liebe tätig wird. Die Auswirkungen der Herrnhuter Bewegung, die im 18.Jahrhundert auch in der Grafschaft Mark Platz griff, sind im folgenden Teil der Chronik für den Raum Hemer/Deilinghofen/Iserlohn darzustellen. - Um 1700 und dann im Verlauf des 18. Jahrhunderts war im Raum der lutherischen Kirche die Blütezeit der pietistischen Reformbewegung. Wichtige Väter des Pietismus: Philipp Jacob Spener (Programmschrift "Pia desideria", 1675), August Hermann Francke und sein großes Werk in Halle an der Saale, ferner - im Württembergischen Pietismus - Johann Albrecht Bengel und Friedrich Christoph Oetinger. 

1697-1700 (H): Bau der katholischen (‘Privat’-)Kirche (heute St. Peter und Paul) in Hemer durch Jobst Edmund von Brabeck (vgl. Schl. 1 u. 2, 1972, S.3; zu dessen Leben vgl. Schl. 2/1959, S.10ff.). 

1700 (D): Nach der Darstellung von Günther Schulte wurde Johann Goswin Mollerus I (1685-1747), der zweitälteste Sohn des amtierenden Deilinghofer Pastors Goswin Mollerus, Küster und Schulmeister in Deilinghofen. Er wurde (laut Schulte) dem Lehrer Diedrich Osterport als "Juniorpartner" beigesellt. "Dieser Küster Joh. Goswin Mollerus war Grundherr des Klippener-Hofes in Deilinghofen, also einer der sechs bäuerlichen Hofeigentümer im Kirchspiel" (Schl. 3/1972, S.28f.). Durch Akten des Staatsarchivs Münster "Depositum Haus Hemer", Nr.251 (in Kopie uns zur Verfügung gestellt von Hemers Stadtarchivar Eberhard Thomas) wissen wir Genaueres: daß Osterport nur Schulmeister und nicht Küster und Organist war (Küster war Johann Wienecke und als Organist amtierte zu der Zeit Caspar Hesse) und daß der Pastor Goswin Mollerus nacheinander seinem o.g. Sohn recht rabiat alle drei Ämter verschaffte (das Organistenamt vor 1707, das Amt des Küsters 1707 und nach 1714 das Schullehreramt). - Der den gleichen Vornamen tragende Sohn dieses Küsters und Schulmeisters, Johann Goswin Mollerus II (1713-1753), wurde übrigens des Vaters Amtsnachfolger. Man kann also nicht nur von der Pfarrer-Seite, sondern nach 1700 auch von der Lehrer-Seite von einer langen ‘Ära Mollerus’ in Deilinghofen reden. Es waren da alle kirchlichen Ämter fest in der Hand eines Familien-Clans (der heute noch Nachfahren im Dorfe hat). 

1701 (A): Seit 1701 gab es das Königreich Preußen. Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg nahm im ostpreußischen Königsberg (außerhalb des Reichsgebietes) den Titel ‘König in Preußen’ an (als König Friedrich I.). Von 1701 an war somit die Grafschaft Mark ein Teil von Preußen. 

1702 (H): Erster katholischer Friedhof in Hemer (Schl. 4/1974, S.1ff.). 

1702 (H): Die neue Orgel in der Vituskirche in Hemer (vgl. dazu v. Steinen, S.1134, ferner F.L.Woeste, in : Schl. 2/1970, S.9). 

1702 (D): Am 15.3.1702 heirateten in Deilinghofen Diedrich Schumacher und Anna Maria Brandt (die Schwester des Diedrich Brandt, der durch Einheiratung in den Schultenhof 1693 Schulte zu Riemke geworden war). Ein Holzbalken mit einer Inschrift und dem Namen des Ehepaars befindet sich heute in Riemke im Hause von Waldthausen, das 1856 gebaut wurde. Die Inschrift des an einem Ende verstümmelten Balkens lautet: "Ob dirs schon sauer wird mitdeiner Nahrung und Ac(ker)[/]Werck las es dich nicht verdriesen [/] Gott hat es also geschaffen Sira VII[/]Diederich Schumager und Anna Maria Sch(ulte)". Das Gutachten über diesen Balken mit den genannten Informationen erstellte H.Schulte (Iserlohn) am 16.April 1974 der Familie von Waldthausen, wobei er auch darauf aufmerksam machte, daß Anton Schumager, der Vater des Diedrich Schumager, in Deilinghofen Presbyter gewesen war (wie auch der genannte Dietrich Schulte zu Riemke) und daß der Riemker Schumacher-Kotten, in dem sich der Balken befand, früher Deilinghofer Kirchenbesitz war. 

1704 (D/H/Bg): Am 1.Januar 1704 wurde in Hemer Stephan Diedrich Rentzing geboren, der in der Geschichte der Brüdergemeine eine Rolle spielte (vgl. etwa Schunke, S.92. Rentzing, ein Urahn des heutigen Müllers Peter Alberts in Sundwig, wird hier auch ‘für die Deilinghofer Kirchengeschichte verrechnet’, da das Rentzingsche Anwesen (wo heute die alte Wassermühle steht), damals ‘Heppings Kotten’ genannt, Deilinghofer Kirchenbesitz war. Die Mühle in Sundwig war übrigens bis in die Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg ein Ort, an dem sich Freunde der Brüdergemeine zur Erbauung trafen. - Zu Einzelheiten im Zusammenhang mit dem Heppingskotten, den Familie Rentzing übernahm, siehe unten etwa zu 1726 und dann des öfteren im weiteren Verlauf dieser Chronik und auch im Hauptteil von BDKG 3. 

1704 (D): Laut einem Kirchensitzverzeichnis von 1769 im Kirchenarchiv Deilinghofen wurde der Küster und Kantor Diedrich Wienecke (Sohn Johann Wieneckes, s.o. zu 1700) suspendiert und aus dem "Chorgestühl" der Stephanuskirche verbannt; das ist die älteste gefundene Erwähnung des linken Presbytergestühls (Kirchenarchiv Deilinghofen, Akte N3, "Acta wegen der Kirchensitze 1777"). Im Zusammenhang mit dem oben zu 1700 Vermerkten muß man es sich genauer so vorstellen, daß Diedrich Wienecke in den Jahren 1704 bis 1707 für seinen (wahrscheinlich schon gebrechlichen) Vater die Arbeit als Küster und Kantor nur stellvertretend erledigte und im genannten Jahr 1704 von Pastor Mollerus den mit dem Küsteramt verbundenen Kirchensitz verweigert bekam, den dieser dann samt Amt seinem eigenen Sohn ‘zuschusterte’ (1707). 

1705 (H): Gründung der Papiermühle Westigerbach (Schl.3/1959, S.8ff.). 

1705 (I): "1705, den 7.August, hatt der liebe Gott die Stadt mit einem Hagelschlag gezüchtiget, welcher alle Kornfrüchte verzehret hat. Mein damaliger Präzeptor und Rektor Scholae, Herr Mag. Forstmann, ließ damalen ein Programma de GranDIne segitis JserLonenses CaLaMos frangente drucken, worin die Jahreszahl begriffen" (Leckesche Chronik, nach: W. Schulte II, S.386). 

1705 (I): "Auf Geheiß und mit Erlaubnis des Königs Friedrich I. ... wurden in der Grafschaft Mark zahlreiche ‘Privilegierte Bürger-Schützen-Corps’ zur Landesverteidigung ins Leben gerufen. In Iserlohn betrachten sich die Bürgerschützen von 1705 als Nachfolger der mittelalterlichen Schützenbruderschaft St.Jür-gen, die noch 1698 in einem städtischen Bericht als Helfer erwähnt werden. Ihre Bedeutung in der Stadtgeschichte kennzeichnet allein schon die Tatsache, daß sie in der Bauernkirche eine eigene Vikarie unterhielten und ein Landgut besaßen" (Dossmann, S.23; vgl. auch S.64). 

1706 (I/H/Bg): Am 25.Mai 1706 wurde Johann Gangolf Wilhelm Forstmann in Iserlohn geboren als Sohn des Magisters Thomas Forstmann (Bauks, S.136 Nr.1748), der später bis 1727 Pfarrer in Hemer wirkte. Forstmann d.J. war als Hemeraner Pfarrer 1727-1732 des Vaters Amtsnachfolger und danach Pfarrer in Solingen, von wo aus er auf Hemer weiter stark einwirkte. Als glühender Verehrer des Grafen Zinzendorf war Forstmann d.J. eine Gestalt von Bedeutung mit Wirkungen über die lokalen Grenzen hinaus. Vgl. zu ihm etwa den schönen Aufsatz von Georg Gudelius, in: Schl. 1/1959, S.5ff., ferner: K.F. Ledderhose, Artikel: Forstmann, in: Allgemeine Deutsche Biographie [ADB], Band 7, Berlin 1877[=Nachdruck 1968], S.190f.; K.F.Ledderhose, Leben Joh. Gangolf Wil-helm Forstmann’s, eines Predigers der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt (in der Reihe: Sonntagsbibliothek. Lebensbeschreibungen christlich-frommer Männer zur Erweckung und Erbauung der Gemeine. Herausgegeben von Freunden des Reiches Gottes. Eingeleitet von Dr. A.Tholuck, Zweiter Band), 2.Auflage, Bielefeld 1850, S.237ff. Forstmann, der von Hamann so Hochgelobte [s.u. in der Chronik zu 1759], ist eine der wenigen Persönlichkeiten unter den Geistlichen der Grafschaft Mark, die ‘in die Kirchengeschichte eingegangen’ sind; vgl. etwa Hermann Rothert, Kirchengeschichte des Westfälisch-Rheinischen Industriegebietes vom evangelischen Standpunkt (=Wissenschaftliche Heimatbücher für den Westfälisch-Rheinischen Industriebezirk, Bd. XIIa), Dortmund 1926, S.105-107, Erwin Mülhaupt, Rheinische Kirchengeschichte. Von den Anfängen bis 1945, Düsseldorf 1970, S.241 und 244. Wir haben in Deilinghofen viele Hunderte von kopierten Seiten der Werke von und über J.G.W.Forstmann gesammelt und möchten dazu gelegentlich eine eigene Arbeit herausbringen. 

1706 (D): In der Deilinghofer Stephanuskirche gab es eine neue Glocke für die zersprungene alte. Es war die Vorgängerglocke der ‘Finger-Daumen-Ellen-bogen-Glocke’ (vgl. BDKG 2, S.19). Kirchmeister Schulte-Riemke gab dazu das Darlehen (vgl. BDKG 2, S.47f.). 

1708 (D): Die älteste Grabstättenliste im Deilinghofer Kirchenbuch (Schl. 9/1967, S.1ff.). 

1709 (I/H): Am 11. und 12.Juli 1709 feierte man das 100-Jahr-Jubiläum des von Magister Thomas Forstmann (Forstmann sen.) zur Blüte und zum Ruhm gebrachten ‘Lyceum Iserlohnense’ (vgl. den Vortrag "Lyceum Iserlohnense - Beitrag zur Geschichte des Iserlohner Schulwesens" des Iserlohner Pfarrers Friedrich Ernst Reinhard Groscurth [1838-1923; vgl. Bauks, S.167 Nr.2127] über diese sehr bedeutende Iserlohner Bildungsanstalt, als Typoscript vorhanden im Burg-Archiv Iserlohn, in dem auf S.1ff. auf das Jubiläumsfest eingegangen wird). Vgl. dazu auch: Georg Berkemeier/Wilhelm Bleicher/Gustav Muthmann (Hg.), Gymnasium Iserlohnenense 1609-1984, Iserlohn 1984, S.157f. 

1710 (I/H/Bg): Johann Diedrich Angelkorte, später Pfarrer in Hemer, wurde am 1.5.1710 in Iserlohn geboren. Neben seinem Vorgänger Pfarrer Forstmann jun., der ihm geistlicher Vater blieb, wurde Angelkorte in Hemer wichtiger und ziemlich radikaler Vorkämpfer der Herrnhuter Bewegung (zu ihm vgl. etwa: Schl. 4/1975, S.19ff. und später zu nennende Literatur). 

1711 (Bg/D): In Hörde wurde am 30. Juli 1711 Johann Caspar Dümpelmann geboren (Bauks, S.106f. Nr.1369). Als Pfarrer in Hemmerde bei Unna wirkend, war er Vater des späteren Deilinghofer Pfarrers Gottfried Wilhelm Andreas Dümpelmann. Hemmerde wurde im Verlauf des 18. Jahrhunderts eine wichtige Zentrale und Schaltstelle der Herrnhuter Bewegung im märkischen Raum, und in der Dissertation von Siegfried Schunke über die Herrnhuter in der Mark wird Dümpelmann sen. zusammen mit Johann Gangolf Wilhelm Forstmann und Johann Diedrich Angelkorte aus Hemer und mit Johann Gottfried Westhoff aus Bausenhagen (bei Fröndenberg) zu den theologischen Vätern dieser Bewegung im hiesigen Raum gerechnet (zu Dümpelmann sen. vgl. Schunke, S.33ff.). Von allen Vieren wird im Verlauf der Chronik viel zu schildern sein. 

1712 (I): Iserlohn wurde heimgesucht von einer "unvergleichlichen Brandkatastrophe von 1712, der die Stadt fast völlig zum Opfer gefallen war ... Von 460 Häusern waren binnen 5 Stunden 403 zerstört" (Dossmann, S.68). "Von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis zum Jahr 1712 zerstörten mehrere große Brände die Stadt zum Teil völlig ... Nach 1712 wurde daraufhin das Feuerwehrwesen der Stadt wesentlich verbessert. Zahlreiche öffentliche und private Spritzen, Feuerleitern, Löscheimer usw. wurden angeschafft" (Museums-Journal, Seite "Stadtbrände"). 

1712 (H): Johann Bernhard von der Becke (1655-1730) verlegte seinen Wohn-sitz von Iserlohn nach Sundwig. Er, der Ahnherrr des Großunternehmens, erschloß das Sundwiger Tal dem Gewerbe (vgl. Schl. 2/1958, S.28). "1712 errichtet Bernhard von der Becke neben der ersten Messingschmelze Westfalens am Sundwiger Bach die erste westfälische Fingerhutsmühle" (Schl. 1 u. 2/1972, S.3). "Vom Fingerhut zur weitverzweigten Fertigwarenindustrie führte der konsequente Weg, den die Unternehmerfamilie von der Becke mit diesem ihren SUNDWIGER MESSINGWERK krönte, das bis heute seine Weltgeltung erhalten konnte, wenngleich nicht mehr im Jahrhunderte währenden Familienbesitz" (Dossmann, S.239). "1736 wurde der herkömmliche Schmelzofen durch eine ausgesprochene Eisenhütte ... ersetzt, die Diedrich von der Becke, der Sohn des Gründers, errichtete. Diese Hochofenanlage wurde bis 1864 betrieben. Hieraus entwickelte sich eine Eisengießerei und später eine Maschinenfabrik, die noch heute den Namen ,SUNDWIGER EISENHÜTTE’ führt. Als ältestes, heute noch florierendes Hüttenunternehmen dieser Art in Westfalen fertigt es Maschinen, die in die ganze Welt gehen" (Dossmann, S.210f.). 

1713-1740 (A): Herrschaftszeit in Preußen von Friedrich Wilhelm I., dem ‘Soldatenkönig’. 

1713 (D): In Deilinghofen wurde 1713 das Begräbnisverzeichnis des alten Kirchenbuchs begonnen von Florens Gerhard Mollerus (Adjunkt des Vaters ab 1714). Vgl. dazu BDKG 2, S.48 und den ganzen Abschnitt S.46ff. 

1714 (D):Der alte, klapprige Lehrer Diedrich Osterport sollte in den Ruhestand gehen. Dazu vgl. BDKG 2, S.47f. 

1717 (D): 1717 unterschrieben Mollerus Vater und Sohn gemeinsam die Confessio Augustana (vgl. BDKG 2, S.51). 

1717 (I/H): Zum Reformationsjubiläum gab Magister Thomas Forstmann seine "Vita Lutheri" heraus, eine umfangreiche Lutherbiographie mit 1894 Seiten (dazu vgl.: Schl. 3/1983, S.103ff.). 

1717 (I/H): "1717, den 28ten November, alß der Her Magister Vorstmann wolten seine Eingangspredigt tuen zu Hemer, haben sich die Weiber alda auf dem Kirchhofe so starck postiret, mit einem Fuder Steine und Klüppel woll verwahret und den Her Magister und etliche Bürger auß hiesiger Stadt darmit begrüßet. Endlich sein sie doch mit starcker Handt in die Kirge gekommen und sich postiret vor daß Altar. Von wegen des grausames Tumultes had er sein Eigenwort nicht hören können, had nur die Epistel S. Pauli und daß heilige Evangelium abgelesen und darauf den Segen gesprochen. So had das blutige Treffen in und außer der Kirge continuiret, daß ein guter Teil Iserlonisge und ein gut Teil Bauern davon blessiret sein.... Endlich ist der Herr Magister Forstmann am 3ten Sonntage des Adventes, durch den Herrn Commissair Deuticon ohne Verhinderungen eingesetzt worden" (Schmölesche Chronik, zitiert nach W.Schulte II, S.382). - Dieser Kirchenskandal ist in das aktuelle "Adreßbuch der Stadt Hemer 1988" eingegangen, nämlich im einführenden Aufsatz von August Kracht: HEMER - Geschichte und Gegenwart (S.13-20), wo wir (S.15) lesen: "Und wo hätten solche rauhen Zeiten ebenso wie die nicht selten handgreiflich ausgetragenen Glaubenskämpfe um die - in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Hemer eingeführte - Reformation sich weniger nachhaltig niedergeschlagen als hier, wo man sich 1717 in der Vituskirche bei der Antrittspredigt des Magisters Thomas Forstmann gegenseitig das Gesangbuch um die Ohren schlug und es der Autorität seines als Verfasser philosophischer Kompendien bekannten Sohnes Johann Gangolf Wilhelm, nach dem Zeugnis des Philosophen J.G.Hamann ,der gewaltigste Prediger nach Luther’, bedurfte, die Gemeinde zur Harmonie, sogar mit pietistischem Einschlag, zurückzuführen." 

1718 (I/H): "Anno 1718. Bei Michael hat der Herr Magister Forstmann unse oberste Schule quittiret. Worauf die Herren des Magistrats wiederum einen berufen haben von Dortmunde mit Nahmen Herr Torck" (Schmölesche Chronik, zitiert nach: W.Schulte II, S.382). 

1718 (H):Beginn des ältesten Hemeraner Kirchenbuchs (Deilinghofen: 1684). Im gleichen Jahr ließ der neue Pastor Thomas Forstmann das Pfarrhaus bauen: "Das Pastoratshaus an der linken Seite der Geitbecke, welches 1718 unter Aufsicht des Pastors Thomas Forstmanns erbaut ward, ging in der großen Feuersbrunst am 3. April 1779 zugrunde" (F.L.Woeste, in: Schl. 2/1970, S.10) 

1718 (D): Zwei Jahre vor dem Tod von Pastor Goswin Mollerus wurd im Alten Pastorat "[ 17] 18.DIE VNTERSTE STVBE...VERFERTIGET" (Balken-inschrift im Alten Pastorat, welche von Florens Gerhard Mollerus aus dem Jahr 1744 stammt, gefunden 1980 von Pastorin Sigrun Valentin-Bette. Zitiert nach: Gemeindebrief der Evangelischen Kirchengemeinde Deilinghofen, April bis Juni 1980, S.13, vgl. den ganzen Artikel: S.Valentin-Bette: Das alte Pastorat in Deilinghofen, S.12ff.). 

1720 (D): Goswin Mollerus wurde in Deilinghofen beerdigt am 15.März 1720 (vgl. BDKG 2, S.51). 

1720-1755 (D): Florens Gerhard Mollerus 8. Pfarrer in Deilinghofen nach der Reformation (zu ihm vgl. BDKG 2, S.46ff.). 

1720 (D): In der Märkischen Synode, an der Pastor Mollerus II erstmals am 16. und 17.Juli 1720 teilnahm, machte er sich gleich mit einer pikanten Skandalgeschichte bekannt, wie §18 des Synodalprotokolls festhielt: "Her Möller, Pastor zu Deilinghofen Ampts Iserlohn, beschweret sich über eine WeibsPersohn seiner Gemeinde, welche er aus der Beichte in die Sakristey gefodert, ihr wegen ihre leichtfertigen Lebens-Wandels zu zu reden, daß sie ihme öffentlich obloquiret [d.h.: widersprochen] und gesagt habe, da gehöreten Schelme und Huren hinein." Mollerus bat um Gutachten, daß diese Frau sich öffentlich, evtl. vor dem ganzen Presbyterium zu entschuldigen hätte (Göbell I, S.78, wo im Protokoll einer späteren Sitzung, S.98f., der Name der Frau mit Catharina Theves angegeben wurde, bei der "öffentliche Hurerey dazugekommen" und "die Früchte davon an den Tag geleget" waren, so daß "offentlich ihres gegebenen Skandales wegen Kirchen-Buße" erfolgen mußte). 

1720 (H):Thomas Forstmann, Pfarrer an der Vituskirche Hemer, "ließ ... 1720 drucken ,kurze Fragen und Antworten zu besserem Verstand des kleinen Catechismi Lutheri, nebst christlichen Morgen- und Abendgebätlein’. Imgleichen, gewisse Kernsprüche nach dem Alphabet. Er machte auch den Anfang, die Sonntäglichen Evangelia durch Frag und Antwort, der lieben Einfalt zum besten, drucken zu lassen, sein Tod aber, der 1727, den 30 April einfiel, hat das Werk unterbrochen" (von Steinen, S.1133). 

1722 (I): In diesem Jahr wurde "der erste Iserlohner Drahtstapel gegründet. Es handelte sich hierbei um einen Zusammenschluß der Drahtzieher und acht Kaufmannsfamilien unter staatlicher Aufsicht. Diese Organisation regelte alle Bedingungen im Bereich der Herstellung und des Verkaufs von Draht mit dem Ziel eines stabilen Preises und eines garantierten Absatzes. Um 1737 waren 140 Drahtzieher aus der Stadt Iserlohn dem Stapel angeschlossen. Keiner der Mitglieder durfte Draht auf eigene Rechnung verkaufen" (Museums-Journal, Seite "Der Drahtstapel"). "Im Jahr 1724 gab es zu Sundwig und Westig 17 Kratzendrahtzieher, welche an den 1722 gegründeten Stapel zu Iserlohn abzuliefern hatten" (F.L.Woeste, in: Schl. 1/1988, S.21). 

1722 (A): "Wie sehr ... die Bevölkerung der Grafschaft Mark sich als untereinander verbundene Gemeinschaft fühlte, macht ein Buch deutlich, das seit seinem Erscheinen im Jahr 1722 über fast ein ganzes Jahrhundert...in den lutherischen Kirchen der ganzen Grafschaft Mark benutzt wurde. Dieses ‘Märckische Gesang-Buch’ gehörte unverzichtbar zum Buchbestand beinahe jeder evangelisch-lutherischen Familie ... Bereits 1782 hatte der preußische König ... das Privileg eines neuen Gesangbuches erteilt. Die Märkische Synode beschloß darauf die Einführung des Berliner Gesangbuches... Aber die Bevölkerung hielt, was durchaus märkisch-westfälischer Denkweise entsprach, an ,Kern und Mark' - so wurde das alte ‘Märckische Gesang-Buch’ in Kurzfassung genannt - beharrlich fest ... Wegen der allgemeinen Abneigung gegen dieses nur in wenigen Gemeinden akzeptierte Gesangbuch, gab schließlich die Regierung dem Wunsch nach, ‘Kern und Mark’ wieder als gültiges Gesangbuch einzuführen" (Dossmann, S.133f.). 

1724 (D): Nachdem in der Familie Schulte-Riemke mehrere Kinder in diesem Jahr starben, erhielt der bis heute zu sehende Grabstein folgende Aufschrift: "Kinder, so seind Christi Glieder, schenket Gott und nimmt sie wieder" (BDKG 2, S.49). 

1725 (I): Am 20.10.1725 war der erste Viehmarkt in Iserlohn (Schmöle-Chronik, nach: W.Schulte II, S.381). 

1726 (D/H/Bg): Der 1704 geborene (s.o.) Stephan Diedrich Rentzing (später: Rentzing, genannt Hepping) pachtete ‘Heppings Kirchenkotten’ in Sundwig, der der Kirchengemeinde Deilinghofen gehörte. Er nahm ihn in Erbpacht. (Vgl. Kirchenarchiv Deilinghofen, Akte L1: "Heppings Gut zu Sundwig 1761-1843"; dort den ältesten erhaltenen Pachtvertrag vom 9.Juni 1761 (unterschrieben von seiten der Gemeinde von Pastor Caspar Gerhard Mollerus u.a.; übrigens das einzige Dokument von Mollerus III, der ja angeblich das vorherige Kirchenarchiv verbrannt hatte!): "Kund und zu wissen sey hiermit jedermänniglich, sonderlich den daran gelegen, daß nachdem der Ehrsame Stephan Diederich Rentzing genannt Hepping zu Sundwig inständigst ersuchet und gebäten, zu Beförderung des Friedens und Einigkeit zwischen dessen Kindern, die seit vielen Jahren her, von ihm bewohnten der Kirche zu Deilinghofen competirende Kotte nebst dem dazu gehörigen Wiese u. Plätzgen; etwa Ein und Ein halben Morgen schlechten Landes [vier Parzellen Landes werden im einzelnen genannt] ... Erblich zu übertragen. Wir zu Ende genannte Prediger und sämtliche Consistoriales unterm heutigen Dato nachstehende Puncte, jedoch nicht anders als mit Genehmhaltung eines Wohllöbl Landgerichts zu Altena einfällig beschlossen und festgesetztet". Der Wert des Kottens wurde dort "ad Hundert Zwanzig, schreibe 120 Reichtsthaler" festgesetzt. - Beschlossen wurde auch, daß der Käufer "die gewöhnliche Pacht ad Vier Reichsthaler so an Martini fällig, jährlich an die Kirche so lange bezahlen müsse, bis davon das Capital völlig erleget". Am 24.September 1779 wurde der entsprechende Vertrag auf den Sohn Johann Melchior Rentzing überschrieben, von Pastor Dümpelmann u.a. unterzeichnet (gleiche Akte im Kirchenarchiv Deilinghofen). Am 10.Juli 1800 wurde der entsprechende Vertrag auf den Sohn des vorigen, Johann Gottfried Wilhelm Rentzing, überschrieben und von Pastor Basse u.a. unterzeichnet (gleiche Akte im Kirchenarchiv Deilinghofen). - Der Beweis, daß aber schon 1726 Rentzings auf dem Kotten waren, ist das Dümpelmannsche Gutachten vom 9.Mai 1780 (gleiche Akte im Kirchenarchiv Deilinghofen). Anlaß für dasselbe war, daß die reiche Industriellenfamilie von der Becke im Dieken ein Auge auf das Heppingsche Anwesen geworfen hatte und es von der Kirchengemeinde kaufen wollte. Dümpelmann nahm die Rentzings in Schutz. - In unserem Zusammenhang sei nur zitiert: "Diese Kott ist 1726 dergestalt zurückgekommen gewesen und der damalige Colone [sc. der Colon Hepping] so verarmt, daß zur Kirche, Contributions Casse Renthey etliche Jahre Rückstand gewesen, das alte Haus eingefallen, Garten und Wiese desolat geworden, zu dieser Verfassung sind die jetzt noch lebenden 76- und 80jährigen Eheleute Rentzing gendt. Hepping als Fremde getreten, allen Rückstand bezahlt und ein neues Haus aus eigenen Mitteln gebaut, Wiese und Garten planiert, mit lebendigen Hecken und Zäunen besetzt, mit Obst und andern Bäumen durchaus beplanzt...". 

1727 (Bg):
Mit der Abendmahlsfeier in der Kirche zu Berthelsdorf am 13. August 1727 schlossen sich Einwohner Herrnhuts zusammen zur Brüdergemeine.
 

1727 (D): "1727, 22.6. Zehnjähriger im Langenbruch infolge Wolkenbruchs ertrunken, aufgefunden am Hohenstein", aus dem Deilinghofer Kirchenbuch, (zitiert nach: G.Schulte, Kirchenbuch, S.65). 

1727-1732 (H/Bg): Nach dem Tod des älteren Forstmann, "der 1727 den 30 April einfiel", wurde seine "Stelle durch den Beruf seines Sohnes Johann Gangolf Wilhelm wieder besetzet, als welcher von der Gemeine gleich wieder ist beruffen und den 16.Junius zu Hemern in der Kirche ordiniert worden" (beide Zitate: v.Steinen, S.1133). - Pfarrer Florens Gerhard Mollerus aus Deilinghofen hielt am 9.Mai 1727 übrigens die Leichenpredigt für die (unmittelbar nach ihrem Ehemann) verstorbene Ehefrau des Pastor Thomas Forstmann. Diese älteste gedruckte Deilinghofer Predigt (!) ist vorhanden in: Staatsarchiv und Wissenschaftliche Stadtbibliothek Soest, Sign.IV/922 (liegt uns als Kopie vor!). Johann Gangolf Wilhelm Forstmann war von 1727-1732 Pfarrer in der Hemeraner Vituskirche (zu Forstmann jun. siehe auch oben zu 1706). "Er nahm aber bald darauf das ihm angetragene Pastorat zu Solingen im Bergischen Lande an, und hielt 1732 am 1.Sonntag des Advents seine Abschiedsrede" (v.Steinen, S.1133). 

1728 (D): "1728. April 27. Johann Christoph Weinmann, welcher am Cantate, während der Predigt zu Riemke in Borgmanns Pütte gefallen, und leydweise tot wieder herausgezogen" (Deilinghofer Kirchenbuch, zitiert nach: BDKG 2, S.48). 

1728 (H/Bg): Nach einer schweren Lebenskrise (Krankheit und Gelübde) deutliche Wende im Leben und in der Verkündigung und Amtsführung des Hemeraner Pfarrers Johann Gangolf Wilhelm Forstmann. Die Wende fand zwischen Ostern und dem Dreieinigkeitsfest jenes Jahres statt (vgl. Schl. 1959, S.10 f.). Es begann, noch vor seiner vollkommenen Hinwendung zu Zinzendorf und dem Glaubensverständnis der Brüdergemeine, die Zeit, die man Forstmanns ‘pietistisch-gesetzliche Phase’ nennen kann (vgl. dazu unten in dieser Chronik zu 1737 Forstmanns eigenen Rückblick auf die ‘Phasen’ seines Lebens). Seit 1728 jedenfalls wurde in Hemer Forstmanns Predigt als gewaltig empfunden. 

1728 (D): Der Deilinghofer Pastor Florens Gerhard Mollerus hielt im November 1728 in Hennen (das war damals im ‘Ausland’!) lutherischen Gottesdienst, als der lutherische Hennener Pastor von seiner (reformierten) Landesherrin, der Gräfin von (Hohen-)Limburg, im Verlauf des Hennener Kirchenstreits zwischen Lutheranern und Reformierten (1667-1733) Predigtverbot erteilt bekommen hatte (nach: Wilhelm Rademacher, Aus der Geschichte der Gemeinde Hennen, Hennen 1972, S.94). 

1730 (H/Bg): Erste Anklage von der Synode gegen Pastor Johann Gangolf Wilhelm Forstmann (Schunke, S.48): Anstößige Neuigkeiten hätte er in Hemer eingeführt. 

1730 (D): Am 8. und 9.November 1730 drang eine Räuberbande ins Alte Pastorat in Deilinghofen ein: schwerer Raub und Mißhandlungen (BDKG 2, S.49). 

1731 (Bg): Zinzendorf und die ersten gedruckten ‘Losungen’ der Herrnhuter Brüdergemeine. 

1731 (H/Bg): Nach F.L.Woeste lernt man Johann Gangolf Wilhelm Forstmann "und den damaligen Zustand der Gemeinde kennen aus einer äußerst selten ge-wordenen Predigt, die er in Hemer gehalten hat.... Er schrieb 1731 auf 5 Bogen: Gedanken eines Christen bei einer umgeschmolzenen Glocke" (Schl. 2/1970, S.14). 

1731 (H/D/Bg): Am 7.Oktober 1731 wurde in Sundwig in Heppings Kotten, dem Deilinghofer Kirchenbesitz, Johann Melchior Diedrich Rentzing, der Sohn des Stephan Diedrich Rentzing, geboren (gestorben: 21. April 1800; vgl. Rentzing-Alberts-Chronik, S.1). Johann Melchior Diedrich Rentzing trat, was die Herrnhuter betraf - mit Rückenwind aus Deilinghofen von Pastor Dümpelmann her -, in die Fußstapfen seines Vaters. 

1732 (Bg): Die Herrnhuter Missionstätigkeit in Westindien begann. 

1732 (H/Bg): 1732 war das Erscheinungsjahr eines Werkes, das Johann Gangolf Wilhelm Forstmann in seiner Hemeraner Amtszeit geschrieben hatte. Der genaue Titel lautet: "Mein Heiland hilff! Das Lutherische Christenthum / Das ist: Deutliche und lautere Erklärung / Des Kleinen Catechismi Lutheri, Wie selbige in denen Catechismus-Lehren Bißher vorgetragen / Nunmehro aber dem Druck übergeben Von Johann Gangolph Wilhelm Forstmann, Evangel. Luther. Past. zu Hemmern. Soest / gedruckt bey Joh. Georg Hermanni. 1732.". Forstmann mußte sich die Klagen der Synode anhören, daß er das Buch ohne Genehmigung zum Druck gegeben habe (vgl. z.B. Schunke, S.49). 

1732 (H/Bg): Am 1.Advent 1732 hielt Johann Gangolf Wilhelm Forstmann in der Hemeraner Vituskirche seine Abschiedspredigt und wechselte nach Solingen (s.o. zu 1727-1732). "Nach seinem Wegzuge entstund in der Gemeine wegen der Wahl eines neuen Predigers ein schwerer Streit, der ins dritte Jahr fortgesetzt wurde, endlich ist 1735 Johann Diederich Angelkate [ Sic!Er heißt richtig Angelkorte] als Prediger erwählet, und den 27 März durch den zeitlichen Inspector Glaser zu Hemern ordinirt worden. Und dieser ist es, welcher mir zu verschiedenen gegründeten Nachrichten von diesem Ort Handreichung gethan hat" (v.Steinen, S.1133 f.). 

1733 (Bg/H): Die Herrnhuter Grönland-Mission begann (vgl. Thom, S.8). Pastor Karl Thoms schöne Arbeit zeigt, wie die Herrnhuter Grönland-Mission für die Menschen aus dem hiesigen Raum Gewicht bekam. 

1733 (Bg): Johann Gangolf Wilhelm Forstmann lernte von Solingen aus Gerhard Tersteegen kennen (Gerhard Tersteegen, Liederdichter und der bedeutendste Mystiker im deutschen reformierten Pietismus, geb. 1697 in Moers, gestorben 1769 in Mülheim; ‘Ich bete an die Macht der Liebe’). "Tersteegens geheiligte Person habe ich seit dem Jahre 1733 gekannt", teilte Forstmann brieflich dem Grafen Zinzendorf am 17. Juni 1737 mit (zitiert nach: Wotschke I., S.272). Viele andre ‘fromme Außenseiter’ am Rande des Pietismus, denen er sich annäherte und von denen er sich z.T. auch wieder distanzierte, lernte Forstmann in seiner Solinger Zeit im Bergischen Land kennen. 

1733 (D): Taufe in der Familie des Deilinghofer Pfarrers: Caspar Gerhard Mollerus, der 1733 in Deilinghofen geborene Pfarrerssohn, wurde hier am 24.Februar 1733 getauft (vgl. BDKG 2, S.51). Caspar Gerhard Mollerus wurde später Pastor in Deilinghofen von 1756 bis 1765. 

1734 (Bg): Zinzendorf  trat in den geistlichen Stand ein. Im gleichen Jahr Beginn der Herrnhuter Nordamerika-Mission (vgl. Thom, S.8). 

1735 (H/Bg): Johann Diedrich Angelkorte (zu ihm vgl. oben zu: 1710 und 1732) wurde Pfarrer an der Hemeraner Vituskirche; zu Angelkorte vgl. auch Schl. 4/1975, S.19ff.). 

1735 (I): "Anno 1735, den 16. Januarius, haben die Revormirte die erste Klocke auf ihre Kirge bekommen und sogeleich mit in die Kirge geleutet" (Schmö-lesche Chronik, nach: Schulte II, S.383). 

1736 (H): "1736 wird an der Stelle einer alten Eisenschmelze am Sundwiger Bach der erste Hochofen Westfalens in Betrieb genommen (Sundwiger Eisenhütte)", Schl. 1 u. 2/1972, S.3). 

1737 (Bg/H): Am 16.Dezember 1737 offenbarte Forstmann in Solingen seine innere Entwicklung dem Grafen Zinzendorf in einem aufschlußreichen Brief, in dem es u.a. heißt: "Daher, wer es wissen will, daß Jesus ein Heiland ist, der sich der verfluchten Höllenbrände annimmt, nur auf mein Exempel sehen kann. Mein ganzes Leben bis in das 22.Jahr meines Alters heißt vor ihm lauter Blindheit, Missetat und Sünde. Vom 22. bis ins 30. hat er mich so gesucht und so an meiner Errettung gearbeitet, daß ich es nicht aussprechen kann.. Anfangs nach meiner Aufweckung behalf ich mich mit lauter Überzeugungen. Hernach geriet ich in einen gesetzlichen Zustand, worin ich mich fast bis ins 1736. Jahr aufgehalten, daß ich nie recht gewußt, ob ich ein Kind Gottes oder ein Kind des Sa-tans gewesen... Nach der Erkenntnis, die ich hatte, habe ich jederzeit gepredigt, ...von der ersten Stunde an,... bis endlich am vergangenen dritten Pfingstfeiertage (war mein 32.Geburtstag...) mein liebes- und erbarmungsvoller Heiland mich in solcher Liebe heimsuchte und umfaßte, daß ich nicht wußte, wie ich mich vor ihm beugen sollte, und mich seiner ewigen Gnade ... so fest versicherte, daß ich ... mein 32.Jahr mit seinem Blut besprengt und in seiner Gerechtigkeit eingekleidet antreten und in diesem Schmuck auf ewig leben solle" (zitiert nach: Wotschke I, S.269f.). - Im Klartext heißt das, daß Forstmann, was in vielen seiner autobiographischen Bemerkungen zur Sprache kommt, 1728, als er ein Jahr in Hemer war, seine erste Wende hin zu einem ‘gesetzlichen Pietismus’ ansetzte und daß seine Beschäftigung mit dem Gedankengut der Herrnhuter ihn in einer weiteren ‘Bekehrung’ schließlich vollends Pfingsten 1737 zu einem Christen mit einer Glaubensgewißheit nach der Art der Brüdergemeine werden ließ. 

1738 (I/D): Am "28.Februar 1738" starb 86jährig in Iserlohn der langjährige Ratsherr "Johannes Hülshoff, seiner Profession ein Kupferschmied, weil. Hern Bernardi Hülshoffs zeitlebens gewesener Pastoris von Deilinghofen ehelicher Sohn, seit 20. Mai 1681 Bürger der Stadt Iserlohn". Der Deilinghofer Pastorensohn war in Iserlohn "Senator, Consistorial". (Zitate nach: W.Schulte II, S.430, S.517 und S.439; vgl. zu Hülshoff auch etwa S.455f.; zu seinem Vater vgl. BDKG 2, S.41-43.) - Johannes Hülshoff, der Sohn, war einer der angesehensten Iserlohner Bürger. Aus dem Deilinghofer Kirchenbuch geht hervor, daß am 13. November 1681 dieser Johannes Hülshoff in seinem Heimatdorf Deilinghofen mit Margarethe Westhelle getraut wurde. 

1738 (Bg/H): "Der 31.Mai 1738 war für den frommen Solinger Pastor Forstmann ... ein Freudentag, brachte ihm die Erfüllung eines jahrelang gehegten Wunsches: der Graf Zinzendorf schenkte ihm die Ehre seines Besuches. Er konnte den von Angesicht sehen, dem sein ganzes Herz gehörte, den er liebte, verehrte, bewunderte wie keinen anderen... Am nächsten Tag begleitete er den Grafen, den es weiterdrängte, noch einige Stunden zu Fuß, aber auch als dieser dann die Post bestieg, mochte er sich nicht von ihm trennen; er schwang sich zu ihm in den Wagen, seine Gesellschaft weiter zu genießen, fuhr mit ihm nach Marienborn (bei Büdingen in der Wetterau) und blieb dort einige Tage" (Wotschke I, S.257). 

1739 (D): "1739 Gründung der Gewerkschaft Helle, d.h. eines Kapital-Konsortiums zum Erzabbau im Felsenmeer" (G.Schulte, Kirchenbuch, S.66). 

1740 (A): Das Konventikelverbot durch König Friedrich Wilhelm I; vgl. Schunke, S.44ff.). Es betraf die pietistischen Sondergemeinschaften innerhalb der evangelischen Kirche und eben auch die Herrnhuter Erweckungsbewegung, wobei in der Märkischen Synode Unklarheiten bestanden, wann eine ‘Hausandacht’ zum ‘conventiculus’ wurde.. 

1740 (A): In Preußen kam Friedrich II. (der Große) an die Regierung (bis 1786). 

1740 (D): Am 22.Februar 1740 wurden der Schultze und die Meyersche zu Riemke und ein Kind und drei Knechte im dortigen Hofbrand jämmerlich dahingerafft (vgl. BDKG 2, S.48f.; vgl. auch Schl. 4/1968, S.14f.: nach "der entsetzlichen Feuersbrunst" wurden von den Verbrannten "nur mehrenteils die Gebeine gefunden"). Diese Katastrophe hatte auch Konsequenzen für die Deilinghofer Kirchenkasse: die zuvor 50 Reichstaler, die 1739 in seiner Krankheit der sterbende Diedrich Schulte zu Riemke der Kirche zur Verbesserung der Pastoratrenten zu zahlen versprochen hatte, wurden nach dem Feuer 1743 mit Einverständnis der Kirchengemeinde auf 25 Reichstaler ermäßigt. (Vgl. dazu: Schl, 1/1968, S.10f.). Diedrich Schulte zu Riemke (1701-1739), war Sohn des gleichnamigen Diedrich Schulte zu Riemke (1660-1736); dieser war der frühere Diedrich Brandt, der einheiratete; vgl. oben in dieser Chronik zu 1702 und unten zum Juni 1740. 

1740 (Bg): Am 20.März 1740 unterschrieben sechs angesehene Hemmerder Bürger eine lange Anklageschrift gegen ihren Pfarrer Johann Caspar Dümpelmann (den Vater des späteren Deilinghofer Pastors), die sie an den preußischen König richteten. - Die Hauptanklagepunkte gegen den Pastor wurden so zusammengefaßt: er habe "1) in seinem Haus von den catechumenis ad s. synaxim praeparandis et confirmandis verlangt, daß sie dem Tanze absagen sollen, 2) bei der Konfirmation hat er sie einen feierlichen Eid nebst Ausreckung zweier Finger und deren Auflegung aufs Buch öffentlich über Meidung spezialer Sünden vor der ganzen Gemeinde kniend schwören lassen, 3) hat der Dümpelmann bei Dimission der Gemeine in der Mittelpredigt sich dieser verfänglichen Redensart gebraucht: ,Wer aus Gott ist, der kommt gern wieder, Gottes Wort zu hören', 4) hat dieser Dümpelmann eine spezielle Manifestation ihrer Sünden von seinen Eingepfarrten oder Beichtkindern auf öffentlicher Kanzel gefordert". - Seitenlang bekam der König Anklagepunkte gegen Dümpelmann zu hören, zum Beispiel auch, daß er zweimal kranke Beichtende peinlich gefragt hätte, ob sie "in Hurerei gelebt" hätten. (Zitiert nach: Theodor Wotschke, VI. Urkunden zur westfälischen Kirchengeschichte, in: Jahrbuch des Vereins für Westfälische Kirchengeschichte, 40./41 [1939/40], S.209-293; dort findet sich als Nr.64 der Brief "Gemeinde Hemmerde an den König" auf S.268-272 und die obigen Zitate auf S.269 und 272). 

1740 (Bg): Inspektor Emminghausen klagte auf der Märkischen Synode den Hemmerder Pfarrer Dümpelmann sen. wegen des Pietismus an (Anklagepunkte bei Schunke, S.50). 

1740 (Bg/H): J.G.W.Forstmann pries am 28.Mai 1740 die Aktivitäten seines Hemeraner Nachfolgers Angelkorte bei Zinzendorf brieflich an. In dem Zusammenhang schrieb er an den Grafen: "H.Pastor Angelkorte dringet immer darauf, daß er gern einen Bruder zu Hemer haben wollte... An seinem Ort ist eine große Tür aufgetan, und wenn ihm könnte ein Kandidat zugeschickt werden, der ein Bruder wäre, derselbe würde ein groß Feld der Arbeit finden. Ich bin den vierten Sonntag nach Ostern dagewesen mit ein paar Brüdern, und der Heiland hat uns vielen Eingang finden lassen... Ich erinnere Ew. Hochgeb. schließlich an dero Versprechen, daß dieselben durch Solingen kommen wollen, wenn die Reise nach Holland geht". (zitiert nach: Wotschke I, S.277f.). 

1740 (D): Vom 14.Juni 1740 datiert auf dem Hof Schulte-Riemke eine Balkeninschrift, die heute nur zum Teil noch entzifferbar ist. Herbert Schulte (Iserlohn) konnte 1967 den Text noch genauer lesen: "Anno 1740, den 22.Februar ist durch eine entsetzliche Feuersbrunst des Nachts das Wohnhaus und das Stallgebäude eingeäschert und durch die strenge Glut 6 Menschen umgekommen. / Doch hat des Höchsten Gut, der Nichtes war benommen, es wieder so gefügt und dieses aufgerichtet, da sonst das vorige war ganz und gar vernichtet. / Bewahr vor Hunger und Not Das, was darinnen schwebet. Bewahr vor Feuer und Brand, das, was darinnen lebet. Anno 1740 ... Den 14. Juni" (zitiert nach: Herbert Schulte: Kuhlmann, Johann Christoph 1691-1731, Brand, Anna Maria 1698-1740, beide genannt Schulte zu Riemke, verheiratet 2.Nov. 1717. Eine Le-bensbeschreibung als Beitrag zur Familiengeschichte. Iserlohn 1987; in wenigen Exemplaren maschinengeschrieben vervielfältigt). 

1740 (H/Bg): Der Hemeraner Pfarrer Angelkorte erzählte am 19. September 1740 dem Grafen Zinzendorf brieflich über seine Bekehrung im Sinn der Brüdergemeine durch Pastor Forstmann ("1740 kurz nach dem Sonntage Kantate") und über die Sache der Brüdergemeine in Hemer. (Wotschke II, S. 58). 

1741 u. 1742 (H/Bg): Im Zuge der Ausbreitung der Herrnhuter Brüdergemeine kam Diaspora-Arbeiter Backe zu Pastor Angelkorte nach Hemer (vgl. Schunke, S.25). Backe mußte auch in der Kirche predigen. Er hatte als Nachfolger 1741: Hüffel, 1742: Forckel (vgl. Schunke, S.27). 

1741 (H/Bg): Aus der Sicht der Freunde der Brüdergemeine wirkte der Bruder des Johann Gangolf Wilhelm Forstmann, der Kandidat der Theologie Peter Konrad Forstmann, auf schwärmerisch-unselige Weise in Hemer, wie aus einem Brief aus Hemer vom 1. März 1741 hervorgeht: "H. Kandidat Forstmann hat hier erweckten Leuten, die nur eine Beruhigung ihrer bösen Taten vorgeben, alle Seligkeit zugesprochen. Er tut ungegründeten Seelen Schaden. Sein Bruder, der Prediger, und andere wünschen, daß er nicht wiederkommen, sondern andernwärts versorgt werden möchte" (zitiert nach: Wotschke I, S.240 A.10; der Brief ist komplett abgedruckt bei: Schunke, S.25f.). 

1741 (H/Bg): Johann Gangolf Wilhelm Forstmann selbst war es, der sich bei den höchsten Stellen der Brüdergemeine zum Bittsteller machte, damit sein Nachfolger in Hemer, Pfarrer Angelkorte, von der Gemeine eine "Eheschwe-ster" zugewiesen bekäme. In einem Brief Forstmanns vom 31.März 1741 an Polykarp Müller, den Bischof der Brüdergemeine, hieß es so: "Des Bruders Angelkorte Umstände erfordern, daß er heiratet. Mit seiner leiblichen Schwester, die eine Wittib ist und ihn nun einige Jahre genug gequält hat und noch bis dato auf nichts anderes bedacht ist, als ihn in seiner Arbeit an den Seelen zu hindern, kann ers unmöglich aushalten. Weg will sie auch nicht, bis er heiratet. Die meisten Seelen, so zu Hemer aufgeweckt sind, sind Frauen und ledige Schwestern. Ich soll daher in seinem Namen bitten, daß Sie seine Umstände der Gemeinde vorstellen und ihm eine Schwester geben, die seine Gehilfin und Mitarbeiterin sei. Er ist von Jugend auf eines stillen und sanften Wesens gewesen und nachher, da er in Halle studiert, ist er nach dasiger Methode immer mehr geändert und mein Nachfolger dann geworden. In den ersten Jahren war er beliebt und hatte den Namen eines frommen Predigers und scheute sich gar sehr, sich mit mir einzulassen. Mit der Zeit verlobte er sich auf Anstiften seiner Verwandten mit einer Kaufmannstochter zu Iserlohn ohne Konsens und wider den Willen seiner Mutter. Und das war die Gelegenheit, wodurch er auf sein Herz kam. Die Person war eitel. Seine Mutter wollte es nicht zugeben; er kam darüber in Angst und Not. Die Heirat wurde zu seinem großen Glück hintertrieben, und er wurde ein armer Sünder, dem alles wegfiel und der nun fragte: ‘Was soll ich tun?’ Von da an kam ich mit ihm in Verbindung. Er sehnt sich nach nichts mehr als nach der Gnade des Bluts. Und daß er nichts anderes in der Welt sucht, als dem Lamm zu leben, daß weiß ich und darf es der teuren Gemeinde versichern" (Wotschke I, S. 241, A.15). 

1741 (Bg/H): Gute Zustandsbeschreibung des im Herrnhuter Sinn erweckten Kreises in Hemer durch Forstmann in einem Brief aus Solingen am 8.Mai 1741: "Den 28.April bin ich mit meiner Frau auf Hemer gegangen, wo wir unsere Brüder Angelkorte und Backe besuchten. Den 30.April habe ich daselbst vom Heilande am Kreuz als der armen Sünder ihren Gott zu predigen Gnade gehabt. Nach der Versammlung des Nachmittags haben wir am Abend das er-ste Liebesmahl dort gehalten, wo unser 15 gegenwärtig gewesen, und unser Lamm war eines jeden Herzen nah. Zehn Seelen sind dort, darunter einige den Heiland als Versöhner kennen und ein Gefühl vom Blute haben, die anderen aber auf der Spur sind. Sie haben sich gemeinschaftlich verbunden, und der Heiland wird sich daselbst ein Völkchen sammeln" (Wotschke II. S.61 A.29). Vom genannten Backe werden dort, S.60 A.28 zwei Briefe zitiert. Es ist Diaspora-Arbeiter Georg Konrad Backe.) 

1741 (D/Bg): Am 19.Juli 1741 wurde Gottfried Wilhelm Andreas Dümpelmann, der spätere Deilinghofer Pfarrer, der in unserer Gemeinde von 1765-1791 wirk-te, wurde als Pastorensohn in Hemmerde geboren. Taufeintrag des Vaters Dümpelmann im Kirchenbuch Hemmerde: "d 21 dito [ sc. Juli] des morgens um 10 Uhr vormittags gebohren Godtfried Wilhelm Andreas getauffet. die GeV. [ sc.: Gevatter, Paten] sind gewesen der H. Past. Zu Bosenhagen, mein Schwager Wilhelm Andreas und Schwiegerin Catharina Gerdruth zu Stockholm [ !] absentes, an deren beyden Stellen Jürgen Henrich Maertman mein Studiosus und die Cramersche gestanden". --- Zu Johann Gottfried Westhoff (1705-1750), auch einem Hauptkämpfer für die Sache der Brüdergemeine in der Mark (von ihm hatte sein Patenkind den Haupt-Vornamen Gottfried), vgl. Bauks, S.552 Nr.6866): geboren als Pfarrerssohn in Bausenhagen im März 1705, dort Pfarrer von 1735-1750, danach Meinerzhagen, wo er am 9.August 1750 starb. Übrigens heiratete der Bruder von Dümpelmann sen., Johann Wilhelm Dümpelmann (1717-1760; Bauks, S.107 Nr.1370), als Amtsnachfolger Westhoffs in Meinerzhagen auch Westhoffs Witwe. 

1742 (H/Bg): Johann Hüffel, der Diaspora-Arbeiter, schrieb am 17.Februar 1742 von Solingen aus über die Situation bei den Erweckten in Hemer und kam dabei auf ein Gespräch mit der Schwester Stephan Diedrich Rentzings zu sprechen: "Den 11. sprach ich Br. Rentzings Schwester, die fast ihre Lebenszeit fromm gewesen und das Instrument ist, wodurch B. Forstmann, Angelkorte und viele andere sind erweckt worden [ !!!] und von jedermann als Muster der Heiligkeit ist gehalten worden. Nun bringt sie der Heiland auf ihr Herz, und sie fühlt sich voller Sünden und Verderben, worüber sie mit Tränen klagte. Ich wies sie zum Heiland ..., daß sie als eine verfluchte Sünderin in dem Blute des Lammes müßte Vergebung ihrer Sünden suchen. Danach gingen wir zur Kirche" (Brief Joh. Hüffels an N. N., zitiert nach: Wotschke II, S. 65; vgl. Schl. 4/1975, S.28). Am gleichen Nachmittag waren Hüffels Gesprächspartner Bruder Rentzing und "Landpermann", den Hüffel charakterisierte als "ein liebes einfältiges Kind, dem es gewiß ganz um den Heiland zu tun ist" (Wotschke II, S. 64 f.); lies aber: Landfermann. Es könnte sich um den Hemeraner Küster und Schullehrer Johann Landfermann (vgl. zu ihm F.L.Woeste in: Schl. 1/1971, S.2) handeln, zumal Hüffel (nach Wotschke II, S.65) einen "Schulmeister Welker" nennt. Das heißt wahrscheinlich richtig gelesen: "Schulmeister, welcher..." und bezieht sich eben auf den Lehrer Landfermann (womit auch G.Gudelius’ Rätseln in Schlüssel 4/1975, S.28 behoben wäre). Übrigens war es Pfarrer Wilhelm Kaiser, Sundwig, der im Verein mit Dr.Georg Gudelius als erster die Bedeutung dieser Schwester Rentzings für die Hemeraner Erweckungsbewegung und zugleich die lange von der Brüdergemeine geprägte Tradition des ‘Heppingschen Kottens’ in Sundwig beschrieb: "Um 1742 war durch die Wirksamkeit eines ,Bruder Hüffel’, der bei Pastor Angelkorte zu Besuch weilte, eine kleine Erweckung in Hemer entstanden. Zu den Erweckten gehörte auch eine Friederike Renzing zu Sundwig, eine Urahne mütterlicherseits der Familie Alberts-Mühle, die, wie man sich ausdrückte, aus einer guten lutherischen Christin eine arme Sünderin geworden war. Durch ihren Einfluß kam später eine regelmäßige Verbindung mit der Brüdergemeine zustande. Alljährlich besuchte ein Diaspora-Arbeiter der Brüdergemeine von Neuwied die hiesigen Gemeinden und Freunde der Herrnhuter Mission. Er wohnte jedesmal in der Mühle, wo sich dann auch ein fester Kreis um ihn sammelte. Diese ,Ver-sammlung', die immer zu Pfingsten stattfand, wurde eine Tradition, die länger als 200 Jahre fortdauerte. Sie wird heute noch insofern aufrechterhalten, als einer der Pfingstgottesdienste in Hemer regelmäßig durch einen Herrnhuter Missionar gehalten wird. Pastor Angelkorte führte bei uns das Gesangbuch der Brüdergemeine ein und teilte die Gemeinde in Herrnhuter ,Chöre’ ein: Eheleute, ledige Männer und Frauen, Jünglinge und Jungfrauen. So wurde der Grund gelegt zu der engen Verbindung, in der unsere Gemeinde noch heute mit der Brüdergemeine steht." (Georg Gudelius, Von unseren Pfarrern in früheren Jahrhunderten, in: Festschrift anläßlich der Einweihung der Christuskirche zu Hemer-Sundwig am Sonntag Exaudi dem 10.Mai 1964, S.25ff., Zitat: S.26. Telefonisch erfuhren wir von Dr.Gudelius aus Gießen, daß diese schöne ‘Mühlenpassage’ samt der Erwähnung dieser wahrhaft denkwürdigen ‘Ahnfrau der Erweckungsbewegung’ Friederike Ren(t)zing von Pastor Kaiser vor Drucklegung der Festschrift in den Gudelius-Aufsatz eingefügt wurde.) 

1742 (H/Bg): 1742 kam Forckel, der Diaspora-Arbeiter der Brüdergemeine, nach Hemer (vgl. Schunke, S.27). 

1742 (A/Bg): Unter Friedrich dem Großen Verschärfung des Konventikelverbots von 1740 (s.o.). Den Herrnhutern wurde am 25. Dezember 1742 eine "Concession" gegeben, daß sie Gewissensfreiheit erhielten und gottesdienstlich tätig sein durften (vgl. etwa: Albrecht Ritschl, Geschichte des Pietismus, Band III, Bonn 1886, unveränderter Nachdruck Berlin 1966, S.331). Zinzendorf kritisierte dieses Zugeständnis bald darauf, weil diese "Concession" die Brüdergemeine zu einer Sonderkirche abstempelte, was nie im Sinne des Grafen war. 

1742 (H/Bg): In der Weihnachtszeit 1742 besuchte Forckel vom 22. Dezember an Hemer. Der Diaspora-Arbeiter blieb über Weihnachten dort, hielt Versammlungen am Heiligabend und am ersten Weihnachtstag (als Angelkorte zweimal in der Vituskirche predigen mußte) und redete das ganze Weihnachtsfest über vor den Erweckten in Hemer über völlig unweihnachtliche Bibelthemen (vgl. Schunke, S.41). 

1743-1750 (Bg): Dieser Zeitraum wird in der Geschichte der Brüdergemeine ‘Sichtungszeit’ genannt. Es war die Zeit, in der die ‘Blut- und Wundentheologie’ Zinzendorfs z.T. sprachlich sehr übersteigert wurde in den Gemeinden und in der man feiernd zu religiösen Auswüchsen neigte. Diese schwärmerischen Tendenzen zeigten sich z.B. in der Verehrung der ‘heiligen Seitenhöhle Jesu’ oder in extremer Jesus-Erotik. Für die Brüdergemeine war es die Zeit, in der die Gemeinschaft die größte Anziehungskraft entwickelte; umgekehrt wandten sich die Kritiker zuhauf in Streitschriften gegen Zinzendorfs Anhänger. In Herrnhaag wurde die Schwärmerei besonders durch Zinzendorfs Sohn Christian Renatus ins Extreme gesteigert, bis der Graf den gefährdenden Tendenzen ein Ende machte. 

1743 (Bg): Am 16.Januar 1743 wurde Johann Gisbert Dümpelmann (1743-1811; Bauks, S.107 Nr.1372), der Bruder des Deilinghofer Pastors und ebenfalls später ein maßgeblicher Kämpfer für die Herrnhuter, in Hemmerde als Pfarrerssohn geboren. (Der gesamte Stammbaum der Familie Dümpelmann liegt uns in graphischer Anschaulichkeit vor in: H.Schulte III.) 

1743 (Bg/H): Am 19.Januar 1743 erhielt Forstmann in Solingen Besuch aus Hemer von Pfarrer Angelkorte und Stephan Diedrich Rentzing, wobei auch ein kleines Liebesmahl gefeiert wurde; am 20.Januar 1743 predigte Angelkorte in Solingen; Rückkehr am 22.Januar (vgl. Schunke, S.31). 

1743 (Bg/H/D): Ab 3.März 1743 kam von Solingen aus Johann Gangolf Wilhelm Forstmann ins Märkische, um erst zu Angelkorte in Hemer, dann "in Lau-fenhagen [lies: Bausenhagen] zum Pastor Westhof und weiter auf Hemmerde ... zum Pastor Dümpelmann" zu gehen (Wotschke II, S.62 A.31; es handelt sich um einen Brief Forstmanns, den er am 8.April 1743 nach Amsterdam an Isaak le Long schickte, der noch im gleichen Jahr Angelkortes Schwiegervater werden sollte). Hier sah Forstmann wohl zum ersten Mal den kleinen Gottfried Wilhelm Andreas Dümpelmann, den späteren Deilinghofer Pfarrer, nachdem er zuvor dessen Taufpaten Pastor Westhoff in Bausenhagen besucht hatte... 

1743 (H/Bg): Vom Juli bis zum Oktober 1743 war der Hemeraner Pfarrer Angelkorte in Holland (vgl. Schunke, S.31). Die holländischen Kontakte waren allesamt von der Verbindung zur Brüdergemeine geprägt, die dort in Zeist ihre zentrale Kolonie unterhielt. Die langerbetene ‘Eheschwester’, die jüngste Toch-ter des einflußreichen Herrnhuter Isaak le Long, heiratete Angelkorte am 6.September 1743 in Heerendijk, wo er vier Wochen verbrachte und Gemeinde-glied der Heerendijker wurde (vgl. Angelkortes Brief an den Bischof der Brüdergemeine Johann Nitschmann in: Wotschke II, S.69-72). 

1743 (H/Bg): Angelkorte erhielt auf der am 30. und 31.Juli 1743 tagenden Märkischen Synode in Herdecke in Abwesenheit die erste Ermahnung wegen Verletzung der Kirchenordnung durch seine Amtsführung; es wurde angezeigt, daß "H. P. Angelkorte zu Hemern den Classical Conventen nicht beywohne, auch seine Gemeine etliche Wochen verlasse, ohne es dem H. Subdelegato anzuzeigen" (zitiert nach: Göbell I, S.266; vgl. auch Schunke, S.55). 

1744 (H/Bg): Pfarrer Angelkorte war mit seiner Frau in Marienborn (bei Büdingen in Hessen), einem zentralen Ort der Brüdergemeine, wo die Frau am 3. Dezember 1744 starb (Schunke, S.31). Am Tag vor Heiligabend 1744 schrieb Angelkorte aus Hemer an Zinzendorf: "Ich bin am 18. Dez. mit meinem lieben Br. Horn wieder glücklich hier angelangt. Die unerwartete Nachricht von dem Heimgange meiner Eheschwester zum Lamme hat hier bei jedermann, besonders aber unter den Erweckten große Bestürzung verursacht. Es scheint, daß sie noch kräftiger nach ihrem Tode prediget als bei ihrem Leben. ... Es ist des Lamentierens fast kein Ende" (Wotschke II, S.71f., A.43; vgl. auch Schl. 4/1975, S.30). 

1744 (D): Im Alten Pastorat wurde "1744 ABER DIE OBERSTE KAMMER VERFERTIGET CHRISTE DEINE LIEB VND GÜTE DIESE WOHNVNG WOHL BEHÜTE FLORENS GERHARDVS MOLLERVS PASTOR" (Balken von 1744, den Pastorin Valentin-Bette 1980 fand; zum Ganzen vgl. oben zu 1718). 

1744 (D): Stiftung unseres Kirchen-Kronleuchters (heute im Eingangsbereich der Stephanuskirche). "Wortlaut der Leuchter-Inschrift mit Großbuchstaben auf fünf Bändern der großen Kugel: ,ANNO 1744 HAT DIESEN LEUCHTER ZUR EHRE GOTTES VEREHRET DIEDERICH SCHULTZE ZU BEINCK-HAUSEN DER ÄLTERE/ 2. MAN ZÜNDET NICHT EIN LICHT AN UND SETZET ES UNTER EINEN SCHEFFEL SONDERN AUF EINEN LEICH-TER SO LEICH/ 3. TET ES ALLEN DIE IM HAUSE SIND MATTHEI 5 VV 15 - 16/ 4. ALSO LASET EUER LICHT LEICHTEN FÜR DEN LEUTEN DAS SIE EURE GUTE/ 5. WERCKE SEHEN UND EUREN VATER IM HIMMEL PREISEN’ " (Schl. 1/1968, S.10; der Stifter war Diedrich Schultze zu Bäinghaus [1677-1755]; vgl. Schl. 1/1968, S.12). 

1744 (Bg/H): "Eine Predigt: ,Der leichteste und kürzeste Weg zur Gnade', welche er [sc. J.G.W. Forstmann] 1744 herausgab, schickte der Graf von Zinzendorf dem Prediger Fabricius zu Daubitz in der Ober-Lausitz zur Widerlegung einer Predigt desselben, in welcher dieser vor der Schwärmerei der Hernhuter [sic!] gewarnt hatte" (Bädeker/ Heppe, S.45). 

1744 (Bg/H): Am 23.März 1744 unterschrieb Forstmann das Vorwort seines streng lutherisch-orthodox gehaltenen Katechismus, nachdem er ja 1732 als Frucht seiner Hemeraner Amtszeit schon einen Katechismus herausgegeben hatte (s.o. zu 1732). Das Werk von 1744 hat folgenden barocken Titel: "Gött-liche Wahrheiten Der heiligen Evangelischlutherischen Religion In Fragen und Antworten Abgefasset Und zum Gebrauche Der Kinder seiner Gemeinde Mit einer Vorrede Sr. Hochwürden / Herrns D. Joh. Daniel Klugens Hochfürstlichen Sachsenquerfurtischen Kirchenraths, der Gottesgelehrtheit Professoris und Gymnasiarchens In Dortmund Dem Drucke überlassen Von Joh. Gangolf Wilhelm Forstmann Evangelischlutherischen Past. der Stadt Sohlingen im Herzogthume Berg. Dortmund, verlegts und druckts Gottschalk Diederich Bädecker. 1744". Interessant für Forstmanns Situation 1744 sind seine Bemerkungen im Vorwort: "Nachdem ich bereits 1735. am 31. Augustmonats ... die symbolischen Bücher unseres Lutherischen Israels eigenhändig unterschrieben, so bekenne ich mich nochmals von ganzem Herze / vor dem Angesichte Gottes und seiner Kirche / wie zu dem geschriebenen Worte des Herrns / also zu allen symbolischen Büchern unserer Lutherischen Gemeine / der unveränderten Augspurgischen Konfession und derselben Apologie, den Schmalkaldischen Artikeln, dem kleinen und grossen Katechismus D. Luthers und besonders zu der schönen FORMVLA CONCORDIAE ..." (Vorwort, S. XXVII f.). "Und weil ich derselbe nicht mehr bin, der ich ehedessen war / als ich zu Hemmern in der Grafschaft Mark das Lehramt führete und den Katechismus unter dem Titel: das Lutherische Christenthum im Jahr 1732. im Drucke heraus gab / so bezeuge ich hiemit öffentlich / daß ich alles dasienige, was orthodoxe Lehrer unserer Kirche daran mit Recht auszusetzen gefunden / selbst verwerfe" (Vor-wort, S. XXVIII f.). Doch ist - diesem dezidiert lutherischen Bekenntnis zum Trotz - Forstmann in seinem Katechismus von 1744 von vorn bis hinten ‘Blut- und Wunden-Theologe’ im Zinzendorfschen Sinn, was er schon im letzten Satz des Vorworts so erkennen läßt: "Und damit/ emphele ich Sie / wertheste Leser,/ Dem Herrn, dem blutgen Lamme,/ Das sich für unsre Noth/ Am rauhen Kreuzesstamme/ Geblutet hat zu Tod" (Vorwort, S. XXVIIII). Von dem genannten Werk Forstmanns "Göttliche Wahrheiten" ist auf der Titelseite von: Schl. 1/1959 die Titelseite einer späteren Auflage abgedruckt: "Leipzig und Görlitz, Verlegts Siegmund Ehrenfried Richter, 1745.". 

1744 (Bg/H): Zu einem für J.G.W.Forstmann folgenschweren Zerwürfnis mit seinem über alles geliebten geistlichen Vater, dem Grafen Zinzendorf, kam es im Sommer 1744. Anlaß war Zinzendorfs briefliche Kritik, Forstmann habe bei einem Besuch bei den Brüdern in Amsterdam seine geistlichen Kompetenzen überschritten und unerlaubt dort Gottesdienste gehalten. Forstmann brach daraufhin den brieflichen Kontakt mit Zinzendorf ab. (Die Briefe, die diesen Bruch dokumentieren, sind abgedruckt bei Wotschke I, S.257ff.; dort findet sich - S.282-284 - Forstmanns Brief an den Grafen vom 24.August 1744; ferner S.284: Zinzendorfs Brief an Forstmann vom 21.Juli 1744 und S.284f.: Zinzendorfs Brief an Forstmann vom 31.August 1744). Wie beleidigt Forstmann war, erkennt man vielleicht daran, daß er 1751/52 bei einer anderthalbjährigen Kollektenreise nach Sachsen und Schlesien auf der Hinreise einen auffälligen Bogen um Herrnhut machte, sich dann aber einen Ruck gab und Herrnhut doch besuchte. Unter dem Eindruck dieser Ereignisse schrieb Forstmann am 21.August 1752 von Dresden aus an den führenden Herrnhuter Johann Nitsch-mann d.J. mit Blick auf die Brüdergemeine: "...ich wünsche allen Euren Anklägern und Lästerern, daß es ihnen so gehen möchte, wie es mir ergangen ist. Ich armer Wurm habe mich seit 1744, da der liebe Papa [sc. Zinzendorf] ... mir die Wahrheit in etwas harten Ausdrücken geschrieben, die mein stolzer und hochmütiger Kopf nicht ertragen konnte, zu meinem unersetzlichen Schaden von der Gemeinde, unter der ich tausend Seligkeit genossen, getrennt und losgemacht. Der Heiland hat mich zwar aus Gnaden bewahrt, daß ich mich zu der Partei Eurer öffentlichen Feinde und Verfolger niemals geschlagen, allein ich habe es doch nicht mehr mit der Gemeinde gehalten, sondern bin meine eigenen Wege gegangen. Ich habe auch oft in Gesellschaften bei Gelegenheit es mit über die Brüder laufen lassen und bezeugt, daß ich keine Gemeinschaft mehr mit ihnen hätte. Und nun habe ich die Gemeine gesehen und bin mit so vieler Liebe letzthin von ihr aufgenommen worden... Vergib mir, liebes Volk Gottes, und ist’s möglich, so nimm einen Dir entlaufenen, verlorenen Sohn, der vom Teufel ganz verblendet, seine Güter hat verschwendet, wieder in Deine Gemeinschaft nicht als ein Kind, denn das ist zu viel vor mich, sondern als einen Deiner Tagelöhner und Knecht auf! ... Wenn Du dem Papa schreibst, so bitte ihn auch in meinem Namen, daß er mir alles vergibt... Ach, möchte ich die Gnade haben, noch einmal in der Welt sein Angesicht zu sehen!" (zitiert nach: Wotschke I, S.258). 

1744/1745 (H/Bg): Georg Andreas Horn, der Diaspora-Arbeiter, wurde "1744, bezw. Anfang 1745" Angelkortes Gehilfe (Schunke, S.27). Horn zog in Hemer Mißtrauen und Vorurteile auf sich, wie der sich mit ihm solidarisch verbundene Angelkorte an die Brüdergemeine in Marienborn berichtete: "Neulich sagte einer: ‘Der Gärtner Horn verführt alle Leute.’ Und vor einigen Tagen wollte ein gerührter Mann zu uns kommen, da warnte ihn ein anderer und sagte: ‘Geh nicht ins Pastorhaus. Der Gärtner ist ein Zauberer. Er gibt den Leuten Zettelchen zu verschlucken, und wenn sie solches getan und er sie nur einmal gesprochen, so sind die Leute auf einmal so eingenommen, daß sie wieder müssen ins Pastorathaus gehen’" (Brief vom 6.September 1745, zitiert nach: Wotschke II, S.77). 

1745 (H/Bg): Am 7.März 1745 wurde in Hemer Johan Herman Helleman geboren (zu ihm vgl. Schl. 1/1968, S.21ff. und 2/1968, S.2ff.). Es taufte ihn Pastor Angelkorte. Helleman, der später den Beruf eines Nagelschmiedes ausübte, war als schlichter Handwerker auch ein geistlicher Liederdichter, von dem uns bis heute 24 Lieder überliefert sind. G.Gudelius sieht in ihm zu Recht einen an Zinzendorf und den Herrnhutern orientierten Pietisten (vgl. Schl. 1/68, S.22 und 2/1968, S.6). Helleman starb in Hemer am 15.Dezember 1826; sein Sohn Johann Diedrich Helleman starb 1811 als von Napoleon gezogener Soldat im Krieg gegen Spanien (Schl. 1/1958, S.13; vgl. andere Datierung in Schl. 2/1968, S.2). Daß Johan Herman Helleman Nachfahren in Deilinghofen hatte (eine Nachfahrin war die 1994 hochbetagt verstorbene Elisabeth Kölsch, die Tochter des früheren Deilinghofer Presbyters gleichen Namens), entnehmen wir einer Auskunft von Frau Emmi Treude, Hemer. 

1745 (H/Bg): Seit April 1745 war in Hemer eine besondere Erweckungszeit. Der Diaspora-Arbeiter Georg Andreas Horn meldete am 28.April 1745: "Es ist hier in Hemer eine ganz besondere Regung unter den Seelen. Unsere Zahl hat sich in kurzem sehr vermehrt. Es kommen bald jede Woche neue Seelen, die von der Gnade angefaßt. Bei meiner Ankunft sind in allem 32 gewesen, und sind seit der Zeit dazu gekommen hier 16 und in Iserlohn 10, Hemer und Iserlohn zusammen 58 Seelen" (Wotschke I, S.242 A.21). Der Trend hielt im Jahre 1745 weiter an: An die Brüdergemeine in Marienborn schrieb der Hemeraner Pfarrer Johann Diedrich Angelkorte in einem Brief vom 6.September 1745: "Der edle Gnadenwind, der seit dem April in Hemer geweht hat, weht noch immer fort. Es werden noch täglich Seelen erweckt, so daß die Anzahl der erweckten Seelen jetzo schon 120 Personen ausmacht... Kurz, es ist hier eine solche Gnadenzeit, dergleichen nie gewesen" (zitiert nach: Wotschke II, S.77). 

1745 (I): "Die Gründung der kath. Kirchengemeinde geht auf eine Verfügung Friedrichs des Großen aus dem Jahr 1745 zurück und diente dazu, auswärtige kath. Facharbeiter für die Iserlohner Nadelfabrikation dauerhaft anzusiedeln" (Museums-Journal, Seite "Kirchengeschichte"). 

1746 (I): "1746, den 21. Juny, haben die Catholiken ihren Gottesdienst in einem Hause das erstemahle gehalten" (Schmölesche Chronik, nach: W.Schulte II,S.384). 
1747 (H/D/Bg): Stephan Diedrich Rentzing, der ‘Heppings Kotten’ als Pächter der Kirchengemeinde Deilinghofen bewirtschaftete (heute ‘Alberts Mühle’) besuchte 1747 Herrnhaag bei Büdingen, die Zentrale von Zinzendorfs Brüdergemeine (nach Archiv Herrnhut: Diasporabericht Johann Heinrich Ernst 1792/93, Sign.: R 19 Bi 5., Nr. 32; ferner: Nachrichten aus der Brüdergemeine 1793, III. Quartal, Nr. 21, S.306: "1747 besuchte er auch den Hhaag zum Segen für sein Herz"; es gibt eine saubere und z.T. variierte Abschrift des Ernstschen Diasporaberichts von 1792/93 im Archiv Neuwied, die uns vorliegt, wo das entsprechende Ereignis von 1747 von Ernst verzeichnet ist). 

1747 (H/Bg): Ein Brief an die Brüdergemeine Marienborn: "Aus Ihmert bei Iserlohn klagt am 16.April 1747 der Schuster Erdmann, daß ihn das gesetzliche Wesen nicht habe zu Frieden kommen lassen" (Wotschke II, S.77 A.49). Bei Thom (Liste S.127ff.) ist ein Schuster Erdmann unter den Ihmerter Vorfahren des Friedrich Erdmann nicht eigens vermerkt. 

1747 (H/Bg): Pastor Angelkortes zweite Verheiratung, wieder mit einer ,Eheschwester’, die ihm von der Brüdergemeine zugeteilt wurde, fand 1747 statt: "Am 1.Mai 1747 kann er ... die Ehe mit Famia Brümel aus Quda-Brock in Geldern ... eingehen, aus der zwei Söhne hervorgegangen sind. Diese Frau hat ihn dann auch überlebt" (Schunke, S.30). Im Kirchenbuch der Gemeinde Hemer lesen wir den richtigen Herkunftsort der Braut; die Abkündigung der Verehelichung wurde da so schriftlich niedergelegt: "23.April bin ich allhier zu Hemer prima vice proclamirt wie folget: Johannes Theodorus [NB!] Angelkorte, Evang. luth. Pastor bey hiesiger Gemeine, und Jungfer Famia Brümel weyland Herrn Goswin Brümel von Ouda [!] Brock in der Provinz Gelderland, nachgelassene eheleibliche Tochter...". 

1747 (H/Bg): Auf der im Sommer 1747 tagenden Märkischen Synode wurde die Ermahnung ausgesprochen, "darauf zu sehen, daß keine irrigen Lehren, besonders Herrnhutianismus qua Herrenhutianismus einreißen mögen". "Durch diesen Beschluß fühlen sich die drei Prediger Dümpelmann in Hemmerde, Westhoff in Bausenhagen und Angelkorte in Hemer angegriffen. Daher protestieren sie sofort dagegen. Sie wären der evangelisch-lutherischen Religion von ganzem Herzen zugetan und um das Heil ihrer Gemeindeglieder besorgt. Die mährischen Brüder hegten nach ihrer Meinung keine irrigen Lehren, bemühten sich vielmehr, die Hauptlehre der evangelischen Religion, nämlich die Versöhnung und die daraus folgende Rechtfertigung der armen Sünder, in die Herzen der Menschen zu bringen und dadurch lebendiges Christentum zu befördern. ... Die drei Geistlichen beantragten..., daß ihre Rechtgläubigkeit untersucht werde. Der Inspektor verspricht darauf, seinerseits einen Auszug aus Herrnhutischen Schriften machen zu lassen und diesen Auszug der Synode zur Begutachtung vorzulegen" (Schunke, S.54). Wichtig anzumerken ist hier in unserem Zusammenhang, daß neben Johann Gangolf Wilhelm Forstmann die drei hier genannten Pfarrer in der Mark waren: neben Angelkorte sein ihm eng verbundener Freund und Amtsbruder Johann Caspar Dümpelmann (der Vater des späteren Deilinghofer Pastors Gottfried Dümpelmann) und dessen Bausenhagener Nachbar-Amtsbruder Johann Gottfried Westhoff, von dem sein Patenkind Gottfried Wilhelm Andreas Dümpelmann den Vornamen erhalten hatte (vgl. oben zu 1741: Taufe von Dümpelmann junior). 

1747 (D): "1747. Aug.6. Jobst Diedrich Maas, so dem 14. zu Riemke als Knecht gedient und von einem Birnbaum, da es Zeit in die Kinderlehre zu gehen, leydweise heruntergefallen und bald darauf Todes verblichen" (aus dem Sterberegister des ältesten Deilinghofer Kirchenbuchs, nach: BDKG 2, S.49). 

1748 (I): Nach der königlichen Verordnung vom 25.Mai 1748 wurden in der Grafschaft Mark die Bürger der Städte "Iserlohn, Altena, Lüdenscheid, Schwelm, Hagen ... von der Kantonspflicht sowie der Werbung und Entrollierung zum Militärdienst befreit". "Zwar mußten diese Städte ... zum Ausgleich jährlich 15.000 Taler an die Staatskasse zahlen, aber die Befreiung der Gewerbetreibenden in diesem Raum von jeglichem Militärdienst war auch für viele Einwanderer, die große Kenntnisse und besondere Fähigkeiten mitbrachten, ein besonderer Anreiz, sich in der Grafschaft Mark Arbeit und Brot zu suchen" (Dossmann, S.210). 

1748 (H/Bg): Im September/Oktober 1748 war Pfarrer Angelkorte in Herrnhaag, dem zentralen Ort der Brüdergemeine. Er schrieb davon in einem Brief vom 25.November 1748 an den Grafen Zinzendorf, der sich in Zeist in Holland aufhielt, wobei in überaus charakteristischer Weise sowohl das Herrnhutertum in Herrnhaag in der ‘Sichtungszeit’ zum Ausdruck kam als auch die für Angelkorte kirchenpolitisch brisante Situation in der heimischen Synode: Ich "habe nicht unterlassen können, mich durch diese Zeilen aufs neue ins Andenken zu bringen und zugleich zu berichten, daß ich mit meiner lieben Eheschwester und kleinem Söhnlein noch vergnügt und selig bin. Wir sind den 4. Oktober von der lieben Gemeine in Herrnhaag zurückgekommen, nachdem wir uns drei Wochen daselbst aufgehalten. Wir hatten die Gnade, mit dem Volk des Heilandes zum h.Abendmahl zu gehen, welches uns zum Segen war. Überhaupt hatten wir daselbst selige Tage, und das Verliebtsein ins Seitenhöhlchen, wovon man allda immer redet und singet, ist uns sehr gemütlich. Ich weiß wohl, daß ich des Heilandes bin und ihn auch lieb habe. Aber sterblich verliebt zu sein ins teure Seitelein, das finde ich noch nicht bei mir. Aber mein Herz sehnet sich doch danach, also zu werden. Gedenken Sie meiner treulich vor dem Lämmlein, daß auch ich möge ein recht lustiges und seliges Kreuzluftvögelein werden! Unsere Ehe führen wir im Segen, und das Lämmlein lässet uns viele Gnade darin widerfahren. Von unserem Ministerium sind die meisten Feinde des Heilandes. Es gibt aber auch darunter viele Nikodemi [sc. geheime Sympathisanten, vgl. Joh. 3,1ff.]. Im vorjährigen Synodo wurde beschlossen, zu vigilieren, daß Herrnhutianismus nicht einreiße. Ich, H.Pastor Dümpelmann und Westhoff protestierten mündlich, und ich schriftlich dagegen. Allein es blieb bei dem Schluß. In dem diesjährigen Synodo hatte man sich vorgenommen,gewisse Thesen aufzusetzen, welche alle membra [d. h. Glieder] unterschreiben sollten. Ihr Inhalt sollte sein, den Herrnhutianismus vor irrig zu erklären. Ich vermutete nun nichts anderes, als daß ich, wenn ich die Unterschrift würde verweigert haben, ab officio würde removiert werden. Allein wider alles Vermuten geschah es, daß viele Nikodemi im Synodo gegenwärtig waren, und der Feinde waren zu wenig, welche sich nicht getrauten, es zustande zu bringen... So habe ich also vermutlich noch ein Jahr bis zum folgenden Synodo Frieden" (Wotschke II, S.84 f.). 

1749 (H/Bg): Die Märkische Synode, die 1747 eingeschärft hatte, man sollte darauf "sehen, daß der Herrnhutianismus ... nicht einreiße", "machte 1749 dem Pastor Angelkorte die Auflage, eidlich zu versichern, daß er die Herrnhutischen und Mährischen Brüder, die er bisher fast immer bei sich gehabt, und die Herrnhutischen Schriften, insbesondere das Gesangbuch, wegschaffe; auch die Konventikel meide, und die Reisen nach den Brüdergemeinden einstelle. Andernfalls würde man ihn sonst nicht mehr als lutherischen Prediger anerkennen" (Göbell III, S.816; zum Ganzen vgl. auch Göbell I, S.297f. sowie Schunke, S.55ff.). 

1749 (A/Bg): Johann Diederich von Steinen (1699-1759; vgl. Bauks, S.490 Nr.6071) brachte seine berühmte "Westphälische Geschichte", Teil I, heraus (Teil II-IV 1755-1760), aus der in dieser Chronik an einigen Stellen zitiert wird. Der Pfarrer und Historiker aus Frömern war von 1749 bis 1759 Generalinspektor der Märkischen Synode (zu von Steinen vgl. etwa auch Dossmann, S. 122 f.; zu Johann Diederich von Steinen und seinem Sohn Johann Diederich Franz Ernst von Steinen, seit 1766 auch Nach-Nachfolger des Vaters als Inspektor der Märkischen Synode und später Freund der Brüdergemeine vgl. etwa auch: Willy Timm, Aus der Geschichte des Kirchspiels Frömern, Unna 1956, S.10f. u.ö.). 

1749 (D): Johann Goswin Mollerus II (1713-1752), der Deilinghofer Küster und Lehrer (Amtsnachfolger seines Vaters Johann Goswin Mollerus I) wurde von seinem Onkel Florens Gerhard Mollerus in Deilinghofen getraut. Er heiratete die Deilinghofer Presbytertochter Anna Maria Margaretha Oberfeldhaus (Schl. 3/1972, S.29). 

1750 (I): Der Galmeibergbau gewann wirtschaftliche Bedeutung für Iserlohn "ab 1750 mit der Gründung der Messinggewerkschaft durch Johann Caspar Lecke. Das Ziel dieser Vereinigung war, Galmei zu gewinnen, zu verhütten und Messing zur Weiterverarbeitung herzustellen. Die Messinggewerkschaften nah-men den Bergwerksbetrieb zuerst auf den Lagerstätten ,Alte Grube’ und ,Stahl-schmiede’ auf und bauten die erste Zinkhütte 1751 in der Grüne" (Museums-Journal, Seite "Galmeibergbau"). "Die Grundlage der Iserlohner Bronze- und Messingwaren bildete der Galmeibergbau. Das in Iserlohn ansässige Metallgewerbe verarbeitete Messing seit dem 17.Jh., insbesondere zu Spangen und Schnallen. Doch erst 1751 wurde von der Messing-Compagnie eine Verhüttungsanlage in der Grüne errichtet. Durch Verlagerung der Zinkhütten nach Letmathe (1866) wurde der Rohstoff Messing in der Stadt selber nicht mehr hergestellt - doch Iserlohn blieb Stätte der Fabrikation von hochwertigen Fertigwaren" (Museums-Journal, Seite "Bronze- und Messingwaren"). 

1750 (H/Bg): Auf der Märkischen Synode wurde am 15.Juni 1750 der Fall Angelkorte behandelt. Nachdem der Angeklagte am 1.Juni 1750 eine schriftliche Erklärung abgegeben hatte, in der er sich partiell von der Brüdergemeine distanziert hatte, widerrief er knapp zwei Wochen später zur Synode von 1750 schriftlich diese Erklärung - mit dem Ergebnis, "daß mehrgedachter Past. Angelkorte ... für keinen Evang.-Lutherischen Prädiger weiter erkannt werden könne", wobei die schließliche Entscheidung beim preußischen König läge und zuvor die theologische Fakultät Halle in einem Gutachten das Urteil noch einmal zu prüfen hätte (Zitat Göbell I, S.303; der ganze Vorgang dort S.302f.; vgl. auch Schunke, S.56f. sowie Schl. 4/1975, S.33f.). 

1751/52 (Bg): Kollektenreise J.G.W.Forstmanns nach Sachsen und Schlesien, auf der er nach Zögern noch einmal Herrnhut besuchte (s.o. zu 1744). 

1751 (H/Bg): Die am 20.Juli 1751 in Hagen tagende Märkische Synode nahm das Gutachten der theologischen Fakultät in Halle "den Pastor Angelkorte und den ihm imputirten Herrnhutianismus betreffend" zur Kenntnis und war mit Angelkortes zu dieser Synode gegebener "Erklärung zufrieden, verlangt aber noch, daß Er sich über einige ihm vorzulegende Fragen ferner schriftlich erklähren, und dabey künftig Classen und Synoden kirchen-ordnungsmäßig besuchen solle" (zitiert aus § 2 des Synodalprotokolls nach: Göbell I, S.307). 

1751 (H/Bg): 1751, am "17.Sept. starb unser treu gewesener Pastor, Herr Johann Diedrich Angelkorte, gebürtig aus Iserlohn, aetatis 41 Jahr 4 1/2 Monat, Minist. 16 Jahr und 6 Monat, Conjugii primi 1 1/4 Jahr, Conjug. 2, 5 Jahre, relictis 2 liberis. Er wurde am 20sten Sept. begraben" (Eintragung im Kirchenbuch der evangelischen Gemeinde Hemer). Bei der Beerdigung hielt der Hemmerder Pfarrer Dümpelmann (der Vater des Deilinghofer Gottfried Wilhelm An-dreas Dümpelmann) die Predigt, die auch gedruckt vorlag: "Die Gewißheit unserer Seligkeit, als die beste Freudigkeit im Sterben wurde den 20. Septemb. 1751 bei ansehnlich und volkreichen Leichenbegängnis Tit. Herrn Johann Diederich Angelkorts berufsfleißigen Pastoris der evangelisch lutherischen Gemeine zu Hemer bei Iserlohn daselbsts in einer Gedächtnisrede aus 1.Tim. 1,15 vor-gestellet und so wie dieselbe aus dem Herzen gehalten nebst dessen Lebenslauf auf vielfältiges Verlangen und mit Genehmigung des Tit. jetzigen Inspectoris von Steinen dem Druck übergeben von Johann Caspar Dümpelmann, Evangelischen lutherischen Pastor in Hemmerde, Amt Unna. Dortmund, gedruckt bei Lüdekern." (Titelangabe nach dem Literaturverzeichnis in: Schunke). Am 22.Mai 1752 bekam Graf Zinzendorf diese Leichenpredigt Dümpelmanns sogar nach London geschickt (Brief Lamparters an Zinzendorf; zitiert bei: Wotschke II, S.85f., A.55; auf S.86 lesen wir, daß der Graf dort erfuhr: "Pastor Dümpelmann, der die Leichenpredigt gehalten, war des sel. Br. Angelkorte vertrautester Freund. Er ist ein rechter lutherischer Pastor"). 

1751 (I/H): "Schon im Jahr 1751 war von Friedrich dem Großen eine Exklusiv-Belehnung mit allen Galmei-Vorkommen im Gerichtsbezirk Hemer an die Messing-Gesellschaft Iserlohn verliehen worden" (Schl. 3/1980, S.129). 

1752-1802 (H): Davidis Vater und Sohn Pfarrer in Hemer. Nachfolger von Angelkorte wurde im August 1752 als Pastor der Vituskirche Eberhard Ludolf Davidis (vgl. etwa F.L.Woestes Chronik in: Schl. 4/1970, S. 27f.), wo auch zu lesen ist, daß Davidis’ Sohn Johann Diedrich Friedrich Wilhelm Davidis (das war der sog. ‘dicke Davidis’) 1762 bis 1802 auf üble Weise in Hemer wirkte. "Einen lasterhaften Mann" könne man ihn nennen, der "sich gelegentlich betrank und seine Amtsgeschäfte nicht gehörig wahrnahm". Zu Davidis Vater und Sohn vgl. auch Bauks, S. 90 Nr. 1162 und 1165. 

1754 (D): In diesem Jahr heiratete Caspar Diederich Schnetger aus Werdohl (1731-1778) in Deilinghofen die 24jährige Witwe des früh verstorbenen Pfarrersenkels und Deilinghofer Küsters und Schullehrers Johann Goswin Mollerus II (1713-1753). Vgl. zu Schnetger, der 1753 Küster und Lehrer in Deilinghofen wurde: Schl. 3/1972, S. 29f.; zur Deilinghofer ‘Ära Mollerus’; von der ‘Lehrer-Seite’ her siehe oben in der Chronik zu 1700. Pikanterweise erhielt er die Stelle nur, weil er sich am 22. April 1753 schriftlich verpflichtete, die o.g. Witwe zu heiraten (Akte "Depositum Haus Hemer" im Staatsarchiv Münster, s.o. zu 1700). Die Deilinghofer Kirchengemeinde sollte später mit Schnetger zwischenzeitlich einigen Prozeßärger erhalten, und Auseinandersetzung über sein Lehreramt reichten, wie unten zu zeigen ist, bis zur ersten Amtszeit von Pastor Dümpelmann.  [Zu Küster Schnetgers in Deilighofen geb. Sohn Gottfried Schnetger, der eine beispiellose Karriere machte vgl. www.schnetger.de.vu

1754 (Bg/I/D): Am 26.Dezember 1754 wurde in Elberfeld Johann Abraham Strauß geboren, später einer der bedeutendsten und originellsten Pfarrer, die es in Iserlohn gegeben hat. Strauß kam bei seinem Amtsbruder und väterlichen Freund Dümpelmann in Deilinghofen zu einer wesentlichen Vertiefung seines Glaubens, wie unten zu zeigen ist. Zu Pastor Strauß (gestorben in Iserlohn am 30.Mai 1836; vgl. auch Bauks, S.499 Nr.6190) liegt uns in Kopien ein Stammbaum vor, den uns - neben anderem Material über Strauß - Frau Luise Becker, Iserlohn, die Witwe von Pfarrer Wilhelm Becker (1903-1973, früher Pfarrer der Evangelischen Akademie Iserlohn, zuvor Hemer, vgl. auch Bauks, S.27 Nr.335), zur Verfügung stellte. Wilhelm Becker ist über die Ahnenlinie seiner Mutter mit Pastor Strauß ‘verwandt’ gewesen, und zwar über die Tochter Johann Abraham Strauß’, Sophie Krafft, geb. Strauß. Wilhelm Beckers Sohn Hartung Becker wohnt bis heute mit seiner Familie in Deilinghofen. 

1754 (I): 1754 "hat alhier in der Nachbarschaft zu Bausenhagen ein Prediger nahmens Mattias Römer aus Iserlohn seine Haushälterin, eine Küsters Witwe, beschlafen. Dieselbe hat demselben gezeuget und zugleich zur Welth geboren ein Sohn und 2 Tochter, welche 1/4 Jahr gelebet. Die Bauern, welche gegen ih-ren Prediger einen Haß überkommen und ihn nicht mehr für ihren Seelsorger erkennen wollten und könnten, procedirten gegen ihn und haben solchen Proceß zu Berlin und Cleve ausgewonnen, sodaß der Prediger seine Dimission erhalten, welches auch würklich erfolget und ein ander an dessen Stelle erwehlet worden" (Schmölesche Chronik, in: Schulte II, S.384). Bei Bauks heißt es zu Johann Matthias Römer lapidar: in "Bausenhagen ord[iniert] 23.7.50, amtsentsetzt 55" (S.412 Nr.5114). Dieser Römer war also der Amtsnachfolger des Johann Gottfried Westhoff, dem mit der Dümpelmann-Familie sehr verbundenen Hauptkämpfer für die Sache der Brüdergemeine in der Mark. 

1754 (I): "In Iserlohn dürfte die Tabakdosenproduktion um 1750 eingesetzt ha-ben. Erst zu diesem Zeitpunkt waren alle für die Herstellung benötigten technischen Einrichtungen vorhanden. Die ältesten Iserlohner Dosen wurden einzeln graviert. 1754 findet sich jedoch die erste Erwähnung geprägter Tabakdosen. Durch die neue Prägetechnik konnten die Tabakdosen nun in größerer Stückzahl schneller und billger gefertigt werden" (Museums-Journal, Seite "Iserlohner Tabaksdosen"). 

1755 (D): Hausstein mit Inschrift: "DEINE THATEN TRAUE GOTT [/] UND ACHTE NICHT DER FEINDE SPOTT [/] BEFIEHL DEM HERRN DIE WEGE [/] SO WIRD DEIN HEIM GESEGNET SEIN. [/] J. H. Tumena 1755"¸ (Hausstein in der Bruchsteinmauer im Grundstück von Friedrich Wilhelm Amelung; Schl. 3/1970, S.31 f., vgl. Schl. 4/1970, S.22 f.). 

1755 (D): Hausstein mit Inschrift: "1755 S:Z:A:"; am Anbau des sog. ‘Wald-hauses Riemke’ (Besitzer Hartwig und Margret Schulte-Riemke). 

1755 (A/I): Das berühmte Erdbeben in Lissabon, das in der Zeit der Aufklärung auch viele große Geister bewegte: "1755, den 1. November, wurde ein starckes Erd- und Wasserbeben verspüret und die Stadt Lissabon gäntzlich in einen Aschehaufen verwandelt, das viele Menschen unter dem Schutt begraben blieben" (Schmölesche Chronik, nach: W.Schulte II, S.384). 

1755 (H/I): "Eine Messingdrahtrolle ward von der Iserlohner Messinggewerkschaft im Jahr 1755 zu Hemer auf dem Werde angelegt. Von derselben Gesellschaft ward im Jahre 1788 auch eine Rolle auf der obersten Oese gebaut" (F. L. Woeste, zitiert nach: Schl. 1/1988, S.21). 

1756-1763 (A): Der ‘siebenjährige Krieg’, der dritte schlesische Krieg, Friedrichs II. gegen Maria Theresia. Nach wechselndem Verlauf des ‘Weltkrieges’ und unermeßlichen Menschenopfern Frieden zu Hubertusburg: Anerkennung Preußens. 

1756-1765 (D): Amtszeit von ‘Möller III’, Caspar Gerhard Mollerus, dem 9. Pfarrer in Deilinghofen nach der Reformation (vgl. BDKG 2, S.51 f.). 

1756 (D): Am 6.Mai 1756 wurde Caspar Gerhard Möller in Deilinghofen ordiniert (Bauks, S.335 Nr.4223). 

1757 (D/Bg): Gottfried Wilhelm Andreas Dümpelmann, der spätere Deilinghofer Pfarrer, immatrikulierte sich am 7.November 1757 zum Theologiestudium in Duisburg (nach: Bauks, S.107 Nr.1371). 

1757(Bg): Johann Gangolf Wilhelm Forstmanns "Sonn- und Festtagspredigten" von 1757 wurden gedruckt unter dem Obertitel: "Die durch das Evangelium von Christo offenbarte Gerechtigkeit, die vor Gott gilt" (Titelseite abgedruckt in: Schl. 1/1959, S.15). 

1757 (I): "1757. Bey der frantzösischen Invasion hat Iserlohn viel gelitten ... Den zweyten Ostertag waren das Regiment von Planton, (eine Comp.) Schweitzer, ein Bataillon von Rockefort, eine Compagnie de Foos und ein Detachement Husaren schon 4 Tage lang einquartiert, die Bürgerey mußte 4000 Rationen Brod lassen, und ich wurde von einem Major mit 25 Dragonern durch die Stadt geführt. Um das Brod zu befördern, mußte ich 4 von den principalisten Bürgern, jedem 5 Mann, Exekution einlegen und in was für ein Haus ich kam, wurde ich Major forciret, selbsten hineinzugehen" (Leckesche Chronik, nach: W.Schulte II, S.386 f.). 

1759 (D): Inschrift am Haus von Friedrich Sirringhaus, Im Keunenborn (vgl. Abbildung). 

1759-1761 (D/Bg): Am 2.Mai 1759 - einen Tag vor Forstmanns Tod! - schrieb sich der spätere Deilinghofer Pfarrer Gottfried Wilhelm Andreas Dümpelmann in Halle zur Fortsetzung seines Theologiestudiums ein. In Halle studierte er zwei Semester (Bauks, S.107 Nr.1371). Die Zusatzinformationen, daß Dümpelmann nach der Duisburger Zeit und vor der Zeit in Halle in Berlin studierte und daß in Halle kein Geringerer als der berühmte Johann Salomo Semler (1725-1791) sein Lehrer war, lesen wir bei Schunke, S. 99f., wobei Schunke (vgl. S.162) als Informationsquellen aus dem Kirchenarchiv Deilinghofen nennt: 1. das dort zu findende Gutachten der "Acad. Berolinensis vom Jahr 1759" über den Studenten Dümpelmann, und 2. von Semler geschrieben (!) - ein Gutachten aus Halle (von dem Schunke, S.162, den lateinischen Text abschreibt), das unterschrieben ist mit: "Dab. Hala ad 26ten April 1761/ Joh. Salomo Semler / ordin Theol: ha T.A. Decan.". Beide Dümpelmann-Zeugnisse waren uns trotz langen Suchens in unserem Archiv nicht auffindbar.

1759 (Bg/H): Am 3. Mai 1759 war der Todestag von Johann Gangolf Wilhelm Forstmann (vgl. Bauks, S.136 Nr.1746, ferner die weitere oben zu 1706 reichlich angegebene Literatur zu Forstmann). 

1759 (A/Bg/H): Der große Philosoph und ‘Magus im Norden’, Johann Georg Hamann (geboren 1733 in Königsberg, gestorben 1788 in Münster), äußerte in einem Brief aus Königsberg an Johann Gotthelf Lindner vom 20. Juli 1759 über Forstmann Folgendes: "Forstmann soll diesen May gestorben seyn. Seine erfreul. Nachrichten für die Sünder sind nicht mehr, werden aber wieder verschrieben; alsdenn sollen Sie selbige haben. Ich kenne keinen größeren Redner unter den Neueren. Kein Wunder, was sind die Angelegenheiten eines Demosthenes und Cicero gegen das Amt eines Evangelisten, eines Engels, der nichts weniger und nichts mehr seinen Zuhörern zu sagen hat und weiß, als: Laßet euch versöhnen mit Gott und sei mit der Liebe, mit der Gewalt, mit der Niedrigkeit dazu ermahnet, als wenn er Christus selbst wäre?" (Johann Georg Hamann, Briefwechsel. 1. Band 1751- 1759, hg. von Walther Ziesemer und Arthur Henkel, Wiesbaden 1955, S.368, Z.26-33; vgl. Hamann's Schriften. Herausgegeben von Friedrich Roth, Erster Theil, Berlin 1821, S.416). Im Jahr zuvor hatte Hamann an den gleichen Adressaten nach Riga geschrieben (am 22. Juni 1759): "Forstmanns Schriften werden mir sehr schätzbar seyn, den ich jetzt aus seinen erfreul. Nachrichten für die Sünder kennen lerne, und der Name eines Herrenhuters, mit dem man ihn gebrandmarkt, soll mich nicht irre machen die Wahrheit dieses Mannes und seine rührende Schreibart zu schmecken" (Johann Georg Hamann, Briefwechsel. 1. Band, S.348, Z.18-22; [die Verifizierung der Zitate in der neuen Ausgabe des Hamann-Briefwechsels verdanken wir dem Hamann-Kenner Prof. Dr. Oswald Bayer, Tübingen] vgl. Hamann's Schriften. Erster Theil, S.399; zu beiden Hamann-Zitaten vgl.: Schlüssel, 1/1959, S. 5). Bauks gibt das erste Zitat frei wieder in einer Version, die des öfteren zu lesen ist: "Nach Johann Georg Hamanns Ausspruch hat nach Luther keiner gewaltiger gepredigt als Forstmann" (Bauks, S.136 Nr.1746). 

1760 (Bg/A): Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf starb am 9.Mai 1760 in Herrnhut. Der große Johann Gottfried Herder urteilte über ihn: "Nikolaus Ludwig, Graf und Herr von Zinzendorf und Pottendorf, geboren 1700, ging im Jahre 1760 als ein Eroberer aus der Welt, desgleichen es wenige und im verflossenen Jahrhundert keinen wie ihn gegeben." Zinzendorf hat laut Herder sich "rühmen können, daß er in Herrnhut und Herrenhaag, Herrendick und Pilgersruh, Ebersdorf, Jena, Amsterdam, Rotterdam, London, Oxford, Berlin, in Grönland, St.Cruz, St.Thomas, St.Jean, Barbesien, Palestina, Surinam, Savannah in Georgien; Carolina, Pennsylvanien, Guinea, unter Ungarn, Wilden und Hottentotten, desgleich in Lettland, Livland, Estland, Litauen, Rußland, am Weißen Meer, in Lappland, Norwegen, in der Schweiz, auf der Insel Man, in Äthiopien, Persien, bei den Boten der Heiden zu Land und zur See, Gemeinden und Anhänger habe" (beide Herder-Zitate nach: Erich Beyreuther, Zinzendorf. Und die sich allhier zusammen finden, Marburg 1959, S.9). Daß dieser Weltbürger Zinzendorf, der sehr viele der genannten Orte selbst bereist hatte und auch in Solingen bei Pastor Forstmann war, sich auch im Blick auf das winzige Örtchen Hemer in der Grafschaft Mark ziemlich gut auskannte, daß ihm die Namen der hiesigen ‘Lokalmatadoren’ Forstmann, Angelkorte und Dümpelmann (Hemmerde) ein Begriff waren, vergaß Herder in seiner schönen Auflistung leider zu erwähnen... Und die Wirkungen, die von Zinzendorf her im Raum Hemer ausgingen, setzten sich nach seinem Tod fort - wie die Chronik im weiteren zeigen wird. 

1760 (Bg/H/I): Nach langer Unterbrechung kam ein neuer Diaspora-Arbeiter der Brüdergemeine in die Mark: Königsdörfer (vgl. Schunke, S.64ff.); er kam im Juni 1760 zu Pastor Dümpelmann in Hemmerde und anschließend nach Hemer, z.B. "nach Sundwig zum Schneider Jan Dirk, der auch Herrnhaag besucht hatte" (Schunke, S.65) und dann nach Iserlohn, von wo Königsdörfer in seinem Bericht "Joh. Giese, den Drahtzieher" besonders hervorhob (Schunke, S.65). - Aus dem Raum Hemer/Iserlohn wurden in diesem Bericht Königsdorfers genannt: "Dahle, Evingsen und Ihmert, ... wo auch etliche [sc. erweckte] Seelen sind" (Schunke, S.67). Aber an diesen Orten kamen die Besuche aus Zeitgründen nicht zustande. 

1761 (D/H/Bg): Am 9.Juni 1761 Pachtvertrag ‘Heppings Kotten’ mit Stephan Dietrich Rentzing erneuert, unterschrieben von Caspar Gerhard Mollerus; ein ganz singuläres Dokument im Deilinghofer Kirchenarchiv, wie wir schon oben in dieser Chronik zu 1726 beschrieben haben). 

1761/1762 (H): "1761/62 drangsaliert ein französisches Husarenkorps Hemer im Verlauf des 7jährigen Krieges" (Schl., 1 u. 2/1972, S.3). 

1762 (Bg/h/D/I): Johann Heinrich Ernst von der Brüdergemeine als Diaspora- Arbeiter für den Märkischen Raum (Niederrhein-Bezirk) bestimmt. Ernst hat in seiner langen Dienstzeit mit den hiesigen Zentren der Herrnhuter Bewegung (etwa Rentzings Hof in Sundwig - heute: Sundwiger Mühle -, Dümpelmann in Deilinghofen, Pastor Strauß an der Iserlohner Bauernkirche) besonderen Kontakt unterhalten. Aus Johann Heinrich Ernsts Lebenslauf: "Im Jahr 1762 erhielt ich einen Ruf zur Bedienung der auswärtigen Geschwister im Bergischen und in der Mark. Ich trat denselben mit Beschämung und im Gefühl meiner Schnödigkeit, aber auch in dem Vertrauen an, daß der Heiland bei mir sein werde. Mein erster Besuch dauerte dreiviertel Jahre. Ich hatte manche verlegene, aber auch manche selige Stunde, und lernte fürs erste über 400 Seelen kennen, denen es ums Seligwerden zu thun war" (Archiv Herrnhut, ABN - Nachrichten aus der Brüdergemeine 1853, S.614-626, Zitat dort: S.620 f.). Ernst, geboren am 10.September 1717 in Gramstädt in Thüringen, gelernter Schneider und 1744 zur Brüdergemeine gekommen, beschreibt in diesem Lebenslauf auch sein zwischenzeitliches Irrewerden an der Brüdergemeine nach 1748 im Zusammenhang mit Zinzendorfs Sohn Graf Christian Renatus Zinzendorf, der es zu besonderen Auswüchsen hatte kommen lassen, die im Lebenslauf, S.616f., indirekt angedeutet sind und seine wichtigen persönlichen und brieflichen Kontakte im Jahre 1755 mit Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf selber, Lebenslauf, S.617f.). 

1762 (H/D/Bg): Stephan Dietrich Rentzing richtete in dem von der Deilinghofer Kirchengemeinde gepachteten ‘Heppings Kotten’ als Anbau einen speziellen Versammlungsraum für die Erbauungsstunden der Freunde der Brüdergemeine hier am Ort ein. Wir zitieren dieses für die hiesige Kirchengeschichte wichtige Ereignis aus einem Bericht von Johann Heinrich Ernst nach: Archiv Herrnhut: Nachrichten aus der Brüdergemeine 1793, III. Quartal Nr. 21: S.306: "Da ich 1762 zum erstenmal hierher kam, baute er [sc. Stephan Dietrich Rentzing] an seinem Hause eine Kammer blos zu unseren Versammlungen, die wir noch im Gebrauch haben" (fast identischer Text auch im Diasporabericht Ernst 1792/93 im Archiv Neuwied). Vgl. derselbe in: Archiv Herrnhut, Sign. R 19 Bi 5. Nr. 32: Diasporabericht 1792/93, wo Ernst beschreibt, daß bereits in Pastor Angelkortes Zeiten beim alten Rentzing "Versammlungen in Seinem Hause gehalten" wurden, woraufhin Ernst die Situation so beschreibt: "Nach des Sel. Angelkorts Heimgang, fing es an ein wenig schläfrig zu werden." ‘Schläfrig’ eben bis 1762 - was Ernst so schildert: "Nachdem ich ano 62 in das Land kam, so brachte der liebe Heyld. wieder Gemeinschaft zu Stande, u. weil kein Platz dazu in Seinem Hause war, so baute er ein Kämerchen an, Bloß zu unsern Versamml. das wir noch in gebrauch haben, darüber freute er sich so recht herzlich." Der genannte Diaspora-Arbeiter Ernst besuchte übrigens in jenem Jahr 1762 am 27. August Dahle: "Hier befindet sich ein stattliches Häuflein, das von dem dortigen Schulmeister und seiner Frau geleitet wird. ... Außerdem ist im Vorjahr in Dahle eine Erweckung gewesen. Aber dieses Häuflein in Dahle ist ... gewarnt worden, sich vor Ernst in Acht zu nehmen und überhaupt keinen Bruder anzunehmen. Jedoch wird Ernst von dem Häuflein noch freundlich aufgenommen." - Von Dahle aus kam Ernst "nach Sundwig im Kirchspiel Hemer". "Hierhin hat sich nach Angelkortes Tod der Schwerpunkt des Häufleins verlagert, vor allem seitdem der Schneidermeister Dirk dort wohnt. Bei ihm findet Ernst auch jetzt seinen Aufenthalt" (Zitate bei: Schunke, S.71; dort auch folgende Beobachtung, daß dennoch "Hemer, das doch einmal im Vordergrund der Bewegung stand, in der Zeit Ernsts in den Hintergrund rückt, während Hemmerde jetzt mehr hervortritt"). 

1762 (H): "Im Jahr 1762 erbaute Joh. Henr. Giese von Iserlohn auf Kosten des Herrn von Brabeck eine Fingerhuts- und Knopfmühle auf dem Rollenwend. Da dieser Giese aber vier Jahre nachher wegen vieler Schulden Reißaus nahm, so war die Mühle 1769 an die Brüder Henrich und Adolph von der Becke für 200 Louis d'or verkauft und diese ließen daselbst wie zu Sundwig arbeiten" (F.L. Woeste, zitiert nach: Schl 1/1988, S.21). 

1763 (D): Am 22.Januar 1763 wurde Johann Daniel Müller in Voerde bei Schwelm geboren, ab 1791 der Nachfolger von Pastor Dümpelmann in Deilinghofen (Lebensdaten bei: Bauks, S.342 f. Nr. 4301). 

1763 (H/D/I/Bg): In Niederhemer wurde am 12.September 1763 der größte heimische Mühlenbauer und Papierformenhersteller Johann Hermann Stindt geboren, Erbauer der Ebbergkirche (vgl. etwa Schl.1/1958,1ff.), gestorben 12.Juli 1846. Für die Deilinghofer Kirchengeschichte interessant sind (Schl. 1/1958, S.4) Bemerkungen zu Stindts Frömmigkeitsstil: "Dann stammte er aus einer tiefreligiösen Familie. Schon in jungen Jahren hatte er selbst den Weg zur Brüdergemeine gefunden, jene auf Zinzendorf zurückgehenden Gemeinschaft, deren Glieder die Grundwahrheit ihrer Lehre, daß Christi Tod die ganze Menschheit mit Gott versöhnt habe, im persönlichen Glauben zu erfahren und zu erleben strebten. Der Deilinghofer Pfarrer Dümpelmann und der Iserlohner Pfarrer Strauß hatten Stindt auf diesen Weg gewiesen. Lebendige Herzensfrömmigkeit und werktätiges Christentum, wie sie Johann Hermann Stindts Leben bestimmten, sind von der Brüdergemeine aus begründet. Es überrascht uns daher nicht, ihn als Mitglied des vierköpfigen Kirchenvorstandes der evangelischen Kirchengemeinde Hemer zu finden. Der Bau einer neuen Kirche wird Stindt also auch Herzensangelegenheit gewesen sein." Zu Stindts Leben, zu seinem von der Brüdergemeine geprägten Frömmigkeitsstil und seinem Verhältnis zur Kirchengemeine Hemer vgl. Stindts eigene Lebensbeschreibung in: Schl. 1/1991, S.3ff.; dort v. a. S.5, S.9, S.10, S.11; von ihm wurde beschrieben, daß er beim Bau an Heppings Mühle mitgearbeitet hätte, der in dieser Chronik oft genannten Zentralstelle des hiesigen Häufleins der im Sinne Herrnhuts Erweckten. Der Deilinghofer Gastwirt Helmut Stindt ist übrigens ein Nachfahre des hier Genannten. 

1763 (D): "1763, 29.11.: Beckmerhagen, Melchior Diederich, zu Del., welcher leyder vom Balcken heruntergefallen und kurtz darauf todes Verblichen. Ist zwar unter Geläute und Gesänge, jedoch ohne Leichen Predigt beerdiget worden" (nach dem Deilinghofer Kirchenbuch). 

1764 (D): Der Pfarrer Caspar Gerhard Mollerus erhielt wegen "vorgeblichen Ehebruchs" seine Dimission und verbrannte angeblich aus Wut das Deilinghofer Pfarrarchiv. Sein "Fluchtort" wurde Hemmerde - ausgerechnet (vgl. dazu BDKG 2, S.51f.)! 

1765 (D/Bg): Ein sehr merkwürdiger Wechsel: der eine unehrenhaft entlassene Pastor (Mollerus III) ging nach Hemmerde ins Zentrum der Herrnhuter Bewegung in der Mark, der andere als höchst ehrenwert erachtete Pfarrer, der aus Hemmerde stammte, kam nach Deilinghofen in dieses landläufig eher als ‘unfromm’ erachtete Dorf: Gottfried Wilhelm Andreas Dümpelmann, von dessen Leben und Wirken nun zusammenhängend zu erzählen ist (wobei wir einige Dubletten zur Chronik in Kauf nehmen)... 

www.pastoerchen.de und da besonders: www.pastoerchen.de/heimatgeschichte.htm