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"Dass Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht"

Johann Christoph Blumhardt Bei Vandenhoeck & Ruprecht liegt jetzt eine Biografie des württembergischen Erweckungspredigers vor, der auch Beziehungen nach Westfalen unterhielt

[Aus: Unsere Kirche, Nr. 52, Jahresschluss-Ausgabe 2002]

Von Friedhelm Groth

Vor allem für Menschen mit einem erwecklichen oder pietistischen Hintergrund dürfte das eine altvertraute Geschichte sein: 1842 wurde im württembergischen Möttlingen die  als besessen geltende junge Frau Gottliebin Dittus von Pfarrer Johann Christoph Blumhardt geheilt. Dieses Ereignis zog eine größere Erweckung nach sich mit der Folge, dass Blumhardt ab 1852 seinen Wirkungsort nach Bad Boll verlegte. Von dort aus hinterließ er als Hausvater, Seelsorger und Erweckungsprediger erhebliche Spuren mit seiner ganz am Reich Gottes und an „Jesus, dem Sieger“ orientierten Verkündigung.

 „Dass Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht“, dieses typische Lied aus der Feder Johann Christoph Blumhardts ist inzwischen durch die Aufnahme ins neue Evangelische Gesangbuch (EG 375) Allgemeingut aller evangelischen Christen im Lande geworden.

In Stuttgart hat sich der aus dem westfälischen Bockum-Hövel stammende Theologe Dieter Ising über 20 Jahre lang intensiv mit Leben und Werk des älteren Blumhardt befasst. Ising, der mit Abstand beste Kenner aller Blumhardt-Quellen, hat kürzlich in der wissenschaftlichen Ausgabe der Gesammelten Werke Blumhardts (auch im Vandenhoeck-Verlag Göttingen erschienen) sieben dicke Bände Blumhardt-Briefe (kommentiert und theologiegeschichtlich aufgearbeitet) veröffentlicht.

Seine Biografie des 1805 in Stuttgart geborenen und 1880 in Bad Boll gestorbenen Johann Christoph Blumhardt fasst die wichtigsten Ereignisse aus dem Leben des Erweckungspredigers in gelungener Form zusammen. Das Buch, das seinen Preis durchaus wert ist, ist „mit Herzblut“ geschrieben: mit ganz viel Engagement und dem Bemühen, mit Blumhardt ins Gespräch zu kommen,  seine Glaubenserfahrungen für Christinnen und Christen der Gegenwart   ins Gespräch zu bringen und von Blumhardt zu lernen.

Ising selbst schreibt treffend, dass man sein Buch „am Schreibtisch wie auf dem Sofa lesen kann“, was einschließt, dass wissenschaftlich Interessierte, die sich über eine Gestalt der Kirchen- und Theologiegeschichte gründlich informieren wollen, bei der Lektüre ebenso zu ihrem Recht kommen wie theologisch nicht so ambitionierte Leser, die sich das Buch einfach als ein „frommes Lebensbild“ zu Gemüte führen.

Isings Blumhardt-Biografie ist im Text frei von allem wissenschaftlichen Ballast, auf Zitate mit Anmerkungsziffern etwa hat der Autor verzichtet. Wer sich aber genauer informieren will, für den ist ein über 20-seitiges Quellen- und Literaturverzeichnis beigegeben, ferner –  als große Fundgrube für viele Entdeckungen! – ein äußerst hilfreiches Register mit vielen Kurzbiografien der im Text vorkommenden Personen, ein Register der geographischen Begriffe und ein Sachregister.

Allein die Fülle der Namen in den Registern weist darauf hin, dass dieses Buch auch zu vielen anderen Gestalten der Reich-Gottes-Geschichte und der Geistesgeschichte eine Menge finden lässt, mit denen Vater Blumhardt in persönlichem Kontakt stand. Besonders schön kommt da bisher nicht so Bekanntes etwa in der Beschreibung der innigen Freundschaft der beiden Tübinger Studenten Blumhardt und Eduard Mörike heraus, aber etwa auch zu Blumhardts Wirken als Lehrer am Basler Missionshaus von 1830 bis 1837 – in dieser Stadt, die geistliche Drehscheibe des Pietismus in der Zeit der Erweckungsbewegungen war.

Ferner wird vom Leben von Vater Blumhardt her auch vieles zur Herkunft und zum Leben seines nicht minder berühmten Sohnes und Bad Boller Nachfolgers Christoph Blumhardt (1842-1919) dargeboten, der stark den Schweizer religiösen Sozialismus inspirierte und auch den jungen Karl Barth prägte.

Mehr noch: Wer wusste zum Beispiel bisher, dass von Blumhardt aus auch nach Westfalen ganz intensive Kontakte bestanden, etwa zu dem wichtigen Erweckungsmann im siegerländischen Freudenberg, Tillman Siebel (1804-1875), oder – über die enge Blumhardt-Vertraute und Ehefrau eines Iserlohner Bürgermeisters, Luise von Scheibler (1778-1853) – besonders auch nach Iserlohn, Schwerte und Haus Villigst, das Blumhardt mehrfach besuchte?

Auch darüber informiert Isings  profunde Lebensbeschreibung aufs beste, und man sollte diese Darstellung, die die maßgebliche Blumhardt-Biografie bleiben wird, auch in Westfalen intensiv lesen. Viel von dem, was da ein vor fast 125 Jahren Verstorbener an Glaubensaufbruch und Gemeindeerneuerung sich erhofft, ist bis heute aktuell geblieben.   

 

 Dieter Ising: Johann Christoph Blumhardt. Leben und Werk. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen,  423 Seiten, 8 Abbildungen, 39 Euro.