[Diese Webseite gehört zu einem Frame - der ECD-Traditions-Site (von Dr. Friedhelm Groth) www.pastoerchen.de/ecd]

40-jähriges Jubiläum des ECD 1999
 

Der ECD vom Ende des Koreakrieges
bis zum April 1994...

(danach seit Anfang März 2009
- Zusätze bis in die "Jetztzeit" - bis Saison 2007/08)
 


Hauptteil dieser Website ist die Riesenchronik nach der mehrteiligen IKZ-Serie Anfang des Jahres 1999, geschrieben von einem Redakteur, der absoluter Insider ist...
(nur das im Dorf eher verpönte Wort "Deilinghofener" haben wir stets durch "Deilinghofer" ersetzt... Der Autor mag es uns verzeihen...)

Der oben genannte Redakteur, der immer ungenannt bleiben wollte, unser "Informant", leider inzwischen verstorben, hat 2009 ein Buch mit herausgegeben,
für das wir hier gerne Reklame machen: HIER



 


(1)Sollte es zum geplanten Abriß der kanadischen Eissporthalle kommen, Deilinghofen verlöre fraglos so etwas wie ein Wahrzeichen und einen Teil seiner Identität. Wie ein roter Faden zieht sich die Geschichte dieses Gebäudes durch die jüngere Historie des Dorfes und späteren Ortsteil Hemers. Ohne die Halle wären eine Handvoll Deilinghofer Jungen wohl nie auf die Idee gekommen, Eishockey zu spielen.

Hier (oben und unten), von Pastoerchen hinzugefügt, die beiden letzten Bilder aus der Deilinghofer Eishalle vor dem Abriss. Ich war mit meinem 1991 geborenen Sohn Martin an jenem Abschiedssonntag dort. Man sieht oben auf der "Podiumsrampe" die beiden ECD-Männer der ersten Stunde: Lehrer Hanskarl Franke (links) und Jörg Schauhoff. Letzerer hat am meisten dafür getan, dass die Halle erhalten bliebe, aber leider: vergebens. Jetzt hat Jörg wenigstens ein Denkmal...

Es hätte keinen ECD gegeben und damit niemals den Bekanntheitsgrad, den das kleine Örtchen bundesweit erhielt. Tatsächlich wird berichtet, daß Waldstädter die Lage ihrer Heimatstadt bei Besuchen im Süden der Republik sinnvoll mit "Iserlohn bei Deilinghofen" erklärten, um ihre regionale Herkunft zu verdeutlichen.

1953 endete der Koreakrieg und die dort nicht mehr benötigten UN-Truppen wurden weltweit "verteilt". Ein Kontingent kanadischer Soldaten kam nach Deilinghofen und begann bald schon damit, eine Eisarena zu planen und zu bauen. Sie entstand in einer frei gelegenen Feldmark und präsentierte sich, nach der Fertigstellung im Jahr 1955, zwar mit einer Tribüne für knapp 1200 Besucher, jedoch ohne Dach. Ein durchgehender Erdwall schützte die Anlage an den übrigen drei Seiten nur notdürftig gegen den ständig herrschenden, zugigen Wind, unter dem heute noch die Sportler und Zuschauer auf dem Ernst-Loewen-Sportplatz leiden.

Die oftmals mit rauher Herzlichkeit betriebenen Eishockeyspiele kanadischer Soldatenmannschaften lockten die Buben des Dorfes an. Staunend verfolgten sie das Treiben auf dem Eis und waren von dem rasanten Spiel förmlich gebannt. Auf zugefrorenen Teichen und auf der Straße eiferten die jungen Deilinghofer ihren Vorbildern nach. Aufs Eis durften sie freilich erst nach langem Bitten und Betteln, denn die Kanadier waren von dem Gedanken, "Untermieter" zu dulden, nicht sonderlich erpicht. In diesem Punkt gab man sich zuerst ganz als "Besatzungsmacht".

1958 erlaubten die Kanadier den Jungen des Dorfes, allerdings zu einer schier unmöglichen Zeit am Sonntagmorgen, die Nutzung der Arena, die im selben Jahr zur Halle wurde. Das schützende Dach war auch bitter notwendig geworden, denn manche Spiele der kanadischen "Hausherren" mußten wegen Regens oder Sturms abgesagt werden. Auch der freie Lauf litt unter dem Unbill der Natur. Dabei waren diese Veranstaltungen immer sehr gut besucht. Allerdings kamen etliche "Kringeldreher" weniger, um Eis zu laufen, sondern vielmehr wegen der flotten Musik. Der Discjockey hatte immer die neuesten Hits parat, die sonst nur auf den diversen Soldatensendern zu hören waren.

Nach Gründung des ECD im Jahre 1959 spielten die Deilinghofer Cracks, von Jahr zu Jahr mit sportlicher Aufwärtstendenz, bis Ende 1970 in der Halle an der Europastraße. Zum Schluß, nach Abzug der kanadischen Truppen, zwar mietfrei, doch mit der enormen finanziellen Belastungen durch die selbst zu tragende Unterhaltung. Mit einem 9:7-Erfolg gegen den EV Ravensburg verabschiedete sich der EC Deilinghofen von "seiner" Halle, um fortan am Iserlohner Seilersee Heimstatt zu finden. Die britischen Einheiten, die im Camp Einzug hielten, hatten mit Eishockey nichts im Sinn. Sie nutzten das Gebäude als Fahrzeughalle oder zur Reinigung ihrer Panzer. Seit dem Weggang der Engländer gammelt das gute Stück vor sich hin.

Es hat an Versuchen nicht gemangelt, die Halle für die Bevölkerung der mit Attraktionen nicht gerade gesegneten Stadt Hemer zurückzugewinnen. Der frühere ECD-Torjäger Jörg Schauhoff stellte 1991 einen entsprechenden Bürgerantrag, den Schüler des Woeste-Gymnasiums mit einer Unterschriftenaktion unterstützten. Ein gutes Jahr ließen sich Politik und Verwaltung Zeit, um dann lakonisch mitzuteilen: "Bei der derzeitigen finanziellen Lage der Stadt Hemer ist weder ein laufender Unterhaltungsaufwand . . . noch der einmalige Investitionsaufwand für die Herstellung der Betriebsfähigkeit der ehemaligen Eissporthalle tragbar."

Und nicht wenige Deilinghofer, aber auch der um jede Trainingszeit ringende Nachwuchs des IEC und die vielen in Iserlohn aktiven Hobbymannschaften, blicken seither neidisch nach Soest. Die dortige, ebenfalls von den Kanadiern erstellte, baugleiche Halle wird in Regie der Stadt Soest und des Kreises weitergeführt. Die neuen Besitzer erweiterten den Zweckbau um ein schmuckes Restaurant und erfreuen sich regen Zuspruchs von Besuchern aus nah und fern. Und so etwas soll in Deilinghofen nicht (wieder) funktionieren? Der Abrißbagger wäre wahrlich der schlechteste Antwort auf diese Frage.

(2) Es ist schon ein etwas seltsames Jubiläum, das am 28. Februar 1999 gefeiert werden soll. Der Verein EC Deilinghofen, der exakt vierzig Jahre zuvor gegründet wurde, beendete seine Existenz per Konkursantrag vom 8. April 1994 und hatte zuvor bereits manche Änderungen des Namens und der Struktur erlebt. Auch der Ort der Gründung, das 1975 nach Hemer eingemeindete Dorf nahe des Felsenmeeres, spielt heutzutage auf der deutschen Eishockeyszene keine Rolle mehr. Und die Arena, die Ausgangspunkt einer bewegten, sogar weltweit Wellen schlagenden Sportgeschichte war, soll just zum "Vierzigjährigen" dem Erdboden gleichgemacht werden. Dennoch wird am letzten Februartag des neuen Jahres mehr als nur eine Handvoll Menschen zusammenkommen, um stolz und glücklich, gewiß auch mit einer Riesenportion Nostalgie, an den 28. Februar 1959 zurückzudenken.

Allerdings hätten die Jubiläumsgäste sich auch schon einige Monate vorher einfinden können. Denn im Grunde begann die Geschichte des Eishockeys im Sauerland am 8. März 1958. An diesem Tag bestritten die Deilinghofer Jungen, die sich intern bereits als "Eishockey-Club Deilinghofen" bezeichneten, ihr erstes - wenn auch inoffizielles - "richtiges" Spiel. Vor mehr als 100 Zuschauern trafen sie auf eine kanadische Jugendmannschaft aus Soest, der sie nach anfänglicher Überlegenheit letztlich mit 2:6 unterlagen. Die Tore für die "Hausherren", die in geliehenen kanadischen Trikots mit dem Schriftzug "RCHA" aufliefen, erzielten Bernd Jacob und Karl-Friedrich Schauhoff. Weitere "wilde" Spiele folgten, und von Partie zu Partie verfestigte sich der Gedanke an eine Vereinsgründung.

In den Weihnachtsferien 1958/59 kreuzte eine dreiköpfige Delegation bei dem Deilinghofer Lehrer Hanskarl Franke auf. Das Trio druckste nicht lange herum, sondern kam schnell zum Thema: "Wir möchten einen Eishockeyclub gründen und brauchen Ihre Hilfe!" Der Pädagoge gab sich zunächst zurückhaltend. Und in der Tat stellte sich bei näherem Befragen heraus, daß Franke in Karl-Friedrich Schauhoff, Hans Kasper und Friedrich Sprenger zwar drei enthusiastische "Pioniere" vor sich hatte. Von dem ganzen Prozedere einer Vereinsgründung mit allen ihren rechtlichen Fragen, da wußten seine ehemalige Schüler nicht viel. Der spätere Rektor der Deilinghofer Schule gab seinen Besuchern mit auf den Weg, die Sache auch einmal im Familienkreis zu besprechen. Es wäre nämlich unabdingbar erforderlich, daß sich auch eine Reihe Erwachsener bereit erkläre, an der Gründung mitzuwirken. Der Rat fiel auf fruchtbaren Boden. Keine Woche später signalisierten die jugendlichen Eishockeycracks ihrem Ex-Lehrer, alle Hürden seien beseitigt. Und bald schon wußte jeder im Dorf, den es anging: "Wir treffen uns am 28. Februar, 20 Uhr, im Gasthof Sonneborn und gründen unseren Verein."

Hanskarl Frankes anfängliche Skepsis war durchaus berechtigt. Eishockey war in den fünfziger Jahren keinesfalls die angesagte Sportart, die es heutzutage ist. In Bayern, ja da florierte der Pucksport schon allein auf Grund der natürlichen Gegebenheiten. Die dort meist stabile Winterwetterlage sorgte dafür, daß auf Natureis gespielt werden konnte. Über Kunsteisbahnen verfügten auch im Lande der Weißwurst hingegen nicht allzu viele Vereine. Und in Nordrhein-Westfalen gab es in der Tat nur einige wenige Klubs, die sich zudem in den großen Städten Dortmund, Düsseldorf, Essen und Krefeld tummelten. Der Boom, den sich der Deutsche Eissport-Verband (den Deutschen Eishockey-Bund gab es erst ab 1963) von der im Jahre 1955 in NRW ausgerichteten Weltmeisterschaft versprochen hatte, war ausgeblieben. Und nun wollte ausgerechnet ein sauerländisches Dorf diese Szene betreten?

Solche Gedanken scherten die gründungswilligen Deilinghofer Jungen nicht. Sie erschienen vollzählig zum anberaumten Termin und trugen sich mit Bleistift in die Anwesenheitsliste ein: Bernd Jacob, Ekke Lindermann, Werner Gerres, Werner Heetfeld, Rolf Neugebauer, Gerd Schulte, Rüdiger Neveling, Karl-Friedrich Schauhoff, Erich Zier, Hans Kaspar, Friedrich-Wilhelm Schmidt, Friedrich-Wilhelm Schulte, Jörg Schauhoff, Klaus Neugebauer, Karl-Heinz Neugebauer, Uwe Meyer, Ingo Apel. Die "notwendigen" Erwachsenen übernahmen die ihnen angetragenen Ämter, ohne deren Ausübung ein Verein nicht lebensfähig ist. Fritz Schulte wurde zum 1., Emil Vahle zum 2. Vorsitzenden gewählt. Zum Schriftführer bestimmte der blutjunge Verein Hanskarl Franke, die (noch leere) Kasse verwaltete Fritz Schauhoff und der Kanadier Charles McCuaig, über den noch näher zu berichten sein wird, stellte sich als Obmann zur Verfügung. Und noch ein Name findet sich auf dem linken Teil der Anwesenheitsliste, wo die volljährigen Mitglieder unterschrieben hatten: Horst Vahle trug sich dort als "Berater" ein.

(3) Wie rasant die Entwicklung des deutschen Pucksport in den letzten 40 Jahren vonstatten gegangen ist, das wird besonders am Nachwuchs-Eishockey deutlich. 1959, im Gründungsjahr des EC Deilinghofen, konnte von der jetzigen Vielfalt allenfalls geträumt werden.

Heutzutage kennen wir eine stolze Zahl von Altersklassen, die von den Kleinsten der Kleinen, die eher einen Wickel- als einen Kabinenraum benötigen, bis hin zu den Junioren reichen. Darin kommen die Kufencracks der Zukunft in einer Saison auf mehr Spiele als die Bundesliga in ihren Gründerzeiten austrug. Ende der fünfziger Jahre war der DEV schon stolz darauf, im Nachwuchsbereich regionale Vorrunden durchführen und die Elite zur Deutschen Meisterschaft einladen zu können. Diese wiederum wurde an einem Ort in Turnierform abgewickelt. Von Bundesligen, Welt- und Europameisterschaften noch keine Spur.

Der neu gegründete EC Deilinghofen wurde in die Jugend-Landesliga aufgenommen, der seinerzeit einzigen Spielklasse des ältesten Jahrgangs auf NRW-Ebene. Ungeduldig warteten die Jungen auf den Saisonstart - und wurden dabei auf eine harte Probe gestellt. Der extreme Sommer 1959 brach alle Hitzerekorde. Berlin beispielsweise verzeichnete am 11. Juli mit 37,8 Grad im Schatten den heißesten Tag seit 1830. Autowaschen wurde bundesweit untersagt, die Wasserwerke arbeiteten am Limit.

In Folge der Knappheit konnte erst im Oktober erstmals Eis in der Halle des Fort Prince of Wales bereitet werden. Bis dahin hatten sich die Schauhoff, Jacob, Neugebauer, Schulte & Co., bewaffnet mit Stöcken und puckähnlichen Objekten, auf allen nur erdenklichen freien Plätzen des Dorfes fit gehalten. Fit genug für die wohl übermächtige Konkurrenz aus Krefeld, Düsseldorf, Köln und Dortmund? Der erste Punktspieleinsatz sollte diese bange Frage beantworten.

Der Auftakt hatte es gleich in sich. Die Newcomer aus dem Sauerland mußten bei Preußen Krefeld, seinerzeit eine der ersten Adressen im bundesdeutschen Pucksport, antreten und fuhren mit einigem Bammel in die Seidenstadt. Dort lief es weit besser als erwartet. Die Hausherren, schon seit Wochen im Eistraining, konnten ihrer Favoritenrolle keinesfalls gerecht werden und mußten sich den zuvor auf die leichte Schulter genommenen "Anfängern" mit 2:3 geschlagen geben.

Dieser Premierenerfolg machte dem ECD Mut. Weitere Siege stellten sich ein. Und als nach den nur zehn Meisterschaftsspielen zusammengerechnet wurde, da rangierte das Team der (noch) Namenlosen mit immerhin sieben Siegen auf einem hervorragenden zweiten Platz der NRW-Landesliga. Nur am übermächtigen Krefelder EV gab es kein Vorbeikommen. Als Lohn für diesen unerwarteten Triumph ging es gleich zur Deutschen Jugendmeisterschaft, die in Köln ausgetragen wurde. Dort unterlagen die Sauerländer zwar gegen Meister Riessersee, Füssen, Krefeld und Bad Nauheim. Aber ein 5:1-Sieg über Berlin machte den bescheidenen Traum wahr, bloß nicht Letzter der Endrunde zu werden.

Der große Erfolg des Auftaktjahres war eng mit einem Mann verbunden, dessen Name in Deilinghofen auch heute noch mit Hochachtung genannt wird: Charles McCuaig. Der Kanadier übernahm, nachdem es zuvor ein munteres Wechselspiel von ebenfalls nordamerikanischen Coaches gegeben hatte, praktisch mit der Gründung des Klubs die Trainingsleitung und fungierte anfangs auch als Obmann. Er verstand es hervorragend, die in den Jungen des Dorfes schlummernden Talente zu wecken und impfte ihnen Selbstvertrauen und den notwendigen Kampfgeist ein, ohne den ein Eishockeyteam keinen Blumentopf gewinnen kann. Und McCuaig wahr ehrgeizig genug, den fünften Platz bei den "Deutschen" nur als Durchgangsstation zu weiteren Erfolgen anzusehen.

Bereits in der kommenden Saison sollten seine Blütenträume reifen. In den wiederum nur zehn Punktspielen auf Landesebene kassierte der ECD lediglich eine Niederlage und sicherte sich mit dem Respektabstand von sechs Zählern Vorsprung den NRW-Jugendtitel. Zur Endrunde in Frankfurt fuhren die Sauerländer mit berechtigtem Optimismus - und sahen sich keinesfalls getäuscht.

Bereits zum Auftakt besiegten die in der örtlichen Presse als "junge Kanadier" angekündigten Deilinghofer den turmhohen Favoriten aus Tölz mit 3:1. Auch der Rückschlag in Spiel zwei, das 1:8 gegen den späteren Meister Füssen, warf Schauhoff & Co. nicht aus der Bahn. Nauheim wurde mit 8:0 förmlich überrannt, gegen den SC Brandenburg reichte es zu einem 4:1-Sieg, und der Mannheimer ERC mußte sich 2:1 geschlagen geben. Das fast Undenkbare war Wirklichkeit geworden: Der ECD hatte sich den deutschen Vizetitel der Jugend gesichert. Eine schier unübersehbare Menschenmenge empfing die "neuen Helden" am Westiger Bahnhof und geleitete Team und Trainer in einem wahren Triumphzug ins heimatliche Deilinghofen.

(4) Der EC Deilinghofen hatte mit dem Gewinn der deutschen Jugend-Vizemeisterschaft 1961 nicht nur die von Spiel zu Spiel wachsende Schar seiner Anhänger begeistert. Beeindruckt zeigte sich auch der Deutsche Eissport-Verband. Zu den beiden Länderspielen, die der Nachwuchs zum Saisonausklang in der Schweiz bestritt, lud der DEV nicht weniger als fünf der jungen Deilinghofer Gipfelstürmer ein.

Klaus Neugebauer, die Gebrüder Schauhoff, Friedrich-Wilhelm Schulte sowie Reinhard Zeiler kamen in beiden Begegnungen, die in Fleurier und Adelboden ausgetragen wurden, zum Einsatz und machten ihre Sache - bei allem verständlichen Lampenfieber - recht gut. Die Mitwirkung des ECD-Quintetts im Jugend-Nationalteam war in dieser frühen Phase wahrlich nicht der einzige überregional bemerkenswerte "Auftritt" des Vereins. Die Medien hatten recht schnell ein Auge auf den Klub geworfen, der sich übrigens bald schon den Namenszusatz "Sauerland" gab, um seine Herkunft zu verdeutlichen.

In der Tat wunderten sich am Rande der Deutschen Meisterschaft nicht wenige Zuschauer darüber, daß die Spieler des ECD sich keinesfalls in bayerischer (!) Mundart verständlich machten. Stern, Welt, Süddeutsche Zeitung, aber auch Frankfurter Abendpost, Rheinische Post und der Westdeutsche Rundfunk wußten allerdings sehr genau, in welchen Winkel der Republik sie ihre Journalisten schicken mußten. WDR-Redakteur Hasso Wolf nahm vor Ort sogar ein Hörspiel auf, in dem der ECD die Hauptrolle spielte, und später entsandte der Sender auch noch Heribert ("guten Abend allerseits") Faßbender nach Deilinghofen, um von einem Spiel und dem ganzen Drumherum zu berichten. Und immer wieder rankte sich die Berichterstattung um die seinerzeit sicherlich sensationelle Tatsache, daß deutsche Jugendliche bei kanadischen Lehrmeistern in die (Eishockey-)Schule gingen. Die damalige Medienpräsenz des EC Deilinghofen, die erst viele Jahre später während des schlagzeilenträchtigen Skandals um das Grüne Buch überboten werden sollte, flaute erst im Herbst 1961 mit dem Einstieg des Klubs in seine erste Saison als Seniorenteam ab.

Der Punktspiel-"Alltag" bedeutete für das nach wie vor sehr junge Team der Sauerländer einen gewaltigen Einschnitt. Wieder betrat man, ähnlich wie zwei Jahre zuvor, Neuland, von dem niemand sagen konnte, wie sich die Mannschaft dort zurecht finden würde. Die Gruppenliga, in eine Nord- und eine Südgruppe unterteilt, war zwar die damals unterste Klasse, dennoch tummelten sich auch dort eine Reihe von klangvollen Namen.

Und dann war da auch noch der "erzwungene" Trainerwechsel. Charles McCuaig, der Ziehvater des Deilinghofer Eishockeys, wurde von seinem Dienstherrn versetzt, doch in Victor Leury, einem renommierten Schiedsrichter und begabten Coach, fand sich im Camp glücklicherweise adäquater Ersatz. Mit einigem Respekt fuhr der ECD zu seinem allerersten Punktspiel der "Großen" nach Essen - und kehrte mit stolz geschwellter Brust zurück. 11:2 fegte der Neuling den RSC von dessen Eis. Allein sechs Treffer markierten die gewiß stärksten Akteure der Gründerjahre, die Brüder Jörg (4 Tore) und Karl-Friedrich Schauhoff (2).

Der zweistellige Sieg im Premierenspiel wirkte wie ein Dammbruch. Und als auch die nächsten Begegnungen gegen RESG Hannover (8:3), Preußen Berlin (9:2), SC Brandenburg (13:2) und Hamburger SC (14:2) mit deutlichen Erfolgen endeten, war selbst dem größten Skeptiker in Reihen des ECD klar: "Wir können nicht nur mithalten, wir dominieren diese Liga sogar!" Nur ein Pünktchen gaben die Sauerländer in der Vorrunde ab. Doch dieses 3:3 in Hannover hatte es wahrlich in sich. Prügelszenen auf den Tribünen bestimmten das Bild im Schlußdrittel, und auf dem Parkplatz fanden die Deilinghofer Fans ihre Autos mit zerstochene Reifen, eingeschlagenen Scheiben und abgebrochenen Antennen vor. Die "Schlacht am Pferdeturm" (so eine Presseüberschrift) wirkte noch geraume Zeit nach und begründete eine langjährige Disharmonie, die in der Bezeichnung "Erzfeind" für die RESG Hannover gipfelte.

Das Verhältnis der beiden Klubs wurde zwangsläufig nicht besser, als die Niedersachsen zu Beginn der Aufstiegsrunde zur Oberliga den Spieß herumdrehten und den ECD mit 5:2 bezwangen. Und da die Sauerländer das Rückspiel ihrerseits mit 6:5 gewannen, hatten sich die zwei Nordvertreter gegenseitig genau die Punkte weggenommen, die ihnen am Aufstieg fehlten. So triumphierte Südmeister EV Pfronten, der auch noch den EV Holzkirchen hinter sich lassen konnte. Und in Deilinghofen schauten Spieler, Trainer und Funktionäre schon ein wenig belämmert drein, denn nach der grandiosen Vorrunde schien der Sprung in die Oberliga eigentlich beschlossene Sache zu sein.

(5) Nichts ist so beständig wie der Wechsel: Auch zu Beginn der Saison 1962/63 übernahm erneut ein neuer Trainer das Ruder beim EC Deilinghofen. Einmal mehr zeichnete ein Soldat aus dem Camp für die sportlichen Geschicke des Teams verantwortlich, das sich damit - und mit seiner aggressiven Spielweise - zusehends den Ruf der "Kanadier aus dem Sauerland" erwarb.

Coach Harry-Henry Craig fand eine Truppe vor, die sich auf einigen Positionen fühlbar verstärkt hatte. Brauerei-Direktor Dr. Alfons Sebastian Maier, von ECD-Funktionären auf eine Geldspritze angesprochen, tat weit mehr, als "nur" die für Sportvereine immer zugängliche Schatulle des Unternehmens zu öffnen. Der gebürtige Münchner inserierte vielmehr im Allgäuer Tageblatt: "Suche Spieler für den EC Deilinghofen".

Ein Vorgang, der heute niemanden mehr aus der Fassung bringen würde, sorgte im blau-weißen Heimatland der Weißwurst und des Radi für einen Sturm im Wasserglas. "Ein westdeutscher Industriekapitän wirbt unsere Spieler ab", diktierten die bayerischen Eishockeyvorstände ihrer heimatlichen Presse ins Notizbuch und wandten sich gleichzeitig ebenso empört wie hilfesuchend an den Deutschen Eissport-Verband, der jedoch nur die Achseln zucken konnte. Maiers Aktion zeitigte jedenfalls Erfolg. Immerhin drei Akteure holte er in Person von Sepp Machenschalk und den Gebrüdern Lang aus Bayern ins Sauerland und brachte sie, ebenso wie die Mannheimer Kurt Lammert und "Tüte" Lehmann, auch beruflich hier unter.

Zumindest drei der neuen Gesichter im Team sorgten dafür, daß es sportlich mit dem ECD noch steiler bergan ging. Schauhoff & Co. überrollten die Gruppenliga-Konkurrenz des Nordens förmlich und gewannen sämtliche zehn Spiele, davon allein fünf zweistellig. 105:19 lautete am Ende das Torverhältnis. Wer wollte diese Mannschaft auf ihrem Weg in die Oberliga noch stoppen? Die Antwort auf diese selbstbewußt gestellte Frage lautete: der EV Holzkirchen. Zwar bekamen die Bayern in der Aufstiegsrunde in Deilinghofen mit 7:1-Toren ordentlich etwas auf die Lederhosen. Am Ende aber triumphierten die Süddeutschen, weil sich der ECD eine 3:5-Schlappe beim "Erzfeind" in Hannover geleistet hatte.

Unter dem Motto "aller guten Dinge sind drei" sollte es, darin waren sich die Eishockeyfreunde rund um das Camp sicher, im Spieljahr 63/64 nun endlich klappen. Das Team präsentierte sich erneut mit einigen Neuzugängen, denen allerdings der schmerzliche, wenn auch nur vorübergehende, Weggang des treffsicheren Friedrich-Wilhelm Schulte gegenüberstand. Fluktuation auch in der Führungsetage: Die Trainingsleitung übernahm Jim Taylor, und als Vorsitzender fungierte jetzt, allerdings nur für ein Jahr, Karl Schröder. Der Saisonauftakt ging freilich gründlich daneben. In einem neuerlichen Skandalspiel unterlag der ECD daheim mit 2:4 gegen Hannover, legte dann aber eine beeindruckende Siegesserie hin, die in einem 24:1 über das bedauernswerte Team von Blau-Weiß Wickede gipfelte.

In der Aufstiegsrunde war von dem Torwirbel dann nichts mehr zu spüren. Gleich fünfmal setzte es Niederlagen für die Sauerländer, die besonders in ihren Auftakt-Heimspielen gegen den EV Rosenheim und die seinerzeit noch existierende Eishockey-Abteilung des großkopferten FC Bayern München von allen guten Geistern verlassen schienen. Mit nur zehn erzielten Treffern und zwei mageren Pünktchen fand sich der ECD als Schlußlicht der Aufstiegsrunde wieder. Sollte der drei Jahre zuvor so hoffnungsvoll in die Gruppenliga gestartete Klub das Prädikat "unaufsteigbar" verdienen?

Mit dieser Aussicht wollte sich die Vereinsführung, die in der Folgesaison wieder den bewährten "Gründungs-Vorsitzenden" Fritz Schulte an ihrer Spitze wußte, nun keinesfalls abfinden. Doch bei ihrer Suche nach Verstärkungen wurden die Verantwortlichen kaum fündig und holten lediglich den Dortmunder "Benno" Wendland ins Sauerland. Immerhin kehrte Friedrich-Wilhelm Schulte zurück, und aus der eigenen, bereits sehr erfolgreichen Jugend rückten hoffnungsvolle Talente nach, darunter mit "Ali" Kollecker und Herbert Prinz zwei echte Leistungsträger.

Der ECD wollte es in der Tat wissen. Zu Beginn der Saison 64/65 legte er los wie die Feuerwehr und feierte Kantersiege am laufenden Band. Ergebnisse wie 18:2 (gegen Blau-Weiß Wickede), 18:1 (gegen HTSV Bremen), 16:0 (gegen SV Altona) und 18:0 (gegen Westfalen Dortmund) waren an der Tagesordnung, ehe es im Heimspiel gegen Oberliga-Absteiger Kölner EK mit 4:5 den ersten Dämpfer gab. Und als die Deilinghofer auch das Rückspiel in der Domstadt mit 4:8 verloren, beschlichen sie vor Beginn der Aufstiegsrunde doch recht ungute Gefühle: Sollte es auch im vierten Versuch nichts werden mit dem so sehnlich erhofften Aufstieg in die zweithöchste Liga?

(6)Vor Beginn der Qualifikationsrunde 1964/65 analysierten die Deilinghofer nüchtern ihre Chancen und stießen auf lediglich einen positiven Aspekt: Erstmals rückte nicht nur der Sieger des Finaldurchgangs in die Oberliga auf, sondern die beiden Besten. Ansonsten präsentierten sich die Aussichten des ECD, "dank" der Stärke der Konkurrenz, eher düster. Immerhin schickte der Süden die beiden bärenstarken Mannschaften des EV Rosenheim und des Augsburger EV ins Rennen. Hinzu kam, daß der zweite Nordvertreter, der Kölner EK, sich bereits in der Gruppenliga als unüberwindbares Hindernis erwiesen hatte. Kein Wunder daher, daß nur die kühnsten Optimisten rund um das Felsenmeer an ihr blau-weißes Team glaubten.

Auch der Spielplan meinte es nicht gut mit den Sauerländern. Sie mußten am ersten Wochenende der Aufstiegsrunde gleich zu einer "Bayerntournee" aufbrechen. 0:4 Punkte zum Auftakt, das wäre bereits der frühzeitige Knockout gewesen. Doch es kam alles ganz anders. In Rosenheim siegte der ECD nach einer überaus spannenden, nervenaufreibenden Abwehr-"Schlacht" mit dem knappsten aller Ergebnisse. Die ganze Mannschaft, allen voran Jörg Schauhoff als Schütze des "goldenen Tores", wurde von den wenigen mitgereisten Anhängern begeistert gefeiert. Ziemlich ausgelaugt, aber voll motiviert gingen die Schützlinge von Jim Taylor am nächsten Tag ihre Aufgabe in Augsburg an. Einmal mehr war eine starke Defensivleistung gefragt, ehe das 2:2-Unentschieden vor der furchterregenden Kulisse von 6200 Zuschauern feststand.

Und es sollte noch besser kommen: Auf der Welle des ersten Erfolges packte der ECD nun auch noch den Stier aus der Domstadt bei den Hörnern und besiegte den Kölner EK im Camp durch Treffer von Sepp Machenschalk, Bernd Jacob, Karl-Friedrich Schauhoff und Benno Wendland mit 4:2. Das Tor zur Oberliga stand sperrangelweit offen und schloß sich auch im Heimspiel gegen den EV Rosenheim nicht wieder. 6:3 hieß es am Ende für den EC Deilinghofen, der sich vom Außenseiter dieser Endrunde zu deren Spitzenreiter gemausert hafte. Zwei Niederlagen in den Schlußspielen gegen Augsburg (5:7) und in Köln (3:4) kosteten schließlich doch die Tabellenführung, doch als Zweiter der Aufstiegsrunde hatte der ECD das Traumziel erreicht: Vier Jahre nach dem Start ins Senioren-"Zeitalter" stand der Klub in der zweithöchsten Spielklasse.

Ein Erfolg nach einer eigentlich relativ kurzen Dauer, der dennoch gerade noch rechtzeitig kam. Das ständige Scheitern hatte bereits kräftig an den Nerven gezerrt, und wer weiß, wie es mit dem EC Deilinghofen weiter gegangen wäre, hätte es nicht endlich zum großen Wurf gereicht. Mit dem Aufstieg schienen zunächst alle sportlichen Probleme beseitigt, doch ein neues türmte sich bald auf: Der Blick auf die namhafte Konkurrenz in der Oberliga ließ ernsthafte Sorgen am Erhalt der Klasse aufkommen. Für den Vorstand um den neu gewählten Vorsitzenden Günter Althaus war klar, daß Verstärkungen her mußten. Der Griff in die Vereinsschatulle war unumgänglich. Zum Glück präsentierte sich die Kasse in den frühen Jahren, dank der immer gut besuchten Halle im Fort Prince of Wales, bei weitem nicht so schwindsüchtig wie in späteren Zeiten.

Ein halbes Dutzend neue Akteure holte der ECD, wobei keinem der Offiziellen das Wort "Spielereinkäufe" über die Lippen kam. Der Amateurgedanke wurde seinerzeit noch mächtig hoch gehalten, obwohl jedermann wußte, daß es keinen der Neuen allein wegen der guten Sauerländer Luft nach Deilinghofen zog. Neben "Heimkehrer" Kurt Lammert wechselten - in erster Linie aus Dortmund kommend - Karl-Heinz Böhmer, Ewald Gutberlet, Hans Seidl, Knut Stürs und der wohl Stärkste aus diesem Sextett, der pfeilschnelle, kaum vom Puck zu trennende Wolfgang ("Mecki") Peske zum Oberliga-Aufsteiger. Auf der anderen Seite waren die Abgänge von Sepp Machenschalk, im Aufstiegsjahr mit 47 Treffern der überragende Torschütze, und "Tüte" Lehmann zu verkraften.

Der Trainerposten blieb in den Händen von Jim Taylor, der jedoch kurz nach

Saisonbeginn in eine andere Garnison versetzt und durch James Jones ersetzt wurde. Aber auch dieser Coach fiel dem munteren Wechselspiel innerhalb der kanadischen Truppe "zum Opfer", so daß sich der EC Deilinghofen während der laufenden Oberliga-Spielzeit noch einmal nach einem neuen sportlichen Leiter umschauen mußte. Und so kam es, daß erstmals nicht ein Mann aus dem Land der Ahornblätter sondern ein Deutscher das Traineramt beim ECD übernahm. Der Klub verpflichtete Horst Kubik, der auch auf eine erfolgreiche Spielerlaufbahn, unter anderem bei Dynamo (Ost-) Berlin, zurückblicken konnte. Da Kubik aus Dortmund kam, traf er in Deilinghofen gleich auf eine Schar alter Bekannter.

(7)Die Oberliga bildete 1965/66 den direkten Unterbau der zehn Teams umfassenden, vom EV Füssen turmhoch beherrschten Eishockey-Bundesliga. Der EC Deilinghofen war der mit Abstand jüngste und, trotz des anfänglich doch beträchtlichen Medienwirbels, wohl auch der namenloseste Klub unter den elf Mitgliedern des "Unterhauses". Dafür tummelte sich eine ganze Reihe prominenter Mannschaften in dieser Klasse, die eindeutig von den seinerzeit oft für unschlagbar gehaltenen Bayern dominiert wurde. Nicht weniger als acht der elf Bewerber kamen aus der Region südlich des Weißwurstäquators: EV Landsberg, Bayern München, TEV Miesbach, EC Oberstdorf, ERC Sonthofen, EV Holzkirchen, SG Nürnberg und EV Rosenheim. Außerdem bekam es der ECD mit dem Berliner SC und mit Eintracht Frankfurt zu tun. Weite Reisen und deftige Packungen, also eher Frust als Lust, schienen für das "Nordlicht" vorprogrammiert zu sein.

Und es ging für den Neuling auch sofort schaurig rund, denn am ersten Spieltag setzte es gleich eine 2:4-Heimniederlage gegen den EV Holzkirchen. Zwar ließen Schauhoff & Co. dem enttäuschenden Auftakt einen 2:2-Achtungserfolg in München folgen, doch beim Mitaufsteiger in Rosenheim kamen die Sauerländer am Tag darauf mit 2:10 mächtig unter die Räder. 1:5 Punkte aus dem ersten Dreierpack! Kein Wunder, daß sich rund um das Camp fühlbare Ernüchterung breit machte. Doch die finsteren Mienen hellten sich sehr schnell wieder auf. Der EV Holzkirchen hatte es nämlich mit den Formalien nicht so furchtbar genau genommen und beim Umschreiben der Pässe einen seiner neuen Akteure glatt vergessen. Dessen Name stand während der Auftaktpartie aber schwarz auf weiß auf dem Spielbericht. Und es nutzte den Bayern letztlich überhaupt nichts, daß sie Stein und Bein schworen, diesen Mann gar nicht eingesetzt zu haben. Der Verband berief sich auf seine Regeln und münzte die Deilinghofer 2:4-Niederlage vom ersten Spieltag in einen 2:0-Sieg um.

Der unerwartete Punktgewinn am grünen Tisch, ein Möbelstück übrigens, das auch in der Zukunft noch manche positive Überraschung für den ECD bereithalten sollte, kam wie gerufen. Die Sauerländer verspürten mit einem Mal kräftigen Aufwind. Sie bezwangen Frankfurt mit 4:1, schlugen sich bei der 4:7-Niederlage beim Altmeister in Berlin sehr beachtlich, besiegten Nürnberg mit 6:4 und landeten in Miesbach einen glatten 6:0-Erfolg. Diese "kleine Serie" von acht Punkten, zwei davon freilich als Morgengabe der aufs höchste verärgerten Holzkirchener, war letztlich dafür verantwortlich, daß der Aufsteiger die Klasse halten konnte. Zwar blieben Siege im weiteren Saisonverlauf dann eher die Ausnahme für die Sauerländer. Doch als zusammengerechnet wurde, da stand der EC Deilinghofen mit 69:96 Toren und 14:26 Punkten auf dem achten Platz und konnte für ein weiteres Jahr Oberliga planen.

Und das mit weit besseren Erfolgsaussichten, denn der Verband hatte ein Einsehen mit den Nöten der wenigen Nordvereine des "Unterhauses". Er teilte die Oberliga in zwei regionale Gruppen und bescherte dem ECD damit zum einen weitaus bequemeren Reiseverkehr, zum anderen zuschauerträchtige West-Derbies. Nun durfte er wieder die alten "Freunde" Kölner EK und RSC Essen im Camp begrüßen, mußte allerdings auch mit dem übermächtigen Bundesliga-Absteiger VfL Bad Nauheim die Schläger kreuzen. "Leichter wird es auch diesmal wohl kaum werden", unkten nicht wenige aus der immer größer werdenden Schar der Eishockeyfans im Sauerland, zumal die Frankfurt Eintracht nach einer enttäuschenden Saison einige Ex-Nationalspieler an den Main holte. Die Adlerträger ließen sich dann auch prompt in der Nordrunde die Butter nicht vom Brot nehmen.

Verstärkungen waren aber genau das, was sich der EC Deilinghofen diesmal nicht leisten konnte und wollte. "Wir sind gut genug", beschied die Vorstands-Crew um Günter Althaus und setzte in erster Linie auf Kräfte aus dem eigenen Nachwuchs. Selbst der Weggang Wolfgang Peskes, immerhin mit 17 Treffern der beste ECD-Torschütze im ersten Oberligajahr, brachte die Verantwortlichen von ihrer Linie nicht ab. Aus heutiger Sicht betrachtet eine lobenswerte "Sturheit", denn unter den jungen Hüpfern fanden sich zwei wahre Könner, die aus der Geschichte des Klubs nicht mehr wegzudenken sind: Gerd ("Charly") Karl und Gerhald Müll. Zwar rissen die beiden Youngster in ihrem ersten Seniorenjahr noch keine Bäume aus, doch bereits zu diesem frühen Zeitpunkt wurden Späher namhafter Klubs auf das Duo aufmerksam. In der Tat wechselte Flügelflitzer Karl später für einige Jahre in die Bundesliga zum VfL Bad Nauheim, und der auch wegen seiner Härte gefürchtete Müll wurde mit dem Berliner SC in der Saison 1975/76 sogar deutscher Meister.

(8) Die Entscheidung des ECD-Vorstandes, die Mannschaft vor der zweiten Oberliga-Saison praktisch nur durch Eigengewächse aufzufüllen, wirkte sich trotz der unübersehbaren Klasse einiger der Nachrücker negativ auf die Leistungskurve des Teams aus. Die Spielzeit 1966/67 wird folgerichtig lediglich als Durchgangsstation in der Chronik des Klubs geführt. Allerdings mußte sich der EC Deilinghofen nur einmal, im Auftaktmatch gegen Bundesliga-Absteiger VfL Bad Nauheim, per 3:11 deutlich geschlagen geben. Da aber auch einige klare Siege errungen wurden, schloß das Team die Oberliga Nord mit einem nur leicht negativen Punktekonto von 11:13 Zählern ab. Auf jeden Fall zu wenig, um im Konzert der Großen mitzuwirken. Es langte "nur" für die Qualifikationsrunde zur Oberliga. Hier sorgte der ECD freilich für reichlich positive Schlagzeilen. Lediglich dem SC Mannheim, dem längst verblichenen kleinen Bruder des Mannheimer ERC, und der SG Nürnberg mußten sich Schauhoff & Co. geschlagen geben. Das reichte zu einem glänzenden zweiten Platz in der Extrarunde, womit die Zugehörigkeit zur zweithöchsten Klasse locker gesichert wurde.

Auch in der Sommerpause vor Beginn der Saison 67/68 hielten sich die Aktivitäten des EC Deilinghofen am Spielermarkt in bescheidenen Grenzen. Dabei spielte wohl auch die Tatsache eine Rolle, daß Horst Kubik kein Trainer war, der lauthals und in mit Hilfe der veröffentlichten Meinung nach Verstärkungen rief. Nur zwei weitere Dortmunder, Richard Grun und Wolfgang Wellner, kamen auf Vermittlung Kubiks neu hinzu. Dafür hörte ein Mann auf, der die Geschichte des Deilinghofer Eishockeys von Beginn an mitgeschrieben hatte: Torwart Ekke Lindermann. Zwar sollte der kompakte Keeper in späteren Jahren ein Comeback feiern, im Oberligateam fehlte er nun aber erst einmal. Nur gut für den ECD, daß in einem jungen Schlußmann aus eigenen Reihen bereits "Ersatz" herangereift war: Der strohblonde Herbert Prinz nahm den verantwortungsvollen Platz zwischen den Pfosten ein. Wie gut er seine Sache machte, dokumentierte eine hübsche Überschrift, die dpa dem jungen Zerberus nach einer echten Klasseleistung widmete: "Der Prinz von Deilinghofen".

Im dritten Jahr als Oberligist hatte sich der ECD, trotz der Zurückhaltung auf dem Spielermarkt, in der zweithöchsten Spielklasse etabliert. Zwar ging der Saisonauftakt, diesmal in Köln, erneut gründlich daneben. Doch in den ersten zwei Dritteln der nur zwölf Spiele umfassenden Nordgruppen-Minirunde konnten die Kubik-Schützlinge ihr Punktekonto stets in der Waage halten. Eine feine Siegesserie zum Schluß des Durchgangs bescherte ihnen dann sogar einen ungeahnten Erfolg, der in der heimischen Presse überschwenglich gefeiert wurde. Nach dem 5:3 über den - immer noch "Erzfeind" genannten - EC Hannover, dem 7:0 gegen die SG Nürnberg sowie den Auswärtserfolgen beim SC Mannheim (4:1) und in Nürnberg (2:1) standen die Blau-Weißen plötzlich da, wo sie selbst die tollkühnsten Optimisten nicht erwartet hatten - in der Bundesliga-Aufstiegsrunde. Die Konkurrenz rieb sich erstaunt die Augen: Der Emporkömmling aus dem Sauerland klopfte erstmals, wenn auch noch ein wenig zaghaft, an die Tür des Oberhauses!

Die "Quali" mit den besten Ober- und den schwächsten Bundesligisten entwickelte sich allerdings zu einem reinen Desaster für den EC Deilinghofen. Zu wenig Trainingszeiten und arges Verletzungspech spielten gewiß eine nicht zu unterschätzende Rolle. Diese Probleme dürfen aber nicht als alleinige Gründe dafür herhalten, daß die überforderte Mannschaft einen katastrophalen Start erwischte und gleich die ersten zwölf Spiele samt und sonders in den Sand setzte. 0:24 Punkte bei 28:95 Toren - das war mehr als niederschmetternd. Und der Vorsitzende Günter Althaus, von guten Zuschauerzahlen eher verwöhnt, konnte zum Ende der Aufstiegsrunde buchstäblichen jeden Besucher in der nun gähnend leeren Prince-of-Wales-Halle per Handschlag begrüßen. Der erschreckend zurückgehende Zuspruch der Fans zog auch nicht mehr sonderlich an, als die Sauerländer sich ein wenig aufrappelten und in den letzten acht Spielen wenigsten vier Siege, darunter ein 7:3-Prestige-Erfolg gegen den damaligen Rekordmeister Berliner SC, landen konnten.

Der letzte Platz der Aufstiegsrunde war, vorsichtig ausgedrückt, schon ein wenig ernüchternd. Und die arg ramponierte Vereinskasse tat ein übriges dazu, daß der ECD die Saison 1967/68 unter dem Strich als Mißerfolg abhaken mußte. Trainer Horst Kubik faßte sein Resümee in dem lapidaren Satz "Die Gegner in der Qualifikation waren eine Nummer zu groß für uns" zusammen und folgerte daraus messerscharf: "In der Bundesliga haben wir nichts zu suchen." Zumindest jetzt noch nicht . . .

(9) Kurz vor seinem - nicht sonderlich gefeierten - zehnjährigen Bestehen holte sich der EC Deilinghofen den ersten "echten" Titel. Gegen Ende der Saison 1968/69 gewann das blau-weiße Team, nach Siegen über den Kölner EK sowie die meist mit der verstärkten Reserve antretenden Bundesligisten Krefelder EV und Düsseldorfer EG, die Westdeutsche Meisterschaft. Zwar hatte der ECD in den Gründerjahren schon einige turnierähnliche Spielrunden als Sieger beendet. Doch die oft mit hochtrabenden Titeln, wie beispielsweise Westeuropa-Pokal, versehenen "Meisterschaften" boten zwar dank zweier aus Lüttich und Antwerpen anreisenden Holzhacker-Truppen manch furiosen Abend, besaßen jedoch allesamt nur inoffiziellen Charakter. So zahlten sich diese Veranstaltungen für die Sauerländer, neben einigen eher schauerlich anzusehenden Pokalen, in erster Linie als Beschäftigungstherapie aus. Schließlich waren anfänglich, in Gruppenliga und Aufstiegsrunde zusammengenommen, gerade einmal 16 bis 18 Spiele pro Saison zu absolvieren.

Der Gewinn der Westdeutschen Meisterschaft 1969 beendete ein Spieljahr, in dem der EC Deilinghofen eine weitere Sprosse auf der Erfolgsleiter empor geklettert war. In der Oberliga Nord mittlerweile eine der etablierten Größen (Platz zwei mit sehr guten 15:5 Punkten), schafften die Kubik-Schützlinge erneut den Sprung in die Bundesliga-Aufstiegsrunde. Hier blieb ein erneutes Fiasko aus. Zwar standen nach vier Spielen nur magere zwei Pünktchen auf der Habenseite. Doch eine kleine Serie mit 5:1 Punkten brachte den ECD in die Nähe des dritten Platzes, der soeben noch zum Aufstieg berechtigt hätte. Danach wechselten zu oft Licht und Schatten. Mal ließen die Sauerländer Alt-Meister Berliner SC an einem einzigen Wochenende gleich zweimal uralt aussehen (16:0 und 15:3), dann wiederum leisteten sie sich gegen den Kölner EK zwei Schlappen in Serie.

Am Ende sprang - ein Rang zu wenig - der vierte Platz heraus. Dennoch: Der EC Deilinghofen war stärker geworden. Und das verdankte er nicht zuletzt einer weiteren "Dortmunder Welle", die zu Saisonbeginn drei wirklich gute Akteure, den kampferprobten Stürmer Friedhelm Branz, "Heimkehrer" Wolfgang Peske und Oldtimer Kurt Jablonski, ins Sauerland gespült hatte. Hinzu kam, daß die altgedienten Akteure, wie beispielsweise die Brüder Karl-Friedrich und Jörg Schauhoff, Klaus Neugebauer, Reinhard Kasper und Kurt Lammert, endgültig zu Leistungsträgern herangereift waren. Nicht zum ersten Mal versuchten namhafte Bundesligisten in diesen Tagen, den einen oder anderen Deilinghofer mit Geld und guten Worten wegzulocken.

In der Saison 1969/70 legte das weiterhin von Horst Kubik trainierte und gecoachte Team noch eins drauf. Erstmals schloß der ECD die Nord-Gruppe der Oberliga, mit sogar klarem Vorsprung auf die Preußen aus Berlin und deren Namensvettern aus Krefeld, als Klassenbester ab. Sollte nun der große Wurf gelingen? So recht wollte niemand daran glauben, daß bereits im nächsten Jahr Bundesliga-Eishockey im Stadion Prince of Wales gespielt werden sollte. Dabei beruhte die Skepsis weniger auf dem sich abzeichnenden Abzug der Kanadier und der somit unsicheren Zukunft der Halle. Vielmehr nahmen aus Bundesliga und Oberliga Süd einige wahrhaft "dicke Brocken" an der Qualifikation teil. In der Tat erwiesen sich ESV Kaufbeuren, Mannheimer ERC, Eintracht Frankfurt, EV Rosenheim und Kölner EK als zu stark. In dieser Reihenfolge landete das Quintett vor dem ECD, dem als Tabellensechster einmal mehr der Aufstieg verwehrt blieb. Und wieder war es ein krasser Fehlstart, ähnlich wie zwei Jahre zuvor, der den Blau-Weißen schon früh jede Chance nahm. Acht der ersten neun Spiele der Finalrunde gingen verloren. Da nutzte es herzlich wenig, daß Schauhoff & Co. sich zu einem durchaus passablen Schlußspurt aufrappelten und aus den letzten sieben Begegnungen immerhin 10:4 Punkte holen konnten.

Das Spieljahr 69/70 gilt selbst bei Insidern fälschlicherweise als die Saison, in der erstmals ein Ausländer für den EC Deilinghofen auf Puckjagd ging. Die Tatsache, daß der technisch hochbegabte Jaromir Hudec vom VfL Bad Nauheim in die "Niederungen" der Oberliga wechselte, galt seinerzeit als Sensation. Der Tschechoslowake setzte hier auch prompt Impulse, ohne jedoch letztlich entscheidende Wirkung zu erzielen. Der erste "echte" Ausländer war Hudec allerdings nicht. Schon im Spieljahr 68/69 wirkte Warren van Tassel, ein in Deilinghofen stationierter kanadischer Soldat, im Team des ECD mit. Unregelmäßige Dienstzeiten sorgten dafür, daß der Mann aus dem Land der Ahornblätter "nur" zu 15 Einsätzen kam. Aber immerhin trug er seinen Teil dazu bei, den Ruf des EC Deilinghofen als die "Kanadier aus dem Sauerland" zu verfestigen.

(10) Der stetige sportliche Aufwärtstrend des EC Deilinghofen Ende der 60er Jahre wurde zusehends von Existenznöten des Klubs überdeckt. Spätestens seitdem endgültig feststand, daß die Kanadier das Dorf verlassen würden, brannte die Frage nach der künftigen Heimstatt des Klubs auf den Nägeln. Es war klar, daß die Briten als "neue Herren" des Camps wenig Interesse daran haben würden, eine Eissporthalle zu betreiben. Die Sorge, bald ohne sportliche Unterkunft dazustehen, war in Deilinghofen förmlich mit Händen zu greifen. Eines der Denkmodelle, die Prince of Wales-Halle in Eigenregie weiterzuführen, versprach wenig Aussicht auf Erfolg. Selbst vorsichtigste Kalkulationen führten zu astronomischen Summen. Rund 20.000 Mark monatliche Kosten für Eisbereitung und Unterhaltung konnte der ECD angesichts der geringen Zuschauerkapazität beileibe nicht aufbringen, zumal die Aufwendungen für den Spielbetrieb selbst in der Oberliga alles andere als von Pappe waren. Und dann wäre auch noch eine Miete fällig gewesen, die ebenfalls im fünfstelligen Bereich anzusiedeln war.

Bevor bereits endgültige Entscheidungen gefallen waren, stand eines fest: Der EC Deilinghofen würde seinem dörflichen Umfeld Lebewohl sagen müssen, wollte er als Eishockeyverein weiter existieren. Er war gezwungen, in eine "fremde" Halle auszuweichen. Doch: Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Die seinerzeit nächst gelegenen Eissportarenen befanden sich in Soest, wo der Abzug der Kanadier ebenfalls für Turbulenzen sorgte, und in Dortmund, das sich angesichts des gescheiterten Experiments mit dem Klub "Eintracht" einmal mehr als Stadt erwiesen hatte, die mit dem Pucksport nicht viel anfangen konnte. Die Hoffnungen des ECD gründeten sich vielmehr auf einen Vorstoß der IBACO, eines Krefelder Unternehmens, das Sporthallen baute und betrieb. Dessen Vertreter hatten sowohl in Iserlohn wie auch in Hemer vorgesprochen. Während die Politiker der Felsenmeerstadt von vornherein abwinkten, zeigten sich Rat und Verwaltung der Waldstadt nicht abgeneigt, mit der IBACO ins Gespräch zu kommen.

Die Verhandlungen liefen beileibe nicht immer glatt und geräuschlos. Zwar waren sich die Partner recht bald einig, eine mögliche Halle auf einem Grundstück unweit des Seilersees zu erbauen. Dafür sprach auch die Überlegung, das Seewasser nutzbringend für die notwendigen Kühlsysteme zu verwenden. Doch die Sorge einer gar nicht so geringen Zahl von Ratsherren und -frauen, in absehbarer Zeit hätte die Gemeinde - allen Beteuerungen der IBACO zum Trotz - eine Eissporthalle samt der nicht geringen Unterhaltungskosten am Bein hängen, bremste die Euphorie quer durch die Fraktionen. Es ist letztendlich der Beharrlichkeit einiger weniger Entscheidungsträger zu danken, daß der Rat der Stadt Iserlohn dann doch noch rechtzeitig grünes Licht in Form einer Baugenehmigung gab.

Der Mißerfolg ist bekanntlich ein Waisenkind, der Erfolg hingegen hat viele Väter. Und so finden sich auch heute noch, fast dreißig Jahre nach Eröffnung der Arena am Seilersee, eine ganze Reihe von Männern, die ihren Anteil am Zustandekommen des Bauvorhabens reklamieren. Das Studium der Presseberichte von Ende der 60er Jahre und Gespräche mit Zeitzeugen führen schnell dazu, den Kreis der "Väter der Halle" auf einige wenige Köpfe einzugrenzen. An aller erster Stelle ist da der damalige Vorsitzende des Iserlohner Sportausschusses, Hubert Schmitz, zu nennen, der in unermüdlichen Verhandlungen und zahlreichen Einzelgesprächen dafür sorgte, daß die Mehrheit im Rat zustande kam. Nicht minder taten sich der Vorsitzende des ECD, Günter Althaus, dessen Bruder, Iserlohns Kämmerer Karl Althaus, und der stellvertretende Landrat und Deilinghofer Bürgermeister Ernst Loewen hervor.

Zwischen dem Abzug der Kanadier und der Fertigstellung der Iserlohner Eissporthalle klaffte eine zeitliche Lücke von gut einem halben Jahr. Zusammen mit den ECD-Funktionären Friedhelm Amelung, Hanskarl Franke und Heinrich Schindler sorgten die Neubau-Initiatoren auch dafür, daß der Verein die "alte" Halle bis zu seinem Umzug weiter nutzen konnte. Das Bundesvermögensamt stimmte dieser Interimslösung nicht nur zu, es ließ sich sogar dazu herab, dem Klub Mietfreiheit zu gewähren. Das gab dem ECD zwar eine Atempause, ging aber trotzdem bedenklich an seine Substanz. Immerhin drohten Unterhaltskosten in sechsstelliger Höhe auf den Klub zuzukommen, der in den Jahren zuvor nicht gerade Reichtümer angehäuft hatte. So sehr der Abschied von Deilinghofen auch schmerzte: Die Verantwortlichen hofften inbrünstig darauf, daß kein frühzeitiger Wintereinbruch die Bauarbeiten am Seilersee behinderte. Und so fiel allen ein dicker Stein vom Herzen, als feststand, daß das Oberliga-Heimspiel gegen den EV Ravensburg kurz vor Weihnachten das letzte Match im Camp sein würde. Diesen Abschied versüßte sich der ECD mit einem 9:7-Erfolg über die Badener.

(11) Der 9. Januar 1971 hat seinen festen Platz in der Sportgeschichte der Stadt Iserlohn. An diesem Tag hob sich der Vorhang zum ersten Spiel des EC Deilinghofen am Seilersee. 3000 Zuschauer kamen zu der Partie gegen die SG Nürnberg und waren dabei gleichermaßen neugierig auf den in nagelneuen Trikots auflaufenden heimischen Oberligisten wie auf die erst kurz zuvor fertig gewordene Arena. Sie erlebten ein Eishockeyteam, das sich mit mächtigen Anlaufschwierigkeiten herumplagte. Nie kam der ECD so recht ins Spiel und lief, nach torlosem ersten Drittel, ab der 21. Minute ständig einem Rückstand hinterher. Am Ende hieß es gar 2:7 für die Männer aus der Noris. Und die Berufskritiker waren sich einig in der Einschätzung, daß die "Hausherren" mit dieser Schlappe sogar noch gut bedient waren.

Ins Schwärmen brachte die Besucher lediglich das neue Stadion. Jedoch lag der Begriff "Eispalast", den eine heimische Tageszeitung verwendete, mindestens ebenso weit daneben wie Herbert Watterotts Jahre später geprägter Satz von der "Puckhöhle am Seilersee". Die - damals wie heute - namenlose Halle erwies sich zwar, gemessen an der "alten" Arena in Deilinghofen, als echter Fortschritt. Zahlreiche Unzulänglichkeiten traten jedoch bereits zur Eröffnung zutage. In der Tat sorgten Probleme mit der Belüftung, mit den sanitären Anlagen, mit der Beleuchtung und den Lautsprechern sowie Engpässe im Kabinenbereich immer wieder für negative Schlagzeilen. Und kaum eine Gästemannschaft verließ Iserlohn, ohne sich über mangelhafte Qualität der Eisfläche zu beklagen. Erst beträchtliche Investitionen der Kommune, die später die Regie in der Halle übernahm, polierten das Ansehen des Eisstadions nach und nach auf.

Die Deilinghofer Kufencracks brachten die Rest-Saison mehr mit Ach und Krach als mit Gloria über die Runden. Nur zwei der noch anhängigen vier Heimspiele wurden gewonnen und auswärts lief ebenfalls wenig zusammen. Der zwölfte Platz in der Abschlußtabelle signalisierte einen deutlichen Rückschritt. Und nach dem 4:9-Ausklang gegen den auf sein Heimrecht verzichtenden souveränen Spitzenreiter Preußen Krefeld war allen Beteiligten klar, daß sich auf dem Personalsektor etwas bewegen mußte. Dabei dachte freilich niemand an den neuen Vorsitzenden. Otto Görrissen führte mittlerweile die Geschicke des Klubs anstelle von Günter Althaus, der nach fünfjähriger Amtszeit nicht wieder kandidiert hatte. "Ich habe meine Mission erfüllt", sagte der scheidende Vorsitzende unter dem Beifall der Mitglieder und mit Blick auf den von ihm tatkräftig vorangetriebenen Bau der Halle am Seilersee.

Mehr oder weniger freiwillig gehen mußte vielmehr Horst Kubik. Nach dessen fast sechsjähriger Trainer-Tätigkeit für den ECD hatten sich Coach und Spieler nicht mehr viel zu sagen. Unbeschadet aller Verdienste des Dortmunders, war dem Vorstand eines klar geworden: Jetzt mußte ein "harter Hund" her. Den fand man nach einiger Suche in Köln. In der Person von Jiri Hanzl verpflichtete der EC Deilinghofen erstmals einen Trainer, der diesen Job nicht nebenher, sondern full time ausübte. Hanzl lebte 24 Stunden am Tag für das Eishockey und verlangte drei Dinge von seinen Schützlingen: Disziplin, Disziplin und noch mal Disziplin. Eine Gesichtsverletzung, die sich der ehemalige CSSR-Nationalkeeper in der Zeit zugezogen hatte, als Schlußmänner ohne Helm und Maske spielten, verstärkte auch äußerlich das asketisch wirkende Bild des Mannes, der seine Spieler mit dem stereotypen Satz "Gehen Sie zur Arbeit" aufs Eis schickte.

(12) Machtvoll, mit fünf Siegen, stürmte der EC Deilinghofen in die Oberligasaison 1971/72. Zwar bekamen die unmittelbar aufkeimenden Hoffnungen beim 4:5 in Köln einen leichten Dämpfer. Doch spätestens nach dem 4:2-Heimerfolg über den Berliner SC, eine Partie aus der Kategorie "Spiele, die man nie vergißt", machte am Seilersee das Wort "Bundesliga-Aufstieg" die Runde. In der Tat segelten die Schützlinge Jiri Hanzls lange Zeit auf Erstligakurs. Daß es letztlich doch "nur" zum dritten Rang reichte, das lag weniger an der Stärke der beiden Spitzenreiter Berliner SC und EV Rosenheim, denen der ECD immerhin fünf von acht möglichen Punkten abknöpfte. Vielmehr sorgten vermeidbare Niederlagen in Ravensburg, Pfronten und Miesbach dafür, daß die Blau-Weißen ein weiteres Jahr Oberligist blieben. Das Saisonfazit fiel dennoch glänzend aus.

"EC Deilinghofen - eine Mannschaft mit Zukunft", resümierte beispielsweise der angesehene "Sport-Kurier". Während das Team auf dem Eis groß auftrumpfte, sorgte Vorsitzender Otto Görrissen jenseits der Bande für Schlagzeilen. In der ersten Drittelpause des Heimspiels gegen Rosenheim erklärte der Mendener Reisebürokaufmann "aus Zeitmangel" seinen Rücktritt. Der überraschende Entschluß stürzte den völlig unvorbereiteten Klub vorübergehend in eine Führungskrise. Hemers Bürgermeister Hans Meyer, der in den achtziger Jahren noch eine ganz besondere Rolle für den ECD spielen sollte, erklärte sich bereit, das Vakuum auszufüllen.

Abschied nehmen hieß es nach der Saison 71/72 auch von einem verdienten Spieler. Klaus ("Peppi") Neugebauer, zusammen mit seinen Brüdern Karl-Heinz und Rolf einer der Pioniere, ohne die es niemals Eishockey in Deilinghofen gegeben hätte, hängte die Schlittschuhe an den berühmten Nagel. Von den 15 Akteuren, die elf Jahre zuvor das erste Senioren-Spieljahr in Angriff genommen hatten, waren nun nur noch Jörg und Karl-Friedrich Schauhoff mit von der Partie. Und das keinesfalls als Mitläufer. Während der ältere der beiden Brüder erfolgreich zum Verteidiger umgeschult hatte, jagte Jörg den Torhütern weiterhin die Pucks um die Ohren.

Die Treffsicherheit der Eigengewächse Karl (31 Tore), Brüggemann, Jörg Schauhoff (je 21) und Stenner-Borghoff (19) sorgte im Spieljahr 1972/73 dafür, daß es mit dem ECD weiter nach oben ging. Nach dem mit 4:6 verlorenen Auftaktspiel gegen den Kölner EC legte die Mannschaft eine Serie von zwölf Spielen hin, in denen sie sage und schreibe 23:1 Punkte verbuchte. Dabei war das Team keinesfalls in großem Stil verstärkt worden. Das auch nach dem Umzug nach Iserlohn schmale Budget ließ nur die Verpflichtungen von Stanislav Kubasky und Peppi Reindl zu. Torjägerqualitäten, die beiden nachgesagt wurden, bewies das Duo allerdings nicht. Doch zumindest der Tschechoslowake entpuppte sich dank seiner technischen Klasse als der Spielmacher, der dem Klub im Jahr zuvor gefehlt hatte. Trainer Jiri Hanzl, vor dem die Halbamateure des ECD gehörigen Respekt hatten, holte das Optimale aus der Mannschaft heraus. Lange Zeit machten die Sauerländer den Kölnern den ersten Rang streitig, auf den die neuerdings mit einem Haie-Emblem auflaufenden Domstädter nach Expertenmeinung abonniert schienen.

Erst eine Durststrecke auf fremdem Eis, die dem EC Deilinghofen nur vier Punkte aus den letzten sechs Auswärtsspielen bescherte, kostete den Spitzenplatz. Zwei Zähler Vorsprung rettete der KEC ins Ziel und stieg damit in die Eliteklasse auf. Der dennoch zufriedene Rangzweite aber hatte locker die Qualifikation für die neu geschaffene 2. Bundesliga erreicht. In diese Spielklasse ging der ECD, für die meisten Fans überraschend, mit einem neuen Coach. Anstelle von Jiri Hanzl, dessen Vertrag nicht verlängert wurde, kam Dieter Hoja an den Seilersee. Mit dem Dortmunder Sportlehrer, als Aktiver einer der herausragenden deutschen Verteidiger seiner Zeit und mittlerweile auch im Trainerstab des DEB tätig, begann eine neue Ära. Hoja pflegte einen deutlich anderen Stil als sein Vorgänger, setzte weniger auf diktatorische Maßnahmen, sondern versuchte seine Schützlinge argumentativ von der Richtigkeit seiner Überlegungen zu überzeugen.

Das Spielerkarussell drehte sich diesmal weit schwungvoller. Die altgedienten Cracks Karl-Friedrich Schauhoff, Kurt Lammert, Jacques Larocque und Wolfgang Peske sagten dem ECD Lebewohl. An ihre Stelle traten neue Kräfte, die sich durchweg als Verstärkungen erwiesen. Der zu spektakulären Aktionen neigende finnische Schlußmann Timo Nurminen war darunter fraglos die auffälligste Erscheinung, doch auch der - nomen est omen - starke Verteidiger Rudi Stark, Hannu Lunden, Eric Konecki und Eigengewächs Gerhard Möller, einer der besten defensiven Stürmer in 40 Jahren Eishockey im Sauerland, verliehen dem Zweitligisten neue Stärke.
 
 

(13) Die ersten drei Jahre in der 2. Bundesliga verliefen für den EC Deilinghofen in sportlicher Hinsicht recht gleichförmig. Die erreichten Ränge (einmal Dritter, zweimal Platz vier) waren zwischen 1973/74 und 75/76 praktisch ebenso deckungsgleich wie die Zahl der erzielten Siege (21, 20 und 22 aus jeweils 36 Spielen) und der gewonnenen Punkte (49, 43 und 48). Der ECD präsentierte sich in dieser Phase als ein überdurchschnittlich guter Zweitligist, der von dem Sprung ins Oberhaus jedoch allenfalls nur träumen konnte. Dafür kamen eher die etablierten Klubs aus Augsburg, Rosenheim, Mannheim und Kaufbeuren in Frage, die sich immer wieder - in wechselnder Zusammensetzung - vor den Sauerländern plazieren konnten.

Der Hauptgrund für diese Rolle als zwar ernstzunehmender, letztlich aber nur zweitrangiger Mitbewerber ist schnell ausgemacht: das liebe Geld. Natürlich schnellten die Einnahmen des EC Deilinghofen nach dem Umzug an den Seilersee deutlich in die Höhe. Mit ihrem Fassungsvermögen von - offiziell - 4500 Besuchern konnte die neue Arena aber keinesfalls mit den Hallen der vier genannten Vereine konkurrieren, wo gut und gerne 8000 Zuschauer unterkamen. So blieb der finanzschwache ECD oft nur zweiter Sieger, wenn er sich auf dem Spielermarkt nach hochrangigen Verstärkungen umsah. Immerhin kamen in diesen drei Jahren gute Leute wie Ed Hebert, Timo Nurminen und Rudi Stark für ein längeres; Josef Kink, Eric Konecki, Hannu Lunden, Peter und Volkmar Müller, Karl-Heinz Ruban sowie Veijo Saarinen für ein nur einjähriges Gastspiel in die Waldstadt. Auf der anderen Seite mußte der EC Deilinghofen stets wertvolle Kräfte, beispielsweise Stanislav Kubasky, Hans-Jürgen Mehlkopf, Gerdi Müll und Peppi Reindl, ziehen lassen.

Die Zuschauer bekamen in diesen drei Jahren manch hochklassige Partie zu sehen. In der Erinnerung vieler der "alten" Besucher nimmt aber eine Begegnung einen besonderen Platz ein, in der es gar nicht um Punkte ging. Am 4. März 1973 trat die chinesische Nationalmannschaft in Iserlohn an. Sage und schreibe 3000 Zuschauer feierten einen 6:2-Erfolg ihrer Lieblinge, bejubelten Tore von Karl (2), Mehlkopf, Jörg Schauhoff, Lammert und Brüggemann sowie die Großtaten des glänzend aufgelegten ECD-Keepers Larocque und hatten auch noch ihren Spaß an Stadionsprecher Hanskarl Franke, der einen verzweifelten Kampf mit den Namen der Gäste auszufechten hatte. Die Asiaten, seinerzeit auf dem Weg zur Weltmeisterschaft der Gruppe C, zeigten sich übrigens nicht nur auf dem Eis als gelehrige Schüler des deutschen Zweitligisten. Beim abendlichen Empfang im Seilersee-Restaurant legten sie recht schnell die Stäbchen zur Seite und ließen sich ihr Zürcher Geschnetzeltes lieber mit Messer und Gabel schmecken.

Kontinuität war, auch wenn es zunächst nicht so ausschaute, auf der Position des sportlichen Leiters angesagt. Dieter Hoja bat nach nur einem Jahr um seine Ablösung, da ihm die Dreifachbelastung (Lehrerberuf, DEB- und ECD-Engagement) einfach zuviel wurde. Die Sauerländer erinnerten sich ihrer Wurzeln, verpflichteten wieder einen kanadischen Coach - und landeten mit Sandy Archer den größten Trainerflop ihrer 35jährigen Vereinsgeschichte. Der Nordamerikaner, von dem einige glauben wollten, er habe einmal in der legendären NHL gespielt, entpuppte sich als die absolute Lachnummer. Nur einige Spiele, dann war die Ära Archer auch schon wieder vorüber. Dieter Hoja folgte dem Hilferuf des ECD und kehrte an den Seilersee zurück. Die Rolle des "Feuerwehrmannes" spielte der Dortmunder in den Folgejahren übrigens noch zweimal.

1973 gab Hans Meyer den Vorsitz des ECD wieder ab. Die mannigfaltigen Verpflichtungen durch den Beruf und das Bürgermeisteramt der Stadt Hemer, verbunden mit einer Unzahl von repräsentativen Terminen, hatten dem zwei Jahre zuvor eingesprungenen "Nothelfer" ohnehin kaum Zeit für die Arbeit in einem Großverein gelassen. So leiteten damals de facto Hauptkassierer Horst Lückenbach, Geschäftsführer Adolf Sadowsky und Obmann Heinrich Schindler den EC Deilinghofen. Drei Funktionäre, die dem Verein mit großer Treue und Hingabe dienten. Namentlich Adolf Sadowsky steht als klassischer Exponent für die Gruppe von Männern, die immer wieder bereit waren, unzählige Stunden an Freizeit in den Klub zu investieren. Nach Meyers Rückzug war es fast selbstverständlich, daß ein Vertreter dieses Trios in die Führungsrolle aufrückte. Der Deilinghofer Bauunternehmer Heinrich Schindler mußte nicht lange gedrängt werden, für den vakanten Vorsitz zu kandidieren.

(14) Als der EC Deilinghofen 1976/77 sein viertes Zweitligajahr in Angriff nahm, fehlte ein Akteur, der dem Klub seit der Gründung die Treue gehalten hatte: Rekordtorschütze Jörg Schauhoff beendete seine bemerkenswerte Karriere. Auch ohne den langjährigen Kapitän schien es zunächst so, als sollte diese Saison ihren drei Vorgängern gleichen wie ein Ei dem anderen. Die Mannschaft hielt zwar hervorragend mit, doch nach ganz oben klaffte eine Lücke. Die Vorrunde sah die Blau-Weißen hinter Bad Tölz, Mannheim, Kaufbeuren und sogar Peiting nur auf Platz fünf.

Dieter Hoja spürte, daß in seinem Team mehr steckte. Der Dortmunder Sportlehrer überredete Schauhoff nach den ersten 22 Spielen zu einem Comeback. Der "Altstar" war bereit, sich in einem Arbeitssturm abzurackern, was der zuvor nicht gerade berauschenden Defensivarbeit der Truppe zugute kam. Im Offensivbereich lief es beim EC Deilinghofen in dieser Saison ohnehin besser als in den Jahren zuvor. Und diese neue Torgefährlichkeit hatte einen Namen: Ross Webley. Mit dem Kanadier, der seine Talente zuletzt in Belgien verschwendet hatte, holte die seit 1975 vom Deilinghofer Fabrikanten Wilhelm Gosselke geführte Vorstandsriege einen echten Torjäger und kongenialen Partner für Edgar Hebert an den Seilersee. Die beiden nordamerikanischen Vollblutstürmer brachten es zusammen auf 92 der 207 Saisontreffer des ECD.

Mit Beginn der Meisterrunde wirkten den Sauerländer wie ausgewechselt. 16:2 Punkte aus den ersten neun Spielen spülten die Hoja-Schützlinge in die unmittelbare Tabellenspitze. Lediglich der ebenfalls wie aufgedreht aufspielende ESV Kaufbeuren hielt (erfolgreich) dagegen. Um so unglaubwürdiger mutete die Kunde an, die kurz vor Saisonende die Runde machte. Die Gerüchte, der designierte Meister wolle auf den Aufstieg verzichten, verdichteten sich immer mehr und wurden von den Bayern auch nur halbherzig dementiert. Der zweite Platz schien mit einem Mal das Sesam-öffne-dich für das Oberhaus zu sein. Am letzten Spieltag standen sich ECD (53 Punkte) und Bad Tölz (52) zu einem echten "Endspiel" um eben diesen Vizerang gegenüber. Die Sauerländer gewannen die von beiden Seiten mit großer Leidenschaft geführte Partie mit 2:1 - und durften erst einmal hoffen.

In der Tat erklärte Kaufbeuren wenige Wochen nach Ende der Runde offiziell den Nichtaufstieg. Nun begann ein heftiges Tauziehen hinter den Kulissen. Der DEB war sich uneins: Sollte er Erstligaschlußlicht Augsburg in der Eliteklasse belassen oder ging der vakante Platz an den Zweitligazweiten aus dem Sauerland? Kurz vor den Sommerferien rief Wilhelm Gosselke den Vorstand zu einer denkwürdigen Sitzung in die Deilinghofer Schule. Der Verband hatte angefragt, ob der ECD zum Aufstieg bereit sei. Zwei Stunden diskutierte das Gremium, dann wurde abgestimmt. Nur Nachwuchsobmann Gerd Aubert und Pressewart Georg Petruschkat stimmten gegen den Vorschlag, sich um den freien Platz in der Bundesliga zu bewerben. Die beiden Skeptiker sollten sich in der kommenden Saison bestätigt sehen.

Nach dem positiven Signal aus dem Sauerland entschied das vom Augsburger EV angerufene Verbandsgericht im Sinne des EC Deilinghofen. Die Fuggerstädter gaben keinesfalls klein bei. Sie zogen vor ein ordentliches Gericht - und hatten Erfolg. Das Landgericht zu Augsburg (!) gab dem Eilantrag des AEV statt und stürzte den DEB vollends in die Bredouille. In einem Akt der Verzweiflung setzte der Verband zwei Relegationsspiele zwischen Deilinghofen und Augsburg an: Eine Woche vor Beginn der Bundesligasaison!

Das erste Spiel am Seilersee endete mit einer Pleite für den ECD. Nervös bis in die Haarspitzen, brachten die Gastgeber kaum etwas zustande. Sie unterlagen völlig zurecht mit 2:4. Nach der Schlußsirene herrschte Grabesstille in der ausverkauften Halle. Zwei Tage später dann das viel zitierte "Wunder von Augsburg". Die Daheimgebliebenen glaubten ihren Ohren nicht zu trauen, als ein freudetrunkener Adolf Sadowsky die Zwischenstände durchtelefonierte. Der EC Deilinghofen spielte groß auf und zerlegte die Hausherren nach allen Regeln der Kunst. 8:2 hieß es am Ende für Blau-Weiß. Ein Triumph, an dem das Kanadierduo Hebert/Webley mit je drei Toren ebenso entscheidenden Anteil hatte wie der aus Düsseldorf geholte Ex-Nationaltorhüter Rainer Makatsch.

6776 Tage nach der Vereinsgründung war der ECD an seinem großen Ziel angelangt: Er durfte im Oberhaus des bundesdeutschen Pucksports mitmischen. "Platz neun, also der Klassenerhalt, ist realistisch", gab die Vereinsführung eine optimistische Leitlinie aus. Es war der größte Irrtum in 40 Jahren Eishockey im Sauerland . . .

(15) Der endlich erfüllte Wunsch, in der Bundesliga mitzumischen, endete für den EC Deilinghofen in einem Alptraum. Die Saison 1977/78 verlief noch weit schrecklicher für ihn, als es die größten Schwarzmaler vorherzusagen wagten. Nach 0:16 Punkten zum Auftakt landeten die Sauerländer zwar gegen den ebenfalls schwachen EV Rosenheim ihren ersten Sieg, doch die Verlustserien gingen munter weiter. Dem doppelten Punktgewinn folgten sieben Schlappen in Folge, davon allein sechs zweistellige. Ihre bitterste Stunde erlebten die Hoja-Schützlinge gegen den SC Riessersee, der sie am Seilersee mit 15:2 regelrecht vorführte. Und auch die 5:16-Pleite gegen den Kölner EC steckt den Fans noch heute in den Knochen, die sich hoffnungsfroh den Luxus einer Dauerkarte angetan hatten.

Nach 36 Spielen rangierte Blau-Weiß, mit blamablen 8:64 Punkten und niederschmetternden 111:300 Toren, weit abgeschlagen auf dem letzten Platz. Da konnte auch die Abstiegsrunde, in der - beinahe sensationell - achtmal gewonnen wurde, nichts mehr retten. Immerhin gelang dem ECD in dieser Phase ein zweistelliger Erfolg. Jedoch gehört das 10:9 gegen den EV Füssen am "Tag der offenen Tür" eher ins Kuriositätenkabinett. Am Ende fehlten zum rettenden Ufer 13 Punkte. Die in immer geringerer Zahl erscheinenden Zuschauer quittierten das Schlußspiel mit hörbarem Aufatmen.

Von Abstieg konnte dennoch keine Rede sein. Der DEB stockte die Bundesliga auf zwölf Teams auf und beließ den EC Deilinghofen in der Eliteklasse. Dessen neuer Trainer Jaroslav Walter, der den vom Niederlagenstreß entnervten Dieter Hoja ablöste, fand ungleich bessere Bedingungen vor als sein Vorgänger. Die Klubführung zog die Lehren aus der Katastrophensaison und kaufte einige starke Akteure ein. Da das Vorjahr ein dickes Minus ausgelöst hatte, mußten dazu private Geldquellen angebohrt und weitere, teilweise durch Bürgschaften gedeckte Schulden gemacht werden. Siggi Suttner, der es beim ECD zum Nationalkeeper brachte, Jaroslav Tuma, Matthias Maurer, die Schwedenpfeile Kjell-Arne Wikström und Swerker Torstensson sowie Heimkehrer Gerdi Müll kamen in der Tat nicht für ein Butterbrot ins Sauerland.

Die "Neuen" harmonierten gut mit dem verbliebenen Kader und der Schar talentierter Eigengewächse, die ins Team eingebaut wurden. Der vorletzte Platz nach der Hauptrunde war nicht das letzte Wort einer nun gefestigt wirkenden Mannschaft, deren große Stunde allerdings erst in der Abstiegsrunde schlug. Pari - mit 30:30 Zählern - schlossen die Deilinghofer den überlangen Saisonanhang ab und kletterten damit, auf dem Weg zum sicheren Klassenerhalt, sogar noch zwei Ränge. Jaroslav Walter, ein ebenso harter Arbeiter wie einst sein Landsmann Jiri Hanzl, wurde von Presse und Fans gleichermaßen gefeiert.

Kein Wunder, daß der Vorstand mit Optimismus auf das Spieljahr 1979/80 blickte. Zunächst versuchte er jedoch, potentielle Geldgeber anzulocken und warf zu diesem Zweck die Tradition über Bord. Der Klub taufte sich in ECD Iserlohn um und setzte darauf, nun für Sponsoren aus der Waldstadt attraktiver zu sein. Eine Rechnung, die nicht aufging.

Die neue Saison nahm der finanziell schwer angeschlagene ECD Iserlohn notgedrungen mit einer schwächeren Mannschaft in Angriff. Die teuren Schweden wurden abgegeben und gegen die beiden wesentlich preiswerteren, aber auch bei weitem nicht so starken Finnen Juhani Boström und Reijo Laksola getauscht. Auch die übrigen Abgänge konnten nicht adäquat ersetzt werden, so daß der Klassenerhalt von vornherein am seidenen Faden hing. Mit Platz zehn der Vorrunde erreichte der ECD dennoch vorerst genau die Position, die angestrebt war.

In diesem Jahr hatte sich der DEB etwas Neues ausgedacht. Er änderte einmal mehr die Ausschreibung und glaubte allen Ernstes, damit einen Hauch von NHL durch die Bundesliga wehen zu lassen. Der fern jeglicher Logik angesiedelte Modus sah eine Zwischenrunde in Form von drei völlig ungleich gewichteten Vierergruppen vor. Dieser "Geniestreich" der Funktionäre erwies sich für den ECD als tödlich.

Während der Duisburger SC alles tat, um das vorletzte Vorrundenspiel in Iserlohn bloß nicht zu gewinnen, was ihm eine pflegeleichte Gruppe mit den Westvertretern Düsseldorf und Köln sowie Punktelieferant Rosenheim bescherte, stürmten die Sauerländer in ihr Verderben. Prompt sahen sie sich in einer Horrorgruppe der bayerischen Phalanx Riessersee, Landshut und Füssen ausgesetzt, was ihnen viele weite Fahrten und derbe Schlappen eintrug. 2:22 Punkte waren der Anfang vom Ende. Auch in der Abstiegsrunde konnte das Steuer nicht mehr herumgerissen werden. Zusammen mit Freiburg trat der ECD Iserlohn den Weg zurück in die Zweitklassigkeit an.

(16) Mit einem Schuldenberg von gut einer halben Million Mark bezahlte der ECD Iserlohn für das dreijährige Bundesliga-Abenteuer. Die offizielle Verlautbarung des Vorstandes, man betrachte den Abstieg aus der teuren Eliteliga als Chance für einen Neuanfang, klang angesichts der schier erdrückenden Verbindlichkeiten alles andere als überzeugend. In der Tat war nicht damit zu rechnen, das Minus in den Niederungen der 2. Liga abzubauen. Zumal es im Verein nach dem Amtsverzicht des Vorsitzenden Wilhelm Gosselke drunter und drüber ging.

Dafür, daß 1980 zu einem einzigen Chaosjahr für den ECD wurde, sorgte zunächst einmal der neue Klubchef. Fritz-Karl Fischer hieß der Mann, den eigentlich niemand kannte und von dem auch niemand wußte, wohin er denn wohl wollte. Allein die Tatsache, daß sich kein anderer Bewerber fand, hievte diesen Nobody an die Spitze des mit Abstand größten Sportvereins der Region. Spätestens während der ebenso konfusen wie inhaltsleeren Antrittsrede des Kandidaten hätten bei den Mitgliedern die Alarmglocken schrillen müssen. Sie wählten ihn dennoch - und standen wenige Wochen später, nach Fischers Blitzrücktritt, wieder ohne Vorsitzenden da. Erst Anfang 1981 fand sich ein Nachfolger.

Das Durcheinander in der Vorstandsetage übertrug sich, nahezu spiegelbildlich, auf die Mannschaft. Trainer Jaroslav Walter, der überraschend in Iserlohn geblieben war, konnte sich mit seinen Wünschen in puncto Neuerwerbungen kaum durchsetzen. Der Vorstand nahm, auch auf Drängen der Geldgeber, jeden erhältlichen Spieler unter Vertrag, der irgendwie an einen deutschen Paß herankommen konnte. Allerdings herrschte zu Beginn der achtziger Jahre im gesamten Eishockeyland Goldgräbermentalität in Sachen Deutsch-Kanadier. Manche Klubs gingen sogar so weit, sich gefälschte Papiere zu besorgen, die - kein Witz! - gegen gutes Geld in dunklen Vorstadtkaschemmen gehandelt wurden. Der ECD beteiligte sich an diesen Machenschaft nicht und profitierte, als der Paßfälscherskandal aufflog, sogar noch mit Punktgewinnen am grünen Tisch vom kriminellen Treiben der anderen.

Als "Deutsche" holten die Sauerländer Wolfgang Busam, Chris Evans und Guy Lash über den großen Teich. Recht bald wurde klar, daß die Neuen, bis auf den torgefährlichen Lash, den Ansprüchen nicht genügten. Sie waren nur immer dann hellwach, wenn ihr Gehaltsscheck fällig wurde. Mitte der Saison, die bis dahin sportlich nahezu alle Wünsche offen gelassen hatte, steuerte der Verein radikal um. Er schickte die drei Nordamerikaner mit deutschem Paß in die Wüste. Dafür holte er nach Cestmir Fous, der sich in Iserlohn zu einer wahren Torwartlegende entwickeln sollte, die spielerisch wie menschlich bestens ins Team passenden Gebrüder Martens an den Seilersee. Und auch Jaroslav Walter hatte ausgedient. Für ihn übernahm ein deutsches Eishockeydenkmal, der "eiserne" Otto Schneitberger, die Regie. Das Revirement kam zu spät. Iserlohn beendete die Saison auf Rang fünf und blieb in der Schlußabrechnung sage und schreibe 23 Punkte hinter dem Spitzenreiter - Mitabsteiger ERC Freiburg - zurück.

Der Umbruch innerhalb des Klubs war eng mit einer anderen Personalie verbunden. Heinz Weifenbach hatte sich im Frühjahr 1981 bereit erklärt, den Vorsitz des ECD-Nachwuchses gegen die Führungsrolle im Seniorenverein einzutauschen. Der Bauunternehmer drückte dem Klub vom ersten Tag seiner Regentschaft an den Stempel auf. Schon bald ging nichts mehr ohne ihn. Und der "Dicke" verstand es auch, wieder Leben in die Bude zu bringen. Sein Optimismus strahlte auf Vorstand, Mannschaft, Presse und Fans aus. Dabei hatte der neue Boß den Verein an dessen vorläufigen Tiefpunkt übernommen. Erstmals machte nämlich, wenn auch hinter vorgehaltener Hand, das Wort "Konkurs" die Runde.

In den Medien sprach Weifenbach vor der Saison 1981/82 schon mal von "Meisterschaft" und "Aufstieg", im wirklichen Leben mußte auch er kleine Brötchen backen. Die Neuerwerbungen fielen allesamt unter die Rubrik "Ergänzungsspieler", so daß der Kader keinesfalls geeignet war, den ECD Iserlohn zurück in die Bundesliga zu führen. Immerhin schaffte es das Team mit bewundernswerter Moral, sich in einem kaum glaublichen Kraftakt noch für die Aufstiegsrunde zu qualifizieren. Ein Verdienst auch von Dieter Hoja, der den stets freundlichen, aber risikoscheuen Coach Jorma Siitarinen im Laufe des Spieljahres ablöste.

In ihrem Saisonfazit waren sich die Kritiker einig: Dieser ECD kann die 1. Liga auf Jahre vergessen. Weit gefehlt! Nur sechs Monate später wurde am Seilersee wieder Bundesliga-Eishockey gespielt. Wie es dazu kam, das ist eine tolle Geschichte.

(17) Im Frühsommer 1982 stand der Deutsche Eishockey-Bund erneut vor einem Dilemma: Ihm war, wie schon fünf Jahre zuvor, ein Bundesligist abhanden gekommen. Diesmal sorgte jedoch nicht der Aufstiegsverzicht des Zweitligameisters für Wirbel. Vielmehr zog sich ein gestandenes Mitglied, der Berliner SC, aus finanziellen Gründen aus dem Oberhaus zurück. Die soeben auf zehn Klubs abgespeckte 1. Liga sollte nun aber unbedingt in ihrer Sollstärke an den Start gehen. Da der eine Absteiger (Freiburg) dankend ablehnte und der andere (Nauheim) ein Fall für den Konkursrichter wurde, setzte in München hektische Betriebsamkeit ein: Händeringend suchte der DEB nach einer „Nummer zehn".

Der Blick des ratlosen Verbandes fiel auf die Bundesliga II. Doch dort hatte sich - angeführt von Heinz Weifenbach - eine Front der Aufstiegsverweigerer formiert. Immer wieder hämmerte der ECD-Vorsitzende den Vorständen der drei übrigen Aspiranten aus Duisburg, Deggendorf und Essen seine Philosophie ein: Lieber gemeinsam in einer attraktiven 2. Liga mitwirken als, dem DEB zuliebe, „oben" als Kanonenfutters herhalten. Dieser Appell richtete sich, wie erst später klar wurde, einzig und allein an die Adresse des Duisburger SC, der in der Vorjahrestabelle vor Iserlohn gelandet war, also das Recht der ersten Wahl besaß. DSC-Vorsitzender Wolfgang Fuchs machte seinem Namen keine Ehre und ging dem Schlitzohr aus dem Sauerland auf den Leim. Duisburg ließ den Meldeschluß 8. Juli ungenutzt verstreichen.

An jenem Tag fand im Gasthof Riekenbrauck die Jahreshauptversammlung des ECD Iserlohn statt. Andächtig hörten sich die 56 erschienenen Mitglieder die Berichte des Vorstandes an, bestätigten die Vereinsführung im Amt und diskutierten die - angesichts namhafter Neuzugänge gar nicht einmal so schlechten - Aussichten ihres Klubs im nächsten Spieljahr. Kurz nach 22 Uhr kam Heinz Weifenbach endlich auch auf das „Theater" um den freien Platz in der Bundesliga zu sprechen. Nach einer kurzen Zusammenfassung der Sachlage ließ er dann einen Satz fallen, der zunächst ungläubiges Staunen, dann Begeisterung im Saal auslöste: „Ich habe mir heute die Freiheit genommen, Adolf Sadowsky mit unserer Bewerbung nach München zu schicken."

Mit diesem Coup war der ECD - zum zweiten Mal - durch die Hintertür in die oberste Spielklasse eingetreten. Während der düpierte Duisburger SC Gift und Galle spuckte, rüsteten Weifenbach & Co. seelenruhig für die Bundesliga. Zu den bereits feststehenden Einkäufen namens Hannu Koivunen, Vladimir Vacatko, Martti Jarkko und Jim Setters, der freilich ohne Spieleinsatz bald wieder absprang, kamen der NHL-erfahrene Ross Cory, Ralf Hoja, Michael Muus und Alexander Groß hinzu. Im Laufe der Saison stieß auch noch Martin Hinterstocker zum ECD. Besonders an Jarkko, ein Superstar in seiner finnischen Heimat, sollten die Waldstädter noch sehr viel Freude haben. Das Traineramt gab Dieter Hoja in die Hände des profilierten Tschechoslowaken Vladimir Cechura, der jedoch mit der Mentalität der Mannschaft nicht zurecht kam und nach nur 16 Spielen wieder abgelöst wurde. Sein Nachfolger am Seilersee wurde - wer anders? - Dieter Hoja.

Die deutlich verbesserte Truppe schlug eine ganz andere Klinge als das ECD-Team, das 1977/78 erstmals Bundesligaluft geschnuppert hatte. Vier Heimsiege zum Auftakt, unter anderem ein 7:1 gegen den Kölner EC, nahmen dem Team die Nervosität. Am Ende fehlte nur ein Pünktchen zur Teilnahme an der Play-Off-Runde um die Deutsche Meisterschaft. Ärgerlich, daß dieser wichtige Zähler im letzten Spiel, daheim gegen den ESV Kaufbeuren (4:4), leichtfertig verspielt wurde. Der ECD Iserlohn mußte zusammen mit Altmeister Füssen in die Bundesliga-Qualifikation. Dort traf er zudem auf die Zweitligisten EC Bad Tölz und - ausgerechnet - Duisburger SC. Nur einem Team aus diesem Quartett winkte ein Platz in der Eliteklasse. Den holte sich, mit makellosen 12:0 Punkten, der ECD.

Gestärkt durch den Anfangserfolg, legte Heinz Weifenbach noch eins drauf. Vor Beginn und während des Spieljahres 1983/84 holte er nicht weniger als acht neue Akteure, darunter fünf Nationalspieler, in die Waldstadt: Henryk Buk, Hermann Hinterstocker, Peter Just, Harald Krüll, Andrzej Malysiak, Joachim Reil, Peter Romberg und Paul Messier, den „kleinen" Bruder des NHL-Topstars Mark Messier. Obwohl den Verein gleichzeitig sieben Spieler verließen, hieß das Ziel jetzt eindeutig „Play-Off-Teilnahme". Dafür sollte auch der Neue auf dem Trainerstuhl sorgen: Gerhard Kießling. Ein Mann, der von sich selbst wahre Wunderdinge zu berichten wußte. Beispielsweise, daß der einst Walter Ulbricht das Schlittschuhlaufen beigebracht hatte.
 
 

(18) Die Saison 1983/84 ließ sich für den ECD Iserlohn gut an. Bis zum 14. Spieltag segelte die Mannschaft - ganz zur Zufriedenheit des Vereinschefs - klar auf Play-Off-Kurs. Dann kippte der Trend. Niederlagen waren plötzlich an der Tagesordnung. Und als die letzten 13 Spiele nur magere drei Pluszähler einbrachten, war es mit der Herrlichkeit Gerhard Kießlings endgültig vorbei. Der einstige Erfolgstrainer, dessen Sprüche zuletzt selbst die hartgesottensten Presseleute nicht mehr hören mochten, mußte seinen Hut nehmen. Heinz Zerres kam an den Seilersee, um zu retten, was zu retten war. Der neue Coach, auch kein Kind von Traurigkeit, schaffte mit seiner Mannschaft in der Qualifikationsrunde 15:5 Punkte und damit den Klassenerhalt.

Für Heinz Weifenbach war das eindeutig zu wenig. „Wir wollen Meister werden", gab sich der Baulöwe Mitte 1984 kämpferisch. Um dieses Ziel zu erreichen, begann er - ungeachtet der leergefegten Vereinskasse - weiter zu investieren. Viel privates Geld floß in die Einkäufe namhafter Akteure. Mit Klaus Auhuber, Thomas Dolak, Peter Gailer und Wolfgang Rosenberg kamen bundesligaerfahrene Cracks ins Sauerland. Die Ausländerstellen besetzten Bruce Boudreau und NHL-Verteidiger Vitezlav Duris. Und weil dank der jetzt einsetzenden Welle von Deutsch-Kanadiern (Bruce Hardy, Dave Inkpen und Earl Spry machten den Anfang) bald ohnehin nur noch Englisch in der Kabine gesprochen wurde, holte Weifenbach in Person von Ricki Alexander gleich den passenden Trainer dazu.

Die Mannschaft, die bald folgerichtig das Ahornblatt auf dem Ärmel trug, legte mit 1:9 Punkten einen denkbar schlechten Start hin. Dann stellten sich aber die gewünschten Erfolge ein. Schon vier Runden vor Schluß der Hauptrunde war klar, daß sich der ECD Iserlohn erstmals in seiner Vereinsgeschichte für die Finalspiele um die Deutsche Meisterschaft qualifizieren würde. Platz acht bescherte den Sauerländern allerdings nicht gerade die ideale Ausgangsposition. Sie mußten gegen Tabellenführer SB Rosenheim antreten. Nur im zweiten Spiel der Dreierserie besaßen die Waldstädter eine echte Siegchance. Doch kurz nach Beginn der Verlängerung verpaßte ihnen Michael Betz den „plötzlichen Tod".

In seinem Ehrgeiz, am Thron der führenden Klubs in Eishockey-Deutschland zu rütteln, kannte Heinz Weifenbach nun keine Grenzen mehr. Niemals zuvor (und danach) gab es innerhalb des Kaders eine solche Fluktuation wie vor Beginn des Spieljahres 1985/86. Eine halbe Mannschaft ließ der „Dicke" ziehen, indem er Auhuber, Boudreau, Duris, Hermann Hinterstocker, Inkpen, Malysiak, Muus, Reichel, Reil, Vacatko und den in 550 Spielen bewährten Haudegen Dieter Brüggemann zu anderen Vereinen transferierte. Deren Plätze im Team nahmen Akteure ein, von denen sich der Alleinherrscher an der Spitze des ECD eindeutig mehr versprach. Mike Bruce, Ralph Krueger, Harry („der Hammer") Pflügl, Mark Sochatzky, Winfried Winofsky und der während der Saison geholte Danny Held verstärkten die deutsch-kanadische Fraktion, Sepp Klaus die der Nationalspieler. Für die Kontingentstellen hatte sich Weifenbach gar Spektakuläres ausgedacht. Er verpflichtete erneut den spielstarken Finnen Martti Jarkko und holte in Gestalt des Stanley-Cup-Gewinners und Ex-Weltmeisters Jaroslav Pouzar den großartigsten Spieler, der jemals das blau-weiße Trikot trug, nach Iserlohn.

Daß sich unter den Neuen sogar ein Eigengewächs (Andreas Pokorny) befand, durfte fast als ebensolche kleine Sensation gewertet werden wie die Tatsache, daß ein Trainer nach Iserlohn kam, dessen Muttersprache nicht Englisch war. Der Tschechoslowake Jan Eysselt übernahm eine starke Truppe und formte aus ihr, nahezu zwangsläufig, ein Spitzenteam. Der ECD lehrte den Favoriten das Fürchten und erwies sich namentlich in der nun immer öfter ausverkauften Puckhöhle am Seilersee als eine Macht. Platz vier verschaffte den Sauerländern glänzende Voraussetzung für die Play Offs. Prompt ließen sie dem EV Landshut im Viertelfinale mit 2:0, 7:4 und 4:2 keine Chance. Erst der spätere Meister aus Köln zerstörte den Titeltraum der Waldstädter.

Vor Beginn der Saison 1986/87 hielt sich Weifenbach merklich zurück. Die Mannschaft blieb weitgehend zusammen, nennenswerte Neueinkäufe waren - Menetekel der sich anbahnenden Finanzkatastrophe - an den Fingern einer Hand abzuzählen. So sorgten nur die Zugänge von Jürgen Lechl, Steve McNeil und die Duris-Rückkehr für Aufsehen in der Liga. Die in etwa gleichstarke Truppe kam diesmal über einen sechsten Platz nicht hinaus und mußte bereits im Viertelfinale gegen Düsseldorf sieglos die Segel streichen. Doch der Sport bestimmte zu diesem Zeitpunkt ohnehin nicht mehr die Schlagzeilen rund um den ECD Iserlohn.

(19) Der 12. März 1986 läutete den Anfang vom Ende des ECD Iserlohn ein. Drei Tage nach Abschluß seiner erfolgreichsten Saison aller Zeiten, erhielt der Klub Besuch, auf den er nicht vorbereitet war. Sage und schreibe 72 Ermittlungsbeamte durchsuchten die Geschäftsräume im Stadion und die Wohnungen der Spieler. Daß sie dabei fündig wurden, vor allem in welchem Ausmaße, offenbarte die Rechnung des Finanzamtes, die später präsentiert wurde.

Angesichts der spektakulären Staatsaktion hätte allen, die auch nur ein Fünkchen Interesse am Fortbestand des Eishockeys in Iserlohn besaßen, klar sein müssen, daß die Existenz des Vereins unwiderruflich am seidenen Faden hing. Dennoch rührte sich kaum eine Hand zur Sanierung des praktisch bankrotten Klubs. Beispielsweise lief Weifenbach jedesmal ergebnislos bei Politik und Verwaltung auf, wenn er (mit einigem Recht) die Tatsache beklagte, daß die Bewirtung in der Eissporthalle allen möglichen Leuten zugute kam, nicht aber dem Verein, der die Besucher zu tausenden dorthin lockte. Endlich - aber viel zu spät - tat sich auch außerhalb des ECD Iserlohn ein Ansatz von Hilfe auf.

Mitte 1987, inzwischen war die Nachricht von der Nachforderung des Finanzamtes in Höhe von 5,8 Millionen Mark durchgesickert, bildete sich ein Förderkreis, der umgehend Verhandlungen mit der Oberfinanzdirektion Münster aufnahm. 800.000 Mark boten die ECD-Gönner in spe dem Fiskus als Vergleichssumme an. Doch dieser lehnte ab und konterte mit einer Pfändungsaktion, von der auch die Spieler nicht verschont blieben. Selbstverständlich waren dabei keine großen Summen, schon gar nicht fast 6 Millionen Mark, zu holen. Und so kam, was kommen mußte. Am 26. Oktober 1987 stellte das Finanzamt Iserlohn Konkursantrag gegen den ECD, dem damit auch die Parzellierung des Vereins in zahlreiche Gesellschaften bürgerlichen Rechts nicht viel genutzt hatte.

In der Zwischenzeit spielte wieder die Bundesliga, in der die Sauerländer von Rechts wegen gar nicht vertreten sein durften. Der DEB hatte ihnen, was nun alles andere als eine Überraschung war, während der Sommerpause die Lizenz verweigert. Doch der Verband machte die Rechnung ohne die Geldgeilheit der übrigen neun Klubs. Sie sahen sich um die Einnahmen aus zwei Heimspielen gebracht und verlangten ultimativ, dem ECD die Zulassung zu erteilen. Der DEB knickte ein und schickte das Papier nach Iserlohn.

Das blau-weiße Team schlug sich mehr schlecht als recht, zumal Erfolgscoach Jan Eysselt zu Saisonbeginn das Handtuch geworfen hatte. Zunächst beaufsichtigte Superstar Jaroslav Pouzar die Übungsstunden seiner Kameraden, dann kam erneut Otto Schneitberger zu Trainerwürden am Seilersee. Mit der Leistungskurve der Mannschaft ging es auf und ab wie auf einer Achterbahn. Viele Fans glaubten, am Tordrang der Akteure ablesen zu können, ob Geld in deren Taschen geflossen war oder nicht.

Anfang Dezember spielte der Sport dann bestenfalls eine Nebenrolle. Heinz Weifenbach, angeblich mit unbekanntem Ziel verreist, tauchte wieder auf. Er sei im Ausland fündig geworden und habe einen millionenschweren Sponsorenvertrag locker gemacht, munkelten Insider. Tatsache war, daß der Vereinsboß sich - angestachelt von lokalen Würdenträgern und mit tatkräftiger Unterstützung des ihn begleitenden Ex-Vorsitzenden Hans Meyer - nach Libyen aufgemacht hatte und mit einer bis heute nicht genau bezifferten Finanzzusage nach Deutschland zurückjettete. Als Gegenleistung sollte der ECD Iserlohn Werbung für das Grüne Buch des libyschen Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi betreiben.

In der Tat prangte das „Werk" des Obristen am 4. Dezember, beim Heimspiel gegen den SB Rosenheim, auf der Brust der Iserlohner Spieler. Ein Aufschrei ging durchs Land und kurz darauf durch die (westliche) Welt. Selbst renommierte US-Blätter widmeten sich ausführlich dem „ungeheuerlichen Geschehen" in der deutschen Provinz. Gaddafi galt schließlich zu jener Zeit als die Verkörperung des Bösen schlechthin. Das Echo könnte heutzutage nicht lautstärker und wütender ausfallen, würde beispielsweise der Iserlohner EC Reklame für Saddam Hussein oder gar Slobodan Milosevic laufen.

Nur dieses eine Mal „zierte" das Grüne Buch die Trikots der ECD-Spieler. Beim Auswärtsspiel in Frankfurt, zwei Tage später, wechselten die Cracks - nach langen Verhandlungen im Kabinengang - wieder in ihre normalen Leibchen. Eine Rolle mag dabei auch die Tatsache gespielt haben, daß sich selbst Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann und DSB-Präsident Hans Hansen in die erregte Diskussion um den Iserlohner Klub eingeschaltet hatten. Die 3:7-Schlappe in der Mainmetropole war der letzte Auftritt des ECD Iserlohn. Am 11. Dezember 1987 meldete Konkursverwalter Dr. Winfried Andres den Verein vom Bundesligaspielbetrieb ab.
(20) Das unselige Dahinscheiden des ECD Iserlohn löste zwiespältige Reaktionen aus. Während noch diejenigen, die schon immer alles gewußt und vor allem gewarnt hatten, über das unwiderrufliche Ende des Eishockeys in der Region und das sichere Aus auch für die Eissporthalle fabulierten, kämpfte Heinz Weifenbach an anderen Fronten weiter. Zunächst einmal focht er einen schier ungewinnbaren juristischen Streit mit dem Konkursverwalter aus, weil der die Spieler (weit unter ihrem Marktwert) in alle Himmelsrichtungen verkaufte.

Zwischenzeitlich leistete sich der „Dicke" noch eine Eulenspiegelei, die ihresgleichen sucht. Weifenbach gründete einen „Verlag für ein besseres Leben", der - was zunächst nur der „Verleger" wußte - ein einziges Produkt vertrieb: Das Grüne Buch des Muammar al-Gaddafi. Über die Deutsche Postreklame jubelte der Deilinghofer der nichts ahnenden Bundespost einen Werbevertrag unter, der neuerliche Schlagzeilen machte. Der Schriftzug auf annähernd 100 gelben Postautos verschwand sofort, als der Streich ruchbar wurde.

Doch weder als Verlagschef noch als Reiseunternehmer, der Flugzeuge voll Journalisten nach Libyen karrte, sah der Vorsitzende ohne Verein seine nähere Zukunft. Zusammen mit den verbliebenen Getreuen gründete Weifenbach trotzig den ECD Sauerland und erinnerte den DEB an eine Zusage, die der Verband in den Wirren des Konkurses vorschnell gegeben hatte: Die Wiedereingliederung des Iserlohner Klubs in die Bundesliga. Die Funktionäre fielen aus allen Wolken und konnten sich plötzlich an nichts mehr erinnern. Nein, der ECD Sauerland müsse als „neuer Verein" ganz unten anfangen, assistierte auch der Landesverband.

Ein Tauziehen setzte ein, das sich fast den gesamten Sommer 1988 hinzog. Schließlich endete der Machtkampf so, wie fast jede normal verlaufende Tarifverhandlung: Die eine Seite fordert viel, die andere bietet wenig, und schließlich trifft man sich irgendwo in der Mitte. Zähneknirschend nahm der Verband den Spruch des Schiedsgerichts zur Kenntnis, der dem ECD Sauerland einen Start in der Oberliga zubilligte. Verzweifelt starteten die Münchner einen letzten Versuch, sich die Iserlohner und den vom DEB zur Persona non grata erklärten Heinz Weifenbach vom Halse zu halten. Der Verein müsse einen Spielerkader nachweisen, forderte der Eishockey-Bund ultimativ, wohl wissend, daß der Klub praktisch über keine Aktiven verfügte. Mit einem Taschenspielertrick nahm der Vorsitzende auch diese Hürde: Er meldete, mit deren Einverständnis, die Mitglieder der „Alte-Herren"-Mannschaft, die sich am 3. Januar 1988 gegründet hatte.

Die Saison begann alles andere als verheißungsvoll. Gerade einmal zehn Puckjäger standen auf den Spielberichten der ersten beiden Partien, die dann auch prompt verloren gingen. Doch bald füllte sich der Kader. Der Verein holte nicht nur seine Bundesligacracks Hospodar, McNeil und Simon zurück, er investierte auch in eine Reihe Akteure mit klangvollen Namen. Das zahlte sich buchstäblich aus. In der Oberligarunde belegte der ECD Sauerland letztlich unangefochten Platz eins. Und es kam noch besser: Gegen Südmeister Augsburg holte sich die von Spielertrainer Peter Gailer betreute Mannschaft in zwei Spielen (7:2 und 1:4) den Oberligatitel 1989.

Nun hatte auch Heinz Weifenbach „seine" Deutsche Meisterschaft, allerdings zwei Nummern kleiner als einst angepeilt. In der Qualifikation schafften die Sauerländer sogar den Sprung in die zweithöchste Klasse. Doch das schien nur Makulatur zu sein, als der Verband am 14. Juli, als Höhepunkt eines Sommertheaters sondergleichen, den Ausschluß des ungeliebten ECD beschloß. Die Fans reagierten wütend und „besetzten" zwei Tage später das Tagungslokal der Bundesliga II. Mit Erfolg: Der DEB zeigte sich beeindruckt und gab doch noch grünes Licht für den Zweitligisten aus Iserlohn.

Hatte der ECD Sauerland in seiner Premierensaison auch auf die Karte „eigener Nachwuchs" gesetzt, so war 1989/90 schon wieder alles beim alten. Nun tummelten sich bereits 13 Legionäre am Seilersee, darunter in Person von Benoit Doucet ein wahres Juwel. 92mal jagte der Deutsch-Kanadier den gegnerischen Torhütern die Pucks um die Ohren und setzte damit eine Saison-Rekordmarke, der bisher unangetastet blieb. Doch nicht nur auf dem Spielermarkt gab der ECD Sauerland wieder den Ton in einer Form an, als hätte es niemals den Konkurs oder andere Unappetitlichkeiten gegeben. Auch ein ebenso prominenter wie teurer Trainer mußte her. Heinz Weifenbach fand ihn in dem bereits mit zahlreichen Titeln gekrönten Jozef Golonka. Der Slowake holte viel, aber nicht alles aus der Mannschaft heraus. Dem klaren Meistertitel im Norden der 2. Liga ließen die Blau-Weißen „nur" Platz fünf in der Aufstiegsrunde folgen. Das Tor zur Bundesliga blieb ihnen damit verschlossen.

(21) Erstmalig regte sich innerhalb des ECD so etwas ähnliches wie Widerstand gegen den Mann an der Spitze. Eine immer lauter trommelnde Opposition warf Heinz Weifenbach vor, er kümmere sich zu wenig um den Verein. Am 29. Oktober 1990 fand - nach jahrelanger Pause - in der brechend vollen Heidehalle endlich wieder eine Mitgliederversammlung statt. Und dort scheiterten die Rebellen kläglich, die mit dem erklärten Ziel angetreten waren, den Amtsinhaber in die Wüste zu schicken. Ihr im Scheinwerferlicht diverser Fernsehteams vorgetragenes Konzept überzeugte so wenig, daß sich eine überwältigende Mehrheit der anwesenden 525 Mitglieder nach dreistündiger Debatte für Weifenbach entschied, dem sie Minuten zuvor noch die Entlastung verweigert hatte! Mit dem „Vize„ Alfred Thiele stellte die Versammlung dem alten und neuen Vorsitzenden einen Hoffnungsträger an die Seite, in dem viele ein Regulativ zum oft allzu spontanen Vereinsboß sahen.

Auf sportlicher Ebene erlebte die Saison 1990/91 einen ECD Sauerland, der zunächst einen Höhenflug zelebrierte, schließlich aber beinahe den Absturz baute. Dem Meistertitel in der 2. Liga Nord - mit sage und schreibe zwölf Punkten Distanz zum zweitplazierten Krefelder EV - ließen die Iserlohner eine überaus mäßige Bundesliga-Aufstiegsrunde folgen, so daß der anvisierte Sprung ins Oberhaus einmal mehr Illusion blieb. Teilweise spielte die Mannschaft dermaßen schlecht, daß sogar das Gerücht die Runde machte, die Spieler scheuten den Aufstieg und wollten lieber auch zukünftig eine ruhige Kugel in der weit weniger stressigen Bundesliga II schieben.

Wer nun geglaubt hatte, der alte Kämpfer Weifenbach würde das matte Endergebnis zum Anlaß für einen neuerlichen Kraftakt auf dem Spielermarkt nehmen, sah sich mächtig getäuscht. Der Vorsitzende hatte andere Sorgen - und kaum noch Zeit. Während er zehntausende von Autobahnkilometern zwischen Eberswalde und den Landgerichten in Hagen und später Dortmund hin- und herpendelte, ging der Restvorstand daran, „Verstärkungen„ zu verpflichten. Pech, aber auch Unerfahrenheit mögen Gründe dafür gewesen sein, daß sich nahezu sämtliche Neuzugänge als Fehleinkäufe entpuppten. So konnte es nicht ausbleiben, daß der ECD Vorletzter der 2. Bundesliga Nord wurde. Einer recht guten Phase in der Zwischenrunde ließen die Waldstädter eine Qualifikation folgen, in der sie alle Chancen auf den Klassenerhalt besaßen - und alle verspielten. Ein winziger Punkt aus dem letzten Spiel gegen Essen-West hätte gereicht, doch die Blau-Weißen unterlagen auf eigenem Eis mit 2:3.

Zu diesem Zeitpunkt war der Kapitän längst nicht mehr an Bord. Am 9. Oktober 1991, nach mehr als zehnjähriger Amtszeit, trat Heinz Weifenbach zurück. Er wolle den Weg für neue Sponsoren freimachen, sagte der Ex-Vorsitzende nicht ohne Sarkasmus. Und spielte damit auf Berichte von angeblichen Gönnern im Wartestand an, von denen behauptet wurde, sie machten das Verschwinden des „Dicken„ zur Bedingung für ein eigenes Engagement. Die nähere Zukunft sollte beweisen, daß in dieser Beziehung viel heiße Luft gepumpt worden war. Der erhoffte Geldsegen blieb jedenfalls aus.

Mit Weifenbachs Abgang ging auch die Ära Golonka zu Ende. Die sportliche Erfolglosigkeit des schwachen Teams kostete den renommierten Coach am 30. Oktober seinen Job. Diese Personalie läutete ein munteres Wechselspiel ein, das eine Saison prägte, die als Vier-Trainer-Jahr in die Geschichte des Klubs eingegangen ist. Auf Golonka folgte Mark Taylor, der bald von Bruce Keller abgelöst wurde. Als auch Keller der müden Truppe keinen Schwung zu verleihen vermochte, machte der Vorstand wieder Taylor zum sportlichen Leiter.

Alfred Thiele, im November zum Weifenbach-Nachfolger gewählt, mühte sich redlich, den Klub wieder in ruhigere Fahrwasser zu steuern. Die Hypothek der Minus-Saison 1991/92 erwies sich dabei allerdings als zunächst kaum zu überwindendes Hindernis. So wirkte es fast wie eine Erlösung, als der EV Füssen im Juni 1992 seine Zulassung zur 2. Liga verlor und der ECD - zum wievielten Mal eigentlich? - am grünen Tisch eine Spielklasse nach oben rutschte. Der Vorstand reagierte folgerichtig und rüstete das zuletzt schwache Team auf. Diesmal war die Einkaufstour sogar von Erfolg gekrönt, denn mit dem Stürmer-„Pärchen„ Greg Johnston und Bobby Reynolds kamen zwei echte Klassespieler an den Seilersee.

Dem Torhunger der beiden Nordamerikaner, die zusammen 103 der 240 Iserlohner Treffer erzielten, verdankte der jetzt von Steven Polgar trainierte ECD Sauerland in erster Linie die Tatsache, daß er einigermaßen mithalten konnte und immerhin den siebten Zweitliga-Rang belegte. Das reichte für die Aufstiegs-Playoffs, in denen jedoch frühzeitig, nach drei Niederlagen gegen Rosenheim, alles vorbei war.
(Und nun die letzte Folge der ECD-Saga: 22): Das letzte ECD-Spiel der Saison 1992/93 setzte einen weiteren Schlußpunkt. Noch am selben Abend trat Alfred Thiele als Vorsitzender zurück. Diesem Entschluß war die Erkenntnis vorausgegangen, daß der Klub praktisch „unregierbar„ geworden war. Zwei Monate blieb der ECD Sauerland führungslos. Dann dauerte es am 15. April 1993 nur eine knappe Stunde, ehe die Mitgliederversammlung eine neue Vorstandsmannschaft gewählt hatte. Vorsitzender wurde der vormalige Schatzmeister Karl-Friedrich Müller, der den 240 Stimmberechtigten sportlichen Aufschwung, Kostenkontrolle, gezielte Nachwuchsarbeit und manch andere Rosinen versprach. Ein Verwaltungsrat, in dem mit Hanskarl Franke, Ingo Graumann, Egbert Preußners, Jörg Schauhoff und Jochen Vieler bekannte Kräfte mitwirkten, sollte (und wollte) seinen Teil zum Gelingen beitragen. Indes: Der Rat dieses Gremiums wurde in der Folge weitgehend ignoriert, sofern Müller & Co. überhaupt darum nachfragten.

Die Saisonvorbereitung gestaltete sich nicht eben einfach für die „neuen Herren„ des Klubs, der sich jetzt das schreckliche Wortungetüm „ECD Sauerland Iserlohn Penguins„ zum Namen genommen hatte. Einmal mehr wurden dem Verein seitens des Verbandes zentnerweise Knüppel zwischen die Beine geworfen. Erst am 29. Juni 1993 stand definitiv fest, daß er eine Lizenz für die 2. Bundesliga erhalten würde. Nun konnte der Vorstand sich auf die Suche nach Verstärkungen und einem neuen Trainer machen. Er fand ihn in dem ehemaligen Bundesliga-Torschützenkönig Bill Lochead. Ein Mann, dessen Arbeit in Iserlohn nicht unumstritten blieb. Und auch bei den immerhin acht Neuerwerbungen fand sich reichlich Licht und Schatten. Darunter - als wohl stärkster Akteur - der technisch hochbegabte Oliver Kasper, ein Sohn des Gründungsmitglieds Hans Kasper. Ein Kuriosum, denn damit schloß sich, was zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnen konnte, der Kreis für das Auslaufmodell ECD auf wahrhaft ungewöhnliche Art.

Die 2. Bundesliga litt auch in diesem Jahr unter der Finanznot der teilnehmenden Klubs. Nur elf Teams traten im September an, gerade einmal neun kamen - nach dem Ausstieg von Bayreuth und Memmingen - ins Ziel. Und dieses Häuflein quälte das zahlende Publikum auch noch mit einer Dreifachrunde, die sich dank der Tatsache, daß nur ein einziger Verein auf der (Playoff-)Strecke blieb, als Langweiler erster Güte erwies. Punktgleich mit Frankfurt belegte der ECD Platz vier der Mammutrunde. Genau gegen diesen Gegner aus dem Hessenland, den die Waldstädter Kufencracks in den Punktspielen viermal bezwungen hatten, ging es ins Viertelfinale, das sich zu einer Riesenenttäuschung entwickelte. 0:5, 0:8 und 3:4 lauteten die Resultate zu Ungunsten der Sauerländer, die sich damit die Chance auf eine fette Einnahme gegen den allerdings als unschlagbar geltenden Augsburger EV selbst vermasselten.

Bestimmt war aber nicht das Ausbleiben dieses fest eingeplanten Zahltages allein dafür verantwortlich, daß am Ende eines erneut frustrierenden Spieljahres ein Riesenloch in der Kasse der Penguins klaffte. Nur dank einiger privater Darlehen, so wurde am 19. März 1993 bekannt, hatte der Verein seit Januar überhaupt überleben können. Nun türmte sich ein Schuldenberg in Höhe von 1,6 Millionen Mark vor den ratlosen Verantwortlichen auf. Das Ende war nahe.

Es kam am 8. April. Vorsitzender Karl-Friedrich Müller zog die Konsequenz aus dem Finanzdesaster und machte dem Konkursrichter seine Aufwartung. Aufgeben wollte der Vorsitzende damit allerdings noch lange nicht. Bereits für den nächsten Tag hatte er die Gründung eines „neuen„ Klubs terminiert, der - unbeschwert und schuldenfrei - in die Fußstapfen des verblichenen ECD treten sollte. Die Versammlung im Café Glatteis (welch passender Name in diesem Zusammenhang!) erwies sich als wahrer Rohrkrepierer. Zwar hoben knapp 30 Anwesende, nachdem sie die wartenden Journalisten flugs ausgesperrt hatten, einen Verein aus der Taufe, der ECD Iserlohn Penguins heißen sollte. Aber schon wenige Tage später zeigte sich, daß dieses Gebilde nicht lebensfähig war. Die Nachwuchs-Abteilung, auf deren Zulieferdienste Karl-Friedrich Müller fest gesetzt hatte, zeigte diesem Klub die kalte Schulter. Ihr erschien ein Neustart mit lauter alten Gesichtern nicht gerade als die angesagte Lösung der in Jahren aufgelaufenen Probleme.

Der König ist tot, es lebe der König! Am 25. April 1994 brachten Thomas Aumer, Elke und  Georg Böhm, Wolfgang Brück, Jürgen Klimeck, Gerd Kraatz, Rüdiger Schäfer, Peter Strauß, Jochen Vieler und Christian Will den Iserlohner EC auf den Weg. Allein schon die Tatsache, daß erstmals der traditionelle Namensteil „ECD„ bewußt vermieden wurde, machte den Willen der Gründer deutlich, die Schatten der Vergangenheit zu verscheuchen.
 


IEC Teil I Die heimliche IEC-Gründung - 1994: Neubeginn in der 2. Liga Nord
Es war zunächst nur ein  Fax, das am 26. April 1994 über die Gründung des Iserlohner Eishockey-Klubs vom Vortag informierte: „Gestern um 19.30 Uhr wurde der Iserlohner EC aus der Taufe gehoben . . .”
Gründungsmitglieder waren Jochen Vieler (1. Vorsitzender), Wolfgang Brück (2. Vorsitzender), Thomas Aumer (Geschäftsführer), Gerd Kraatz (Chef des ECD-Nachwuchses), Rüdiger Schäfer, Christian Will, Jürgen Klimek, Elke Böhm, Georg Böhm und Ex-Nachwuchs-Vorsitzender Peter Strauß.
 Ursprünglich sollte der „Iserlohner Schlittschuhclub” die ECD-Nachfolge antreten, aber zumindest mit zwei Buchstaben wollte man an die Tradition erinnern. Zunächst gab es jedoch Konkurrenz für den IEC, denn nahezu zeitgleich wurde der EC „Devils” Iserlohn gegründet, der aus den Eissportfreunden hervorging. Aber schnell wurde klar, dass es ein ungleicher Konkurrenzkampf war, denn der ECD-Nachwuchs trat dem Iserlohner EC bei. Der stellte wirtschaftlich (u. a. durch die Unterstützung der Brauerei) und sportlich (mit der Verpflichtung von Peter Gailer als Trainer) die Weichen für den Start.
 Der erfolgte in der 2. Liga Nord. Dazu bedurfte es allerdings kleiner Tricks, weil es heftige Proteste aus Bayern gab, dass die Sauerländer nicht ganz unten beginnen mussten. Der Landesverband stufte den noch als „Karteileiche” existierenden „ECD Iserlohn-Nachwuchs” (nicht zu verwechseln mit dem dem IEC beigetretenen ECD Sauerland-Nachwuchs!) in die 2. Liga Nord ein, weil der „Verein” schon einmal eine Senioren-Mannschaft für die NRW-Liga gemeldet hatte.
 Das Interesse der Fans war enorm, und sie freuten sich über günstige Eintrittspreise. Der Stehplatz kostete 10 DM, Sitzplätze gab es ab 15 DM. Und so sah der erste Kader aus: Tor: Sven Doual, Peter Hellmann. - Abwehr: Markus Brenke, Olf Engelmann (Kapitän), Lutz Feser, Ernst König, Andreas Latzke, Bernd Schutzeigel, Ladislav Smetana. - Sturm: Stefan Bäcker, Eric Daniels, Jens Esche, Klaas Feser, Oliver Hardt, Daniel Hesmert, Robbie J. Hrytsak, Marcus Kapfer, Carsten Lang, Michael Menzel, Christian Reichmann, Tim Specht.
 Die Premiere stieg im Ligenpokal gegen die vom Ur-Deilinghofener Charly Stenner trainierten Schalker Haie und endete mit einer 2:6-Niederlage. Den ersten Treffer der IEC-Geschichte schoss Carsten Lang. Der Saisonstart führte die Iserlohner gegen den Erzrivalen Moskitos Essen. Vor fast 3 000 Zuschauern siegten sie mit 6:3. Das erste Meisterschaftstor der Vereinsgeschichte erzielte Jens Esche. Die Premierensaison führte auf Platz zwei und zur Qualifikation für die Erstliga-Aufstiegsrunde. Die endete mit dem 7:6 gegen den SC Solingen vor knapp 5 000 Fans. Damit waren Rang vier und der Sprung ins DEL-Unterhaus geschafft. Zum sportlichen gesellte sich der wirtschaftliche Erfolg. Mit 4 297 Zuschauern im Schnitt und einem Überschuss von 371 000 DM erreichte der Newcomer Topwerte.

Teil II: Furioser Aufsteiger
Als Aufsteiger wollten die Iserlohner in der 1. Liga Nord zunächst kleine Brötchen backen. Die Zielsetzung für die Saison 1995/96 lautete Klassenerhalt.
 Aber es lief viel besser. Das Gailer-Team erreichte  als Sechster  die Meisterrunde, wo mit Rang sieben die  Play-off-Qualifikation gelang.  Im Achtelfinale kam das Aus gegen den EHC Freiburg.
 Für die Serie 96/97 wurde u.a. mit Andreas Pokorny ein Eigengewächs mit Nationalmannschaftserfahrung verpflichtet. Die Serie verlief überaus holprig, und die Klubführung reagierte mit den Transfers  von Robert Simon und Teal Fowler vom Nachbarn Königsborn. Und das anhaltende Torhüterproblem löste  Ian Wood. Trotz vieler Schwächephasen wurde die Hauptrunde auf Platz neun beendet.
 Mitten in der Meisterrunde entschloss sich der Vorstand,  den Vertrag mit Trainer Peter Gailer nicht zu verlängern. Als Nachfolger kam Greg Poss vom ETC Timmendorf. Als Siebter qualifizierte sich der IEC noch für das Play-off-Achtelfinale. In einem packenden Vergleich mit dem Heilbronner EC mussten sich die Iserlohner erst im fünften Spiel geschlagen geben - allerdings deutlich mit 1:10.
 Greg Poss war von der Saison 1997/98 an der neue Mann an der Bande, und er sorgte mit der Ausbootung von Kapitän Andreas Pokorny gleich für einen Paukenschlag. Zu den Neuzugängen gehörten Oliver Bernhardt, die Schweden Stefan Nyman, Thomas Carlsson und Jonas Löfström sowie Terry Campbell. Saisonziel war die Qualifikation für die ab Januar 1998  laufende eingleisige 1. Bundesliga.


Teil III Die Ära Poss: IEC-Cracks im Nationaltrikot
Das Jahr eins der Ära Greg Poss verlief trotz personeller Umbesetzungen gut, und mit Volldampf stürmte der IEC, der sich einen Hahn als Maskottchen zulegte, in die neue Liga.
 Zum dritten Mal in vier Jahren standen die Sauerländer in der K.o.-Runde, und diesmal gelang gegen Freiburg der Sprung ins Halbfinale. Hier mussten sich die Iserlohner aber Bad Nauheim beugen. Die Partien um Platz drei entschieden sie gegen Weißwasser für sich.
 Damals hielt Klubchef Jochen Vieler im übrigen wenig von der DEL. „Es ist denkbar, dass die Deutsche Eishockey-Liga ihre letzte Saison bestreitet,” sagte er am Ende der Serie 97/98. So kann man sich irren . . .
  Danach war bei den Iserlohnern Kontinuität angesagt. 15 Spieler blieben, und Greg Poss holte u. a. Stürmer Tomas Martinec. Das Saisonziel für 98/99 lautete: „Einmal richtiger Deutscher Meister werden!” In der neuen, 16 Klubs starken Liga setzte nach Anfangserfolgen die Talfahrt ein. Die Fans nahmen den Vorstand aufs Korn, weil der nicht auf die Personalmisere reagierte. Aber Vieler blieb seiner Linie des Wirtschaftens mit Augenmaß treu.
 Terry Campbell und Craig Streu wurden in dieser Saison als erste Spieler für den Kader der Nationalmannschaft nominiert. Nach sehr wechselhaften Leistungen gelang den Iserlohnern als Sechster die Qualifikation für das Play-off-Viertelfinale. In einer dramatischen Serie gegen die Düsseldorfer EG, geprägt von vielen Scharmützeln zwischen den Rivalen, drehten die Sauerländer nach zwei Niederlagen den Spieß um, ehe es im fünften und entscheidenden Spiel ein 2:3 gab.
Für die nächste Serie versprach Greg Poss „Power-Roosters”. Die Mannschaft wurde verjüngt, und als neue Kontingentspieler kamen Cory Laylin, Steve Potvin und Pat Mikesch. Während der Saison kehrte Verteidiger Karsten Mende nach Iserlohn zurück. In völlig neuem, von den traditionellen Vereinsfarben losgelösten Outfit (weiße bzw. schwarze Trikots) begann die Saison 1999/2000 schwach. Die Iserlohner tummelten sich am Tabellenende, aber der Traum von der DEL blieb erhalten. Iserlohner Bürgermeister Klaus Müller signalisierte den Ausbau der Eissporthalle auf eine Kapazität von bis zu 6 700 Zuschauern.
 Der IEC zitterte sich unter die Top 12, und in der Meisterrunde gelang  die Aufholjagd mit zehn Siegen in Folge. Aber es folgte wieder ein Leistungseinbruch. Unrühmlicher Höhepunkt war das 0:4 in Ingolstadt, und dieses Spiel lieferte ein Novum in der Iserlohner Eishockeygeschichte. Denn nach einer Schlägerei mit Ingol-stadts Trainer Jim Boni wurde Greg Poss in Handschellen abgeführt.  Am Ende gelang die Play-off-Qualifikation, aber im Viertelfinale kam gegen Freiburg das schnelle Aus. Das Saisonziel Aufstieg war verpasst! In der folgenden Serie sollte ein weiterer Anlauf unternommen werden, aber dann kam alles ja ganz anders . . .


Teil IV: Der Underdog wurde zur festen Größe in der DEL  . Juli 2000: Iserlohn wieder erstklassig
Der Iserlohner EC hatte gerade eine ziemlich enttäuschende Zweitliga-Saison mit einem Defizit von 240 000 DM abgeschlossen und im Juni 2000 mit Wolfgang Brück als Nachfolger von Jochen Vieler eine neue Führungsspitze erhalten, als sich eine Sensation anbahnte. Aus Freiburg kam die Kunde, dass man auf den Erwerb der DEL-Lizenz der Starbulls Rosenheim verzichten werde, dass aber ein anderer Zweitligist zugeschlagen habe.
Und das war der Iserlohner EC. Am 17. Juli 2000 wurde es offiziell: Iserlohn spielte wieder im Eishockey-Oberhaus, Hauptgesellschafter der Iserlohn Roosters GmbH war der Iserlohner EC. Über den Kaufpreis wurde Stillschwiegen vereinbart. 3,25 Mio. DM sollte die Lizenz kosten, aber der IEC bekam sie zum Schnäppchenpreis. Die neue Führungscrew mit Wolfgang Brück, dem 2. Vorsitzenden Jürgen Ephan und Geschäftsführer Thomas Aumer machte sich daran, eine DEL-taugliche Mannschaft zusammenzustellen.
 Trainer Greg Poss erhielt dabei Unterstützung von Karsten Mende, der seine aktive Laufbahn beendete. Am 8. September 2000 stieg die DEL-Premiere: Mit 3:4 verloren die Roosters bei den Eisbären Berlin, erster Torschütze des Newcomers war Peter Roed. Nur 48 Stunden später folgte der erste Paukenschlag: Gegen die Kölner Haie gewannen die Iserlohner vor ausverkauftem Haus am Seilersee mit 5:4 nach Penaltyschießen. Zum Ende der Saison 2000/01 hatte der krasse Außenseiter sein Ziel erreicht: Vorletzter Platz und den Rivalen Essen abgehängt. Bester Torschütze war Tomas Martinec, bester Scorer Shawn Anderson. ein weiterer Erfolg: Die Roosters GmbH erwirtschaftete ein Plus von 30 000 DM.
 Im April 2001 beschloss der Rat der Stadt Iserlohn, den Umbau der Eissporthalle in Angriff zu nehmen. Der Balver Unternehmer Josef Jost wurde als Ephan-Nachfolger neuer 2. Vorsitzender. In der zweiten DEL-Saison sicherten sich die Iserlohner nach einem starken Schlusspurt den zwölften Platz und damit den Klassenerhalt. Maßgeblichen Anteil an diesen Erfolgen hatten der während der Saison verpflichtete Torhüter Rich Parent und Topscorer Cory Laylin.
 „We are familiy”- unter diesem Motto stand die Saison 2002/2003. Und das Etat-Schlusslicht der Liga sorgte für eine Sensation. Die Roosters mit dem überragenden Jimmy Waite im Tor durften bis zum letztenSpieltag auf die Play-off-Teilnahme hoffen. Doch der eigene 8:1-Sieg gegen Krefeld reichte nicht, weil auch die Konkurrenz aus Hamburg in letzter Seunde in Frankfurt punktete. Es flossen Tränen auf den Rängen, Tränen bei den Spielern, vor allem aber auch bei Trainer Greg Poss, der nach sechs Jahren seine Zelte in Iserlohn abbrach.
 Seine Nachfolge trat in der Saison 2003/2004 Dave Whistle an. Nach Anfangserfolgen erwies sich seine Verpflichtung aber immer mehr als großer Irrtum, Anfang Oktober wurde er entlassen. Doug Mason übernahm den Job am Seilersee, und unter seiner Regie gelang der Mannschaft um Keeper Dimitrioj Kotschnew und Bryan Adams der vorzeitige Klassenerhalt.
 Schon der Frühsommer machte Appetit auf die Saison 2004/2005. Denn der bevorstehende Lockout in der NHL ermöglichte den Klubs, Topspieler aus der besten Liga der Welt nach Deutschland zu holen. Und hier gelang den Roosters ein echter Coup mit der Verpflichtung von Mike York von den Edmonton Oilers. Er wurde zum herausragende Spieler des Iserlohner Teams. Ende Dezember kam mit Verteidiger John-Michael Liles ein weiterer NHL-Crack aus Colorado, während Brian Gionta einen Rückzieher machte. Am Ende wurden die Roosters Elfter in der vermutlich einzigen DEL-NHL-Saison.

Teil V und Schluss 2007/2008: Die Saison der Superlative - Roosters erstmals in den Play-offs
Nach der „DEL-NHL-Saison” gab es bei den Roosters einen Wechsel an der Bande. Co-Trainer Teal Fowler ging zu den Krefeld Pinguinen, für ihn kam Clayton Beddoes. Vom alten Kader fielen elf Spieler durch das Sieb, darunter acht der insgesamt 17 Neuzugänge. Neu kamen u. a. Linus Fagemo, Mats Trygg, Brad Purdie, Vitalij Aab - und Michael Wolf aus Essen.
 Mit dem bislang stärksten Team der Vereinsgeschichte ging es in die Saison, in der letztmals ein Absteiger ausgespielt wurde. Die Mannschaft präsentierte sich überaus launisch, von den Play-offs redete am Seilersee sehr bald niemand mehr. Zum Jahreswechsel betrug der Vorsprung auf die Play-down-Ränge nur noch drei Punkte. Mit neuem (alten) Keeper (Rich Parent kehrte zurück) gelang am Ende Platz elf.
 Danach fielen wichtige Personalentscheidungen. Trainer Doug Mason verließ Iserlohn in Richtung Köln, und mit ihm gingen Co-Trainer Clayton Beddoes, Mats Trygg und Bryan Adams in die Domstadt. Neuer Chef an der Bande wurde Geoff Ward, Bernd Haake kam als Co-Trainer. Wenig später folgte eine spektakuläre Neuverpflichtung: Von den Hannover Scorpions wechselte Stürmer Robert Hock ins Sauerland. Ungewohnt forsch wurde anschließend von den Verantwortlichen die Zielsetzung für die neue Serie ausgesprochen: „Die Zeit ist reif - Play-offs 2007!” Platz zehn war das Ziel, denn der berechtigte zur Teilnahme an den neu eingeführten Pre-Play-offs.
 Ungeachtet vieler Verletzungsprobleme legten die Roosters einen Traumstart hin. Nach einem Viertel der Serie war die Mannschaft Sechster, aber es ging bergab. Zum Jahresende gab es Niederlagen gegen die Kellerkinder, und Trainer wie Manager gerieten in die Kritik. „Wir werden Meister im Schönfärben der eigenen Probleme” stand auf einem Transparent, das die enttäuschten Fans ausrollten. Der Kampf um die Pre-Play-offs blieb dennoch lange offen, erst am letzten Spieltag mussten sich die Roosters geschlagen geben.
 Nach der Serie wurde der Hallenumbau mit zusätzlichem VIP-Bereich und neuer Sitzplatztribüne in Angriff genommen, und mit Leben füllen sollte die Halle eine Mannschaft unter neuer Anleitung. Geoff Ward verabschiedete sich wieder in Richtung Nordamerika, und seine Nachfolge trat Rick Adduono an. Uli Liebsch stieß als Co-Trainer hinzu. Als neue Spieler kamen u. a. Norm Maracle, Sebastian Stefaniszin, Bob Wren, Pat Kavanagh und Brad Tapper an den Seilersee. Der Serie begann spektakulär. Nach einem 3:5 in Straubing folgte in der ausgebauten Halle ein Spiel für die Geschichtsbücher: 19 Tore (9:10) im Duell mit Nürnberg. Das Null-Punkte-Wochenende leitete aber eine überaus erfolgreiche Serie ein, die auf Platz fünf endete. Die erste Teilnahme der Roosters an den Play-offs war perfekt.
 Im Viertelfinale gegen Frankfurt verloren sie die erste Partie, und es folgte ein denkwürdiges Heimspiel. Nach 4:48 Stunden und 117 effektiven Spielminuten machte Michael Wolf am frühen Karfreitagmorgen den 3:2-Sieg perfekt. Danach zogen die Iserlohner zwar mit 3:1-Siegen davon, aber die Lions konterten und standen im Halbfinale. Aber der Underdog, der mit Robert Hock den besten Hauptrundenscorer und mit Michael Wolf den besten Torschützen der Liga mit neuem Rekord (44 Tore) stellte, hatte sich nachhaltig in den Blickpunkt gespielt.
 Für Erfolgstrainer Rick Adduono gab es keine Zukunft am Seilersee. Für ihn kam Steve Stirling, der nach Anfangserfolgen mit seinem Team immer weiter hinter den Erwartungen zurück blieb. Anfang Februar kam für ihn das Aus, und Uli Liebsch übernahm für den Endspurt die Regie. Die Mannschaft zeigte weiterhin wechselhafte Leistungen, aber sie blieb im Geschäft im Kampf um die Pre-Play-offs. Die Entscheidungen fallen am großen Eishockey-Jubiläumswochenende . . .