Friedrich von Romberg - Der Sklavenhändler aus dem Sauerland
Andreas Thiemann
WP 23.04.2015, 17:00
Dr. Friedhelm Groth recherchierte über den berühmtesten
Sklavenhändler Europas - Friedrich von Romberg.
Foto: Andreas Thiemann
HEMER. Friedrich von Romberg, ein Bürgersohn aus Hemer,
war im 18 Jahrhundert einer wichtigsten Menschenhändler Europas - und wurde
dafür geadelt.
„Friedrich von Romberg war einer der absoluten Top-Sklavenhändler Europas. Er
spielte quasi nicht in der Bundesliga, das war schon echte Champions-League.“
Der evangelische Theologe und Heimatforscher Dr. Friedhelm Groth wird bildhaft
deutlich, wenn es um jenen Mann geht, der viel Gutes und aus heutiger Sicht
wohl noch viel mehr Schlechtes getan hat: Der Bürgersohn aus Hemer-Sundwig,
Friedrich von Romberg (1726-1819), wurde von seinem Bewunderer und Förderer
Kaiser Joseph II. im Jahre 1784 in den Adelsstand eines Barons erhoben. Da war
der gebürtige Sauerländer Romberg in Brüssel längst schon reich – und
einflussreich.
Heimische Wurzeln nicht vergessen
Doch seine heimatlichen Wurzeln vergaß er offenbar nie,
und so spendete er der Stadt Hemer u. a. nach einem verheerenden Brand eine
ausgesprochen großzügige Summe zum Wiederaufbau.
Der Dank der Hemeraner dafür hält wiederum bis heute an; noch immer trägt eine
Straße dort den Namen des einstigen Stadt-Mäzens. Als „erfolgreicher
Großunternehmer“ wird er in der Straßenschild-Unterzeile ausgeflaggt, der
Sklavenhandel jedoch mit keinem Wort erwähnt.
Dr. Friedhelm Groth hat bei seinen Recherchen nun aber noch Weiteres
herausgefunden. Im Stephanopeler Tal steht ein altes Patrizierhaus aus dem 18.
Jahrhundert, das einmal als Standort für eine Garnbleiche vorgesehen war. Das
Geld für das Haus und das Projekt kam von Friedrich Romberg und seinem Bruder.
Über dem Eingang ist noch immer ein inzwischen weitgehend verwittertes
Steinrelief zu sehen, das neben einigen Segelschiffen, Häusern, Bergen und
Wappen die Aufschrift trägt „Zum Vorgebirge der Guten Hoffnung“. Lange war
dieser Spruch in einem christlichen Zusammenhang interpretiert worden, denn
just dieses Haus wurde nach mehrfachem Verkauf über Jahrzehnte hinweg zu einem
Zentrum evangelisch-missionarischen Glaubens-Eifers. Dr. Groth: „Wohl 50 Jahre
und mehr fanden hier regelmäßig große Missionsfeste statt, damals fast so
etwas wie die Kirchentage ihrer Zeit.“
Auf dieses fromme Intermezzo wurde dann auch stets der Portal-Spruch bezogen,
wie Dr. Groth überzeugt ist: „Sicherlich haben die dort Wohnenden in der
besagten ,Guten Hoffnung’ nichts anderes sehen können als die Hoffnung auf
Christus, der das Lebensschiff durch Wellen hindurch auf Kurs hält.“
Der Kap der guten Hoffnung
Allein schon die zeitliche Abfolge kann eine derartig religiös aufgehübschte
Interpretation jedoch nicht tragen. Beim „Vorgebirge der Guten Hoffnung“ wird
es sich vielmehr um das Kap der guten Hoffnung handeln, eben jene höchst
gefährliche Meeresroute, die die Romberg-Schiffe jahrelang beim Sklavenhandel
nehmen mussten.
In einem Aufsatz der Schriftenreihe „Der Schlüssel“ des Hemeraner Bürger- und
Heimatvereins unterstreicht Dr. Groth: „Die Bedeutung des Sklavenhandels wird
deutlich, wenn man bedenkt, dass in einem Jahr mit den Schiffen der Firma
Romberg ungefähr 1305 Sklaven nach Saint-Domingue gebracht wurden.“
Von Romberg hatte als Händler in Brüssel mit Pferde-Fuhrwerken begonnen und
dabei bis zu 200 Tiere im Einsatz. Bei seiner späteren
Sklavenhändler-Tätigkeit brachte er es auf fast 100 Schiffe, die von Bordeaux
aus Afrika und die Karibik ansteuerten.
Geburtshaus heute Pizzeria
In Hemeraner Stadtchroniken wurde Friedrich von Romberg von verschiedenen
Autoren in der Vergangenheit als „ein Mann von westfälisch humaner Gesinnung“,
als „geschickter, glücklicher“ Kaufmann oder auch „trefflich, gemeinnütziger
Mann“ bezeichnet. Kaiser Joseph II. pries ihn gegenüber seiner Frau gar als
„größten Kaufmann in meinen Staaten“.
Im Zuge der Französischen Revolution erlosch der merkantile Romberg-Stern
dramatisch, doch wäre der Westfale nicht ein guter Kaufmann gewesen, hätte er
nicht ein Gutteil seines Privatvermögen noch rechtzeitig retten können.
Rombergs Geburtshaus in Hemer-Sundwig steht übrigens noch immer. In der
Pizzeria, die dort jetzt ansässig ist, ahnt wohl niemand etwas von den dunklen
Sklaven-Geschäften, die hier mit der Geburt des kleinen Friedrich ihren
irdischen Anfang nahmen.