Gottesdienst am 20./21. So. n. Trin., 13.u.20.10.2002,
 in der Christuskirche Neheim/Ev. Kirche Medebach (Liturgie: Neheim...)

Wochenspruch: Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist, und was der Herr von dir fordert: nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.
Micha 6,8

Orgelvorspiel

Im Namen des Vaters / AMEN / Unsere Hilfe.../ DER HIMMEL UND ERDE...
Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi sei mit euch allen / UND MIT DEINEM GEIST.

Begrüßung


Gebet:
Herr, unser Gott, du beanspruchst es, die Nummer 1 zu sein in unserem Leben, die Nummer 1 zu sein im Leben der Kirche, die Nummer 1 zu sein in der ganzen Welt. Und das ist unsere Sünde und Schuld, dass wir dir den Platz, der dir zusteht, verweigert haben und verweigern. Du weißt um das daraus folgende Chaos in unserem eigenen Leben, um all das Elend in deiner Kirche und um die Friedlosigkeit der Welt. Du rufst uns, Herr, in deiner Gnade trotzdem zu dir, du schenkst uns, Herr, diesen Morgen. Lass es dein Morgen werden, lass es heute dein Tag werden, ja, lass es Sonntag werden bei uns in der Weise, dass wir auch alltags aus deinem Geist leben können. Gepriesen werde dein Name. Amen.


Eingangslied
EG 455: Morgenlicht leuchtet, rein wie am Anfang (Morning has broken)

1. Morgenlicht leuchtet, rein wie am Anfang. / Frühlied der Amsel, Schöpferlob klingt. / Dank für die Lieder, Dank für den Morgen, / Dank für das Wort, dem beides entspringt.
2. Sanft fallen Tropfen, sonnendurchleuchtet. / So lag auf erstem Gras erster Tau. / Dank für die Spuren Gottes im Garten, / grünende Frische, vollkommnes Blau.
3. Mein ist die Sonne, mein ist der Morgen, / Glanz, der zu mir aus Eden[a] aufbricht! / Dank überschwenglich, Dank Gott am Morgen! / Wiedererschaffen grüßt uns sein Licht.
Lesung aus Wochenpsalm Ps. 119 im Wechsel: EG 752.3
Gebet des Tages: Herr Jesus Christus, du hast gesagt und versprochen, dass dein Wort ewig bleibt, und wir haben die Verheißung, dass es eine Kraft ist, die Felsen zerschmettert. Schenk uns doch jetzt durch deinen Geist, dass es bei uns ankommt, nicht nur im Kopf, dass es uns beschäftigt, in unser Innerstes dringt und uns verändert und neu ausrichtet auf dich, Jesus Christus, unsern Herrn und Bruder, der du mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebst und regierst von Ewigkeit zu Ewigkeit. AMEN.

Als Epistel hören wir den heute vorgeschriebenen Predigttext, über den auch die Predigt nachher gehen wird 2. Kor. 3, 2 - 9; da schreibt Paulus:

Ihr seid unser Brief, in unser Herz geschrieben, erkannt und gelesen von allen Menschen! Ist doch offenbar geworden, dass ihr ein Brief Christi seid, durch unsern Dienst zubereitet, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf  steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln, nämlich eure Herzen. Solches Vertrauen aber haben wir durch Christus zu Gott. Nicht dass wir tüchtig sind von uns selber, uns etwas zuzurechnen als von uns selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott, der uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienern des  neuen Bundes, nicht des  Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, aber der  Geist macht lebendig.
Wenn aber schon das Amt, das den Tod bringt und das mit Buchstaben in Stein gehauen war, Herrlichkeit hatte, so dass die Israeliten das Angesicht des Mose nicht ansehen konnten wegen der Herrlichkeit auf seinem Angesicht, die doch aufhörte, wie sollte nicht viel mehr das Amt, das den Geist gibt, Herrlichkeit haben? Denn wenn das Amt, das zur Verdammnis führt, Herrlichkeit hatte, wieviel mehr hat das Amt, das zur Gerechtigkeit führt, überschwengliche Herrlichkeit.
Halleluja...

Wochenlied EG 295: Wohl denen, die da wandeln

Psalm 119
1. Wohl denen, die da wandeln / vor Gott in Heiligkeit, / nach seinem Worte handeln / und leben allezeit; / die recht von Herzen suchen Gott / und seine Zeugniss' halten, / sind stets bei ihm in Gnad.
2. Von Herzensgrund ich spreche: / dir sei Dank allezeit, / weil du mich lehrst die Rechte / deiner Gerechtigkeit. / Die Gnad auch ferner mir gewähr; / ich will dein Rechte halten, ( verlass mich nimmermehr.
3. Mein Herz hängt treu und feste / an dem, was dein Wort lehrt. / Herr, tu bei mir das Beste,
sonst ich zuschanden werd. / Wenn du mich leitest, treuer Gott, / so kann ich richtig laufen / den Weg deiner Gebot.
4. Dein Wort, Herr, nicht vergehet, / es bleibet ewiglich, / so weit der Himmel gehet, / der stets beweget sich; / dein Wahrheit bleibt zu aller Zeit / gleichwie der Grund der Erden, / durch deine Hand bereit'.
Text: Cornelius Becker 1602
Musik und Satz: Heinrich Schütz 1661

Evangeliumslesung:  Kinderevangelium Markus 10, 13-16
Und sie brachten Kinder zu ihm, damit er sie anrühre. Die Jünger aber fuhren sie an. Als es aber Jesus sah, wurde er unwillig und sprach zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solchen gehört das Reich Gottes. Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Und  er herzte sie und legte die Hände auf sie und segnete sie.
Ehre sei dir Herr / LOB SEI DIR, CHRISTUS.

Lied vor der Predigt EG 396, 1-3 und 5
1. Jesu, meine Freude, / meines Herzens Weide, / Jesu, meine Zier: / ach, wie lang, ach lange / ist dem Herzen bange / und verlangt nach dir! / Gottes Lamm, mein Bräutigam, / außer dir soll mir auf Erden / nichts sonst Liebers werden.
2. Unter deinem Schirmen / bin ich vor den Stürmen / aller Feinde frei. / Lass den Satan wettern, / lass die Welt erzittern, / mir steht Jesus bei. / Ob es jetzt gleich kracht und blitzt, / ob gleich Sünd und Hölle schrecken, / Jesus will mich decken.
3. Trotz dem alten Drachen, / Trotz dem Todesrachen, / Trotz der Furcht dazu! / Tobe, Welt, und springe; / ich steh hier und singe / in gar sichrer Ruh. / Gottes Macht hält mich in acht, / Erd und Abgrund muß verstummen, / ob sie noch so brummen.
6. Weicht, ihr Trauergeister, / denn mein Freudenmeister, / Jesus, tritt herein. / Denen, die Gott lieben, / muss auch ihr Betrüben / lauter Freude sein. / Duld ich schon hier Spott und Hohn, / dennoch bleibst du auch im Leide, / Jesu, meine Freude.



Predigt 2. Korinther 3, 2 - 6

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde in Neheim, der Nebensatz von Paulus, „dass ihr ein Brief Christi seid“, der ist jetzt ein Hauptsatz in dieser Predigt. Da geht’s darum, „dass ihr ein Brief Christi seid“... Ganz auf diesen Satzteil will ich mich konzentrieren, aber ich lese zum Einprägen noch mal den Zusammenhang, nämlich den Text, der heute morgen jetzt überall in den Kirchen bedacht wird 2. Kor. 3, 2 - 6; da schreibt Paulus:  


Ihr seid unser Brief, in unser Herz geschrieben, erkannt und gelesen von allen Menschen! Ist doch offenbar geworden, dass ihr ein Brief Christi seid, durch unsern Dienst zubereitet, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln, nämlich eure Herzen. Solches Vertrauen aber haben wir durch Christus zu Gott. Nicht dass wir tüchtig sind von uns selber, uns etwas zuzurechnen als von uns selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott, der uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienern des neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.

Es geht also darum, „dass ihr ein Brief Christi seid“ , liebe Gemeinde - dass Du und ich einer werden. Um nichts anderes eigentlich geht es hier. Jemand hat mal gesagt: Wenn du so predigst, dass 14jährige es verstehen, dann kapieren es alle, dann hast du es richtig gemacht, und er hat wohl recht...


So beginne ich auch die Predigt über den Brief, von dem ich sprach, mit zwei Geschichten von 14jährigen, mit zwei Geschichten von 14jährigen, wo es beidesmal um einen verrückten und merkwürdigen „Liebesbrief in Krickelschrift“ geht.


Es war noch drüben in Deilinghofen: in Deilinghofen im Martin-Luther-Haus im Unterrichtsraum an einem der Donnerstagnachmittage, wo da in der Gruppe 17 Konfirmanden, Jungen und Mädchen, die Bibel aufgeschlagen haben und wir drüber diskutieren. Wir haben die Reihe dran: "Wir lernen die Bibel kennen", und ich möchte den Jugendlichen nahe bringen, was mir die Bibel wert ist - nicht nur’n dickes Buch, schon gar nicht nur so ein altehrwürdiges Gesetzbuch, nicht bloß viele schwarze Buchstaben mit Druckerschwärze auf weißem Grund, sondern viel viel mehr. Und ich wunder mich richtig:  Die sind mit Feuereifer dabei, an diesem Donnerstagnachmittag. Einige scheinen zu kapieren, was ich da eigentlich meine. Und alle passen auf.

Nee, alle doch nicht! Ich gucke da nach links hinten, da wo Julia sitzt und neben ihr ihre beste Freundin Biggi. Auch bei denen liegt ihre Bibel vor ihnen auf ihrem Platz, aber da ist ein Zettel, den hat die Julia der Biggi gereicht. Ich sehe noch, was für ein wichtiges Gesicht sie gemacht hat und ein irgendwie stolzes dazu. Das muss ein mordsmäßig wichtiger Zettel sein. „Julia, lass mal sehen, zeig mal den Zettel, der da für euch beide so wichtig ist.“ Ich werfe einen Blick darauf, obwohl die Julia abwehren will, sie ist ganz rot geworden. Ich lese auf dem ziemlich zerknitterten und offenbar schon sehr  abgegriffenen DIN-A5-Blatt: „Meine liebste Julia“, das steht da - in ziemlicher Krickelschrift geschrieben, und darunter steht ganz unten ein hingemaltes Herz und es steht da: „ich hab dich so lieb, dein Sebastian“. Jetzt werd ich rot, als Julias Freundin Biggi laut sagt: „Das ist doch Julias Liebesbrief von dem Jungen, den sie lange schon süß fand“. Ich ärgere mich, dass ich da im Unterricht so in Julias Herzenssache eingedrungen bin.
Ja, und wir nehmen dann einfach Liebesbriefe an diesem Donnerstagnachmittag zum Thema in unserem Unterricht: krickelige Liebesbriefe von 14jährigen und was die bedeuten. Und am Ende, da war es eine Spitzenstunde sogar, dass Julia und Biggi und die 15 andern auch etwas ahnten davon, dass sogar die Bibel manchmal zu lesen ist - richtig verstanden - wie ein glühender Liebesbrief Gottes.  

Zweite Geschichte, ganz ähnlich, auch von einem sonderbaren „Liebesbrief in Krickelschrift“, genauso eine Geschichte mit 14jährigen, kurz danach geschehen. In einer christlichen Gruppe in der Jugendarbeit, da haben sie ganz lange in ihrer Gruppe über Liebesbriefe gesprochen. Auch darüber, dass man nach außen immer drüber lacht und spöttelt, aber von innen, wenn man so einen kriegt, und sei es mit Schreibfehlern und mit Krickelschrift, dann ist es ganz anders. Mit Rotwerden und Schmetterlingen im Bauch und so. Und dann haben sie alle zusammen einfach einen Rap draus gemacht, aus ihren Erfahrungen, und die Gruppe hat das als Mp3 und als Cassette rausgebracht, ich habe hier die Cassette hier dabei (am liebsten hätte ich Ihnen das jetzt vorgespielt), aber der Inhalt, der geht - kurz angedeutet - so:


„Auf der letzten Party, / da war’s mir sonnenklar, / dass es mehr als nur eine Freundschaft war. / Dies ist ein Brief, / der versucht, dir zu sagen, / was tief in mir schlief. / Ich weiß, ich bin kein Dichter/  und kein Poet, / aber ich weiß, dass du verstehst, / worum es mir geht. / Wir sehen uns ständig, / aber glaubst du, du kennst mich? / Vielleicht denkst du, / das ist ein Spiel / oder nur ein listiger Deal. / Aber glaube es mir ehrlich, / ein Flirt wär viel zu gefährlich. / Nur meine Seele schrieb schon lange diesen Brief, / erst heute kann ich sagen, was in mir schlief. / Du hörtest mich nicht, / als ich stumm nach dir rief, / drum schreib ich dir jetzt diesen Brief.“


Ein heutiger Liebesbrief von 14jährigen als Rap-Lied, liebe Gemeinde: ich denke, nur von außen gesehen ist das völlig anders, als es in Mutters und Großmutters Jugendzeiten war, als sone Briefe in Schönschrift, mit Glanzbildern verziert, an den Allerliebsten verschickt wurde. Heute - wie eben gehört - viel eckiger und krickeliger, meist. Und doch ne ganz wichtige Sache, so ein Brief, in dem viel Herz drinsteckt, aber von dessen Inhalt man nur was dann recht was mitbekommt, wenn man’s mit dem Herzen liest...


Liebe Gemeinde in Neheim, jetzt soll keiner sagen, ich wäre mit meinen komischen „Liebesbriefen in Krickelschrift“ vom Thema abgewichen, vom Text des heutigen Abschnitts des Paulus an die Korinther! Nein, ich denke, wir sind beim Text und im Thema mitten drin, denn einen Brief meint ja Paulus, wenn er da schreibt: „Ihr seid unser Brief“ und wenn er im Satz danach schreibt: „dass ihr ein Brief Christi seid“. Ja, mehr noch, Paulus meint eigentlich nicht anderes als einen Liebesbrief! Denn das steht in unserm Text, dieser Brief von dem Paulus spricht, der wäre nicht in Stein gemeißelt wie Moses Gesetzestafeln, der wäre Herzenssache, der wäre in den Herzen drin, und dieser Brief, ist ganz unzweifelhaft ein Liebesbrief. Das sei einer, meint Paulus, wo man nicht rot werden muss (wie jene Julia in Deilinghofen), wenn man ihn andern zeigt: Ihr seid unser Brief, in unser Herz geschrieben, erkannt und gelesen von allen Menschen! Und direkt dahinter führt Paulus zu diesem Brief erklärend aus, dass ihr ein Brief Christi seid, durch unsern Dienst zubereitet, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln, nämlich eure Herzen.


Nun könnte man sagen, es ist eine komische Idee, wenn der Paulus Leute aus seiner Gemeinde dort in Korinth als Liebesbriefe bezeichnet, und dazu noch im doppelten Sinn: sie wären Briefe für ihn, Briefe für ihn, die ihm sozusagen ins Herz geschrieben sind und am Herzen liegen, sie wären aber auch Briefe für die Öffentlichkeit: da wären sie Christi Briefe, nicht mehr und nicht weniger, Liebesbriefe von Jesus sozusagen, wo in krickeliger Schrift vielleicht, alle die es lesen, rauslesen können, was Jesus und was seine Liebe bedeutet...


Um die komische Idee dieses Vergleichs richtig zu verstehen, liebe Gemeinde, da sollte man vielleicht einmal im zweiten Korintherbrief genauer nachlesen. Dann merkt man sehr bald: Diese etwas sonderbare Vergleichssache mit den Liebesbriefen, die hat Paulus nicht aus Jux und Dollerei geschrieben, sondern unter ziemlichen Druck.


In die von ihm, von Paulus, in Korinth gegründete Gemeinde von Christen, da waren andere eingedrungen, so Hallelujachristen, die sich wie Vollkommene fühlten und gaben. Die schwebten auf „Wolke 7“ und redeten immer nur von der Herrlichkeit und Vollendung und ihrer ach so tollen Erkenntnis, nie vom Kreuz. Und diese 150%-Christen hatten angegeben und wie! Sie waren wie die Irrlehrer da eingedrungen bei den Christen in Korinth und hatten Stunk gemacht gegen Paulus, ja, sie waren da sogar aufgetreten mit Empfehlungsschreiben aus der Urgemeinde in Jerusalem von Petrus und Co.! Und diese schwärmerischen 150%-Christen hassten es wie die Pest, dass Paulus so viel von Jesus und Kreuz redete, dass Paulus immer zugab, dass er ein angefochtener gar nicht vollkommener Mensch war, im Kreuz aber ganz verbunden mit Jesus und seinem Kreuz. „So eine lächerliche Type, Paulus!“, so hatten die Gegner ihn versucht, fertigzumachen und da in der Gemeinde kaltzustellen und auszuhebeln: „Lächerlich, so ein christlicher Jammerlappen und Kreuzesspinner mit Anfechtungen ist der noch! Wir aber, wir sind die Richtigen, die tollen Typen, ja, wir haben es hier schwarz auf weiß – wir haben ja die Empfehlungsschreiben...“


Ja, liebe Gemeinde, genauso war es, als Paulus unsern Text von den Briefen schrieb! Diesen fürchterlichen gegnerischen Angriff da in Korinth, liebe Gemeinde, genau den kontert er mit diesem Briefabschnitt 2. Kor. 3, den Frau Schäfer und ich eben als heutigen Predigttext zweimal lasen.


Das heißt auf gut deutsch: Ich, Paulus, brauche keine Empfehlungsschreiben, ich brauch nichts schwarz auf weiß! Ihr, ihr seid nämlich mein Brief, aber ein Brief, den ich nicht geschrieben habe, den nämlich eigentlich Jesus Christus selbst geschrieben hat. Nicht mit Buchstaben in Stein gehauen hat geschrieben. Nein, mit seinem Geist hat er es das geschrieben, in die Herzen rein, aber so, dass es gelesen werden kann da in Korinth und Umgebung: Menschen, die diesen Brief lesen, sehen was von der gewinnenden Liebe Christi.


Ja, ich Paulus, so geht’s da weiter, brauche auch nicht auf meine Tüchtigkeit zu bauen (wie es da die Gegner tun), im Gegenteil: wo ich tüchtig bin und wo Christen als Liebesbriefe Jesu überzeugend sind, da tut man’s ja nicht selbst, da ist das Tüchtige von ihm, der eigentlich den Brief schrieb.


„Ja, verlasst euch nicht auf schwarz auf weiß gehaltene Empfehlungsschreiben, verlasst euch nicht auf Taufscheine, könnet man heute sagen,  verlasst euch nicht auf eure Zeugnisse und Diplome, was für großartige Pastoren ihr seid,  sondern achtet auf das Wichtigste: dass ihr krummen Zeilen mit eurem Leben und eurer Biographie was davon rüberbringt, dass Christus da was Gerades drauf geschrieben hat. Nicht das Geschriebene in Schwarz auf weiß zählt, Christus als Schreiber in eurem Leben zählt: dass von DEM, wenn auch in Krickelschrift, für andere was zu entziffern ist und von Christi Geist, das zählt: dass ihr auf den krummen Zeilen eures Lebens geschrieben, ein Liebesbrief Gottes seid“ Und da zählt nicht auf Papier oder Pergament der geschriebene Buchstabe, meint Paulus, der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig!


Liebe Gemeinde, anfangs sagte ich, hier ginge es heute nur um eins: dass du und ich ein Brief Christi werden, ein Liebesbrief Christi, ganz ähnlich wie die anfangs genannten, kann man sagen, durchaus genauso ein Brief in Krickelschrift, weil wir Zeilen so krumm sind, wo aber Gott doch sauber und für alle leserlich drauf schreiben kann.   


Und gerade das gehört da zu unserm Text, für mich jedenfalls,  dass ich da, wo ich am Glauben irre wurde und in Zweifeln zu versacken drohte, wo mir die Bibel gar nicht mehr klar war und Gott wie ein Nebelloch zu sein schien, Gott mir immer Menschen geschenkt hat, die wie ein offener Brief waren, wo ich auf Krickelschrift wieder langsam ganz was Tolles und Großartiges von seiner Liebe lesen konnte. Da war jene Krankenschwester, die mich als Kind, als ich nach zweijähriger Krankheit im Sterben lag, mich seelsorgerlich begleitete und mit mir betete. Da war mein Jungscharleiter, der mich danach als behinderten und gehandicapten Jungen zum Helfer machte und der mir weiter was von Jesu Liebe an seinem Leben ablesen ließ. Da waren drei vier Pastoren und Theologen, die mir durch ihr Leben und Glauben in Studienzweifeln und in tiefen Anfechtungen mein Leben und meinen Glauben halfen wiederzufinden, nicht weil sie 150%-Christen waren, sondern weil sie gerade (wie da im Text) krumme Zeilen waren, auf deren Leben Gott gerade was geschrieben hatte, was sich auch mir unverlierbar einprägte. Und das gilt bis heute: Wo alle Welt keine Bibel mehr liest und versteht, da braucht’s zuerst Menschen, die an andern wie in einem Liebesbrief neu was von Jesus lesen. Gott schenke, dass wir nicht rot werden uns nicht schämen, wenn andere an uns ablesen wie in einem Liebesbrief, dass er auf krummen Zeilen gerade schreibt, bis heute. Wohl dem von uns, der andere hat, an denen er ablesen kann, heute, was Gottes Liebe heißt. Wohl dem von uns, der andere abgucken lässt am eignen Leben, dass Christus es ist, der in meinem Leben entzifferbar ist. Und gebe Gott selbst 14jährigen hier, dass sie entdecken, dass die Bibel eigentlich ein Liebesbrief ist und das mit Jesus eine Liebesgeschichte und sonst nichts.  Amen.                       



Lied EG 171, Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott, 1-2


Glaubensbekenntnis


Ankündigung des Dankopfers


Lied EG 395, Vertraut den neuen Wegen, 1-3


Abkündigungen von Amtshandlungen


Fürbittengebet: Herr Jesus Christus, wenn du uns frei machst, sind wir recht frei. Und wo dein Geist ist, da ist Freiheit. Du kannst uns die Augen öffnen, von deiner Liebe was zu erkennen. Du kannst uns Vertrauen zurückschenken, dass wir, wie gehört, echtes Gottvertrauen haben.

Du weißt, wie oft wir als Christen, als deine Kirche, als deine Gemeinde nicht lebendig und nicht glaubwürdig genug deine Zeugen sind, dass man so oft vom Liebesbrief Gottes in unserm Leben gar nichts entziffern kann. Du weißt, wie oft in der Gemeinde Routine, Tradition und Langeweile das Feld bei uns beherrschen und bei uns nichts mehr ausstrahlt von dem, was du uns schenkst.
Erneuere du da deine Kirche und fang bei uns damit an und bei mir.
Herr, wir denken an viel Hass, Gewalt und Unfreiheit, an viel Verrücktheit, die es auf der Welt gibt, und wir bringen dir auch unsere Sorgen: Wehre du den Sekten und den Verführern und wehre du allen Anfängen von Rassismus und Fremdenhass bei uns, steh du selbst den Opfern bei und lass uns da auf deiner Seite sein.
Lass überall auch in sozialen und politischen Fragen Christen zu Friedensstiftern werden. Und alles was wir sonst noch für die Zukunft unserer Kinder und deiner Gemeinde und unserer Welt auf dem Herzen haben, fassen wir, Herr Jesus, in deinem Gebet zusammen: Vater unser...

Segen

Lied EG 171, Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott, 3-4


Orgelnachspiel



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