Gottesdienst am 16. So. nach Trin., 15. September 2002, in Medebach (mit der Taufe des kleinen Jan Mika D.)
Predigt: Hebräer 10, 35-36 und 39

 Orgelvorspiel, Begrüßung und Abkündigungen:
Liebe Gemeinde in Medebach, wir grüßen uns an diesem 16. Sonntag nach Trin. mit dem Wochenspruch dieser Woche: Christus Jesus hat dem Tode die Macht genommen und Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht durch das Evangelium. (2. Tim 1,10). Und wir grüßen uns mit einem andern Bibelvers aus Hebr. 10, 35, der der erste Satz des Predigttextes heute ist und der Taufspruch des kleinen Jan Mika Damitsch ist, den wir heute taufen wollen: Darum werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat. ...

Eingangslied: Gott des Himmels und der Erden, eg 445, 1-5
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Hl. Geistes/Amen
Unsere Hilfe.../ der Himmel uns Erde gemacht hat.
Der Herr sei mit Euch / und mit deinem Geiste.

Lasst uns beten:
  Herr, wir bekennen Dir: wir haben dich oft vergessen und aus unserm Leben ausgestrichen. Wir haben unsere eigenen Wege gesucht - so oft ohne dich, und wir gingen damit an den Menschen neben uns und am Sinn des Lebens vorbei. Wir bekennen Dir: Unsere Zweifel und unsere Lebenswunden und all unsere Fragen und Sorgen überwucherten oft unseren Glauben und erstickten ihn. Lass uns diesen Tauftag als Tag des Neuwerdens erleben. Herr, erbarme dich.

Gemeinde:
Der allmächtige Gott erbarme sich unser, er vergebe uns unsere Sünden und führe uns zum ewigen Leben. Amen.

Zuspruch: Gottes Wort sagt uns: Wenn wir ihm unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns unsere Sünden vergibt und uns heilt zu neuem Leben. 

(Erheben:) Wir hören an diesem Tauftag aus Psalm 27: Der Herr ist mein Licht, vor wen sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft, vor wem sollte mir grauen? Wenn die Übeltäter an mich wollen, um mich zu verschlingen, meine Widersacher und Feinde, sollen sie selber straucheln und fallen. Wenn sich auch ein Heer wider mich lagert, so fürchtet sich dennoch mein Herz nicht; wenn sich Krieg wider mich erhebt, so verlasse ich mich auf ihn. Eines bitte ich vom HERRN, das hätte ich gerne: dass ich  im Hause des HERRN bleiben könne mein Leben lang, zu schauen die schönen Gottesdienste des HERRN und seinen Tempel zu betrachten. Denn er deckt mich in seiner Hütte zur bösen Zeit, er birgt mich im Schutz seines Zeltes und erhöht mich auf einen Felsen. Und nun erhebt sich mein Haupt über meine Feinde, die um mich her sind; darum will ich Lob opfern in seinem Zelt, ich will singen und Lob sagen dem HERRN. HERR, höre meine Stimme, wenn ich rufe; sei mir gnädig und erhöre mich! Mein Herz hält dir vor dein Wort: "Ihr sollt mein Antlitz suchen." Darum suche ich auch, HERR, dein Antlitz. Kommt, lasset uns anbeten!
Ehr sei dem Vater...

Kyrie

Ehre sei Gott in der Höhe...

Gebet: Ich bitte dich für diesen kleinen Jungen Jan-Mika und für uns alle, Herr Jesus Christus: Lass uns offen werden für dich, rede so zu uns, dass wir dich hören. Und ich bitte für diesen Gottesdienst und diesen Sonntag für uns alle, wie wir es eben gesungen haben: Führe uns, o Herr und leite unsern Gang nach deinem Wort. Sei und bleibe du auch heute uns Beschützer und auch Hort. Nirgends als bei dir allein könn' wir recht bewahret sein. Wir rechnen mit Dir, Herr Jesus Christus, der du in der Einheit mit dem Vater und dem Hl. Geiste lebst und regierst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Lesung der Epistel des 16. Sonntags nach Trin.: 2. Tim 1, 7-10                                   
Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. Darum  schäme dich nicht des Zeugnisses von unserm Herrn noch meiner, der ich sein Gefangener bin, sondern leide mit mir für das Evangelium in der Kraft Gottes. Er hat uns selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf,  nicht nach unsern Werken, sondern nach seinem Ratschluss und nach der Gnade, die uns gegeben ist in Christus Jesus vor der Zeit der Welt, jetzt aber offenbart ist durch die Erscheinung unseres Heilands Christus Jesus,  der dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat durch das Evangelium. Halleluja! (gesungenes Halleluja...)

Lied zur Taufe: Danke, eg 334, 1-6

Taufbegrüßung, Taufbefehl und Kinderevangelium: Liebe Gemeinde, im heutigen Gottesdienst soll Jan Mika Damitsch die heilige Taufe empfangen. Unser besonderer Gruß gilt diesem kleinen Jungen, unserm Täufling, und allen hier, die zu ihm gehören und ihn besonders lieb haben.
Die christliche Kirche tauft nach dem Willen unseres Herrn Jesus Christus und im Vertrauen auf seine Verheißung. So steht geschrieben im Evangelium nach Matthäus:
 Unser Herr Jesus Christus spricht: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker. Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. (Matthäus 18,18-20)
Jesus hat auch die Kinder zu sich gerufen. Im Evangelium nach Markus heißt es:
Und sie brachten Kinder zu ihm, damit er sie anrühre. Die Jünger Aber fuhren sie an. Als es aber Jesus sah, wurde er unwillig und sprach zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solchen gehört das Reich Gottes.
Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Und er herzte sie und legte die Hände auf sie und segnete sie. (Markus 10,13-16)

Wir beten: Gott, unser lieber Vater. Du schenkst uns durch die Taufe neues, unvergängliches Leben: verborgen vor unseren Augen, aber offen vor den deinen, unscheinbar für uns, aber voller Glanz bei dir. Da bringen wir nun dieses Kind zu dir, dass es unvergängliches Leben empfange. Schenke es ihm und hilf ihm, es zu bewahren. Das bitten wir durch Jesus Christus. Er ist der Weg und die Wahrheit und das Leben in Ewigkeit. Amen.

Taufverkündigung: Liebe Gemeinde, was wir wert sind, sehen wir an der Taufe. Die Taufe ist ein Zeichen für den Weg, den Jesus gegangen ist: Er ging in den Tod und aus dem Tod ins Leben. das Wasser bedeutet den Tod. Wer aus dem Wasser gerettet wird, der lebt. An der Taufe erfahren wir, dass wir von Gott nicht geschaffen sind, um zu sterben, sondern um zu leben. Die Taufe gibt uns die Gewissheit, dass wir Gottes mündige Kinder und freie Menschen sind, Menschen mit dem ganz großen Vertrauen, die zu ihm sagen dürfen: Lieber Vater!
Die Taufe zeigt den unendlichen Wert, den wir für Gott haben. Wir brauchen uns nicht zu überschätzen und nicht an uns selbst zu verzweifeln. Wir können uns selbst bejahen, weil Gott uns bejaht und zu uns steht.
Wir taufen Kinder. Das zeigt hier: Gottes Liebe zu uns hängt nicht von unserer Einsicht und Leistung, von unserer Mühe und unserem Glauben ab. Wir befehlen diesen kleinen Jungen ganz und gar Jesus Christus an, der sein Herr ist und werden soll, der bei ihm bleiben will alle Tage bis ans Ende, wir befehlen ihn Gott an, der ihn geschaffen hat und dem Jan Mika gehören soll, wir befehlen ihn der Kraft des heiligen Geistes an, die ihn mit allen, die Christen sind, verbindet und in seine Zukunft führt.

Lasst uns zu diesem dreieinigen Gott uns bekennen mit den Worten des apostolischen Glaubensbekenntnisses:
Apostolisches Glaubensbekenntnis mit Anrede und Verpflichtung:
Liebe Eltern und Paten, ich frage euch: Wollt ihr, dass euer Kind getauft wird, so antwortet: Ja, mit Gottes Hilfe.
Wollt ihr versprechen, dass ihr Jan Mika  nach bestem Vermögen im christlichen Glauben erzieht und ihm nach bestem Vermögen den Weg weist zu einem Leben als Christ, so antwortet: Ja, mit Gottes Hilfe.
Gott stärke euch für diese Aufgabe.
Pfarrer geht zum Taufstein und gießt das Wasser ein

Taufe:  Welchen Namen hat das Kind?
Jan Mika, ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Taufvotum mit Handauflegung: Der allmächtige Gott und Vater stärke dich durch seinen Heiligen Geist. Er erhalte dich in der Gemeinde Jesu Christi und bewahre dich zum ewigen Leben.

 Taufspruch: Dein Taufspruch lautet: Werft euer Vertrauen nicht weg; denn eine große Belohnung wartet auf euch, wenn ihr treu bleibt. Ihr müsst standhaft bleiben und tun, was Gott will. Nur dann bekommt ihr, was er versprochen hat. (Hebr. 10, 35+36; "Gute Nachricht") Nimm hin das Zeichen des Kreuzes. Du gehörst Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen.
(Kreuzeszeichen an Stirn und Kreuz umhängen)

Taufkerze an Altarkerze entzünden und auf Altar brennend stehen lassen
Christus spricht: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.
Diese brennende Kerze ist das Zeichen dafür, dass Christus nun für Jan Mika das Licht des Lebens ist.

Eingliederung und Segen: Liebe Gemeinde, wir haben dieses Kind getauft. Nun ist er bestimmt, ein Glied am Leibe Christi zu sein und zu werden, und er gehört damit zu seiner Kirche. Mit uns ist es berufen zum Zeugen des Evangeliums in der Welt.
Wir heißen Jan Mika willkommen in dieser Gemeinde und wünschen ihm, dass ihr unsere Gemeinschaft zum Segen wird. Als Zeuginnen und Zeugen seiner Taufe wollen wir das Unsere dazu beitragen.
Euch alle in der Gemeinde bitte ich: Nehmt euch dieses Kindes an. Schenkt ihm eure Zuwendung und Liebe. Bleibt offen für das Suchen und die Unruhe junger Menschen. Seid stets aufs Neue bereit, sie zu verstehen. Tragt dazu bei, dass die Kirche in unserer Stadt und überall ein bewohnbares Haus sei, ein Ort der Gemeinschaft für alle Menschen.

Zum Schluss danken wir Gott für das Kind, das er euch geschenkt hat, und bitten ihn um seinen Segen für euch als Eltern und Paten.
Der Segen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes komme über euch und bleibe bei euch jetzt und immerdar. Amen.
Lied vor der Predigt, das von der Taufe auf die Predigt hinführt: eg 211, 1-5


Predigt Hebräer 10, 35, 36 und 39

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und unserm Herrn Jesus Christus. Amen.


Wir hören den heute am 16. Sonntag nach Trinitatis in unseren Kirchen vorgeschriebenen Predigttext, der überall in den Kirchen jetzt gelesen und gepredigt wird. Er stammt aus dem Hebräerbrief, es ist ein ganz kleiner Abschnitt aus Hebräer 10, dort die Verse 35, 36 und 39:

35 Darum werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat. 36 Geduld aber habt ihr nötig, damit ihr den Willen Gottes tut und das Verheißene empfangt.  39 Wir aber sind nicht von denen, die zurückweichen und verdammt werden, sondern von denen, die glauben und die Seele erretten. --- Ich lese zum Einprägen den Abschnitt aus Hebr. 10 noch einmal: Lesung V. 35, 36 und 39 wiederholen...

Wir beten: Herr, lass uns dein Wort hören und bewahren, damit wir deinem Willen gemäß denken, handeln und leben. Amen.

Liebe Gemeinde hier in Medebach, liebe Tauffamilie, wollte man unsere Zeit mit der Art, wie wir mit den Dingen umgehen, in einem Wort kennzeichnen, so wäre es das Wort "Wegwerfgesellschaft". Und Wegwerfgesellschaft (- da sag ich natürlich keinem hier was Neues!), das heißt: Alles ist ersetzbar. Was nicht mehr gebraucht wird, kommt auf den Müll und kann mit Geld durch Neues ersetzt werden - nichts ist wirklich mehr etwas wert. Genau so geht man mit Dingen um, aber in unserer Leistungsgesellschaft leider Gottes eben auch mit Menschen: "Wegwerfgesellschaft".

Da gibt's keine Werte mehr. Nur ab und zu - in Verlustanzeigen der Tageszeitung, freilich, da liest man's. Von der Medebacher Zeitung, von der Westfalenpost hier,  hab ich da kein Beispiel, weil ich die noch nie gelesen hab, aber neulich bei uns im Iserlohner Kreisanzeiger da las man die kleine anzeige: "Wertvolles Armband auf dem oberen Teil der Hauptstr. verloren, Andenken, das unersetzbar ist. Der ehrliche Finder und Wiederbringer erhält Belohnung".

In unserm Text aus Hebräer 10 geht's um beides, liebe Gemeinde, ums Wegwerfen und um die Belohnung, und auch um etwas, das unersetzlich wertvoll ist, wenn es da im Taufspruch des kleinen Jungen heißt: Werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat!

Wohlgemerkt: Nicht der Wiederbringer erhält da also die Belohnung, sondern der, der gar nicht erst wegwirft - diesen  Wert, der da im griechischen Urtext "parrhesia" heißt und im Deutschen von Luther mit Vertrauen übersetzt wurde.

Und liebe Gemeinde, da wird's spannend, wenn man kritisch über "Vertrauen" nachdenkt in unserer Zeit! Ja, da muss ich noch nicht mal ein bewusster Christ zu sein, um zu merken, dass bei allem Wertewandel und allem Werteverlust in unserer Gesellschaft "Vertrauen" das ist, mit dem alles im Leben steht und fällt. Ja "Vertrauen" ist das, worum sich ein Leben mit Sinn dreht: Wo Vertrauen wie Wegwerfware behandelt wird, da wird das Leben zu einem Trümmerhaufen. Und wo ein Mensch kein Vertrauen mehr hat zum Leben, kein Vertrauen erfährt im Leben, da ist er kaputt. Schon bei den kleinen Kindern wie an unserm Täufling kann man sich das klarmachen:

Wo ein Kind im Alter von eins bis drei - wo so ein Würmchen wie unser kleiner Jan Mika da, nicht angenommen würde von den Eltern, wo da das "Urvertrauen" fehlen bleibt, wie die Entwicklungspsychologen sagen, da hat es eine schreckliche Schramme für das ganze Leben. Und so geht es den Erwachsenen noch: ich brauche eine verlässliche Umwelt, Leute, die mit mir reden und auf die ich bauen kann, wenn das nicht ist, dann ist alles kaputt. Wo etwa in der Partnerschaft und unter Verheirateten, das Vertrauen nicht mehr da ist, da wird die Ehe zur Hölle.

Ja, viel radikaler noch: Ich muss jeden Augenblick meines Lebens - nicht nur bei Menschen, auch bei Dingen - ungeheuer viel Vertrauen investieren, auch wenn ich mir das gar nicht klarmache. Wenn ich an einem Haus vorbeigehe, vertraue ich darauf, dass der Dachdecker so gut gearbeitet hat, dass mir kein Ziegel auf den Kopf fällt; wenn ich morgens Brötchen esse, vertraue ich dem Bäcker, dass das Gift in den Lebensmitteln nicht die Grenze überschreitet usw. usw. An der Ampel bei Rot vertrau ich darauf, dass das Auto hält: wär' dies Vertrauen auf einmal alles nicht mehr da, würd' ich in solcher Vertrauenskrise umkommen: entweder ich würde auf der Stelle verrückt oder ich würde mich zuhause einschließen und im in Verbitterung und Verfolgungswahn enden. So verstanden ist Vertrauen wirklich das, "was die Welt im Innersten zusammenhält".

Nun kennen wir ja 1000 Krisen, nicht nur jenen schrecklichen 11. September, über den ich mit der Taufmutter sprach, 1000 Krisen, die zutiefst das Vertrauen in der Welt erschüttern - und  auch, dass man sagt: "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser."

Und die ganz Schlauen, die haben sogar Vertrauen schon wieder zu einer Ware gemacht: Bankkaufleute, Manager und Wirtschaftsbosse, Leute aus der obersten Etage, die gehen zu extra Trainings, zu psychologischen Kursen, um da zu lernen, wie man vertrauensvoll auf andere Menschen wirkt. Neulich war im Fernsehen ein schöner und zugleich erschütternder Dokumentarfilm in 3-Sat zu sehen: Gruppendynamische Übungen und tolle Tricks einer Gruppe von etwa 12 Bänkern und Top-Verkäufern, den Super-Männern der Wirtschaft, die da eingetrichtert kriegten eine Woche lang vom Verhaltenstrainer, wie man sich am besten verkauft: ein Vertrauens-Typ werden, ein richtig positiver Typ.

Es war wie eine Schauspielschule: die "Schule des positiven Denkens" in höchster Vollendung, und "positives Denken" wurde da in seiner ganzen Fragwürdigkeit und Verlogenheit als Theater entlarvt: Tritt immer mit Kleidern auf, die eine Klasse über deinem Aussehen liegen und immer mit einem Auto, das eine Klasse unter deinem Einkommen liegt, aber komm bloß nicht mit dem Kleinwagen, sonst haben die Leute kein Vertrauen zu dir. Rede immer positiv, mach den Leuten keine unnötigen Sorgen, sonst verkaufst du dich schlecht, und sie vertrauen dir nicht. Du musst dein Image aufpolieren, und mit einem geheuchelten Vertrauen kannst du am meisten absahnen. Nicht nur Manager, auch Ärzte und sogar Pastoren und kirchliche Würdenträger (ich habe ein paar von denen vor Augen) meinen manchmal, man könnte so - leichtfertig geheuchelt - mit Vertrauen, das man vorgibt und wo nicht viel hinter ist - mit "sich lieb Kind machen", für sich und seine Sache Pluspunkte machen.

Die Bibel freilich zeigt da für Christen einen ganz anderen Weg, und unser heutiger Text im Hebräerbrief zumal. Vertrauen ist da keine Wegwerfware und auch kein Produkt und keine Strategie, mit der man Pluspunkte macht: Vertrauen, jenes Vertrauen, das die Welt im Innersten zusammenhält,  diese Parrhesia, von der Hebräer 10 redet, ist da für Christen, an die dieser Brief gerichtet ist, ganz anders verankert: Werfet euer Vertrauen nicht weg, so fängt unser heutiger Text an! Und er spricht auch mitten in eine fürchterliche Vertrauenskrise hinein. Wer da 10. Kapitel im Ganzen liest, wird das erschütternd feststellen. Unmittelbar vor unserm Text hören wir davon: eine fürchterliche Anfechtungssituation, die Christen haben zu leiden, ihnen droht Tod und Verfolgung, ein Glaubensbekenntnis war damals nicht nur ein leeres Wort, sondern ein totales Wagnis. Und jene Gesellschaft war auch eine Gesellschaft, die man als Wegwerfgesellschaft bezeichnen könnte: mit dem Motto, diese unbequeme Gesellschaft der Christusverehrer, die Christen, sind wegzuwerfen und haben möglichst schnell auf dem Müll der Vergessenheit zu landen. Es war gegen Ende des ersten Jahrhunderts die Zeit der herannahenden Christenverfolgung, von höchster Stelle verordnet im Römischen Reich.

Und der Apostel - wir kennen ja den Namen des Schreibers jenes Briefes an die Hebräer nicht - der mahnt die Jesusnachfolger: Leute, haltet jetzt stand! Fallt nicht ab, werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat. Von dieser Botschaft ist der Hebräerbrief von vorn bis hinten durchzogen. Und das was manchmal als Spruch gesagt wird, wenn in unserm Leben eine kleine Katastrophe passiert, dass man dann sagt: "Ich glaub' ich fall' vom Glauben ab", das, genau das, war damals die Voraussetzung, den heutigen Briefausschnitt zu schreiben und den ganzen Brief an die Hebräer. Denn die Leute drohten, abzufallen, sie drohten, den Druck nicht mehr auszuhalten, sie drohten, das Vertrauen zu verlieren, den Glauben an den Gekreuzigten, ihn, das Ein und Alles des Glaubens, auf den Müll zu tun, als sei es dann einfacher.

Doch da hinein spricht unser Text, und er spricht - zwischen  den Zeilen - vielleicht mehr, als wir es eingangs beim ersten Hinhören vernommen haben: Er spricht von der Belohnung und von der Verheißung und vom Geduldigsein.


Da hieß es ja: welches eine große Belohnung hat. Geduld aber nötig, bis ihr das Verheißene erlangt. Liebe Gemeinde, der griechische Hörer und Leser merkt da in seiner Sprache sofort, dass da von Jesus und von Kreuzesnachfolge die Rede ist, denn dieses Wort "Geduld" heißt im griechischen Urtext "hypo-monä", das kann man auch mit drunter-bleiben übersetzen: bleibt drunter unter den euch auferlegten Balken des Kreuzes, wie Jesus, das Urbild aller Geduld, drunterblieb, bleibt geduldig drunter, schüttelt das Kreuz nicht ab, auch wenn ihr "warum" fragen müsst, wie er es tat. Setzt euer Vertrauen auf Ihn im Wissen, dass durch alles Kreuz hindurch Christen am Kreuz bleibend, an seinem großen Sieg teilhaben: dass er den Tod und unsere Abgründe und Zweifel am Ostermorgen besiegte und eine lebendige Hoffnung in die Welt brachte, die über den Tod hinaus in Gottes Ewigkeit reicht: eine Verheißung mit großer Reichweite, eine Belohnung mit Ewigkeitswert, ja: Gottvertrauen ist von ihm her, diesem Vertrauensgrund, stärker als der Tod - für die, die im Leid drohen, vom Glauben abzufallen und dennoch geduldig bei ihm bleiben.

Und ich möcht es jetzt zum Schluss viel plastischer noch sagen, um zu zeigen, was dies Vertrauen mit heute zu tun hat. Da ist eine schlichte und einfache Frau, die ist auch meine Mutter. Ich habe nämlich mehrere Mütter!! Ich meine: Mütter im Glauben. Diese hieß Elsa. Elsa war eine Frau, die fast 97 Jahre wurde und von der ich viel lernen konnte. Und die ist neulich, als ich noch in Deilinghofen war, von mir beerdigt worden. Und diese Frau Elsa hätte in ihrem langen Leben allen Grund gehabt, Gott vielfach das Vertrauen zu kündigen, denn was da vorgefallen war im Krieg, beim Verlust der Heimat im Osten, das war menschlich unerträglich: erst den 16jährigen Sohn durch einen grausamen Unfall verloren , wie man ihn nicht erzählen kann, bald darauf die Tochter als Kleinstkind dazu - eine Kinderleiche mitten auf der Flucht, und dann eine Urne mit der Asche des Kinds auf dem Bollerwagen, damit zog sie fünfhundert Kilometer weit, bis die am Ort ihrer neuen Heimat, in Deilinghofen, beigesetzt werden konnte. Ein Leben über neuneinhalb Jahrzehnte von ganz schweren Leiden gekennzeichnet, und mitten in dem: das Gottvertrauen als Beterin immer noch gestärkt erhalten und den Glaube vertieft: "Das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte", so wurde es da in der Kapelle an ihrem Sarg gepredigt, und an solche Beispiele möchte ich mich halten, wenn mir Hören und Sehen vergeht, dass ich "meine Zuversicht setze auf den Herrn, meinen Gott".

Das ist echtes Vertrauen, kein Theater, mehr als windiges "positives Denken", das ist ein Vertrauen, das durch den Tod hindurch in Gottes Ewigkeit zur Vollendung kommt, zur Freude, die bis über den Tod reicht. Schenke uns Gott etwas von solchem Vertrauen, das die Welt und unser eignes Leben im Innersten zusammenhält, schenk er solch Gottvertrauen und Bereitschaft zu beten allen in der Familie Damitsch, Schenke er, dass wir das Wichtigste, was es gibt, nicht wegwerfen. Ja, schenk er, dass wir Leute sind und werden, die vertrauen und denen man vertrauen kann, an denen auch die, die den Glauben zu verlieren drohen, Halt haben, leichter glauben zu können und schenk er, dass wir solche werden, die (wie unser letzter Vers sagt) nicht von denen sind, "die zurückweichen und verdammt werden, sondern von denen, die glauben und die Seele erretten". AMEN.

Zum Lied nach der Predigt: Etwas winzig Kleines wird was ganz Großes, daran denken wir an diesem Tauftag, wenn wir das Kind dort sehen. Kleine Ursachen - große Folgen. Und genau davon handelt auch das Lied von der Liebe, das wir jetzt singen: eg 659, 1-3: Ins Wasser fällt ein Stein... 

Fürbittengebet und Vaterunser:
Herr Jesus Christus, wenn du uns frei machst, sind wir recht frei. Und wo dein Geist ist, da ist Freiheit. Du kannst uns die Augen öffnen, von deiner Liebe was zu erkennen. Du kannst uns vertrauen zurückschenken, dass wir, wie gehört, echtes Gottvertrauen haben.
Du weißt, wie oft wir als Christen, als deine Kirche, als deine Gemeinde nicht lebendig und nicht glaubwürdig genug deine Zeugen sind, wie oft da Routine, Tradition und Langeweile das Feld bei uns beherrschen und bei uns nichts mehr ausstrahlt von dem, was du uns schenkst.
Erneuere du da deine Kirche und fang bei uns damit an und bei mir.
Dir dankend für dieses kleine Kind, das wir in deinem Namen tauften, bitten wir dich für Jan Mika und für alle uns anvertrauten Kinder, im Kindergartenalter und im Schulkindalter, bitten wir dich für die Katechumenen und Konfirmanden, für die Jugendarbeit, die hier geschieht. Schenk uns, dass wir da phantasievoll auch in der Gemeinde Menschen mit dir in Kontakt bringen und glaubwürdige Zeuginnen und Zeugen deiner Freiheit sind, schenk, dass dort Leute den Sinn des Lebens finden.
Wir bitten dich für die Familien unseres Taufkindes, dass da das Taufgelöbnis heute nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt, sondern dass die Taufe Jan Mika zum Segen wird.
Herr, wir denken an viel Hass, Gewalt und Unfreiheit, an viel Verrücktheit, die es auf der Welt gibt, und wir bringen dir auch unsere Sorgen: Wehre du den Sekten und den Verführern und wehre du allen Anfängen von Rassismus und Fremdenhass bei uns, steh du selbst den Opfern bei und lass uns da auf deiner Seite sein.
Lass überall auch in sozialen und politischen Fragen Christen zu Friedensstiftern werden. Und alles was wir sonst noch für die Zukunft unserer Kinder und deiner Gemeinde und unserer Welt auf dem Herzen haben, fassen wir, Herr Jesus, in deinem Gebet zusammen: Vater unser...

Lied eg 575: Segne und behüte uns durch deine Güte...

Schluss-Segen

Lied 576: Die Gnade...

Orgelnachspiel


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