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Da ich vor ziemlich genau 25 Jahren am 23.1.1977 ordiniert worden war, hatte ich
anstelle der neutestamentlichen Lesung heute an der Stelle vom Lesepult aus
meine alte Ordinationsrede ("Eine
christliche Legende zur Ordination") verlesen.
Nach dem folgenden Bonhoeffer-Lied vor der Predigt: Von guten Mächten (eg
652, alle Strophen, aber Str. 3 nur gelesen), folgte - entsprechend etwas kürzer
- die heutige Predigt:
Predigt zu 2. Korinther 4, 6-10
Gnade sei mit Euch uns Friede von Gott unserm
Vater und unserm Herrn Jesus Christus. Amen.
Liebe Gemeinde, den Brieftext, den Episteltext also, für
den heutigen letzten Sonntag nach Epiphanias, den haben wir wegen der
Ordinationsrede eben nicht vom Lesepult aus gehört. Ich hole das jetzt nach und
nehme den vorgeschriebenen Episteltext dieses Sonntags als Text zum Nachdenken
in dieser Predigt. Dienstag bei unserm sehr beeindruckenden Bonhoeffer-Film im
Martin-Luther-Haus, da haben wir den gleichen Text auch schon gelesen und fast
50 Leute haben ihn dort gehört und festgestellt, dass er viel mit dem Film und
dem Christen und Widerstandskämpfer Bonhoeffer zu tun hatte, und Mittwoch bei
der Frauenhilfe, da waren es noch einmal über 40 Frauen, die eine Andacht hörten
über diesen Bibeltext aus dem zweiten Korintherbrief.
So hören wir hier noch einmal diesen Text 2. Korinther 4, 6-10: Denn
Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen
hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung
zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi. Wir
haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, damit die überschwängliche
Kraft von Gott sei und nicht von uns. Wir sind von allen Seiten bedrängt, aber
wir ängstigen uns nicht. Uns ist bange, aber wir verzagen nicht. Wir leiden
Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen. Wir werden unterdrückt, aber wir
kommen nicht um. Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an unserm Leibe, damit
auch das Leben Jesu an unserm Leibe offenbar werde.
Liebe Gemeinde, was Predigttexte bedeuten, was Bibelworte
aussagen, ich finde, das kann man sich ziemlich oft so richtig erst an Menschen
klarmachen, die man kennen gelernt hat und davon etwas ausleben oder ausgelebt
haben, was da steht. So ist das auch beim heutigen Predigttext.
Und ich denke da heute an zwei Menschen, die mir selbst und nicht nur mir ganz
wichtige und prägende Leitbilder waren; ich denke an jenen Dietrich Bonhoeffer,
dessen Lied wir eben sangen und von dem wir am Dienstag den Spielfilm sahen, und
ich denke an Fritz Schwarz, meinen Vikarsvater und Vater im Glauben, den
ziemlich bekannten Superintendenten aus Herne, der mich vor genau 25 Jahren
ordinierte und der 1985 mit 55 Jahren starb. Beide, Bonhoeffer und Schwarz,
haben viel davon ausgelebt, was Paulus selbst beschreibt im heutigen Text als
seine Erfahrung mit Jesus Christus.
Bei Paulus jedenfalls, da fängt es ganz hell an, wie ich las im Text eben. Und
"Epiphanias", das heißt ja: Erscheinung von Licht, Aufscheinen des
großen Jesuslichtes von Weihnachten, und das passt eben gut zum heutigen
letzten Sonntag nach Epiphanias, wenn Paulus da seinen Korinthern schön hell am
Anfang des Textes von der Erleuchtung was schreibt:
Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat
einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die
Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu
Christi.
Auf gut deutsch könnte man diesen Satz so zusammenfassen:
Gleichsam das Licht des ersten Tages der Schöpfung, das kommt in die Herzen von
Menschen rein, macht Menschen hell und erleuchtet sie, dass man durch solche
Menschen was erkennt von der Herrlichkeit, die Jesus im Gesicht hat. Ja, durch
Menschen soll Erleuchtung entstehen, so wie die drei Jünger das bei Jesus auf
dem Berg der Verklärung gesehen haben: ein unaussprechliches Licht, Jesuslicht,
Licht in seinem Gesicht - als der Vater da auf dem Berg in einer besonderen
Situation den Sohn verherrlichte und die drei da Zeugen wurden oben auf dem
Berg. Genauso ähnlich wie in dieser Verklärungsgeschichte, liebe Gemeinde, so
fängt's da heute ja an in unserm Text: Von der Herrlichkeit auf dem Gesicht
Jesu, da sollen Menschen was mitkriegen, so dass andere Erleuchtung erfahren und
sehen, wie wunderbar Jesus in seiner Herrlichkeit ist.
Jener Superintendent von dem ich eben sprach, Fritz Schwarz, der war der verrückteste
Christ, den ich je kennengelernt habe. Der konnte , wenn er mit mir im Stadion
war, sagen da im Ruhrgebiet bei unserm Verein, der konnte sagen, dass Fußball
die herrlichste Nebensache der Welt ist, und das sagte er mit großer
Leidenschaft, und mit noch größerer Leidenschaft konnte er sagen, direkt
daneben, dass ihm Jesus erst recht das Herrlichste auf der Welt war, und er als
Ruhrgebietsoriginal sagte das so: "Frütthemm, so sagte er immer, Frütthemm,
ist es nicht herrlich, dass wir von Jesus wissen und damit die wichtigste
Hauptsache der Welt als Auftrag haben: Jesus, der uns konkurrenzlos wichtig
ist?" Liebe Gemeinde, es gibt viel Hunderte von Menschen, viele Tausende
fast, von ganz jungen und von älteren Menschen, die da von diesem begnadeten
Prediger Fritz Schwarz und von seinen Büchern einen Anstoß kriegten zur
Erleuchtung, genau so wie Paulus es schreibt: dass durch uns entstünde die
Erleuchtung, es auch mit Jesus zu versuchen, Jesus, der herrlich und der
konkurrenzlos wichtig ist.
Und 25 Jahre Pastor und davon fast 20 Jahre Deilinghofen, in dieser ganzen großen
Zeitspanne mit allen Hochs und Tiefs, da ist mir das sehr oft nachgegangen und
hat mir auch Trost gegeben, was dieser leidenschaftliche Temperamentsbolzen
Fritz Schwarz mit seiner Rednergabe und mit seiner beißenden Kritik an
schlafenden Christen und langweiligen Pastoren damals frisch, fromm, fröhlich
und frei von Jesus gelebt und gesagt hat
So ist das mit der Erleuchtung, denke ich, von der Paulus im heutigen Text
schreibt, liebe Gemeinde. Manchmal merkt man die an Menschen, manchmal spürt
man die Menschen ab, und dann, dann haben solche Menschen etwas von dem, was nur
Jesus gibt, und was weiter muss zu andern hin, dass es da auch hell wird.
Der andere, Dietrich Bonhoeffer, der 1945 von den Nazis hingerichtete
Widerstandskämpfer, der gegen Hitler kämpfte, war auch so ein Christ - mit ähnlichem
Charisma, mit ganz starker Ausstrahlungskraft und tiefem Glaubensmut. Dienstag
haben es ganz viele in dem Bonhoeffer-Spielfilm mitbekommen, der da am Ende sehr
stark Menschen beeindruckt hatte, wie ich es sonst nur von Jugendlichen sah, die
den Film "Schindlers Liste" sahen. In dem Film da kamen an einer
Stelle Worte wieder, die bei Bonhoeffer aus seiner Haftzeit auch geschrieben
stehen:
Wer bin ich? Sie sagen mir oft, / ich träte aus meiner Zelle
/ gelassen und heiter und fest / wie ein Gutsherr aus seinem Schloss. / Wer bin
ich? Sie sagen mir oft, / ich spräche mit meinen Bewachern / frei und
freundlich und klar, / als hätte ich zu gebieten.
Und Bonhoeffer, der Gefangene, der auf viele so eine Ausstrahlungskraft hatte,
der fragt da weiter, auf die andere Seite, auf die ganz dunkele Seite seiner
Existenz sehend:
Bin ich das wirklich, was andere von mir
sagen? / Oder bin ich nur das, was ich selbst von mir weiß? / Unruhig, sehnsüchtig,
krank, wie ein Vogel im Käfig, / ringend nach Lebensatem, als würgte mir einer
die Kehle, / hungernd nach Farben, nach Blumen, nach Vogelstimmen, / dürstend
nach guten Worten, nach menschlicher Nähe, /zitternd vor Zorn über Willkür
und kleinlichste Kränkung.
Und es mündet da ein: ob es nun so oder so ist: Dein
bin ich und bleibe ich, Gott.
Genau das Gleiche, liebe Gemeinde, kommt im weiteren Verlauf unseres Textes bei
Paulus in 2. Korinther 4 auch vor: Die Erleuchtung, die da ausstrahlen soll und
auf andere übergehen, das ist nicht Heldentum eines Heiligen und
Strahlemann-Sein. Nein, es ist ein Schatz in irdenen Gefäßen, ganz anders als
es die Gegner des Paulus da im zweiten Korintherbrief vertraten: dass waren nämlich
so Strahlemänner, so hyperfromm Tuende, die meinten, wenn man Jesus hat, dann
ist man als Erleuchteter schon in höheren Sphären.
Paulus aber sagt, das ist anders rum! Immer ist es ein Schatz in einer
zerbrechlichen Hülle, ganz viel Wertvolles, aber verborgen in einer Schale, die
ganz unansehnlich ist, ganz viel Herrlichkeit - mitten unter Bündeln von Leid
und Problemen verborgen.
Schatz in irdenen Gefäßen, was das heißt, das legt sich im Leben aus. Ich
habe viele der Leiden des genannten Superintendeten Fritz Schwarz vor seinem Tod
aus der Nähe mitbekommen, nicht nur seinen immer größer werdenden Ruhm,
sondern auch persönliche Katastrophen: extreme Leiden in der Familie und fürchterliche
Krankheitsanfechtungen, auch Anfeindungen von Gegnern außen. Und gerade in dem
hat er sich nur noch tiefer an Jesus gehalten, ist sein Glaube als geprüfter
Glaube noch gereift und tiefer geworden, das strich nie den Satz durch, dass man
ihm abnahm, dass Jesus ihm das Wichtigste und Herrlichste auf der Welt war, ein
Schatz, der bei ihm ganz tief verwurzelt drin war in einem irdenen Gefäß.
Und bei Bonhoeffer nicht anders; viele sahen es da Dienstag im Film äußerst
eindrucksvoll: Todesdrohungen, Einschüchterungen und Erpressungen, da in der
Zelle - und in dem Ganzen weiß er sich bis vor dem Tod, wie wir sangen,
"von guten Mächten wunderbar geborgen"!
Man sieht ihn da, wie er in der Zelle Kontakt aufnimmt mit einem Jungen in der
Nachbarzelle, der den nächsten Tag erschossen werden soll; er spricht ihm da
durch die Zellenwand Mut zu und fragt, ob er mit dem Jungen beten soll. "Nein,
ich glaube nicht an Gott!", so die Antwort von der andern Seite - und doch
kommt's da zu einem Gebet, wo beide je von einer Zellenseite die Hände
gegeneinander halten, und Bonhoeffer betet: "In mir ist es dunkel, aber bei
dir ist das Licht..." - ein Gebet, das wie der Wärter sagt, den Jungen -
gelassen sterben ließ.
In irdenen Gefäßen, so sagt Paulus dazu, damit es Gottes Kraft ist und nicht
unsere. Und er fährt fort, Erfahrung wie die eben geschilderten aufnehmend: Wir
sind von allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen uns nicht. Uns ist bange,
aber wir verzagen nicht. Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen.
Wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um. Wir tragen allezeit das
Sterben Jesu an unserm Leibe, damit auch das Leben Jesu an unserm Leibe offenbar
werde.
Nichts anderes habe ich nötig als Pastor nach 25 Jahren und Sie genauso als
Gemeindeglied, dass man in unsern Ängsten, Leiden und Anfechtungen uns das noch
abspürt und abnimmt, dass uns dieser Jesus und kein andrer hält, dass man
selbst in unsern Leiden und in unsern Lebensproben noch was sieht von Seinem
Leben, von der Erleuchtung durch sein Licht.
Ja, dass man wie da bei Fritz Schwarz und Dietrich Bonhoeffer an uns als
Menschen, als irdenen Gefäßen, die Herrlichkeit erkennt von dem, dem wir gehören,
von dem, dessen Friede höher ist als alle Vernunft. Der bewahre unsere Herzen
und Sinne, dieser Jesus Christus. Amen.
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