Gottesdienst mit Alten-Abendmahl am 2. So. n. Trin., 25.6.01, Stephanuskirche Deilinghofen

Vom Lesepult aus Evangelienlesung für den heutigen 2. Sonntag nach Trin., Lukas 14, 15-24
Als aber einer das hörte, der mit zu Tisch saß, sprach er zu Jesus: Selig ist, der das Brot isst im Reich Gottes!
Er aber sprach zu ihm: Es war ein Mensch, der machte ein großes Abendmahl und lud viele dazu ein. Und er sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, den Geladenen zu sagen: Kommt, denn es ist alles bereit! Und sie fingen an alle nacheinander, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muss hinausgehen und ihn besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. Und der zweite sprach: Ich habe fünf Gespanne Ochsen gekauft und ich gehe jetzt hin, sie zu besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. Und der dritte sprach: Ich habe eine Frau genommen; darum kann ich nicht kommen. Und der Knecht kam zurück und sagte das seinem Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht: Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen, Verkrüppelten, Blinden und Lahmen herein. Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast; es ist aber noch Raum da. Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, dass mein Haus voll werde. Denn ich sage euch, dass keiner der Männer, die eingeladen waren, mein Abendmahl schmecken wird.

Lied vor der Predigt (Wochenlied EG Nr. 250):
1. Ich lobe dich von ganzer Seelen, / dass du auf diesem Erdenkreis / dir wollen eine Kirch erwählen / zu deines Namens Lob und Preis, / darinnen sich viel Menschen finden / in einer heiligen Gemein, / die da von allen ihren Sünden / durch Christi Blut gewaschen sein.
2. Du rufest auch noch heutzutage, / dass jedermann erscheinen soll; / man höret immer deine Klage, / dass nicht dein Haus will werden voll. / Deswegen schickst du auf die Straßen, / zu laden alle, die man find't; / du willst auch die berufen lassen, / die blind und lahm und elend sind.
Lukas 14,16-24
3. Du, Gott, hast dir aus vielen Zungen / der Völker eine Kirch gemacht, / darin dein Lob dir wird gesungen / in einer wunderschönen Pracht, / die sämtlich unter Christus stehen / als ihrem königlichen Haupt / und in Gemeinschaft dies begehen, / was jeder Christ von Herzen glaubt.
4. Wir wolln uns nicht auf Werke gründen, / weil doch kein Mensch vor Gott gerecht; / und will sich etwas Gutes finden, / so sind wir dennoch böse Knecht. / Mit Glauben müssen wir empfangen, / was Christi Leiden uns bereit'; / im Glauben müssen wir erlangen / der Seelen Heil und Seligkeit.
Röm. 3,28
5. Erhalt uns, Herr, im rechten Glauben / noch fernerhin bis an das End; / ach lass uns nicht die Schätze rauben: / dein heilig Wort und Sakrament. / Erfüll die Herzen deiner Christen / mit Gnade, Segen, Fried und Freud, / durch Liebesfeu'r sie auszurüsten / zur ungefärbten Einigkeit.

Text: Friedrich Konrad Hiller 1711
Musik: Nun saget Dank und lobt den Herren (Nr. 294)
 
 

Predigt am 2. So. nach Trin., 24. Juni 2001:

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen. Amen.


 


Liebe Gemeinde! Der heute morgen an diesem 2. Sonntag nach Trinitatis in allen Kirchen Deutschlands zu predigen vorgeschlagene Bibeltext, das sind drei Verse aus Jesaja 55, da die Verse 1 bis 3:
Wohlan,  alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch! Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und sauren Verdienst für das, was nicht satt macht? Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben. Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben!  Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben. 

„Und da tu ich hier noch paar Kilo dabei, hier noch ne ganze Staude, ja, da kuckst du Mutti, da kisse Stielaugen; ja bei Onkel Jakob, da mach’se en Schnäppchen – und dann das ganze, fast’n Zentner Bananen, nur fünf Mark! Da freut sich die Haushaltskasse, nich Mutti? Brauchse ganich so pikiert und sinnig kucken, Mutti, ich will nur dein Bestes! Ja, kauft, Leute, kauft, hier bei Jakob, Bananen, jede Menge Bananen, Jakob is’ wieder hier auffe Kirmes, Bananenjakob“.

Der Ort, wo das geschrieen wurde, war fast eine Bühne, das war so eine erhöhte Rampe an einem Riesenlaster mit Bananen, da in Crange auf der Kirmes, und der das schrie, war ein burschikoser, etwas grobschlächtiger Mann, so ein dicker mit einer großen grünen Schürze, ja, dieser Schreihals, der billige Jakob mit seinen sprichwörtlichen Bananen war eins der Originale dort in Herne-Crange auf der Cranger Kirmes, damals als ich in Herne-Wanne Vikar und Hilfsprediger war. Dicht neben dem „billigen Jakob“, da stand immer der Aalverkäufer Jan, der mit seinen superfettigen Händen da mit seinen Fischen rumhantierte: Jan, der Aalverkäufer, nicht minder ein Original, sogar ein wahrer Meister seines Fachs, denn er war vielleicht noch lauter und überzeugender als jener Jakob. Jan hatte sogar einmal auf einer Weltmeisterschaft der Marktschreier die Silbermedaille gewonnen...

Und wenn Ihnen diese beiden Figuren bekannt vorkommen, Jakob und Jan, liebe Gemeinde, dann muss ich Sie loben für ein sehr gutes Gedächtnis und für große Treue beim Predigthören. Es ist ja so, dass es nach der Predigtordnung unsrer Kirche sechs Jahres-Predigtreihen gibt, und entsprechend eben im 7. Jahr dann wieder derselbe Predigttext dran ist wie im ersten Jahr. Und mir fiel gestern beim Predigtvorbereiten des heutigen Textes aus Jes. 55 eine alte Deilinghofer Predigt von 25. Juni 1995 in die Hände, und jene von mir erlebte Szene von der bekannten Cranger Kirmes, die stand da in jener alten Predigt ganz am Anfang, sicherlich eine einprägsame und charakteristische Geschichte, wie Sie alle sie sicherlich kennen – von der Kirmes oder von großen Wochenmärkten. Kennen Sie das auch? Da gehst du an so einem Marktschreierstand vorbei, und selbst wenn du gar keine Bananen magst oder Aal nicht ausstehen kannst, du bleibst unweigerlich stehen und bist fasziniert von dem Schlitzohr, das da auf seine witzige Weise rumschreit, du bist total fasziniert von dieser urtümlichen Wortgewalt, und dann – dann lässt man sich gerne überzeugen: so günstig, so billig, so einmalig krieg ich keinen Aal noch mal und auch keine Bananen...

Und erst recht wer von uns Reiseerfahrung hat in südlichen Ländern oder schon mal im Balkan (wie ich damals im früheren Jugoslawien) war und da einen Basar erlebt hat, mit den handelnden, feilschenden und ihre Waren anpreisenden Verkäufern dort, der hat was sehr Ähnliches vor Augen wie da eben geschildert.

Warum ich dies alles hier uns vor Augen führe? Ganz einfach, es ist – bei Licht besehen – das Thema da im heute gehörten vorgeschriebenen Predigttext aus Jes. 55! Wir sind da auf einem Basar im vorderen Orient, sozusagen. Und einer von diesen Marktschreiern bietet da seine konkurrenzlos günstige Ware an, die er los werden will: „Er ruft: ‚He, Leute, hört mal her und bleibt stehen! Ich hab was für euch, das braucht ihr unbedingt, konkurrenzlos günstig, sozusagen umsonst!“ Haben Sie es noch im Ohr, wie es ganz ähnlich im heute vorgeschriebenen Predigttext aus Jes. 55 anfing?
Wohlan,  alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch!

Das ist ein Text, liebe Gemeinde, aus dem zweiten Teil des Jesaja-Buches, und die Forscher sagen, das stammte aus der Zeit der Babylonischen Gefangenschaft von Gottes Volk.  Ohne Frage, das ist da wie bei der wortreichen Überzeugungskraft eines Marktschreiers im Vorderen Orient, und das ist in der leidenschaftlich werbenden Sprache solch eines Verkäufers, der uns was rüberbringen will. Und wenn ich schon sage Orient, dann darf man da ruhig auch Hitze, Dürre und Trockenheit bei assoziieren. Und der da, der da spricht in unserm Text, der hat was für Leute in der Zeit der Dürre, der hat was Erfrischendes für vertrocknende Kehlen anzubieten: Wasser, ja, Wasser und Milch, steht da – mehr noch: Er hat sogar Wein, Wein und Milch und Wasser – für vertrocknete Kehlen in dürren, kargen Zeiten, und lautstark in seinen kurzen werbenden Sätzen lädt er ein: Kommt her und kauft und esst, kommt, kommt, kommt, so tönt es da aus unserm Text werbend entgegen, und so hören wir es da: Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch an Köstlichem laben! Kommt her zu mir; höret, so werdet ihr leben!

Liebe Gemeinde, ich sagte, jener da, der wie ein Marktschreier seine Sachen los werden will und so wirbt, de hat eine konkurrenzlos großartige, eine erfrischend konkurrenzlose Ware feilzubieten: Aber das Top-Angebot ist, der absolute Knüller und das Spitzenargument dabei ist, dass es diese wunderbaren Sachen, die da angeboten werden, nicht nur billig, sondern sogar umsonst gibt, umsonst von jenem etwas merkwürdigen Anbieter, der uns im heutigen Predigttext dort entgegentönt; wir hörten es alle eben:
Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch! Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und sauren Verdienst für das, was nicht satt macht? Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben.

Und ich frage mich, liebe Gemeinde, ob er sich da nicht etwas übernommen hat, unser Marktschreier, wenn er die „Gesetze des Marktes“ gleichsam außer Kraft setzt, wenn er da seine Sache einfach so, völlig umsonst abgibt...

Vielleicht kennen Sie die Geschichte auch, wie da junge Leute ein Experiment machten, da an der Towerbrücke von London im Zusammenhang mit einer Wette. Sie stellten sich da hin und wollten Pfundnoten eben auch „umsonst“ unter die Leute bringen und verteilen – echte Banknoten, Geldscheine im Wert von einem Pfund – und eine geschlagene Stunde haben sie da gestanden und dies Geld umsonst angeboten, und nur ein einziger hat eine Note genommen, und ansonsten satnden sie da dann eben auch umsonst: im anderen Sinn umsonst, eben: völlig vergeblich, weil keiner der Passanten da an der Brücke an die Ernsthaftigkeit des Angebotes glaubte, und jeder dachte: In unserer Welt gibt es doch nix umsonst. „Umsonst ist der Tod,“ sagen die Leute, und pflegen da hinzuzufügen: „und der kostet das Leben“. Es gibt nichts umsonst, das ist das höchste und tiefste Glaubensbekenntnis unserer Zeit, und liebe Gemeinde, dieses durch und durch materialistische Glaubensbekenntnis hat sich ganz fest in die Seelen von uns allen eingeprägt und reingefressen. „Alles hat seinen Preis“ – „Geld regiert die Welt“ – und wie die Leitsätze da immer heißen.

Und so ein Marktschreier wie dort in Jes. 55, der erregt nichts als Misstrauen, damals wie heute: da muss doch eine Falle, ein Bluff dabei sein.

Ja, ich las da noch einmal in der alten Predigt von 1995 nach, damals hatte ich das schöne treffende Beispiel von dem Häuptling aus der Südsee eingefügt, der nach einem Europabesuch nach Hause kam, und der dann den Seinen gesagt hatte als sein Resümee: „Sprich mit einem Europäer vom Gott der Liebe, und er verzieht sein Gesicht und lächelt über deine Einfalt. Reich ihm ein blankes rundes Metall, nämlich ein Geldstück, oder ein großes schweres Papier, eine Banknote, und sogleich leuchten seine Augen, und viel Speichel tritt auf seine Lippen. Denn Geld ist seine Liebe, Geld ist seine Gottheit, da musst du zahlen für alles!“
Liebe Gemeinde, vor einer Woche auf dem Frankfurter Kirchentag dort in der Stadt der Banken und der Börse, da war dieses Thema Geld und Vergötzung des Geldes auch ein Hauptthema, und der Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat da in eine aufsehenerregende Bibelarbeit gehalten und da eingeschärft, dass es in unserer Welt bleibende Werte gibt, die nicht nur von der DM in den Euro umzurechnen sind und nicht nur an der Börse gehandelt werden.

Und unsere Kirche im Ganzen ist sehr stark aufs Geld fixiert, genau wie alle um uns rum: in dem Fall aufs knapper werdende Geld mit all den Sparzwängen, die so eine personalintensive Großinstitution hat in diesen dürren Zeiten. „Kirche mit Zukunft“, so heißt ja das große in ganz Westfalen diskutierte Reformpapier, das aber nicht halb so radikal ist wie unser Text heute, und so einladend auch nicht, denn da „bei Kirchens“ geht es andres als bei Gott bei Reformen fast immer nur ums Sparen und damit immer noch um den Mammon, um den sich alles dreht.

Es tut uns gut, hier davon einmal so weit wie eben möglich wegzugucken, mal ganz auf das zu gucken, was es geschenkt gibt, auf das, das da der lebendige Gott selbst anpreist nach Marktschreiermanier: Wenn ihr mich findet, wenn ihr mich hört und da die Ohren aufmacht, habt ihr das Wichtigste völlig umsonst! Das was euch innerlich erfrischt, das, was euch gut tut und labt, das was euch in den dürren Zeiten wahre Erfrischung bietet, hier gibt es das alles umsonst, ja, wie eine Erlösung wird das sein, wenn euer Durst gestillt wird, wenn bei mir Hungrige satt werden! Und genau in der gleichen Linie wie in Jes. 55, da hatte ER, der Einzigeine, der am Kreuz alles tat für uns, eingeladen im Wochenspruch dieser Woche: Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid: Ich erquicke euch. Und bei dem, der da erquickt, da handelt es sich um den gleichen ewigen Bund, für den da in unserm Marktschreiertext der lebendige Gott sich nicht zu schade ist, wie der „billige Jakob“ leidenschaftlich zu werben. Wie hießen doch die drei letzten Sätze unseres heutigen Textes:
Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben!  Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben.

Ein Bund ohne Verfallsdatum, das ist da gemeint, etwas was völlig umsonst ist, was ihn aber sein Teuerstes gekostet hat, als ER, der Einzigeine, für uns am Kreuz starb.

Ja, wer sich da neu reinrufen lässt zu Jesus in diesen Bund, der braucht womöglich dann auf einmal keine Schlafmittel und Tabletten mehr, keine Suchtmittel, die man mit teurem Geld bezahlen muss, keine Beratung durch Astrologie und andere Instanzen, kein Yoga und autogenes Training, kein Selbstbewusstseinstraining und keine teuren Lebenshilfebücher mehr, weil ganz einfach das aufrichtige Gebet zu diesem lebendigen Christus mich des Sinnes des Lebens und seiner Liebe versichert und viel wirksamer hilft als alle teure Ersatzmedizin, als alle gängigen Ersatzdrogen, weil ganz einfach die Vergewisserung im Bibellesen viel tieferen Trost bietet als alles in der Welt, weil ganz einfach ein Stück Brot, heute morgen von Küster Kohlmann zurechtgeschnitten und ein Schluck Wein – recht verstanden – etwas Ähnliches ist wie die umsonst ausgegebenen Banknoten da in London an der Brücke: im Wein und im Brot, hier kostenlos angeboten, da ist in diesem Bund ohne Verfallsdatum Jesus selbst drin ganz und gar, der uns bei diesem Mahl an seinen Tod für uns erinnert und uns zu Bundesgenossen seiner Ewigkeitshoffnung zusammenschmiedet, zu Bundesgenossen, die hier nach vorn kommen dürfen und alle Erquickung von ihm erwarten können. Gewiss: schon damals kamen viele nicht zum Abendmahl, sie hatten was Besseres zu tun, wie sie meinten, und ließen den Einladenden stehen, als gäbe der ihnen Sauerbier zum Fest. Ob wir es besser verstehen jetzt – und uns einladen lassen, ganz die Seinen zu sein? Die Seinen, die ihren Hunger nach Sinn und ihren Durst nach Leben von ihm zuerst stillen lassen und von ihm aus dann die suchen, die an den Hecken und Zäunen auf Zeichen seines großzügigen Einladens durch uns warten? Und der Friede... AMEN.

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