Gottesdienst
(mit "Altenabendmahl der eingeladenen "Senioren-Geburtstagskinder" des 2. Quartals 2000)
am 1. Sonntag nach Trinitatis, 25. Juni 2000, in der Stephanuskirche Deilinghofen

Orgelvorspiel, Begrüßung und Abkündigung

Eingangslied 14 Tage nach Pfingsten das Pfingstlied eg 134 Komm, o komm, du Geist des Lebens, Str. 1-3 und 5-6

Im Namen...Unsere Hilfe

Verlasst euch auf den Herrn immerdar; denn Gott, der Herr, ist ein Fels ewiglich. Kommt, lasset uns anbeten! EHR SEI...

Sündenbekenntnis: Ja, Herr, wir wollen uns auf dich verlassen, dir vertrauen. Deshalb können wir es uns leisten, mit dir auch über unsere Schuld zu reden!
Wir bitten dich für ein gutes Gewissen - nämlich ein Gewissen, das uns aufrüttelt und unruhig macht über alles, was vor dir nicht bekannt und von dir nicht vergeben wurde.
Bewahre uns vor einem schlechten Gewissen - nämlich dem, das uns einredet, bei uns sei alles in Ordnung.
Und nun höre, was jeder die persönlich in der Stille sagen möchte: [Gebetsstille]
Herr, vergib uns auch die unbekannte und unbewusste Schuld. Herr, erbarme dich unser.

KYRIE

Gnadenzuspruch: Bekannte und bereute Schuld ist immer auch vergebene Schuld, denn so sagt die Bibel von Jesus Christus: Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und in seinen Wunden sind wir geheilt. EHRE SEI GOTT IN DER HÖHE... / ALLEIN GOTT IN DER HÖH‘ ... Der Herr sei ...

Gebet: Herr, unser Gott, du tust auch heute noch das Wunder, dass Menschen sich von dir ansprechen und freimachen lassen.
Deshalb bitten wir dich: gib deinem Wort Vollmacht; schenke dieser Stunde Segen. Fülle erstarrte Herzen mit neuem Leben. Enttäuschten und Mutlosen schenke neue Hoffnung, und die allzu sicher sich Fühlenden hole du von ihrem Sockel.
Die Freude der Fröhlichen lass ansteckend sein, die Verzagtheit der Ängstlichen wandle in neue Zuversicht.
Nimm alle falschen Erwartungen und lehre uns stattdessen, uns ganz auf dich zu verlassen, auf dich, Herr Jesus Christus, der du in der Einheit des Vaters und des Heiligen Geistes lebst und regierst von Ewigkeit zu Ewigkeit. AMEN.

Evangelienlesung: Wenn heute in der Predigt die Frage gestellt wird, was in Wahrheit teuer ist, was wirklich etwas wert ist, dann steht hier in der Lesung eine Antwort Jesu aus einem seiner Gleichnisse an allem Anfang, nämlich Matthäus 13, 44 - 46, wo Jesus sagt:

Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker. Wiederum gleicht das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte, und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie. Halleluja...

Glaubensbekenntnis

Lied vor der Predigt: Ich weiß, woran ich glaube (eg 357, 1-3 und 5-6)

Predigt über den Monatsspruch des Monats Juni 2000, 1.Korinther 7, 23

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die liebe Gottes und die Gemeinschaft des Hl. Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde, das Jahr 2000 hat Halbzeit, jetzt am letzten Sonntagsgottesdienst im Juni; und genau heute in einem halben Jahr ist Weihnachten. Für viele steht die Urlaubs- und Ferienzeit auch als Zeit einer Pause, einer "Halbzeitspause", vor der Tür. Da liegt‘s an diesem Sonntag nahe, ein wenig dies halbe Jahr Revue passieren zu lassen, besonders auch ans letzte Vierteljahr zu denken, denn viele der Senioren-Geburtstagskinder der letzten drei Monate wurden ja schriftlich für diesen Gottesdienst mit Altenabendmahl eingeladen, von denen ganz viele von Pastor Lohmann oder mir und andere von den Bezirksfrauen in den Monaten April bis Juni besucht wurden.

Ich habe hier den Gemeindebrief mitgebracht, den Deilinghofer Sommergemeindebrief 2000, der ja auch ganz viele Rückblicke auf das letzte halbe Jahr in unsrer Gemeinde enthält, und hier auf Seite 10 auf der Geburtstagsliste (die für viele der Gemeindebriefleser ganz was Wichtiges ist, wie sie mir immer sagen), da stehen da auf Seite 10 die "Seniorengeburtstagskinder vom Juni", und darunter - wie immer - der entsprechende Monatsspruch. Es ist für Juni ein ganz kleiner Satz aus nur neun Wörtern, der es aber in sich hat, und mit Bedacht habe ich mir diesen Satz ausgewählt als Predigttext für die letzte Predigt im ersten Halbjahr, die letzte Predigt auch vor meiner Urlaubspause. Der kleine Satz aus neun Wörtern, der Monatsspruch für Juni 2000, stammt vom Paulus im ersten Korintherbrief, Kapitel 7, da ist es der Vers 23, den ich hier zweimal lese:

Ihr seid teuer erkauft, werdet nicht der Menschen Knechte.

Liebe Gemeinde, zwei der neun Wörter des Textes, sind "teuer" und "erkauft". Wissen Sie, das sind super-aktuelle Wörter doch eigentlich, Sachen, um die sich viel dreht: "Kaufen" und "Teuersein"... Denn wenn es im Allgemeinen heute ums Kaufen und ums Teuersein geht, dann ist das einerseits ja fast der Volkssport Nummer eins geworden bei unseren Konsumgewohnheiten, dass überall nur das Teuerste gekauft wird, und dass in dieser Richtung sich alle einig sind, angefangen bei den Jugendlichen mit ihren Markenklamotten. Und umgedreht auch in den Gesprächen und Diskussionen: "teuer", das ist ein Reizwort, da werden die Menschen sich immer sehr schnell einig. Dass das Heizöl für den nächsten Winter bis zu 50 % teurer werden soll, das, was man da in diesen Tagen als das Neueste im Radio hören und in den Zeitungen lesen kann, das ärgert alle. Und dass der Benzinpreis längst über 2 Mark pro Liter liegt und viel zu teuer ist, da muss man auch nicht groß drum zanken, das sagen alle. Dass Krankenhausbetten pro Tag viel zu teuer sind, eben weil die Lohnkosten für das Personal immens hoch sind, dass Altenheimplätze unerschwinglich teuer geworden sind für viele, weiß jeder und klagt drüber. Und dass für die Kirche inzwischen vieles viel zu teuer geworden ist, dass da das Geld nicht mehr so da ist wie vor kurzen in den "fetten Jahren", das hat sich auch überall herumgesprochen, so viel, dass ich es manchmal gar nicht mehr hören kann - dies ewige Gerede um teuer, teuer, teuer.

Weswegen es mich nervt, dass bei diesem ewigen Kreisen um Geldfragen und Teuerungen, um Sparen und Haben und Verteilen auch in der Kirche und in unserer Gemeinde die tiefere und kritischere Frage: "Was uns etwas wert ist", "was den Christen wirklich teuer und wichtig sein sollte", ganz in den Hintergrund gedrängt wird.

Alle reden von "teuer" und "teurer" und denken dabei nur an Geld und das, was man in der Tasche hat, aber das Teuerste und Wichtigste, was es im Leben gibt, daran zu erinnern ist unmodern...

Paulus aber erinnert uns dran, wie er damals die Korinthergemeinde erinnert hat in dem kleinen Satz aus neun Wörtern:

Ihr seid teuer erkauft, werdet nicht der Menschen Knechte.

Er erinnert uns dran im gleichen 1. Korintherbrief, im gleichen 7. Kapitel, in dem er für seine Gemeinde in Korinth das "Haben" völlig relativiert und das, was der Welt etwas wert ist, ganz revolutionär umdreht, wie in einer Umwertung aller Werte: Wenn es aller Welt nur um Haben geht, sind Christen die, die "haben, als hätten sie nicht". Da heißt es im Originalton Paulus im gleichen 7. Kapitel in den Versen, die nur ein paar Sätze hinter unserm Monatsspruch stehen: Christen sind die, "die kaufen, als behielten sie es nicht; und die diese Welt gebrauchen, als brauchten sie sie nicht".

Und genau da, liebe Gemeinde komme ich zum Rückblick auf das letzte halbe Jahr in unserer Gemeindearbeit. Denn die ersten vier der neun Wörter unseres Textes, die gibt es noch woanders in Deilinghofen! Die gibt es da - nicht schwarz auf weiß, sondern weiß auf schwarz, auf einem schwarzen Tuch, mit weißer Schrift aufgestickt und unübersehbar, wie ein Denkmal oder Mahnmal, 1. Kor. 7, 23, die ersten Worte - Mensch, "denk mal", Mensch halt inne und "denk mal" sagen diese Worte da: an der Kanzel drüben in der Friedhofskapelle, wo ich in diesem Halbjahr viel öfter gepredigt habe als hier und es mir manchmal fürchterlich schwer fiel bei den Herausforderungen, die da schlimme Todesfälle mit sich brachten - da die Worte, weiß auf schwarz, die Worte aus dem Juni-Monatsspruch: Ihr seid teuer erkauft!

Ob Sie verstehen, was ich meine? Hier ist auf Seite 14 des Sommergemeindebriefes [zeigen] - eine ungewöhnlich lange Liste von Verstorbenen, von denen ich fast alle gut kannte und viele über weite Strecken auch durch Tiefen begleitete. Und da muss ich an die Frau denken, die jung sterben musste und die mir sagte: "Meine Krankheit brachte auch ein Lernen mit sich, dass Gott mich da in die Schule genommen hat und dass sich mir alle Werte umdrehten, und was früher wichtig war, ist jetzt winzig in seiner Bedeutung, und was früher ganz unscheinbar war, das ist jetzt ganz viel wert - bis hin zur Zeit, die ich ganz anders empfinde und jetzt ganz anders ausnutz‘, wenn es mir noch besser geht".

Und ohne dass ich den schlimmen Tod dieser Frau irgendwie mit schönen Worten erklärbar machen könnte, ohne dass ich ihn irgendwie schönreden will und kann, bleibt das andere bestehen, dass gerade diese Frau für mich eine unvergessliche und gewaltige Predigt gehalten hat, eine Predigt über den Text von 1. Kor. 7, 23: was es heißt, "teuer erkauft" zu sein von Christus, genau das, was Paulus da in der Tiefe meint, hat die festgehalten, und das, was da in diesem Horizont die Umwertung aller gängigen Werte war, das hat die da erfahren, so wie es in einem uralten Lied heißt: "dass uns werde klein das Kleine und das Große groß erscheine".

Und ich muss an das letzte Abendmahl denken, das ich hielt: in der Nachbarschaft von mir, bei Frau Schüler ziemlich kurz vor ihrem Tod, ganz schlicht zum Schluss nach einem Leben, das einhundertundein Jahr dauerte, ein Alter, das nie jemals ein Mensch in Deilinghofen erreichte: "Christi Blut, für dich vergossen", "Christi Leib, für dich gegeben" - und beides war da umschlossen von dem, was unser Monatsspruch meint: "Anna Schüler, du bist teuer erkauft, und gehörst im Bund jetzt und auf ewig zu ihm, der am Kreuz für dich starb und dich erkaufte mit seinem teuren Blut", und um das auszudrücken, sangen wir die kleine Strophe: "Fürchte dich nicht, denn du bist mein, ich habe dich erlöst!" Und mit ihrem feinen Lächeln bedankte sich die alte Frau sehr an jenem Abend nach dem Abendmahl - und ein paar Tage später am letzten Sonntag, da war es eine Gebetserhörung, wortwörtlich: dass sie da ganz sanft und sehr sacht aus diesem Leben entschlafen durfte, um zu einem andern Leben erweckt zu werden von dem, der sie teuer erkauft hatte.

Ja, manchmal, nach solchen Abschieden, da ist es so: dass uns der Wert und die Tiefe eines Menschenlebens und viel von dem, was mit Geld nicht zu bezahlen ist, erst dann in der Rückschau klarwird, wenn wir jemand verloren haben.

Und genau in der Richtung, liebe Gemeinde, will der Paulus uns einschärfen in jenen neun Wörtern des Monatsspruchs: Sieh doch einfach den wahren Wert schon jetzt, den Wert des Menschenlebens, den Wert, den wirklicher Glaube bietet, "teuer erkauft" - Christi Blut für dich vergossen, Christi Leib für dich gegeben. Ja, wenn alle Welt sagt: "Ist mir doch egal, dafür kann ich mir nichts kaufen", dann ist das nach den Prinzipien dieser Welt kein Wunder, kein Wunder, dass man Christus und sein Kreuz und sein Reich links liegen lässt und nur an das glaubt, was man in der Tasche hat. Aber davon können wir frei werden, frei werden in der "großen Freiheit der Kinder Gottes", wie Luther sagte: dass der Christenmensch, eben weil er an Gott und Christus gebunden ist, als freier Herr über alle Dinge dann niemanden untertan ist, genau wie es Paulus da sagt: "Werdet nicht der Menschen Knechte". Das bedeutet: Seht da zum Kreuz, wo ihr teuer erkauft wurdet, wo ihr Gott so viel wert wart, dass er Jesus, sein Ein-und-Alles, für euch gab, wo man da - an den Tiefen seiner Passion - sehen kann, in welche Tiefendimensionen Gottes Liebe reicht. Ja, wer das sieht und wahrnimmt, dem drehen sich die Werte um! Dem wird unweigerlich das Große groß und das Kleine klein; dem wird dann unweigerlich Gottes Reich, wie Jesus es sagte, eine köstliche Perle, die mehr wert ist als alles Geld der Welt, dem wird dann die Sache mit Jesus wie ein Schatz im Acker, wo man alles drangibt, um den Schatz zu haben! Und dem wird dann Jesus "der Fels, auf dem ich stehe, der diamanten ist", so wie wir es sangen in dem Lied: "Ich weiß, woran ich glaube".

Mag das ein altmodisches Lied sein, in den Ohren von denen, die immer sagen: "Glauben, dafür kann ich mir nichts kaufen". Mag es eine altmodische Ausdrucksweise sein, zu sagen: "Ich weiß, woran ich glaube", so ist doch das, was da als altmodisch abgetan wird, in Wirklichkeit das Wertvollste und Kostbarste, was es gibt! Ja, das ist sogar die Quelle von Selbstwertgefühl und von Freiheit, also von Sachen, die alle Welt doch immer gierig haben will: bei Jesus kriegt man es, das wahre Selbstwertgefühl und die wahre Freiheit: nicht mehr an Menschen glauben zu müssen, sondern an ihn, der uns teuer erkauft hat! Wohl jedem von uns gleich beim Abendmahl, der da von Jesus was mitnimmt, vom ihm was schmeckt und sieht und weiß, was wirklich was wert ist! Wohl jedem von uns, dem Jesus das Teuerste auf der Welt wird, und wer - weil er ums Teuerste weiß, nicht sparen muss, nicht sparen muss, von IHM und seiner Liebe was abzugeben, dass andere was mitkriegen davon!
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft bewahre Eure herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Zurück zu http://www.mlhweb.de/ oder zu http://www.stephanus-kirche.de/ oder zu http://www.pastoerchen.de/