Gottesdienst am 4. Sonntag nach Epiphanias (28.1.2001) in der Stephanuskirche zu Deilinghofen
(unter Mitwirkung einiger Jugendlicher aus der Konfirmandengruppe, deren aktuelles Unterrichtsthema wir heute aufnehmen)

Eingangslied: EG 577, 1-3 (Kommt herbei, singt dem Herrn...) vorher lernen und Str. 2 korrigieren: "überall ist er und hilft uns" (2x)

Wir halten diesen Gottesdienst im Namen... / Unsere Hilfe...

Eingangspsalm (Psalm 1 Nina und Lena):
Nina Lewe:
Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen noch tritt auf den Weg der Sünder noch sitzt, wo die Spötter sitzen, sondern hat Lust am Gesetz des HERRN und sinnt über seinem Gesetz Tag und Nacht!
Lena Dahl: Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht. Und was er macht, das gerät wohl.
Nina Lewe: Aber so sind die Gottlosen nicht, sondern wie Spreu, die der Wind verstreut.
Darum bestehen die Gottlosen nicht im Gericht noch die Sünder in der Gemeinde der Gerechten.
Lena Dahl: Denn der HERR kennt den Weg der Gerechten, aber der Gottlosen Weg vergeht. Kommt, lasset uns anbeten! [Ehr sei dem Vater...]

Wir bekennen unsere Schuld vor Gott: Allmächtiger Gott, barmherziger Vater! Lieber Herr Jesus Christus! Du weißt, wie es um uns steht: dass wir so oft gedankenlos in den Tag hineinleben, hektisch, voll Stress und Unruhe, daß wir vor lauter Sorgen immer nur um uns selbst kreisen und die richtige Richtung in unserm Leben verlieren. Du weißt um Anfechtungen, Nöte, um Schuld und um Trauer, um all die Dinge, die uns schwer auf dem Herzen liegen, die uns unfrei machen, all diese Sorgenberge, die sich da auftürmen. Ja, Herr, schenk uns die Gewissheit und die Erfahrung, dass du Sünde vergeben kannst und Sorgen mit uns trägst. Lass diesen Gottesdienst dazu dienen, neu nach dir zu fragen, nach dir, dem Sinn unseres Lebens, und laß uns Vergebung und dein Erbarmen erleben. Herr, erbarme dich unser!

Kyrie...

Gnadenzuspruch: Die Güte des Herrn ist’s, dass wir nicht gar aus sind. Seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu. Und seine Treue ist groß [Ehre sei Gott.../Allein Gott in... /Der Herr sei...]

Gebet: Vater im Himmel, Herr Jesus Christus, schenk, dass dieser Sonntag dein Tag uns wird, ein tag, an dem du uns was zu sagen hast durch dein Wort, ein Tag an dem du uns stärkst und neu ausrichtest im Glauben an dich. Bewahre uns vor aller Routine, vor aller falschen Tradition. Zeig du Älteren und Jüngeren hier, dass du unser Gott bist und neu werden willst und dass dieser Sonntag eine Einladung ist, dich ernstzunehmen als Nummer eins in unserm Leben. Wir preisen dich, Herr Jesus Christus, der du mit dem Vater und dem heiligen Geist lebst und regierst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

FG: Wir bleiben wegen der Länge der Lesung jetzt sitzen. Vom Lesepult hören wir hier schon die Lesung des für den heutigen Sonntag ausgewählten Predigttextes aus 2. Mose 32:

Linda Tekuttis: Als aber das Volk sah, dass Mose ausblieb und nicht wieder von dem Berge zurückkam, sammelte es sich gegen Aaron und sprach zu ihm: Auf, mach uns einen Gott, der vor uns hergehe! Denn wir wissen nicht, was diesem Mann Mose widerfahren ist, der uns aus Ägyptenland geführt hat. Aaron sprach zu ihnen: Reißet ab die goldenen Ohrringe an den Ohren eurer Frauen, eurer Söhne und eurer Töchter und bringt sie zu mir. Da riss alles Volk sich die goldenen Ohrringe von den Ohren und brachte sie zu Aaron. Und er nahm sie von ihren Händen und bildete das Gold in einer Form und machte ein gegossenes Kalb. Und sie sprachen: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat! Als das Aaron sah, baute er einen Altar vor ihm und ließ ausrufen und sprach: Morgen ist des HERRN Fest. Und sie standen früh am Morgen auf und opferten Brandopfer und brachten dazu Dankopfer dar. Danach setzte sich das Volk, um zu essen und zu trinken, und sie standen auf, um ihre Lust zu treiben.

Debby Janke: Der HERR sprach aber zu Mose: Geh, steig hinab; denn dein Volk, das du aus Ägyptenland geführt hast, hat schändlich gehandelt. Sie sind schnell von dem Wege gewichen, den ich ihnen geboten habe. Sie haben sich ein gegossenes Kalb gemacht und haben's angebetet und ihm geopfert und gesagt: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat. Und der HERR sprach zu Mose: Ich sehe, dass es ein halsstarriges Volk ist. Und nun lass mich, dass mein Zorn über sie entbrenne und sie vertilge; dafür will ich dich zum großen Volk machen. Mose aber flehte vor dem HERRN, seinem Gott, und sprach: Ach, HERR, warum will dein Zorn entbrennen über dein Volk, das du mit großer Kraft und starker Hand aus Ägyptenland geführt hast? Warum sollen die Ägypter sagen: Er hat sie zu ihrem Unglück herausgeführt, dass er sie umbrächte im Gebirge und vertilgte sie von dem Erdboden? Kehre dich ab von deinem grimmigen Zorn und lass dich des Unheils gereuen, das du über dein Volk bringen willst. Gedenke an deine Knechte Abraham, Isaak und Israel, denen du bei dir selbst geschworen und verheißen hast: Ich will eure Nachkommen mehren wie die Sterne am Himmel, und dies ganze Land, das ich verheißen habe, will ich euren Nachkommen geben, und sie sollen es besitzen für ewig. Halleluja!

Glaubensbekenntnis

Gemeinsames Lied vor der Predigt 577, 4-6: (Darin steht ja, siehe unten: "Wir erfinden neue Götter und vertrauen ihnen blind.")


Predigt 2. Mose 32, 1-6

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und unserm Herrn Jesus Christus. Amen.

"Mehr als Worte sagt ein Lied", liebe Gemeinde, das sangen wir zu Anfang – und mehr als Worte sagt natürlich auch ein Bild! Mehr als Worte sagen manchmal Bilder, besonders für Jugendliche, Bilder eines Videofilms, die wir da vor Augen hatten am Donnerstag im Unterricht. Als wir da in unserer neuen Unterrichtsreihe über die 10 Gebote ein Stück aus dem Mose-Film uns ansahen, da kriegten manche der Jugendlichen zum ersten Mal so richtig hautnah mit, wie spannend das Alte Testament über weite Strecken ist. Natürlich: ganz viele der Jugendlichen kannten in Grundzügen die Geschichte: erst Auszug aus Ägypten unter Mose, eine Befreiungsbewegung aus ägyptischer Knechtschaft und Sklaverei, dann der fast endlose 40jährige entsagungsreiche Zug des Volkes Gottes durch die Wüste, und mittendrin – am Berg Sinai der Bundesschluss, besiegelt in den 10 Geboten Gottes.

Wir lasen da aus 2. Mose 20 diese Gebote, wir verglichen sie mit der Kurzform wie sie bei Luther im Kleinen Katechismus stehen. Und gerade das erste Gebot, das ist da im Bibeltext noch genauer ausgeführt als in Luthers Katechismus. "Ich bin der Herr dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir" – und da steht in dem biblischen Text in 2. Mose 20 noch ein Zusatz dazu: Du sollst dir kein Bildnis machen noch irgend ein Gleichnis von Gott. Bete Bilder nicht an und diene ihnen nicht". Und einige der bisschen bibelkundigen Jugendlichen konnten sich drunter durchaus was vorstellen, was das heißt und bedeutet: "Das ist doch das mit dem Kalb..." So sagten sie. Und genau das sahen wir dann in dem spannenden Video von Mose...

Das erste Gebot, das steht auch heute in diesem Abendmahlsgottesdienst im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit. Und so wie die Beichte, die gleich vor dem Abendmahls folgt, ja auch immer heißt, an die 10 Gebote zu denken, so wollen wir jetzt vor der Beichte in der Predigt besonders an das erste Gebot denken, anhand der Geschichte aus 2. Mose 32, die Linda und Debby eben lasen.

Hören wir den Anfang der bekannten Geschichte jetzt noch einmal: Als aber das Volk sah, dass Mose ausblieb und nicht wieder von dem Berge zurückkam, sammelte es sich gegen Aaron und sprach zu ihm: Auf, mach uns einen Gott, der vor uns hergehe! Denn wir wissen nicht, was diesem Mann Mose widerfahren ist, der uns aus Ägyptenland geführt hat. Aaron sprach zu ihnen: Reißet ab die goldenen Ohrringe an den Ohren eurer Frauen, eurer Söhne und eurer Töchter und bringt sie zu mir. Da riss alles Volk sich die goldenen Ohrringe von den Ohren und brachte sie zu Aaron. Und er nahm sie von ihren Händen und bildete das Gold in einer Form und machte ein gegossenes Kalb. Und sie sprachen: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat! Als das Aaron sah, baute er einen Altar vor ihm und ließ ausrufen und sprach: Morgen ist des HERRN Fest. Und sie standen früh am Morgen auf und opferten Brandopfer und brachten dazu Dankopfer dar. Danach setzte sich das Volk, um zu essen und zu trinken, und sie standen auf, um ihre Lust zu treiben.

Ach ja, die uralte Geschichte vom Stierbild, vom sog. Goldenen Kalb, so werden auch Sie sagen, liebe Gemeinde, und dabei denken: uns allen bekannt, altvertraut – und ziemlich weit weg! Ist ja auch schon ziemlich lange her... Immerhin, die Umstände kennen wir alle – auch ohne Video, mindestens so gut wie meine Konfirmanden. Eben: die Wüstenwanderung, Not und Entbehrung, Angriffe und Hunger, das alles hat dies wandernde Beduinenvolk auszuhalten, die da dem Führer Mose und dessen Bruder Aaron hinterherziehen, das wandernde Gottesvolk, dem Heimat versprochen war, ein Land, wo Milch und Honig fließt, das aber zwischendrin oft total irrewird auf seinem Weg.

Und gerade jetzt, an einer ganz entscheidenden Stelle des Weges, als Mose auf den Berg hochgestiegen ist, als Gottes Bund auf dem Berg geschlossen wird, da fühlt sich das Volk, unten mit Aaron alleingelassen, in einer tiefen Krise: Wo bleibt Gott, und wo bleibt Mose? Von beiden ist nichts zu sehen; der alte Schwung ist hin, wenn da nichts zu sehen ist...

Als aber das Volk wartete, so beginnt unser Text, auf Mose, der so lange nicht vom Berg herabkam, sammelte es sich um Aaron und sprach zu ihm: Auf, mache uns einen Gott, der vor uns herziehe, denn wir wissen nicht, was Mose, der uns aus Ägypten führte, zugestoßen ist. Und Aaron, der Unterführer, der führt nicht, der gehorcht den Stimmen da aus dem Untergrund, der lässt sich verführen, ja, er verführt selber, als er, der doch Priester ist, einen Befehl erteilt, alles Gold, allen vorhandenen Schmuck zu opfern und zu sammeln, Ringe von den Fingern zu nehmen und Ohrschmuck von den Ohren. Und Aaron sammelt alles in eine Tonform, um es zu schmelzen und zu gießen. Und das vom Volk geforderte Kunstwerk, das da herauskommt, ist eben das Goldene Kalb. Wohlgemerkt: ein "Kalb" war es, man könnte auch sagen ein junger Stier, genau nach dem Geschmack des heidnischen Landes Ägypten, von wo man ja geflohen war, Ägypten, wo viele Götter verehrt wurden in Tiergestalt. Ein Stier, ausgerechnet ein Stier musste es sein, ganz genau auch nach dem religiösen Geschmack der umliegenden heidnischen Ländern, mit denen man in Kontakt gekommen war, wo eben die Stiere die Symbole heiliger Sexualität und die kultischen Sinnbilder der Fruchtbarkeit waren.

So hat Israel jetzt auch ein Götterbild, ein glänzendes goldenes Götterbild, endlich: ein Gott, den man sehen kann – in einer Zeit, wo von Mose und seinem verborgenen Gott eben nichts zu sehen ist.

Und der führende Obertheologe, der Aaron, verkündet: Alle sollen auf das Götterbild sehen – das ist dein Gott, Israel, der dich aus dem Land Ägypten herausgeführt hat! Und Aaron setzt noch einen oben drauf: Die ganze Gemeinde soll ein Fest feiern, und er ruft: Morgen ist des Herren Fest! Das wird also wohlgemerkt in Gottes Namen gesagt, liebe Gemeinde, und in Gottes Namen wird ein ganz anderes Fest gefeiert, ein Kult rund um ein Goldenes Stierbild – und es wird ein Altar gebaut, Brandopfer und Heilsopfer werden dargebracht, diesem Göttertier, und alle waren – mitten in der Wüste – bei guter Laune, sie waren gut drauf: Sie trinken und essen, wer weiß wie, und sie belustigen sich, bei diesem berühmten Tanz um das Goldene Kalb.

Diese Geschichte, die ich jetzt ziemlich ausführlich noch einmal nacherzählt habe, liebe Gemeinde, werde ich gleich auch im Kindergottesdienst den Kleineren erzählen, denn schließlich ist das ja eine Geschichte, die jedes Kind verstehen kann, die Geschichte von dem Gemeindefest in der Wüste, wo alle um ein Standbild tanzen und ihren Spaß dabei haben. Und in der Tat: Kinder hören solche uralten Geschichten gern, wenn man sie spannend erzählt und plastisch, dass man sich das Ganze vorstellen kann – und mittendrin ist in der Geschichte...

Ich vermute aber, man muss Erwachsener sein (oder mindestens ein nachdenklicher Jugendlicher von 13 oder 14...), um diese abgründige kritische Geschichte, diese Zentralgeschichte des gesamten Alten Testamentes wirklich in der Tiefe zu begreifen.

Mögen Kinder das ansehen – vielleicht – wie eine spannende märchenähnliche Erzählung, als ein "Märchen aus uralten Zeiten", so kann sie für Erwachsene, die kritisch nachdenken und selbstkritisch die Bibel auch als Spiegel sehen, sehr viel mehr bedeuten. Ich behaupte nämlich, dass der Kampf ums Goldene Kalb noch lange nicht zu Ende ist! Ja, die Geschichte von 2. Mose 32 ist sozusagen nach hinten offen – sie ist nicht abgeschlossen. Sie passiert bis heute; sie ist heute keinen Deut weniger aktuell als damals in der grauen Vorzeit – viele Jahrhunderte vor Christi Geburt.

Einige von Ihnen geben mir da vielleicht sofort Recht: Klar geht der Tanz ums Goldenen Kalb weiter! Ist doch der "Tanz um das Goldenen Kalb" in unserer Sprache geradezu eine Redensart, ein Sprichwort geworden. Wenn die Leute sagen: Unsere Gesellschaft "tanzt um das Goldene Kalb", dann denkt jeder an das Geld, das die Welt regiert, oder dann denkt jeder an das, was eine anderer bekannter Spruch so beschreibt: "am Gelde hängt, zum Gelde drängt sich alles".

Wer unsere Geschichte für heute so versteht und auf den Götzen Geld, den Götzen Mammon, bezieht, hat sicherlich nicht ganz Unrecht, und in der Tat: um den Abgott Mammon, um den Götzen Geld und Konsum tanzen wir in dieser Spaßgesellschaft bis zur Besinnungslosigkeit, im wilden Rausch des zu konsumierenden Gottes, der so viel Glanz verleiht, der goldene Gott, den man sehen kann.

Ich denke an jenes fürchterliche Taufgespräch vor mehreren Jahren in Apricke, als da ein Taufvater mich hämisch angrinste, als wolle er mich fragen: "Pfaffe, was willst du denn hier???" – und er meinte zu mir, ihn könnte man nicht bekehren, weil er nur an das glaube, was man sehen könne, und er fügte noch hämischer hinzu: "Ich glaub einzig und allein an das, was ich in der Tasche hab‘, das ist mein Glaube, einen andern brauche ich nicht!" Ich wollte seinen Gott auch mal sehen und bat ihn, mir doch mal sein Portemonaie zu zeigen, was er da in der Tasche hätte. Und vom "blöden Pfaffen" überrumpelt, zeigte er's mir, machte es offen, und siehe da, zwei 10-Markscheine waren drin und paar Mark-fuffzich in Münzen, und ich fragte, ob das als Grundlage für seine Tochter denn reiche, zumal man außer Gott doch viele andere Dinge wie Liebe und Verständnis und Gefühl doch auch nicht sehen könne. Da sei es schon bisschen primitiv nur an das zu glauben, was man sehen kann und auf der Tasche hat.

Ja, liebe Gemeinde, wenn wir in unsere Kalbsgeschichte reingucken, als kritische Erwachsene, wenn wir tief eindringen in diese Geschichte, die bis heute passiert, dann wird’s noch viel mulmiger und abgründiger. Wissen Sie, die Leute damals, die nahmen ihren Schmuck, ihre Werte und alles das, was glänzte, und sie bauten und gossen draus einen eigenen Gott, den man gut sehen konnte, mehr noch: mit dem man feiern und um den man rumtanzen konnte, genau nach dem Geschmack diverser heidnischer Fruchtbarkeitskulte: ein Stier musste es sein, und dann ging‘s beim religiösen Feiern immer im Kreis.

Kritisch reingeguckt in unsere Geschichte, ist es also gar nicht eine Geschichte bloß gegen irgendwelchen heidnischen und bisschen primitiven Taufväter oben in Apricke, die nur ans Geld denken, weil sich darum alles dreht -–und ist auch nicht nur eine Geschichte gegen irgendwelche allzu reichen Leute draußen, die nichts als Geld und Wohlleben im Kopf haben, nein, diese Geschichte ist eine "Kirchen-Geschichte", für die Gemeinde hier drinnen, für dich und für mich.

Denn der Theologe ist es, der da das große Wort führt, und der spielt dort sogar die Hauptrolle, die Hauptrolle bei diesem ach so lustigen Spiel, das "Götter-Machen" heißt. Abgründig, was Aaron macht, und seelsorgerlich raffiniert, auf eine Weise, wie es sonst nur der Teufel kann.

Nach hinterlistiger Theologenart wird der alte Gott, Gott der Befreier aus der Knechtschaft, also der Gott, der Mose damals rief, natürlich nicht einfach abgelehnt, nein: "Gott muss sein! Gottlosigkeit, Atheismus: niemals!" Aber ein ganz klein bisschen kann man ihn doch umdeuten  und modern ihn uminterpretieren – d.h. ihn sichtbar machen, ihn habhaft machen, ihn ein bisschen an den Geschmack der Leute anpassen, so dass die ein wenig zum Tanzen haben und zum Feiern, wie es Art der Heiden ist. Und Aaron trickst da rum mit Worten: Der alte Gott von Ägypten her, der soll’s schon bleiben einerseits, aber andrerseits doch ein wenig religiös modernisiert, so dass er nicht mehr wehtut – und so wird aus Gott dem Herrn Gott das Kalb, und alle freuen sich und haben was zu lachen, endlich ein sichtbarer glänzender Gott, der keinem wehtut – und während der Lebendige oben auf dem Berg seinen Bund schließt, der besiegelt ist mit den Worten: ich bin der Herr, dein Gott; du sollst keine anderen Götter haben neben mir, ist unten – höchst religiös sich gebend, der Abfall schon längst im Gange: wo die zum Bund Berufenen schon lange fremdgehen, tanzend um ein glänzendes Schmuckgott, gefertigt in Handarbeit.

Liebe Gemeinde, damals ist heute, und heute ist damals! Gibt’s nicht religiöse Feste hier in der Kirche, auch Trauungen, Taufen und manche Konfirmationen – wo den Besuchern völlig wurscht ist, ob das ein lebendiger Gott ist oder ein totes Kalb. Hauptsache, ne glänzende religiöse Feier – ob nun im Namen Jesu oder im Namen eines Kalbes, da würde mancher nicht mal einen Unterschied merken. Damals ist heute, und heute ist damals –gerade heute sind Schmuckgötter in: Neue religiöse Welle, New Age, so nennt man das ja, das Neue Zeitalter, so sagt man dazu, wo Leute superreligiös sind und esoterisch, wo man wieder massenhaft glaubt an Horoskope, Geister aus dem Jenseits und an die Sterne, und man meint, den lebendigen Befreier aus der Bibel dabei völlig außen vor lassen zu können, wo da feministische Frauen lieber es mit den Göttinnen halten und die Fruchtbarkeit anbeten oder die Natur, wo aber an einen Jesus zu glauben weithin gar nicht mehr in ist, wo da Geisterglaube aus der finstersten heidnischen Schublade und Hexenkram zur religiösen Befriedigung genossen wird – und wo die Kirche allzu oft mitflirtet wie zur Aarons Zeiten: buddhistische Zen-Meditation und östliche Mystik, bunt zusammengemischt mit bisschen aus der Bibel, kurz: haargenau wie zu Aarons Zeiten. Und wo auch heute viele den Glauben verraten und stattdessen theatermäßig Gott sichtbar inszenieren wollen – wie damals.

Doch da am Sinai beginnt der Bund auf jenem Berg mit dem Satz des ersten Gebotes, der Satz der alles einschließt: "Ich bin der Herr dein Gott", und der hinreicht bis zu dem andern Berg, zum Hügel Golgatha (von dem wir auch Donnerstag im Unterricht sprachen), wo Jesus für uns starb und sein Blut vergoss, und wo sein Tod nicht das Letzte blieb.

"Ich bin der Herr, dein Gott!" Da seh ich den gekreuzigten Jesus dort auf dem andern Berg, und an diesem Jesus vorbei ist jedes andere Götterbild Kitsch und religiöser Trug. Und der Jesus-Bund, am Kreuz besiegelt, heißt: Stell getrost deine Götterbider und Götzen in die Ecke, "auf zum fröhlichen Götzensturz!", denn: "Ich bin der Herr, dein Gott", in dessen Namen du frei sein kannst vom Gott Mammon und all den unsäglichen Kälbern, die du von dir aus anbeten zu müssen meinst.. Ja, du sollst und darfst vielmehr freiwerden und andere freimachen, weil im Sinne des ersten Gebotes nur Leben heil wird und frei, wo der lebendige Gott die Nummer eins ist und das konkurrenzlos bleibt. Der neue Bund, der Bund des neuen Testaments, der auf Golgatha geschlossen wurde, heißt: auf Jesus sehen, auf ihn, das einzige und wahre Bild Gottes, das nicht trügt, auf ihn, der freimacht von falschen Bildern von Gott, auf ihn, der sich selbst gibt, auch uns, heute und hier – in Brot und Wein. Werde er die Nummer eins bei uns, der Herr, der uns labt an seinem Tisch und freimacht vom Falschen, uns erlöst von dem Bösen. Amen.

Lied nach der Predigt ist das Wochenlied 346, 1-4 (Such, wer da will...)

Beichte und Gebet

Lied nach dem Abendmahl: EG 225, 1-3 (Kommt, sagt es allen weiter...)

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