Silvester 2001 |
Orgelvorspiel, Begrüßung und Abkündigungen
(Lesebändchen zu Lied 64, das am Anfang gemeinsam laut gebetet und später als
Lied vor der Predigt gesungen wird).
Eingangslied: Jesus soll die Losung sein, da ein neues Jahr erschienen,
eg 59, 1-6 (Das alte Jahr vergangen ist, Melodie aber Vom Himmel hoch, da komm
ich her)
Im Namen... / Unsere Hilfe...
Verse des schwäbischen Dichterpfarrers Eduard Mörike stehen hier am Anfang,
sie lauten: Vater, lenke du und wende, Herr dir in die Hände / sei Anfang und
Ende / und alles gelegt.
Jesus Christus, gestern und heute, und derselbe auch in Ewigkeit! Kommt lasset
uns anbeten!
EHR SEI DEM VATER...
Sündenbekenntnis: Du, Herr Jesus
Christus, für uns geborener, für uns gestorbener, für uns auferstandener Herr
Deiner Gemeinde, bist in deiner Treue derselbe - vor 2000 Jahren - gestern und
heute, auch heute am letzten Tag des Jahres 2001. Aber wir sind so oft treulos
unsere Wege ohne dich gegangen, auch im abgelaufenen Jahr, wir haben so oft Wege
in die Zukunft gesucht, die nichts mit Deiner Nachfolge und nichts mit Deiner
Wegbegleitung zu tun hatten, als Einzelne wie als Gemeinde, und so oft hat es da
Zielverfehlung gegeben, Schuld und Sünde, die auf uns liegt. Wir sagen es dir
jetzt in der Stille, was wir da auf dem Herzen haben - ein jeder hier für sich.
[Stille]
Danke, Herr, dass man auch die Schuld dir hinlegen kann, lass uns das ehrlich
tun. Herr, dir in die Hände sei alles gelegt, auch die Schuld! Herr, erbarme
dich unser!
KYRIE
Gnadenzuspruch: Siehe ich verkünde euch große Freude, die allem Volk
widerfahren wird, euch ist Christus geboren, der Herr. So sehr hat Gott die Welt
geliebt...
EHRE SEI GOTT IN DER HÖHE... UND AUF ERDEN FRIED...
Gebet: Wir beten gemeinsam mit den Worten
des Jochen-Klepper-Liedes Nr. 64, ich bete die Strophen 1, 3 und 5 und die
Gemeinde spricht laut gemeinsam die Strophen 2, 4 und 6:
Gem. 1. Der du die Zeit in Händen hast, / Herr, nimm auch dieses Jahres Last /
und wandle sie in Segen. / Nun von dir selbst in Jesus Christ / die Mitte fest
gewiesen ist, / führ uns dem Ziel entgegen.
FG 2. Da alles, was der Mensch beginnt, / vor seinen Augen noch zerrinnt, / sei
du selbst der Vollender. / Die Jahre, die du uns geschenkt, / wenn deine Güte
uns nicht lenkt, / veral-ten wie Gewänder.
Gem. 3. Wer ist hier, der vor dir besteht? / Der Mensch, sein Tag, sein Werk
vergeht: / nur du allein wirst bleiben. / Nur Gottes Jahr währt für und für,
/ drum kehre jeden Tag zu dir, / weil wir im Winde treiben.
FG 4. Der Mensch ahnt nichts von seiner Frist, / Du aber bleibest, der du bist,
/ in Jahren ohne Ende. / Wir fahren hin durch deinen Zorn, / und doch strömt
deiner Gnade Born / in unsre leeren Hände.
Gem 5. Und diese Gaben, Herr, allein / laß Wert und Maß der Tage sein, / die
wir in Schuld verbringen. / Nach ihnen sei die Zeit gezählt; / was wir
versäumt, was wir verfehlt, / darf nicht mehr vor dich dringen.
FG 6. Der du allein der Ewge heißt / und Anfang, Ziel und Mitte weißt / im
Fluge unsrer Zeiten: / bleib du uns gnädig zugewandt / und führe uns an deiner
Hand, / damit wir sicher schreiten. Alle: Amen. Text: Jochen Klepper 1938
Biblische Lesung am letzten Tag des alten Jahres, Jesaja 12:
Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht; denn Gott der
HERR ist meine Stärke und mein Psalm und ist mein Heil.
Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Heilsbrunnen.
Und ihr werdet sagen zu der Zeit: Danket dem HERRN, rufet an seinen Namen!
Machet kund unter den Völkern sein Tun, verkündiget, wie sein Name so hoch
ist!
Lobsinget dem HERRN, denn er hat sich herrlich bewiesen. Solches sei kund in
allen Landen!
Jauchze und rühme, du Tochter Zion; denn der Heilige Israels ist groß bei
dir!; Halleluja...
(V. 1 in der Version der Einheitsübersetzung ist der Predigttext heute)
Die Namen der im Jahr 2001 Konfirmierten verlesen; Gebet für sie.
Konfilied eg 648: Wir haben Gottes Spuren festgestellt, 1. Str.
Glaubensbekenntnis
Lied vor der Predigt: eg 65, 1-6 (Von
guten Mächten, 3 nur gelesen)
Predigt am Altjahrsabend, 31.
12.2001; Jesaja 12, 2
Die Gnade unseres Herrn Jesus
Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Hl. Geistes sei mit Euch
allen. Amen.
Liebe Gemeinde am letzten Tag des Jahres 2001,
den Predigttext der Predigt jetzt, den kann man in die Tasche stecken. Er kommt
nämlich praktischerweise dahin, wo ab morgen auch all die Euros hinkommen. Was
ich meine? Viele oder die meisten von Ihnen haben dieses kleine
Kalenderkärtchen [ zeigen!] erhalten, mit den 365 Tagen des vor uns
liegenden Jahres 2002 auf der einen Seite und dem Wort der neuen Jahreslosung
auf der anderen Seite.
Und da das wertvolle "Vorsätze für das neue Jahr" sind, die da
stehen, hebt man sich das am besten bei den Euros auf, nämlich im Portemonaie,
dann fällt immer mal wieder - denke ich - der Blick auf die Zeile, die hier
über dem Kalendarium für 2002 steht: "An jedem Sonntag ist Gottesdienst!
Ihre Ev. Kirchengemeinde", und auf der anderen Seite erst recht ein
schönes Vor-Satz für das ganze Jahr 2002, der Satz der "davor"
steht, nämlich die Jahreslosung für das Neue Jahr aus Jes. 12, 2, hier nach
der Version der Einheitsübersetzung:
Ja, Gott ist meine Rettung, ihm will ich
vertrauen und niemals verzagen.
Hier sehen wir auf dem Kärtchen mit diesem Wort, und da ist ein schönes Bild im Hintergrund: die Bibel, aus der da Licht kommt in die Dunkelheit. Dieser Satz aus Jesaja 12, der Satz der neuen Jahreslosung, soll uns jetzt leiten, wenn wir Rückblick nehmen auf die hinter uns liegenden 365 Tage und vorausschauen auf das, was kommt; so lese ich jetzt diesen Text noch einmal, der ja in der Lutherbibel hieß, wie wir schon hörten: Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht. In der Version der Einheitsübersetzung heißt das Gleiche:
Ja, Gott ist meine Rettung, ihm
will ich vertrauen und niemals verzagen.
Ja, Gott ist meine Rettung! Wie ein Jubel, wie
ein Triumph kommt's da raus, in diesem Vers der Jahreslosung! Aber Rettung, was
heißt das - Rettung durch Gott? Ich will das versuchen auszulegen und in die
Gegenwart hinein zu übersetzen an einer Geschichte, die nicht nur mich
ungeheuer beeindruckt hat:
Es war auch vor kurzem so ein Jahresrückblick, liebe Gemeinde, im Fernsehen bei
Günter Jauch - der hatte da vier Leute eingeladen, die vier Monate lang
Schlagzeilen gemacht hatten in der zweiten Hälfte des Jahres 2001.
Die vier Namen der Leute da bei Jauch, das waren Georg Taubmann, Silke
Dürrkopf, Margrit Stebner und Katrin Jelinek. Wenn Sie diese Namen nicht
kennen, dann wissen Sie gleich, was ich meine, wenn ich jetzt von ihnen
erzähle. Lange bevor sich in uns die schrecklichen Ereignisse vom 11. September
in uns eingebrannt haben, das, was an Grausamen in New York und Washington
geschah, und lange bevor dann Afghanistan so schlimm in die Schlagzeilen kam und
alle und jeder dann das Wort "Taliban" hören und lesen musste, immer
und immer wieder, da war ja schon einmal von den "Taliban" und
Afghanistan die Rede in den Nachrichten. Da hörten wir, dass eben diese vier,
die vier deutschen Mitarbeiter der christlichen Hilfsorgansation "Shelter
now" (zu deutsch: "Hilfe jetzt") von den Taliban in Afghanistan
zum Tode verurteilt worden waren, weil sie angeblich den christlichen Glauben
nach Afghanistan gebracht hätten, will sie da missioniert hätten. Und 101
Tage, mehr als drei Monate, waren diese Christen da bei den islamistischen
Schreckensherrschern gefangen unter fürchterlichen Umständen!
Noch eindrucksvoller als bei Jauch hat es der Leiter der Gruppe, Georg Taubmann
in einem anderen Interview beschrieben, was da für ihn dann nach über drei
Rettung hieß, ich darf das hier wörtlich zitieren:
"Zunächst sind wir von einem Taliban-Kommandeur in Kabul aus dem
Gefängnis in Kabul herausgeholt worden, in einen Container gepfercht und
Richtung Süden verschleppt worden. Zwei Nächte mussten wir bei großer Kälte
in verschiedenen Gefängnissen zubringen. Zuletzt waren wir in Gashni, etwa 80
Kilometer südwestlich von Kabul. Es war zehn Uhr. Wir beteten gerade - da fing
die Schießerei außerhalb des Gefängnisses an. Wir wussten nicht, was passiert
ist. Um elf Uhr stürmte eine Menschenmenge zum Gefängnis. Wir waren
überzeugt, dass unsere irdische Lebenszeit zu Ende ist und die
hereinstürmenden Leute uns umbringen. Wir ahnten nicht, dass es unsere Befreier
waren. Es hatte einen Aufstand der Bevölkerung gegen die Taliban in der Stadt
gegeben, die schlagartig und ohne großen Widerstand flüchteten. Als die
Aufständischen in unseren Raum kamen, waren sie total überrascht, hier
Ausländer zu treffen und fragten uns: 'Seid ihr von der Opposition?'. Es war
für uns wie ein Traum. Wir konnten es kaum glauben. Wir sind uns gegenseitig um
den Hals gefallen. Wir wurden von den Leuten der Nordallianz aus dem Gefängnis
geführt, draußen wurde noch geschossen".
Und derselbe Georg Taubmann, der lässt im gleichen Interview keinen Zweifel
daran, dass er das alles - wie die anderen, die das erlebten - sehr persönlich
als Glaubenserfahrung mit Jesus Christus verbindet, dass da nicht der Zufall,
sondern Gott seine Rettung war, und dass auch danach das geschundene Afghanistan
ihnen nicht egal ist, sondern dass sie da, um Glauben zu leben und um Glauben zu
wecken und Hilfe zu leisten allesamt wieder hingehen, ja dass sie dann sogar die
weitere politische Entwicklung, wie sie für Afghanistan eingetreten ist, auch
als eine Gebetserhörung ansehen.
Ja, liebe Gemeinde, eine Tür geht auf, Gefangene werden frei, und Gott ist ihre
Rettung! Nicht nur damals, in der Zeit der Bibel bei Jesaja, wo man so etwas
erfahren konnte, nicht nur danach - in der Zeit des Neuen Testaments, wo ja von
Paulus in der Apostelgeschichte was Ähnliches steht, nein, auch für die
Jetztzeit ist das verheißen, dass Menschen so etwas erleben und in aller Not
der Welt "Gottes Spuren feststellen" können, dass Jesus Gebete
erhört und die Seinen bei sich hält, bei Menschen, die sich ganz auf ihn
verlassen!
An viele solcher Geschichten muss ich denken, wo Gott mir und anderen im Kleinen
im abgelaufenen Jahr solche Erfahrungen geschenkt hat! Gott, der Herr ist meine
Rettung! Es gibt sogar den Extremfall, dass in diesem Jahr Menschen das
Traurigste erlebt haben, was man sich denken kann, den Tod eines lieben
Menschen, und die im Zusammenhang mit diesen Sterbeerlebnissen gerade von Gottes
Kraft noch was spürten, von seinem Trost, wie eine Frau, die mir das sagte:
"Bei meinem Mann ist es nicht so: Gekämpft, gehofft und doch verloren,
nein er hat geglaubt, und er ist jetzt gerettet, er ist bei ihm".
Gott, der Herr ist meine Rettung!
Das sind nicht die klugen Vorsätze, die ich mir mache, das ist anders da - in
diesem Vers aus Jesaja 12! Gott selbst schenkt die Rettung, ja, er ist das
Subjekt, er ist selber der Vorsatz, d.h. er wird die Rettung und ist die
Rettung, höchst-persönlich: er kommt als Retter zur Welt, wie es in der
schönsten Zeile von "Stille Nacht" Weihnachten hier und überall
gesungen wurde: Christ, der Retter ist da!
Gottes Liebstes, was er hatte, wurde so tief, dass es in die tiefste Nacht
unserer Existenz reinkam.
Was das heißt, dass Gott sein Liebstes gab, das Gott so tief und niedrig wurde,
das hat für Indien der zum Christentum übergetretene bekannte Verkünder der
Evangeliums Saddhu Sundar Sing mal in einer Geschichte erzählt, die ich als
zweite Rettungsgeschichte hier aus einem andern Kulturkreis erzähle; sie geht
so:
Ein König hatte einen Minister, einen sehr gebildeten Mann, der Christ wurde
und seinen Glauben vor dem ganzen Volk bekannte. Er erklärte, dass er an den
Heiland glaube, der in diese Welt gekommen sei, um sie zu erlösen von Schuld
und Tod. Dem König war das unverständlich. Denn, sagte er, wenn ich will, dass
etwas geschehen soll, dann gebiete ich meinen Dienern, und das genügt. Warum
sollte der König aller Könige selbst in diese Welt kommen?
Der König wollte den Minister wegen seiner Bekehrung zum Christusglauben
entlassen. Da er ihn aber sehr liebte, versprach er ihm Gnade, wenn er eine
Antwort auf diese Frage wüsste. Gewährt mir 24 Stunden, Majestät, und ich
will Euch antworten. Er ließ einen geschickten Schnitzkünstler holen und trug
ihm auf, eine Puppe anzufertigen und sie genau so zu kleiden wie das
zwei-jährige Kind des Königs. Am folgenden Tag machte der König im Boot eine
Spazierfahrt. Der Schnitzkünstler war angewiesen, sich am Ufer des Flusses
aufzuhalten und auf ein vereinbartes Zeichen die Puppe ins Wasser zu werfen. Der
König sah die Puppe ins Wasser fallen und in der Meinung, es sei sein Kind,
sprang er ins Wasser. Der Minister fragte ihn anschließend, warum er selbst
sein Kind habe retten wollen, wenn doch ein Wort an seine Diener genügt hätte.
Es ist das Herz des Vaters, das so handeln musste! erwiderte der König. Und der
Minister antwortete: So hat sich auch Gott nicht damit zufriedengegeben, den
Menschen nur eine Heilsbotschaft zu senden, sondern seine unendliche Liebe ließ
ihn selbst vom Himmel herab steigen, um uns zu retten...
Liebe Gemeinde, Gott hat unsere Rettung das Liebste kosten lassen, was er hatte,
und so wahr dieser Jesus alle Macht hat im Himmel und auf Erden, so wahr ist in
seinem Namen bis heute Rettung zu erfahren, für Menschen, die heute ihm
vertrauen. Das sagt uns dieses schlichte Kalenderkärtchen hier mit der
Jahreslosung auf eigene Weise!
Wer weiß, wenn es da im Portemonaie steckt neben all den Euros, die da dicht
daneben reinkommen - vielleicht wird uns das da noch mal deutlich in den
nächsten 365 Tagen, dass es Werte gibt, die nicht in Euro zu rechnen oder
umzurechnen sind.
Ein bekannter Zukunftsforscher hat das gerade heute am letzten Tag des Jahres
2001 prophezeit, wie man in einem Artikel von dpa, also der Deutschen
Presse-Agentur, lesen konnte, er hat für ganz Deutschland vorausgesagt, dass
seit September deutlich der Trend sei, sich auf andere Werte zu besinnen als nur
auf Geld und dass auch die sog. Spaßgesellschaft und bloß das Konsumieren
deutlich und im neuen Jahr verstärkt nicht mehr als einziger Sinn des Lebens
angesehen werde, und das sei eine ungeheure Herausforderung an die Kirchen und
eine Chance für die Christen.
Sei es für Christen hier so, dass wir diese Chance wahrnehmen, dass wir Glauben
leben und ihm vertrauen. So vertrauen, wie es da - fast in Form eines typischen
Vorsatzes, in unserm Text steht: Ihm will ich vertrauen und niemals verzagen.
Ja, machen wir es an unserm Platz jenen Christen von "Shelter Now"
gleich, die von IHM Rettung erfahren haben von Gott, und die dafür danken,
indem sie sich weiter in seinem Namen drum bemühen, in Afghanistan Menschen
psychisch und geistlich zu retten.
Denn das Gleiche, das kann man im Kleinen auch hier: Mutig den Glauben leben,
betend vertrauen, sich bei dem trösten der helfen kann - und diesen Trost in
Wort und Tat weitergeben, so dass andere dann auch sagen können: ihm will ich
vertrauen und niemals verzagen, und dass sie sehen und spüren: Gott ist unsere
Rettung! ER mache uns - auch jetzt bei Brot und Wein - zu Christen, zu Menschen,
denen seine Rettung etwas wert ist, so viel wert, dass sie das weitergeben.
Amen.
Liste der Deilinghofer Verstorbenen - Lied - Abendmahl - Gebet - Segen - Orgelnachspiel