Silvester 2001
Gottesdienst mit Abendmahl am Altjahrsabend,
31.12.01 in der Stephanuskirche Deilinghofen

 

Orgelvorspiel, Begrüßung und Abkündigungen (Lesebändchen zu Lied 64, das am Anfang gemeinsam laut gebetet und später als Lied vor der Predigt gesungen wird).

Eingangslied: Jesus soll die Losung sein, da ein neues Jahr erschienen, eg 59, 1-6 (Das alte Jahr vergangen ist, Melodie aber Vom Himmel hoch, da komm ich her)

Im Namen... / Unsere Hilfe...
Verse des schwäbischen Dichterpfarrers Eduard Mörike stehen hier am Anfang, sie lauten: Vater, lenke du und wende, Herr dir in die Hände / sei Anfang und Ende / und alles gelegt.
Jesus Christus, gestern und heute, und derselbe auch in Ewigkeit! Kommt lasset uns anbeten!

EHR SEI DEM VATER...

Sündenbekenntnis: Du, Herr Jesus Christus, für uns geborener, für uns gestorbener, für uns auferstandener Herr Deiner Gemeinde, bist in deiner Treue derselbe - vor 2000 Jahren - gestern und heute, auch heute am letzten Tag des Jahres 2001. Aber wir sind so oft treulos unsere Wege ohne dich gegangen, auch im abgelaufenen Jahr, wir haben so oft Wege in die Zukunft gesucht, die nichts mit Deiner Nachfolge und nichts mit Deiner Wegbegleitung zu tun hatten, als Einzelne wie als Gemeinde, und so oft hat es da Zielverfehlung gegeben, Schuld und Sünde, die auf uns liegt. Wir sagen es dir jetzt in der Stille, was wir da auf dem Herzen haben - ein jeder hier für sich.
[Stille]
Danke, Herr, dass man auch die Schuld dir hinlegen kann, lass uns das ehrlich tun. Herr, dir in die Hände sei alles gelegt, auch die Schuld! Herr, erbarme dich unser!

KYRIE


Gnadenzuspruch: Siehe ich verkünde euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird, euch ist Christus geboren, der Herr. So sehr hat Gott die Welt geliebt...
EHRE SEI GOTT IN DER HÖHE... UND AUF ERDEN FRIED...

Gebet: Wir beten gemeinsam mit den Worten des Jochen-Klepper-Liedes Nr. 64, ich bete die Strophen 1, 3 und 5 und die Gemeinde spricht laut gemeinsam die Strophen 2, 4 und 6:
Gem. 1. Der du die Zeit in Händen hast, / Herr, nimm auch dieses Jahres Last / und wandle sie in Segen. / Nun von dir selbst in Jesus Christ / die Mitte fest gewiesen ist, / führ uns dem Ziel entgegen.
FG 2. Da alles, was der Mensch beginnt, / vor seinen Augen noch zerrinnt, / sei du selbst der Vollender. / Die Jahre, die du uns geschenkt, / wenn deine Güte uns nicht lenkt, / veral-ten wie Gewänder.
Gem. 3. Wer ist hier, der vor dir besteht? / Der Mensch, sein Tag, sein Werk vergeht: / nur du allein wirst bleiben. / Nur Gottes Jahr währt für und für, / drum kehre jeden Tag zu dir, / weil wir im Winde treiben.
FG 4. Der Mensch ahnt nichts von seiner Frist, / Du aber bleibest, der du bist, / in Jahren ohne Ende. / Wir fahren hin durch deinen Zorn, / und doch strömt deiner Gnade Born / in unsre leeren Hände.
Gem 5. Und diese Gaben, Herr, allein / laß Wert und Maß der Tage sein, / die wir in Schuld verbringen. / Nach ihnen sei die Zeit gezählt; / was wir versäumt, was wir verfehlt, / darf nicht mehr vor dich dringen.
FG 6. Der du allein der Ewge heißt / und Anfang, Ziel und Mitte weißt / im Fluge unsrer Zeiten: / bleib du uns gnädig zugewandt / und führe uns an deiner Hand, / damit wir sicher schreiten. Alle: Amen. Text: Jochen Klepper 1938

Biblische Lesung am letzten Tag des alten Jahres, Jesaja 12:
Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht; denn Gott der HERR ist meine Stärke und mein Psalm und ist mein Heil.
Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Heilsbrunnen.
Und ihr werdet sagen zu der Zeit: Danket dem HERRN, rufet an seinen Namen! Machet kund unter den Völkern sein Tun, verkündiget, wie sein Name so hoch ist!
Lobsinget dem HERRN, denn er hat sich herrlich bewiesen. Solches sei kund in allen Landen!
Jauchze und rühme, du Tochter Zion; denn der Heilige Israels ist groß bei dir!; Halleluja...
(V. 1 in der Version der Einheitsübersetzung ist der Predigttext heute)

Die Namen der im Jahr 2001 Konfirmierten verlesen; Gebet für sie.

Konfilied eg 648: Wir haben Gottes Spuren festgestellt, 1. Str.

Glaubensbekenntnis

Lied vor der Predigt: eg 65, 1-6 (Von guten Mächten, 3 nur gelesen)

Predigt am Altjahrsabend, 31. 12.2001; Jesaja 12, 2

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Hl. Geistes sei mit Euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde am letzten Tag des Jahres 2001, den Predigttext der Predigt jetzt, den kann man in die Tasche stecken. Er kommt nämlich praktischerweise dahin, wo ab morgen auch all die Euros hinkommen. Was ich meine? Viele oder die meisten von Ihnen haben dieses kleine Kalenderkärtchen [ zeigen!]  erhalten, mit den 365 Tagen des vor uns liegenden Jahres 2002 auf der einen Seite und dem Wort der neuen Jahreslosung auf der anderen Seite.

Und da das wertvolle "Vorsätze für das neue Jahr" sind, die da stehen, hebt man sich das am besten bei den Euros auf, nämlich im Portemonaie, dann fällt immer mal wieder - denke ich - der Blick auf die Zeile, die hier über dem Kalendarium für 2002 steht: "An jedem Sonntag ist Gottesdienst! Ihre Ev. Kirchengemeinde", und auf der anderen Seite erst recht ein schönes Vor-Satz für das ganze Jahr 2002, der Satz der "davor" steht, nämlich die Jahreslosung für das Neue Jahr aus Jes. 12, 2, hier nach der Version der Einheitsübersetzung:


Ja, Gott ist meine Rettung, ihm will ich vertrauen und niemals verzagen.

Hier sehen wir auf dem Kärtchen mit diesem Wort, und da ist ein schönes Bild im Hintergrund: die Bibel, aus der da Licht kommt in die Dunkelheit. Dieser Satz aus Jesaja 12, der Satz der neuen Jahreslosung, soll uns jetzt leiten, wenn wir Rückblick nehmen auf die hinter uns liegenden 365 Tage und vorausschauen auf das, was kommt; so lese ich jetzt diesen Text noch einmal, der ja in der Lutherbibel hieß, wie wir schon hörten: Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht. In der Version der Einheitsübersetzung heißt das Gleiche:

Ja, Gott ist meine Rettung, ihm will ich vertrauen und niemals verzagen.

Ja, Gott ist meine Rettung! Wie ein Jubel, wie ein Triumph kommt's da raus, in diesem Vers der Jahreslosung! Aber Rettung, was heißt das - Rettung durch Gott? Ich will das versuchen auszulegen und in die Gegenwart hinein zu übersetzen an einer Geschichte, die nicht nur mich ungeheuer beeindruckt hat:

Es war auch vor kurzem so ein Jahresrückblick, liebe Gemeinde, im Fernsehen bei Günter Jauch - der hatte da vier Leute eingeladen, die vier Monate lang Schlagzeilen gemacht hatten in der zweiten Hälfte des Jahres 2001.

Die vier Namen der Leute da bei Jauch, das waren Georg Taubmann, Silke Dürrkopf, Margrit Stebner und Katrin Jelinek. Wenn Sie diese Namen nicht kennen, dann wissen Sie gleich, was ich meine, wenn ich jetzt von ihnen erzähle. Lange bevor sich in uns die schrecklichen Ereignisse vom 11. September in uns eingebrannt haben, das, was an Grausamen in New York und Washington geschah, und lange bevor dann Afghanistan so schlimm in die Schlagzeilen kam und alle und jeder dann das Wort "Taliban" hören und lesen musste, immer und immer wieder, da war ja schon einmal von den "Taliban" und Afghanistan die Rede in den Nachrichten. Da hörten wir, dass eben diese vier, die vier deutschen Mitarbeiter der christlichen Hilfsorgansation "Shelter now" (zu deutsch: "Hilfe jetzt") von den Taliban in Afghanistan zum Tode verurteilt worden waren, weil sie angeblich den christlichen Glauben nach Afghanistan gebracht hätten, will sie da missioniert hätten. Und 101 Tage, mehr als drei Monate, waren diese Christen da bei den islamistischen Schreckensherrschern gefangen unter fürchterlichen Umständen!

Noch eindrucksvoller als bei Jauch hat es der Leiter der Gruppe, Georg Taubmann in einem anderen Interview beschrieben, was da für ihn dann nach über drei Rettung hieß, ich darf das hier wörtlich zitieren:

"Zunächst sind wir von einem Taliban-Kommandeur in Kabul aus dem Gefängnis in Kabul herausgeholt worden, in einen Container gepfercht und Richtung Süden verschleppt worden. Zwei Nächte mussten wir bei großer Kälte in verschiedenen Gefängnissen zubringen. Zuletzt waren wir in Gashni, etwa 80 Kilometer südwestlich von Kabul. Es war zehn Uhr. Wir beteten gerade - da fing die Schießerei außerhalb des Gefängnisses an. Wir wussten nicht, was passiert ist. Um elf Uhr stürmte eine Menschenmenge zum Gefängnis. Wir waren überzeugt, dass unsere irdische Lebenszeit zu Ende ist und die hereinstürmenden Leute uns umbringen. Wir ahnten nicht, dass es unsere Befreier waren. Es hatte einen Aufstand der Bevölkerung gegen die Taliban in der Stadt gegeben, die schlagartig und ohne großen Widerstand flüchteten. Als die Aufständischen in unseren Raum kamen, waren sie total überrascht, hier Ausländer zu treffen und fragten uns: 'Seid ihr von der Opposition?'. Es war für uns wie ein Traum. Wir konnten es kaum glauben. Wir sind uns gegenseitig um den Hals gefallen. Wir wurden von den Leuten der Nordallianz aus dem Gefängnis geführt, draußen wurde noch geschossen".

Und derselbe Georg Taubmann, der lässt im gleichen Interview keinen Zweifel daran, dass er das alles - wie die anderen, die das erlebten - sehr persönlich als Glaubenserfahrung mit Jesus Christus verbindet, dass da nicht der Zufall, sondern Gott seine Rettung war, und dass auch danach das geschundene Afghanistan ihnen nicht egal ist, sondern dass sie da, um Glauben zu leben und um Glauben zu wecken und Hilfe zu leisten allesamt wieder hingehen, ja dass sie dann sogar die weitere politische Entwicklung, wie sie für Afghanistan eingetreten ist, auch als eine Gebetserhörung ansehen.

Ja, liebe Gemeinde, eine Tür geht auf, Gefangene werden frei, und Gott ist ihre Rettung! Nicht nur damals, in der Zeit der Bibel bei Jesaja, wo man so etwas erfahren konnte, nicht nur danach - in der Zeit des Neuen Testaments, wo ja von Paulus in der Apostelgeschichte was Ähnliches steht, nein, auch für die Jetztzeit ist das verheißen, dass Menschen so etwas erleben und in aller Not der Welt "Gottes Spuren feststellen" können, dass Jesus Gebete erhört und die Seinen bei sich hält, bei Menschen, die sich ganz auf ihn verlassen!

An viele solcher Geschichten muss ich denken, wo Gott mir und anderen im Kleinen im abgelaufenen Jahr solche Erfahrungen geschenkt hat! Gott, der Herr ist meine Rettung! Es gibt sogar den Extremfall, dass in diesem Jahr Menschen das Traurigste erlebt haben, was man sich denken kann, den Tod eines lieben Menschen, und die im Zusammenhang mit diesen Sterbeerlebnissen gerade von Gottes Kraft noch was spürten, von seinem Trost, wie eine Frau, die mir das sagte: "Bei meinem Mann ist es nicht so: Gekämpft, gehofft und doch verloren, nein er hat geglaubt, und er ist jetzt gerettet, er ist bei ihm".

Gott, der Herr ist meine Rettung!

Das sind nicht die klugen Vorsätze, die ich mir mache, das ist anders da - in diesem Vers aus Jesaja 12! Gott selbst schenkt die Rettung, ja, er ist das Subjekt, er ist selber der Vorsatz, d.h. er wird die Rettung und ist die Rettung, höchst-persönlich: er kommt als Retter zur Welt, wie es in der schönsten Zeile von "Stille Nacht" Weihnachten hier und überall gesungen wurde: Christ, der Retter ist da!

Gottes Liebstes, was er hatte, wurde so tief, dass es in die tiefste Nacht unserer Existenz reinkam.

Was das heißt, dass Gott sein Liebstes gab, das Gott so tief und niedrig wurde, das hat für Indien der zum Christentum übergetretene bekannte Verkünder der Evangeliums Saddhu Sundar Sing mal in einer Geschichte erzählt, die ich als zweite Rettungsgeschichte hier aus einem andern Kulturkreis erzähle; sie geht so:

Ein König hatte einen Minister, einen sehr gebildeten Mann, der Christ wurde und seinen Glauben vor dem ganzen Volk bekannte. Er erklärte, dass er an den Heiland glaube, der in diese Welt gekommen sei, um sie zu erlösen von Schuld und Tod. Dem König war das unverständlich. Denn, sagte er, wenn ich will, dass etwas geschehen soll, dann gebiete ich meinen Dienern, und das genügt. Warum sollte der König aller Könige selbst in diese Welt kommen?

Der König wollte den Minister wegen seiner Bekehrung zum Christusglauben entlassen. Da er ihn aber sehr liebte, versprach er ihm Gnade, wenn er eine Antwort auf diese Frage wüsste. Gewährt mir 24 Stunden, Majestät, und ich will Euch antworten. Er ließ einen geschickten Schnitzkünstler holen und trug ihm auf, eine Puppe anzufertigen und sie genau so zu kleiden wie das zwei-jährige Kind des Königs. Am folgenden Tag machte der König im Boot eine Spazierfahrt. Der Schnitzkünstler war angewiesen, sich am Ufer des Flusses aufzuhalten und auf ein vereinbartes Zeichen die Puppe ins Wasser zu werfen. Der König sah die Puppe ins Wasser fallen und in der Meinung, es sei sein Kind, sprang er ins Wasser. Der Minister fragte ihn anschließend, warum er selbst sein Kind habe retten wollen, wenn doch ein Wort an seine Diener genügt hätte. Es ist das Herz des Vaters, das so handeln musste! erwiderte der König. Und der Minister antwortete: So hat sich auch Gott nicht damit zufriedengegeben, den Menschen nur eine Heilsbotschaft zu senden, sondern seine unendliche Liebe ließ ihn selbst vom Himmel herab steigen, um uns zu retten...

Liebe Gemeinde, Gott hat unsere Rettung das Liebste kosten lassen, was er hatte, und so wahr dieser Jesus alle Macht hat im Himmel und auf Erden, so wahr ist in seinem Namen bis heute Rettung zu erfahren, für Menschen, die heute ihm vertrauen. Das sagt uns dieses schlichte Kalenderkärtchen hier mit der Jahreslosung auf eigene Weise!
Wer weiß, wenn es da im Portemonaie steckt neben all den Euros, die da dicht daneben reinkommen - vielleicht wird uns das da noch mal deutlich in den nächsten 365 Tagen, dass es Werte gibt, die nicht in Euro zu rechnen oder umzurechnen sind.

Ein bekannter Zukunftsforscher hat das gerade heute am letzten Tag des Jahres 2001 prophezeit, wie man in einem Artikel von dpa, also der Deutschen Presse-Agentur, lesen konnte, er hat für ganz Deutschland vorausgesagt, dass seit September deutlich der Trend sei, sich auf andere Werte zu besinnen als nur auf Geld und dass auch die sog. Spaßgesellschaft und bloß das Konsumieren deutlich und im neuen Jahr verstärkt nicht mehr als einziger Sinn des Lebens angesehen werde, und das sei eine ungeheure Herausforderung an die Kirchen und eine Chance für die Christen.

Sei es für Christen hier so, dass wir diese Chance wahrnehmen, dass wir Glauben leben und ihm vertrauen. So vertrauen, wie es da - fast in Form eines typischen Vorsatzes, in unserm Text steht: Ihm will ich vertrauen und niemals verzagen. Ja, machen wir es an unserm Platz jenen Christen von "Shelter Now" gleich, die von IHM Rettung erfahren haben von Gott, und die dafür danken, indem sie sich weiter in seinem Namen drum bemühen, in Afghanistan Menschen psychisch und geistlich zu retten.

Denn das Gleiche, das kann man im Kleinen auch hier: Mutig den Glauben leben, betend vertrauen, sich bei dem trösten der helfen kann - und diesen Trost in Wort und Tat weitergeben, so dass andere dann auch sagen können: ihm will ich vertrauen und niemals verzagen, und dass sie sehen und spüren: Gott ist unsere Rettung! ER mache uns - auch jetzt bei Brot und Wein - zu Christen, zu Menschen, denen seine Rettung etwas wert ist, so viel wert, dass sie das weitergeben. Amen.

Liste der Deilinghofer Verstorbenen - Lied - Abendmahl - Gebet - Segen - Orgelnachspiel

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