Beerdigungsgottesdienst Erwin Weifenbach am 25. Mai 2000
Friedhof Deilinghofen
Lieder:
nur Orgel; zu Beginn Befiehl du deine Wege (1-2 und 12) und zum Schluss Stern, auf den ich schaue (527, 1-3)

Trauerpredigt Psalm 37, 5

Gnade sei mit euch und Friede von DEM, der da IST und der da WAR und der da KOMMT: Jesus Christus. Amen.

Meine liebe Frau Weifenbach als Ehefrau des Entschlafenen, liebe Kinder und Angehörige unseres Entschlafenen, liebe Verwandte und Bekannte, liebe Trauergemeinde, die wir hier mit traurigem Herzen zusammengekommen sind in der Kapelle, um Abschied zu nehmen von Erwin Weifenbach!

Wohl niemand in Deilinghofen hatte je mit Häusern hier am Ort mehr zu tun als der Mann, um den wir hier trauern, sogar ein ganzes Viertel des Ortes wird volkstümlich nach seinem Namen genannt, und so erlaube ich mir, hier die Predigt mit der Erwähnung eines alten Hauses zu beginnen:

Im zweitältesten Deilinghofer Privathaus, das es gibt (es steht im Keunenborn!) findet sich über der Haustür seit annähernd 300 Jahren eine Hausinschrift mit dem Bibelwort, das ich hier der Predigt zugrundelege: Da liest man an dem alten Haus die uns allen geläufigen Worte aus Psalm 37, 5: Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird es wohlmachen.

Es ist das gleiche Wort, das wir eben von Paul Gerhardt im Lied hörten aus der Schreckenszeit direkt nach dem 30jährigen Kriege; es ist das gleiche Wort, das jetzt an diesem Sonntag eine 14jährige Konfirmandin hörte als Segenswort für ihr Lebenshaus, und so wie es da zum Eingang steht, soll es hier am Ausgang stehen, Psalm 37, Vers 5:

Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird es wohlmachen.

Liebe Leidtragenden, liebe Angehörige und liebe Gemeinde, hier an die Wege zu denken, auch an die Wege, die Erwin Weifenbach durch fast neuneinhalb Jahrzehnte seines Lebens ging, das ist etwas sehr Eigenes. Und Frau Weifenbach weiß, was ich da meine, wenn ich sage: Es ist sehr etwas anderes um diese Trauer hier, verglichen mit dem, was vorgestern und vorvorgestern zu bewältigen war, als da ein anderes Trauergespräch geführt wurde nach dem Tod einer 33jährigen Frau, die vier Kinder hinterlässt, von denen das Älteste sieben ist, als da vor 48 Stunden man am Waldfriedhof dann man hinter einem Sarg herging und man dicht hinter sich die Stimmen von vier kleinen Kinder und deren leises Weinen hörte, und als man da die Glocken in der Situation so vernahm, als wären es Peitschenhiebe.

Ganz in dieser Linie und zu Recht hat der Sohn gestern im Trauergespräch zum Ausdruck gebracht: hier wäre in dieser Weise zu Trauer kein Anlass, das habe man – verglichen mit solchen fürchterlichen Schicksalsschlägen – nüchtern zu sehen. Und in mehrfacher Hinsicht gilt das, was Frau Weifenbach am Telefon und im direkten Gespräch einige Male äußerte: "Eigentlich können wir nur danken, dafür, dass wir ihn solange gehabt haben, dafür, dass er nach der allerletzten so schlimmen Strecke seines Lebens dann von seinen Leiden erlöst wurde, worum wir ja sogar gebetet haben am Ende".

Ja, noch bei der ersten Konfirmation, als die zuende war, war der erste Weg dort ans Krankenbett von Erwin Weifenbach, wo er unendlich schwach schon war – und wo wir genau das beteten, seine und unsere Wege Gott anbefahlen, wie es auch in Psalm 37, 5 dort heißt. Und jeder, der - wie ich - ihn seit Weihnachten 99 öfter gesehen und besucht hat, weiß, wie rapide da die Kraft abnahm - von Monat zu Monat, und einmal, dort im Elisabeth-Hospital, da habe ich auch Tränen in seinen Augen gesehen.

Und doch, so kam es auch gestern im Gespräch im Kreis der Angehörigen zur Sprache, hatte Erwin Weifenbach bis hoch in die Neunziger seines Lebens etwas unerhört Vitales in seiner Persönlichkeit und etwas Junges, recht verstanden, vielleicht werden Sie mir zustimmen: dass ich bei in ihm jedenfalls stets mehr von dem Mann drin sah in seinem Wesen und in seiner Tatkraft und Agilität, der er um die 50 war als einen alten Mann oder als einen hochbetagten Greis.

Ja, es ist etwas Besonderes um die Wege dieses Menschen, das kann man sagen. Ich darf mir erlauben, einige Zeilen zu zitieren, die am Dienstag die Rundschau in ihrem Nachruf brachte, da steht: "Deilinghofen trauert", und darunter "Original", und es heißt da: "Das Deilinghofer Original Erwin Weifenbach ist tot. Der Maurermeister und Bauunternehmer verstarb am vergangenen Samstag im Alter von 93 Jahren. Weifenbach hatte den Ortsteil jahrelang entscheidend mitgeprägt." Und dann steht da im letzten Satz: dass er sich bis ins hohe Alter bester Gesundheit erfreute und da noch "immer für ein Spöksken zu haben" war.

Und da, liebe Gemeinde, schließe ich an, dass dieser Mann, an den wir hier so denken, im Grunde seines Herzens gar nicht drauf aus war, sich einen Namen zu machen und ein Original zu sein, auch wenn sein Name einer der bekanntesten hier im Ort ist, so scherte er sich nicht um irgendeine Imagepflege und war allzu hohen Worten über seine Peron abhold. Das gehörte zu seinem trockenen Humor, dass er solcher abgesonderten "heißen Luft", wie er dann sagte, nur mit feinem Spott begegnen konnte und es auf seine Art auf die Schippe nehmen.

Genau dem entsprechend möchte ich auch nur einige knappe Worte zu seiner Biographie und seiner Familie hier sagen. In Lasbeck wurde Erwin Weifenbach am 18.1.1907 geboren als Sohn des dortigen Sprengmeisters im Steinbruch, und sie wuchsen dort und dann in Westig in einem großen Familienkreis mit insgesamt acht Kindern auf. Allein das ist sehr kennzeichnend für den Entschlafenen, was er für Geschwister getan hat und auch für seinen Vater später, denen er immer - wo er helfen und unterstützen konnte wenn Not am Mann war - unter die Arme griff. Seine eigene Familie gründete er mit seiner Heirat im Oktober 35, den Eheleuten wurde die Tochter Inge und der Sohn Friedrich geboren, und als letzterer noch halbwüchsig war, starb die Mutter recht jung. Es war bei all dem Schweren dann ein Glück und ein Segen für alle Seiten, etwas, was er stets und bis zuletzt als ein großes Geschenk empfunden hat, dass er dann seine viele Jahre jüngere zweite Frau Gisela kennenlernte, die er vor 31 Jahre heiratete und die die Hälfte ihres bisherigen Lebens dann treu und in großer Liebe an seiner Seite war, wo von Anfang an deren beiden Kinder Jutta und Peter aus erster Ehe (nach dem Tod von deren Vater) in Erwin Weifenbach ihren sie prägenden und von ihnen geliebten Vater fanden.

Liebe Gemeinde, ich belasse es bei diesen wenigen Andeutungen, und ich weiß sehr wohl dabei, dass seine Kinder mehr von ihm hatten und fürs Leben mitbekamen, als meine Worte hier sagen, dass dann auch besonders seine sieben Enkel in ganz großer Liebe an ihrem Großvater hingen, der für sie - und dann auch fürs Urenkelkind - der beste Opa war, den sie sich vorstellen konnten, mit dem sie ungewöhnlich viel unternommen haben, bis hin zu Urlauben an der Nordsee, bis hin zu Aufenthalten in der Jagdhütte, so wie gestern noch einmal am Wiemer Pfad davon die Rede war, wo ja auch der Enkel Jan dabei war in dem Gespräch.

Und auch was das Leben Weifenbachs über die Familie hinaus für Menschen in Deilinghofen bedeutete, habe ich nicht groß hervorzuheben: Es war so, dass er für viele immer ein offenes Ohr hatte, auch für bei ihm Beschäftigte, dass er in seiner Art überall sehr geschätzt wurde und unerhört geschafft und viel geschaffen hat. Noch bei seinem letzten Geburtstag im Januar erhielt er - von den Kindern gerahmt - den "Diamantenen Meisterbrief" als Maurermeister: ein in ganz Westfalen höchst seltenes Ereignis, dass jemand 60 Jahre nach der Meisterprüfung diesen Brief in Empfang nehmen kann! Und was da aus dem Arbeitsleben dieses Mannes als Lebenswerk hervorging, ist hier sicher allen bewusst. Und auch, was seine Jägerfreunde, seine Freunde und Weggefährten aus der Weinrunde an ihm hatten, ist hier nicht minder bewusst - bis hin zu vielen Anekdoten aus dem ganz alten Deilinghofen, wo Erwin Deilinghofen mitmischte, wie es gestern auch noch einmal zur Sprache kam.

Da kann man für vieles aus diesem langen Leben sicher ihm dankbar sein, da kann man, wenn man es eine Perspektive tiefer sieht, liebe Frau Weifenbach, so wie Sie es sehen, Gott für dankbar sein, so wie Sie es sagten: "Eigentlich können wir nur danken, dafür, dass wir ihn solange gehabt haben". Wobei ich gerade Sie mit am engsten kenne und ihnen mich besonders verbunden weiß, wie ich denke, fast freundschaftlich, und da möchte ich Ihnen, die Sie diese Lücke jetzt als ganz schlimm empfinden, die da bleibt, genau das wünschen, was dort vor dreihundert Jahren auf dem ganz alten Haus über der Tür steht. Ich möchte es Ihnen sehr persönlich wünschen, so persönlich, wie ich Sie kenne: Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird es wohlmachen.

Wir haben es erfahren, wie es auch die verstorbene junge Frau erfuhr und dann auch deren Mann erfuhr, von der ich redete, dass es manchmal unerhört schwer ist, im Glauben ihm die eigenen Wege anzubefehlen und am beten zu bleiben - aber ich wünsche Ihnen so einen Glauben, wie trotz allem diese junge Frau Eva ihn hatte, dass sie buchstäblich bis zu den letzten Minuten ihres Lebens sich den Glauben an Jesus Christus nicht nehmen ließ und mit ihm im Bund einschlief, kurz nachdem ich dort an ihrem Sterbebett das Segensgebet gesprochen hatte. Ja, ich wünsche Ihnen, Frau Weifenbach, und jedem hier, der zu beten wagt und damit nicht fertig ist, dass das an unserm Lebenshaus steht, dass der Eingang und der Ausgang dadurch gekennzeichnet ist: dass wir Gott sei Dank noch einen haben, der lebt und der unsere Wege begleitet, unsere Wege, die für Christen nur irdisch mit dem Sarg und dem Grab enden, aber himmlisch - mit Jesus gesprochen - auch in einem Haus zur Vollendung kommt: in jenem Vaterhaus, das viele Wohnungen hat, von dem Jesus spricht (was wir eben in der lesung hörten [Joh. 14, 1-5]). Befehlen wir dem unsere Wege, und sehen wir, was er auch dem zweifelnden Thomas sagt: Ich bin der Weg, der Weg zum Vaterhaus. Wollen wir um den Trost beten, jeder, der hier beten kann, dass unsere Wege zusammengehen mit ihm, dem Weg, dass wir hoffen auf ihn, der es wohlmachen will [Gebet]. Amen.

Zu www.stephanus-kirche.de oder zu www.pastoerchen.de oder zu http://besu.ch/kanzel