Gottesdienst mit Abendmahl in der Stephanuskirche
Deilinghofen
am 8. So. nach Trin., 25.
Juli 1999
("Kirchengeschichtliche" Predigt nach einer
Gemeinde-Studienfahrt)
Vorbemerkung, wie sie auch auf dem
Programmblatt steht: In diesem Gottesdienst wird in einer "Nachlese" für
die Teilnehmer der Blumhardt-Studienfahrt unserer Gemeinde im Juni (alle
43 eingeladen, Dias von der Fahrt werden nach dem Gottesdienst beim
Kaffeetrinken gezeigt) besonders auf die beiden württembergischen Pfarrer Johann
Christoph Blumhardt (der Vater: 1805-1880) und Christoph Blumhardt (der Sohn:
1842-1919, Bild unten, zu ihm vgl. auch den großen
Blumhardtaufsatz)
eingegangen. So finden sich auf dem heutigen Liedblatt auch drei
Blumhardt-Lieder, von denen zwei gesungen werden.
Predigttext sind zwei neutestamentliche Verse, die zum Sieger-Sein
Jesu passen, wie es den Blumhardts grundwichtig wurde, 1. Kor. 15. 57 (am Ende
des großen Auferstehungskapitels): Gott aber sei Dank,
der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus! Und dazu
1.Joh. 5, 4: Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt
überwunden hat.
In der neutestamentlichen Lesung liest Fahrtteilnehmer Dietmar Wendel das Gleichnis von der bittenden Witwe aus Lukas 18, 1-8, das für den gesegneten Beter Johann Christoph Blumhardt, der Gott etwas zutraute, das wichtigste Gleichnis des neuen Testaments war, sein Lieblingsgleichnis, über das er immer wieder gepredigt hat:
Er,
Jesus, sagte ihnen aber ein Gleichnis darüber, daß sie allezeit beten und nicht
nachlassen sollten, und sprach: Es war ein Richter in einer Stadt, der fürchtete
sich nicht vor Gott und scheute sich vor keinem Menschen. Es
war aber eine Witwe in derselben Stadt, die kam zu ihm und sprach: Schaffe mir
Recht gegen meinen Widersacher!Und er wollte lange nicht. Danach aber dachte er
bei sich selbst: Wenn ich mich schon vor Gott nicht fürchte noch vor keinem
Menschen scheue, will ich doch dieser Witwe, weil
sie mir soviel Mühe macht, Recht schaffen, damit sie nicht zuletzt komme und mir
ins Gesicht schlage.
Da sprach der Herr:
Hört, was der ungerechte Richter sagt!
Sollte Gott nicht
auch Recht schaffen seinen Auserwählten, die zu ihm Tag und Nacht rufen, und
sollte er's bei ihnen lange hinziehen? Ich sage
euch: Er wird ihnen Recht schaffen in Kürze. Doch wenn der Menschensohn kommen
wird, meinst du, er werde Glauben finden auf Erden?
Halleluja! Herr, dein Wort ist
unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unseren Wegen.
Halleluja!
Jesus ist der Siegesheld,
der all seine Feind' besieget
Deilinghofer Predigt am 8. Sonntag nach Trinitatis, 25. Juli
1999
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und unserm Herrn Jesus Christus. Amen.
"Jesus ist Sieger!", sein ist das Reich - nicht nur im Himmel, sondern auch auf der Erde - liebe Gemeinde, so hat es damals vor 150 Jahren im Dörfchen Möttlingen im Schwarzwald der württembergische Pfarrer Johann Christoph Blumhardt geglaubt, und so hat's sich ihm bewiesen, ihm und vielen andern, daß Jesus der Siegesheld ist, der all seine Feind besiegt und Menschen rettet und verändert. So hat's dann sein Sohn, Christoph Blumhardt, auch mit dem Vater zusammen in Bad Boll bis in unser Jahrhundert weitergetragen, daß es Kreise zog: "Jesus ist Sieger"!
Wir hören heute als biblisches Leitwort in dieser Predigt in der gleichen Richtung zwei Verse aus dem neuen Testament, wie sie ja auch auf unsern Textblättern stehen, 1. Kor. 15, 57 - am Ende des berühmten Osterkapitels von Paulus: Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus. Und dazu 1. Johannes 5, Vers 4, ein Satz, der fast zu gewagt und zu steil zu sein scheint: Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.
Ich lese zum Einprägen beide Verse
noch einmal:
Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus
Christus. Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden
hat.
Gebet: Herr, zeige du uns hier und beweise du uns, daß du Sieger bist. Segne unser Reden und unser Hören. Amen.
Liebe Gemeinde, wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen... Da hat der Volksmund recht! Manchmal kann man auch von Gott und Kirche was erzählen, aufgrund von Reiseerfahrungen. Kennen Sie das auch? Jetzt in der Urlaubszeit, da geht man ja mal in fremden Kirchen in den Gottesdienst - ich hab's immer getan, all die Jahre, wenn ich unterwegs war. Und da sitzt du da in einer Kirche und willst so richtig auftanken und was mitnehmen, und dann ist das so ein freudloser Gottesdienst - dröge, daß es einem den Hals zuschnürt, da sitzen da noch 10 oder 12 ältere Frauen, dazu noch nur ganz paar Junge, alle fast am Schlafen. Und der Pastor redet und redet, und er läßt nicht im mindesten einen Funken überspringen, er redet, bis seine Zeit rum ist. Und du gehst raus - ein bißchen wie ein geprügelter Hund, und fragst dich am Ende: "Was wollte der?", und: "Was wolltest du hier?" Und wenn du Glück hast, sagst du dir: "Aber die Lieder waren schön..."
Aber Gott sei Dank - wenn einer eine Reise tut, kann er auch genau umgekehrt eine tolle Erfahrung machen. Ich schilder mal das Gegenteil: Ich war ja bis Sonntag in der Kur. In meinem Kurort in Freudenstadt, dort im Württembergischen, da war ich im letzten Jahrzehnt nun insgesamt schon mehr als 15mal sonntags zum Gottesdienst dabei in der großen Stadtkirche am größten Marktplatz Europas - und da war ich in den letzten Wochen bei meiner Kur immer im Gottesdienst. Hunderte von Leuten kamen da zusammen, jüngere waren da viele dabei, eine schlechte Kollekte ist da 500 Mark - aber was viel wesentlicher ist: die reden vom Heiland, die reden von Jesus, und man kann es da abnehmen dem, der auf der Kanzel steht, daß er mit brennendem Herzen hinter seiner Sache steht - und den Leuten, die da sitzen, denen nimmt man's auch ab, das merkt man sogar bei der Art des Singens, daß das ein Gottesdienst ist, wo was dahinter ist, wo du mit reingezogen wirst und nicht als derselbe rausgehst, wie du reinkamst. Ich hatte da manchmal fast Tränen in den Augen und dachte: "Mensch, Friedhelm, da kannst du dir eine Scheibe abschneiden!"
Manche hier wissen das, liebe Gemeinde, daß in Württemberg, im württembergischen Pietismus, da seit nunmehr über 250 Jahren viele gläubige Menschen darum gekämpft und gebetet haben, daß die "Sonne der Gerechtigkeit" in der Kirche aufgeht und "die tote Christenheit aus dem Schlaf der Sicherheit" erweckt wird, ums mit den Worten des Christian Gottlob Barth [Blumhardts Freund und Amtsvorgänger] zu sagen. Wie sollen Menschen sonst merken, daß Jesus Sieger ist? Wie soll man sonst in unserer Zeit, wo die Kirche eine Niederlage nach der andern einsteckt und teilweise langsam eingeht, noch merken, daß Jesus Sieger ist und bleibt? Wie soll man sonst in unserer Zeit noch so Sätze verstehen, wie sie uns hier als Predigttext vorliegen: Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus. Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat ?
Unsere Studienreise im vorigen Jahr nach Herrnhut und Halle war auch schon auf den Spuren der Väter des Pietismus gewesen, und da nahmen wir etwas davon mit, wie in früheren Zeiten Gott die Kirche aufweckte und erneuerte durch Francke und Zinzendorf; entsprechend ging es im Juni diesen Jahres mit 43 Leuten aus der Gemeinde auf den Spuren der beiden Blumhardts nach Möttlingen und Bad Boll - und da in Möttlingen ist jenes Lied von Johann Christoph Blumhardt im Jahr 1842 entstanden, das die große Erweckungsbewegung einleitete; wir wollen die Liedstrophe oben rechts singen "Jesus ist der Siegesheld" nach der Melodie von "Großer Gott":
Liebe Gemeinde, im Rahmen unserer Studienfahrt kamen wir diesen beiden Blumhardts näher, und wir erfuhren - auch bei den Vorbereitungen und dann an Ort und Stelle - wie dann beim jüngeren Blumhardt das, was ihn trieb vom Siegersein Jesu, bis in die Politik und bis ins soziale Leben ging. Ihm machte die Verelendung und bodenlose Armut und Ausbeutung der Arbeiter zu schaffen, und radikal auf Jesus den Sieger setzend, schlug er eine Brücke zur sozialdemokratischen Arbeiterbewegung, wurde dann sogar als Pfarrer Landtagsabgeordneter im württembergischen Landtag auf der Seite der sonst für atheistisch Erachteten. Ein radikaler Christ, ähnlich wie nach ihm Helmut Gollwitzer oder auch Gustav Heinemann, die ihre Stimme auch zu politischen Dingen mahnend und unbequem erhoben, hier dem jüngeren Blumhardt sehr ähnlich, die aber wie er nie den leisesten Zweifel dran ließen, daß es ihnen zentral darum ging, zu verdeutlichen und zu bezeugen, daß Jesus Sieger ist.
Ja, wir haben von Blumhardt aus mit Fug und Recht an Gollwitzer zu denken, der auf mich in meiner Studienzeit immer so wirkte wie wohl Blumhardt damals gewirkt hat. Und im ziemlich nahen Umfeld von Gollwitzer gab es einen anderen unbequemen Christen von gleichem Strickmuster, den Ex-Bundespräsidenten Gustav Heinemann, der am vergangenen Freitag 100 Jahre geworden wäre. Und bekanntlich hat es der Christ Gustav Heinemann ja sogar im Bundestag gewagt, Jesus den Sieger zu nennen, als er - fast in Blumhardts Art - da einmal in seinem berühmt gewordenen Satz in den Raum stellte: "Die Herren dieser Welt kommen und gehen, unser Herr aber kommt!"
Liebe Gemeinde, komme der zu uns, auch hier, wecke der uns, lasse er uns teilhaben an seinem Sieg, komme der auch hier uns nah an seinem Tisch bei Brot und Wein.
In diesem Sinne schließe ich mit der ersten Strophe des Liedes vom älteren Blumhardt, das im neuen Gesangbuch als einziges Blumhardtlied steht, und zwar unter der Nummer 375:
Daß Jesus siegt, bleibt ewig
ausgemacht;
sein
wird die ganze Welt.
Denn
alles ist nach seines Todes Nacht
in seine Hand gestellt.
Nachdem am Kreuz er
ausgerungen,
hat er
zum Thron sich aufgeschwungen.
Ja, Jesus siegt!
Wir singen die Strophe auf unserem Blatt, die drüber steht, noch mal: Jesus ist der Siegesheld... Und der Friede Gottes, der... Amen.
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