Wie der Deilinghofer Pastor Alfred Ravenschlag zum Eishockey stand und in seinem Dorf den ECD unterstützte...
Zu dem im April 2022 in Hemer erschienenen Band "Hockey History 2",  u.a. mit Friedhelm Groths Erinnerungen an den "Eishockeypfarrer" Ravenschlag...
 

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IKZ-Artikel von Ralf Engel, 21.04.2022

Viele Erinnerungen an alte Eishockey-Zeiten verewigt
Förderverein des Eishockey-Museums präsentiert zweite Ausgabe der „Hockey-History“: Bierfassrollen und Eishölle

[zum Foto:] Wer erinnert sich noch an die Hoppenberg-Klause in Apricke? Die kanadischen Soldaten gehörten zu den Stammgästen, an der Theke (hier 1965) bildeten sich viele Freundschaften. Hockey-History
Von Ralf Engel
[zum Foto:] Rainer Tüttelmann präsentiert die zweite Ausgabe der Hockey-History.
[Beide Fotos sind unten zu sehen.]


Von Ralf Engel

Hemer Es sind die Menschen – Spieler, Trainer, Fans, Helfer – , die die Geschichte des Eishockeys in Deilinghofen geschrieben haben. Wie viel diese Zeitzeugen seit 1955 rund um den Puck erlebt haben, was sie mit dem Eishockey verbindet, wie der Sport ihr Leben geprägt hat, wird in der zweiten Ausgabe „Hockey History“ deutlich.

Von Peter Wolf, der den Pass zum ersten dokumentierten Tor in der Geschichte des Deilinghofer Eishockeys spielte, bis zu Alexander Wagener, der den Film „Die Eishölle am Seilersee“ drehte, werden auf 100 Seiten viele Geschichten erzählt. „Es sind viele einzigartige Erinnerungen“, freut sich Autor Rainer Tüttelmann über die zweite Ausgabe.

Die Premiere der „Hockey History“ war im Juli 2021 auf großes Interesse gestoßen. Knapp eine Woche nach Erscheinen des ersten Magazins stand für die Verantwortlichen des Fördervereins „puck – das Eishockey-Museum“ fest, dass es eine zweite Ausgabe geben muss. Es wurden viele neue Geschichten rund um das heimische Eishockey gesammelt und der Umfang auf 100 Seiten erweitert.

Viele Erinnerungen von Museumsbesuchern
Die Geschichten haben sich vor allem durch den Besuch des Eishockey-Museums am Sauerlandpark ergeben. Über 3200 Besucher konnten bislang gezählt werden. Viele haben ihre Erinnerung mit den Museumsführern vor Ort geteilt, die sie für die Nachwelt im Magazin erhalten haben. Reich bebildert gibt es Wissenswertes und Anekdoten – nicht nur für eingefleischte Eishockey-Fans.

Dass nach so vielen Jahrzehnten auch noch alte Dokumente auftauchen, zeigt sich gleich auf den ersten Seiten. Bislang galt ein Schläger der kanadischen Olympia-Mannschaft als ältestes Museumsexponat, jetzt ist es ein Spielplakat für den Besuch der Weltmeister-Mannschaft der Kanadier am 8. März 1955 in Deilinghofen.

Viele Menschen spielen die Hauptrollen im Magazin, so Günter Bernhardt (90), der erste Eismeister in den 50er Jahren oder der „heimliche Herrscher“ Horst Vahle. Pfarrer Dr. Friedhelm Groth erinnert an den Eishockey-Pfarrer Alfred Ravenschlag, Hendrik Klein an Erfolgstrainer Jaromir Hudec.
Vielen älteren Deilinghofern wird noch die Hoppenberg-Klause in Apricke in Erinnerung sein. Ingeborg Stadler blickt auf ihre Gastronomie von 1964 bis 1969, die viele kanadische Stammgäste hatte. Legendär ist auch das Bierfassrollen 1965 von Winterberg nach Apricke. Emmi Müll war ab 1965 für die Reinigung der Trikots zuständig und erinnert sich.

Gerhard Müll, Hans Kollecker, Gerd Kraatz, Michael Wolf, Josef Jost, Bernd Schutzeigel oder Jochen Veit sind weitere Beispiele für bekannte Namen. Ein Kreuzworträtsel und eine Liste mit allen Nationalspielern komplettieren das Magazin.

Erhältlich ist die „Hockey History“ zum Preis von fünf Euro bei Robertos Café, Stuckgeschäft Rymarzik, mydental im Medi-Center, Frisörsalon Goldmann in Iserlohn, Radio Hennecke und Frisör Spieckermann in Hemer. Das History-Magazin kann bestellt werden. Bitte acht Euro auf das Konto DE37 4455 1210 0001 3933 47 bei der Sparkasse Märkisches Sauerland Hemer-Menden einzahlen.
 

FGs Ravenschlag-Artikel in der "Urform", wie er an Rainer Tüttelmann ging:


Genau 35 Jahre nach seinem Tod: Einige Erinnerungen an den sportbegeisterten Pastor Alfred Ravenschlag,
den unvergessenen Nachkriegspfarrer im Eishockey-Dorf Deilinghofen




Von Pfr. Dr. Friedhelm Groth

Als wär ich dabei gewesen, so kannte ich – aus der Ferne - die Namen der Schauhoff-Brüder und anderer Deilinghofer Eishockeyspieler schon, als ich noch Teenager war. Ich wusste um die mit mir fast gleichaltrigen Jungs aus Deilinghofen, die im Eishockey spektakulär Erfolge feierten. Ich kannte diese sensationellen Eishockey-Geschichten aus jenem Dorf als Leser der „Schwerter Zeitung“, in der ich immer zuerst und vor allem den Sportteil verschlang. So war ich als 13- bis 15-jähriger Schwerter Junge schon ECD-begeistert, als ich noch gar nicht wusste, wo genau überhaupt Deilinghofen liegt.

1983 entschied es sich dann, dass ich evangelischer Pfarrer in Deilinghofen werden sollte (ich hatte dort das Pfarramt 19 Jahre lang inne – bis 2002). Von Anfang an war ich froh und stolz, in so einem besonderen Dorf leben und wirken zu können. Mich faszinierte – neben vielem anderen – die jüngere Vergangenheit dort: die Eissporthalle im Deilinghofer Camp mit all den Geschichten, dass die Kanadier dort es damals in Passtor Ravenschlags Zeiten ermöglichten, dass Halbwüchsige in Deilinghofer vom Eishockeyfieber angesteckt wurden und dass auf Initiative von Jugendlichen hin im Februar 1959 der ECD gegründetwerden konnte.

Ja, dieser Pfarrer Alfred Ravenschlag, an den hier zu erinnern ist, wurde 1911 geboren und ist in Münster aufgewachsen, und er war nach der Kriegszeit 1947 Gemeindepfarrer in Deilinghofen geworden. In den Ruhestand ging er 1974. Bis zu seinem Tod 1987 war er, mein Vorvorgänger, wohnhaft in seinem Haus Im Trichter, auch Gemeindeglied in meiner Kirchengemeinde. Mir imponierte immer sehr, dass von vielen im Dorf mit Respekt und
großer Hochachtung von ihm gesprochen wurde. Und die persönlichen Begegnungen mit ihm bedeuteten mir jedes Mal sehr viel. Was die Jugendarbeit anging, konnte ich mir „eine Scheibe abschneiden“ von ihm – und habe das auch getan! Pfarrer Alfred Ravenschlag hatte ein herzliches Vertrauensverhältnis zu Jugendlichen, wobei auch seine Sportbegeisterung eine lebendige Brücke wurde, die ihm Anvertrauten zu erreichen.

So oft wurde mir in Deilinghofen erzählt vom sportbegeisterten Pfarrer Alfred Ravenschlag, der schon in seiner Heimatstadt Münster Torwart einer Vereinsmannschaft war, wobei manche sogar meinten es sei Preußen Münster gewesen, aber andere korrigierten, Alfred Ravenschlag wäre bei Münster 08 im Tor gewesen. Der Deilinghofer Fritz Kurella, Jahrgang 1944 und damals ECD-Torwart von der Schülermannschaft an (später stand er in Wi-
ckede und in Dortmund im Tor) erzählte, wie Ravenschlag, der ihn auch konfirmierte, bei einem Jubiläumsspiel des SV Deilinghofen im Jahr 1958 bei einer Promimannschaft mitwirkte dabei als Torwart begeisternd gehalten habe. Ergänzend liest man von Jörg Schauhoff (in der unten zu nennenden Ravenschlag-Erinnerungsschrift, S. 37): Bei diesem Spiel zum 50-jährigen Bestehen des SV Deilinghofen „zeigte er, dass man sehen konnte, was er bei Münster 08 gelernt hatte. Durch mutige Paraden ließ er keinen Treffer zu, und 1300 Zuschauer klatschten ihrem Pfarrer begeistert zu.“

Und nicht nur Fritz Kurella erzählte vom Deilinghofer Dorfpfarrer, der auch immer wieder mit seinen Konfirmanden Tischtennis spielte. Das Gleiche hatte ich ähnlich zuvor auch von Jörg Schauhoff gehört, der innerhalb des CVJM häufig gegen Ravenschlag kämpfte: Die stärkste Waffe Alfred Ravenschlags seien seine „angeschnittenen Angaben“ gewesen, meinte Jörg Schauhoff, die gefährlich kommenden Aufschläge, die seine Gegner vor große Probleme stellten. Zuerst sei der Pfarrer seinen jugendlichen Anvertrauten haushoch überlegen gewesen, aber er und einige andere von ihnen schafften es im Laufe der Zeit
durch größere Schnelligkeit, mit ihrem Pastor mitzuhalten und ihn auch häufiger zu schlagen. Über das gleiche Thema hatte ich in einem Interview gesprochen mit dem ECD-Gründer und früheren Deilinghofer Lehrer und dann Rektor Hanskarl Franke beim 50-jährigen Jubiläum des ECD (2009 in der Gaststätte Marks): Franke unterstrich in diesem Interview, dass nach der Vereinsgründung Pastor Ravenschlag auch für die Eishockey-Jugendlichen
eine wichtige Persönlichkeit war. Und Franke schilderte, dass auch er selbst mit dem Pastor häufig Tischtennis gespielt habe. „Ich habe immer gedacht, dass ich gut Tischtennis spielen könnte. Aber Alfred Ravenschlag hat mich nie gewinnen lassen!“

Es waren die Deilinghofer Schüler und frühere Schüler Hanskarl Frankes, es waren die Konfirmanden und Ex-Konfirmanden Alfred Ravenschlags, die von den Kanadiern fasziniert deren mitgebrachten Sport Eishockey als ihre eigene große Liebe entdeckten . Wie Hanskarl Franke in dem genannten Interview schilderte, wurde damals in der Deilinghofer Schule der Schulsport von älteren Lehrerinnen vertreten, mehr so mit Dauerlauf und Turnübungen, was die Heranwachsenden eher langweilig fanden. Ganz anders dagegen der rasante und spannende Sport auf dem Eis mit dem Puck im Camp drüben, wo die Jugendlichen proben durften!

Die Jugendlichen, die dann von Leher Franke und anderen Erwachsenen erbaten, in Deilinghofen einen Eishockeyverein zu gründen, waren in der Mehrheit im kirchlichen Unterricht beim evangelischen Deilinghofer Dorfpfarrer Alfred Ravenschlag. Und auch Ravenschlags eigener Sohn Winfried („Winzi“) gehörte dann zu denen, die aktiv wurden für den ECD, dessen Meisterschaftsspiele Vater Ravenschlag ziemlich oft besuchte. Aber auch bei den Heimspielen des SV Deilinghofen war Ravenschlag oft Zuschauer auf dem Platz. Hanskarl Franke führte z.B. in dem genannten Interview aus, dass dieser (leider schon
verstorbene) Sohn Winfried damals gleich die Funktion des Jugendobmanns innehatte, was die Verbindung zwischen Eishockey und dem Pfarrer auch enger machte. Zum Thema Pfarrer und Sportengagement ist es für Jörg Schauhoff eine schöne nostalgische Erinnerung, dass ihn sein sportbegeisterter Pfarrer, den er sehr schätzte, einmal mit dem Auto in dessen Heimatstadt mitnahm zum Spiel von Preußen Münster gegen Borussia Dortmund.

Und mehr noch: Ravenschlag war von Anfang an ein sehr verständnisvoller Förderer seiner Konfirmanden, die für den ECD Eishockey spielten. Wie oft wurde mir von den ehemaligen Spielern mit glänzenden Augen geschildert, wie ihnen der Pastor entgegenkam, wenn Sonntag morgens Training angesagt war oder ein Match in der Eissporthalle stattfand. Dann durften die ECD-Jugendlichen am Ende des Gottesdienstes früher gehen, sie
holten ihre zuvor dort deponierten schweren Eishockeytaschen aus der Sakristei und jagten runter zum Camp! Der frühere ECD-Goalie Fritz Kurella erzählte mir sogar, dass er Spielern, die nicht die zur Konfirmation erforderliche Anzahl von besuchten Gottesdiensten nachweisen konnten, die nötigen „Stempel geschenkt“ habe.

Gegenüber der Kirche lag das damalige Vereinsgründungslokal „Sonneborn“, und just dort wurde1961 ein Miniaufnahmestudio eingerichtet, in dem der WDR ein UKW-Hörspiel über das junge Deilinghofer Eishockeywunder (Deutsche Jugendvizemeisterschaft usw.) aufnahm. Dabei war auf WDR-Seite der bekannte Reporter Hasso Wolf leitend mit von der Partie – und auf Deilinghofer Seite waren es der Vereinsgründer Lehrer Franke, der Schulrektor Vahle, Deilinghofens Bürgermeister Löwen, der ECD-Trainer McCraig und nicht zuletzt auch Pastor Ravenschlag.

Ja, Pastor Ravenschlag und der ECD! Ich erinnere mich an einen besonderen unvergesslichen Festgottesdienst in der Stephanuskirche Deilinghofen am 22. März 1986. Da feierten die Jubilarinnen und Jubilare – alle etwa gleichaltrig wie ich – ihre Silberne Konfirmation, und den Gottesdienst hielten Pfarrer Alfred Ravenschlag und ich gemeinsam. Es war der einzige Gottesdienst überhaupt, in dem wir „im Doppel“ unsere Talare trugen! Zwei eishockeybegeisterte Pfarrer in der Kirche, und auch unter den Jubilaren, die ein Vierteljahrhundert davor an gleicher Stelle von Pfarrer Ravenschlag eingesegnet wurden, war viel
Eishockey-Kompetenz präsent: Es waren nicht weniger als sechs damals 14-Jährige, die danach in der ersten Mannschaft des ECD spielten. Für den damaligen „Hemer-Kurier“ [ausgeschnittener Artikel unten!] habe ich es damals so zusammengefasst, dass die Deilinghofer Jungen damals, die in der Kirche eingesegnet wurden, zusammen 41 Tore für den ECD erzielten: Ravenschlag jun. 11, Kollecker 10, Kubny 9, Spieckermann 7, Ulrich 1 und Torwart Prinz. In der gleichen Kirche habe ich übrigens später Kinder der eben genannten Jubilare Winfried Ravenschlag (Sohn Hendrik), Hans Kollecker (Tochter Britta), Ingo Spieckermann (Söhne Sven, Jens und Björn und Tochter Katrin) und Alfred Ulrich (Tochter Jenny) konfirmierten dürfen.

Leider starb Pfarrer Alfred Ravenschlag im Winter darauf: am 10 Januar 1987 – ziemlich genau vor 35 Jahren!. In der gleichen Stephanuskirche hielt Superintendent Dr. Ottbrecht Weichenhan (früher mein Schwerter Religionslehrer) mit mir zusammen den Trauergottesdienst – wieder „im Doppel“: der Superintendent hielt die Predigt, ich die Liturgie... Der lange Trauerzug ging bis zum Deilinghofer Friedhof – und einer der sechs Träger war einer
seiner Konfirmanden und der bekannteste Eishockeyspieler Deilinghofens, Jörg Schauhoff, die „Nummer 5“: „Im Letzten hatte das mit Eishockey nichts zu tun“, sagte dieser mir: „Ich bin froh drüber und stolz, dass Alfred Ravenschlag, der ein guter Pfarrer und mein Freund war, sich offenbar wünschte, dass ich einer der Träger war!“.

      



Mehr zu Pfarrer Alfred Ravenschlag:
1) in dem Gedenkheft: Pastor Alfred Ravenschlag (1911-1987). Der Deilinghofer Nachkriegspfarrer
und sein Dorf, Blätter zur Deilinghofer Kirchengeschichte, Heft 1. Im Auftrag der Gemeinde hg. Von F. Groth, P. Kramme, H. Vicariesmann unter besonderer Mitarbeit von M. Ravenschlag [der Witwe Alfreds], Deilinghofen 1981, 47 Seiten
2) Internetseite www.pastoerchen.de/ravenschlag
3) Viel von Ravenschlags Leben und der Entstehung des ECD kommt vor in zwei Interviews, die ich 2009 führen konnte mit Hanskarl Franke und Jörg Schauhoff, beide zu hören im Eishockeymuseum „PUCK“ in Hemer
4) Außerdem zum Thema meine ECD-Traditionsseite: www.pastoerchen.de/ecd
 

Aus obigem Artikel wurden in "Hockey History 2" die Seiten 17-19: